Die Dunkelkammer
Die Nonnen von Goldenstein #10: Das „Angebot“

Seit wenigen Tagen ist das Buch „Nicht mit uns! Die unglaubliche Geschichte der Nonnen von Goldenstein“ auf dem Markt. Unterdessen spitzt sich der Konflikt zwischen den Ordensfrauen und ihrem Ordensoberen Markus Grasl weiter zu. Der Propst hat den Nonnen ein für sie inakzeptables Angebot unterbreitet. Nun kommt Rom ins Spiel. Im Gespräch: Der Kirchenrechtler Wolfgang Rothe.


Edith Meinhart

Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge der Dunkelkammer. Mein Name ist Edith Meinhart. Es geht einmal mehr um die Nonnen von Goldenstein. Das Buch "Nicht mit uns" über ihre Geschichte ist in unserem neu gegründeten Verlag Edition Lauter erschienen. Es ist seit 1. Dezember überall zu kaufen, wo es Bücher gibt. Und den gemeinsamen Kraftakt, den es gekostet hat, dieses Buch rechtzeitig vor Weihnachten auf den Markt zu bringen, bespreche ich demnächst mit meinen Kollegen in einem eigenen Podcast.

Kurz hat es so ausgesehen, als hätte auch der Gegenspieler der Nonnen rechtzeitig vor Weihnachten einen Kraftakt hingelegt. Markus Grasl, der Propst des Stiftes Reichersberg hat den ihm unterstehenden Ordensfrauen kürzlich ein Angebot unterbreitet, jenen drei Schwestern also, die er vor zwei Jahren ohne ihre Zustimmung in ein Altersheim gesteckt hat und die eineinhalb Jahre später, Anfang September 2025 auf eigene Faust in ihr Kloster zurückgekehrt sind. Seither hat er kein einziges Mal das Gespräch mit ihnen gesucht und plötzlich, wie aus heiterem Himmel schien er bereit, den Konflikt beizulegen. Noch bevor die Nonnen den Vertragsentwurf, den er am 28. November vorgelegt hat, selbst in Augenschein nehmen konnten, berichteten die Salzburger Nachrichten bereits darüber. Und das ist vielleicht bereits ein erster Hinweis, dass die vermeintliche Annäherung nicht ganz so gütlich ist, wie es zunächst den Anschein hatte.

An dieser Stelle kommt Rom ins Spiel. Darüber reden wir gleich im Detail. Ich begrüße meinen in kirchenrechtlichen Belangen überaus beschlagenen Gast, Dr. Dr. Wolfgang Rothe, Priester, Theologe und Kirchenrechtler. Schön, dass Sie da sind.

Wolfgang Rothe

Hallo Frau Meinhart, danke für die Einladung.

Edith Meinhart

Wir reden ja nicht zum ersten Mal miteinander. In Episode 237 haben sie einen Einblick in das kanonische Recht gewährt, auf das sich Propst Markus Grasl und sein PR-Manager oft beziehen. Sie haben mich auch während der Arbeit an Buch durch das kanonische Recht gelotst. Danke nochmal dafür.

Wolfgang Rothe

Sehr gerne.

Edith Meinhart

Sie haben zwei Doktortitel, einen in Theologie und einen in Kirchenrecht. Und Sie sind der einzige Kirchenrechtler bis heute, der sich öffentlich auf die Seite der Nonnen gestellt hat. Wie ist Ihnen das denn bekommen? Welche Reaktionen haben Sie erhalten.

Wolfgang Rothe

Wenn ich Sie in einem Punkt etwas korrigieren darf? Liebe Frau Meinhart, es hat sich heute noch ein weiterer Kirchenrechtler auf die Seite der Nonnen gestellt, nämlich Prof. Thomas Schüller aus Münster. Der hat der KNA und in der Folge wurde das auch vom Kölner Domradio berichtet, ein Interview gegeben, wo er auch ganz klar gesagt hat, dass er auf der Seite der drei Nonnen steht und sie, soweit es ihm möglich ist, auch unterstützt. Was mich betrifft, so hat es natürlich auch viele Gegenreaktionen gegeben aus Kreisen, die der kirchlichen Hierarchie nahestehen. Aber diese Gegenreaktionen, die sind mir immer nur aus zweiter oder dritter Hand zu Ohren gekommen. Selbst habe ich keinerlei negative Nachrichten und keinerlei Repressionen erfahren.

Edith Meinhart

Aber es scheint nicht besonders karriereförderlich zu sein, sich in der Kirche auf die Seite der Schwächeren zu stellen. Warum machen Sie das?

Wolfgang Rothe

Weil ich schon selbst in der Kirche sehr viel Unrecht erlebt habe, auch in meiner eigenen Biografie. Und mir ist es einfach ein Bedürfnis, den Menschen zu helfen, die zu Opfern des kirchlichen Systems geworden sind. Man spricht ja manchmal davon, die Kirche sei eine Art Institut der theoretischen Nächstenliebe, Sie predigt darüber, aber wenn es konkret werden soll, dann fehlt es an der Umsetzung. Und da bin ich einfach der Muss man die Kirche beim Wort nehmen? Muss man die Kirche bei ihren Grundlagen nehmen? Das ist zunächst mal die Bibel, das ist das Beispiel, das Jesus uns gegeben hat. Aber das ist eben auch das Kirchenrecht.

Das Kirchenrecht ist durchaus darauf angelegt, Schwachen die Möglichkeit zu bieten, sich gegenüber Übergriffe kirchlicher Autoritäten zu wehren. Leider haben im Kirchenrecht nur die Oberen immer ein kleines Hintertürchen, über das sie sich am Ende dann doch Recht verschaffen können. Aber umso wichtiger ist es, dass man das Kirchenrecht nicht aushebelt, sondern dazu beiträgt, dass es angewandt wird, um im Sinne der Bibel, um im Sinne Jesu Christi den Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen. Und das sind im konkreten Fall die drei Ordensfrauen in Elsbethen.

Edith Meinhart

In ihrem Fall geht es auch um einen sehr ungleichen kirchlichen Machtkampf. Es geht um oben gegen unten, stark gegen Schwach, Kirchenfürsten gegen Ordensfrauen. Wir kommen darauf auch noch zu sprechen. Vielleicht zunächst zum erwähnten Vertragsentwurf, den die Seite des Propstes den Nonnen zukommen hat lassen, nicht ohne auch gleich über eine Zeitung vorab die Deutung darüber zu beanspruchen. Was zeigt denn dieses Vorgehen aus Ihrer Sicht?

Wolfgang Rothe

Das zeigt zunächst einmal, dass der Propst aus dem ganzen Konflikt überhaupt nichts gelernt hat. Es war ja bisher so, dass dieser Konflikt entstanden ist, weil er sich geweigert hat, mit den Schwestern überhaupt zu reden, weil keinerlei Kommunikation auf Augenhöhe stattgefunden hat. Er hat immer nur versucht, von oben herab irgendetwas durchzusetzen, ohne überhaupt zu fragen, ob die Schwestern das wollen oder ob es im Sinn der Schwestern ist. Es ging immer nur um ihn, so war zumindest der Eindruck von außen. Aufgrund dieses Konfliktes ist es zu einem großen medialen Interesse gekommen, bei dem der Propst, um es mal vorsichtig auszudrücken, nicht sonderlich gut weggekommen ist. Er hat sich selbst so dargestellt, wie man kirchliche Obrigkeit in den finstersten kirchenfeindlichen Medien, Filmen oder Büchern darzustellen pflegt. Also er hat wirklich jedes Klischee erfüllt.

Und darum ist es zunächst mal so überraschend, dass er gar nicht kapiert hat, wie sehr er sich selbst in Misskredit gebracht hat. Und jetzt durch diesen neuen Vertragsentwurf, diese neue Vereinbarung, geht er wieder genau so, legt den Schwestern ein Papier vor, das mit ihnen nicht abgesprochen ist. Und noch bevor die Schwestern überhaupt dazu Stellung nehmen können, geht er in die Medien und erzeugt auf diese Weise Druck. Ein solches Vorgehen, bitte entschuldigen Sie mir den Begriff, ist einfach schäbig.

Edith Meinhart

Er hat auch öffentlich gleich ausrichten lassen, dass die Nonnen in Goldenstein bleiben dürfen, wenn sie den vorgelegten Vertrag unterschreiben. Und auf Seite 3 steht dann allerdings wörtlich, sie dürften mit Zustimmung des Propstes als vom Heiligen Stuhl eingesetzten Oberen der Augustiner-Chorfrauen Beate Maria Virginis, Kloster Goldenstein bis auf. Weiteres ihren Aufenthalt im ehemaligen Klostergebäude nehmen. Wie verbindlich ist das dann überhaupt?

Wolfgang Rothe

Das ist eine ähnliche Formulierung wie schon in dem Übergabsvertrag, also der Vereinbarung, aufgrund der die drei Nonnen den gesamten Besitz ihrer Gemeinschaft zur Hälfte dem Stift Reichersberg und der Erzdiözese Salzburg übertragen haben. In diesem Übergabsvertrag war es ganz ähnlich formuliert. Die drei Nonnen dürfen bleibe,n bis auf Weiteres. Und es hat nicht lange gedauert, bis der Propst dieses Weitere in die Tat umgesetzt und die drei Nonnen ins Altenheim abgeschoben hat. Insofern hätte er gar nichts Verstörenderes tun können, als eine ähnliche Formulierung auch jetzt in den neuen Vertragsentwurf einzubauen. Denn mittlerweile ist wirklich jeder und jedem klar, dass ein solcher Satz keinerlei Verbindlichkeit beanspruchen kann und dass er durchaus bereit ist, eine Interpretation anzuwenden, die die Rechte der Betroffenen einfach aushebelt, sodass bis auf weiteres heiß Solange er es will.

Edith Meinhart

Es steht ja weiters ordensfremde Personen sollen keinen Zutritt haben. Nicht nur Besucherinnen, sondern auch die Helferinnen, das ist interessanterweise in Großbuchstaben geschrieben, sollen nur im Gästebereich erlaubt sein. Die Helferinnen waren aber bisher die einzigen, auf die die Nonnen zählen konnten. Das wirkt so, als würde man alles wegnehmen wollen, was die Nonnen stärkt.

Wolfgang Rothe

Genauso sieht es aus. Grundsätzlich sieht es einmal sehr vernünftig aus, denn Ordensfrauen, das ist auch in den Konstitutionen der Schwestern in Goldenstein so festgelegt, leben in Klausur. Das heißt, sie haben einen abgeschlossenen Bereich, den niemand anderer betreten darf. Aufgrund der derzeitigen Umstände, die die Schwestern nicht selbst zu verantworten haben, war es aber notwendig, dass Helferinnen und Helfer in dieser Klausur auch Zutritt bekamen, weil es einfach sachlich notwendig war, damit die Schwestern überhaupt wieder dort leben können. Und genau das will der Propst jetzt verhindern. Er nutzt eine an sich legitime Vorschrift des Kirchenrechts, um die Schwestern der Hilfe zu berauben, die sie brauchen. Das kann einfach nicht sein, weil auf diese Weise das Kirchenrecht geradezu missbraucht wird.

Und erschwerend kommt ja noch hinzu, dass er von den Helferinnen und Helfern verlangt, dass sie sich seiner Autorität unterwerfen, dass sie nur dann und insoweit für die Schwestern tätig werden, als er es zulässt. Und damit begeht er wieder einmal einen eklatanten Rechtsbruch, denn er hat keinerlei Anspruch darauf, dass Personen, die seiner Autorität als Ordensoberer überhaupt nicht unterstellt sind, sich doch seinem Willen beugen müssen. Das ist Machtmissbrauch.

Edith Meinhart

Aber die Schwestern müssten sich beugen, rein kirchengerechtlich betrachtet.

Wolfgang Rothe

Die Schwestern müssten sich theoretisch beugen, Aber es gibt im Kirchenrecht auch den Rechtsgrundsatz, dass niemand zu etwas Unmöglichem verpflichtet werden kann. Und für die Schwestern ist es momentan einfach unmöglich, ohne die Hilfe ihrer Helferinnen und Helfer überhaupt zu überleben. Sie brauchen diese Unterstützung, die ist überlebensnotwendig und darum hat niemand das Recht, es ihnen zu nehmen.

Edith Meinhart

Der Probst gesteht den Nonnen, um die alltäglichen Dinge zu bewältigen, eine Heimhilfe zu, beziehungsweise maximal zwei Pflegepersonen. Diese sollen sie sich aber auch nicht selbst aussuchen dürfen, sondern sie sollen vom Propst bestimmt werden. Für mich klingt das bisschen merkwürdig, weil es müssten ja die Nonnen mit den Personen leben und auskommen, nicht der Propst. Haben Sie eine Idee, warum er darauf pocht, die Pfleger selbst einzusetzen?

Wolfgang Rothe

Ja, das ist wieder genau dasselbe Muster wie bei den zuvor besprochenen Er will die Autorität haben, er will alles bestimmen, er will alles kontrollieren und den Schwestern ihren freien Willen nehmen. Das ist ein Vorgehen, was auch kirchenrechtswidrig ist, denn ein Oberer ist laut Kanon 618 des geltenden Kirchenrechts, dazu verpflichtet, mit Achtung, ich zitiere mit Achtung vor der menschlichen Person deren freiwilligen Gehorsam zu fördern, gern auf sie zu hören und erst dann zu entscheiden und vorzuschreiben, was zu tun ist. Aber zuvor muss er die Schwestern anhören, muss ihren Willen erkunden und dann so handeln, wie es zum Wohl der Betroffenen, seiner Untergebenen um in der Sprache des Kirchenrechts zu bleiben, um seinen Untergebenen eben das Überleben und die Existenz als Ordensfrauen zu ermöglichen. Und genau das unterminiert er am laufenden Band.

Edith Meinhart

Für mich klingt das nach einer sehr klar formulierten Passage. Sie haben vorhin von einer Hintertür gesprochen. Was wäre denn da jetzt die Hintertür?

Wolfgang Rothe

Die Hintertür ist hier die Einschränkung, dass er die Schwestern zu hören hat und dass er sie zu fördern hat. Und dann kommt der Nebensatz unbeschadet allerdings der Autorität, in diesem Fall des Propstes, zu entscheiden und vorzuschreiben, was zu tun ist. Das heißt Letztlich lässt das Kirchenrecht ein Türchen offen, durch die der Propst wieder vollen Zugriff erlangt. Aber so kann man Kirchenrecht natürlich nicht interpretieren, sondern Kirchenrecht ist ein Recht, was eben auf der Praxis einer Glaubensgemeinschaft beruht, die Barmherzigkeit und Nächstenliebe sich auf die Fahnen geschrieben hat. Und insofern müssen auch diese eher moralischen Maßstäbe kirchenrechtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt werden.

Edith Meinhart

Kommen wir zum Geld. Dazu heißt es im Vertragsentwurf. Zitat. Auf das vom Propst verwaltete Konto der Augustiner-Chorfrauen fließen weiterhin entsprechend. Den kirchlichen Vorschriften auch alle Einkünfte, Pensionen etc. Die den Schwestern zukommen. Zitat Ende. Gemeint ist das Konto bei der Spengler Bank in Salzburg, von dem die Schwester Bernadette im August 2024 Geld abheben wollte, um damit Stoff für eine Ordenstracht zu kaufen.

Der Versuch ist damals fehlgeschlagen, man hat der Nonne keine Auszahlung gewährt. Ab diesem Zeitpunkt war erst klar, dass die Ordensfrauen keinen Zugang mehr zu ihrem Geld haben, das sie übrigens für das Alter zur Seite gelegt haben. Laut ihrer Aussage betrug das Guthaben zuletzt 95.000 Euro. Man kann aus dem Vertragsentwurf des Propstes nun herauslesen, dass auf dieses für sie gesperrte Konto weiter ihre Pensionen fließen. Kleiner Einschub, bei Schwester Bernadette und Schwester Regina, den beiden Lehrerinnen im Ruhestand, landen derzeit nur 20 Prozent der Pensionen. Das ist der gesetzlich vorgeschriebene Anteil, der nicht für die Bestreitung anfallender Kosten, etwa für eine institutionelle Altersversorgung oder Pflege, verwendet werden darf.

Das heißt, geht es nach dem Propst, dann soll der Großteil der Pensionen der Ordensfrauen auch künftig unter seiner Obhut bleiben. Die Nonnen dürften darüber nicht selbst verfügen. Und da bezieht sich der Propst wieder auf das Kirchenrecht. Ist das OK?

Wolfgang Rothe

Auch da hat er im Prinzip zunächst einmal recht. Er ist der Obere der Schwestern und ein Oberer hat die Vollmacht, das Geld seiner Untergebenen zu verwalten. In diesem Fall liegt aber jetzt doch eine etwas besondere Konstellation vor, da er selbst ja nicht Teil dieser Gemeinschaft ist. Er ist von oben, von außen dieser Gemeinschaft als Oberer vorgegeben worden und insofern hat er wie jeder Obere, jede Oberin, die aus der Gemeinschaft käme, die Pflicht, dieses Geld so einzusetzen, wie es dem Wohl seiner Untergebenen dient. Es ist definitiv nicht sein Geld, nicht er kann nach Gutdünken darüber verfügen, sondern er hat es zu verwalten und so einzusetzen, wie es dem Wohl der Gemeinschaft, der dieses Geld nach wie vor gehört, zugutekommt.

Edith Meinhart

Da müssten dann die Nonnen etwas mitzureden haben.

Wolfgang Rothe

Unbedingt.

Edith Meinhart

Dass die Nonnen nichts mitzureden haben. Das zieht sich durch in dem Vertragsentwurf. Der Propst stellt für ihre geistliche Begleitung ein Mitglied des Konvents, der Augustiner Chorherrn Reichersberg ab. Dieser soll soweit erforderlich sogar im Kloster wohnen. Er möchte also einen Mitbruder von sich bei den Nonnen einquartieren. Dürfen die Ordensfrauen nicht selbst bestimmen, wer sie spirituell begleitet.

Wolfgang Rothe

In diesem Fall ist es einmal mehr so, dass er prinzipiell das Recht hat, als Oberer den Schwestern einen Seelsorger vor die Nase zu setzen. Aber ich erinnere noch mal an die Bestimmung, die ich vorhin aus Kanon 618 des geltenden Kirchenrechts zitiert habe, mit Achtung vor der menschlichen Person. Und gerade in seelsorglichen Belangen ist es absolut wichtig, den Betroffenen seelsorgliche Begleitung zur Verfügung zu stellen, die auf Vertrauen basiert. Und wenn er jetzt jemanden in dieses Kloster abstellen würde, der von ihm bestimmt wird, dann kann das für die Schwestern und alle Außenstehenden nicht anders aussehen, als so, dass er einen Spion im Kloster installieren möchte und auf diese Weise noch härtere Hand gegen die Schwestern umsetzen möchte.

Edith Meinhart

Die Ordensfrauen sind ja bisher völlig von spendenabhängig. Von ihrem Ordensoberen, der wie gesagt die Hand auf ihrem Vermögen hat, haben sie bisher eigentlich nichts bekommen, außer der Aussicht auf einen Platz im Altersheim, in das sie ja gegen ihren Willen gebracht worden sind, also vielleicht ein Platz in einem anderen Altersheim. Und nun regt der Propst in dem vorgeschlagenen Vertrag an, dass allfällige Spenden für die Schwestern zur Gänze einem Schulprojekt zur Mädchenbildung überwiesen werden und auch jene Verkäufe, die aus dem Buchverkauf an die Schwestern gehen würden. Gemeint ist der Euro pro verkauften Buch, der für die Nonnen reserviert ist.

Was halten Sie davon?

Wolfgang Rothe

Für mich ist das pure Heuchelei. Er möchte nach außen hin den Eindruck erwecken, ja, ich nehme das Geld ja nicht für mich, sondern ich möchte es einem guten Zweck zukommen lassen. Der Zweck, für den dieses Geld gespendet worden ist, ist aber nicht irgendein soziales Projekt, was er sich aussucht, sondern der Zweck ist die Unterstützung der drei Nonnen. Und wenn das so umgesetzt würde, wäre das eine rechtswidrige Zweckentfremdung von Spenden. Dazu hat er nicht das Recht, und zwar auch nicht nach staatlichem Recht.

Edith Meinhart

Das heißt, es ist eine Konstruktion, ihnen das Geld zu nehmen, ohne dass sie richtig Nein sagen können.

Wolfgang Rothe

Genau. Er möchte auch der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, dass das Geld gut angelegt ist, dass damit ein Projekt gefördert wird, das ja im Prinzip im Sinne der Schwestern ist. Aber einmal mehr möchte er die Schwestern abhängig machen oder in seiner Abhängigkeit behalten, indem sie weiterhin kein Geld haben sollen, über keinerlei finanzielle Möglichkeiten verfügen sollen und damit zur Gänze von ihm und seiner Willkür abhängig bleiben.

Edith Meinhart

Es fügt sich jetzt fast schon ins Bild, dass sich die Helferinnen zurückziehen sollen. Alle Entscheidungen obliegen dem Propst und allenfalls einem für die Schwestern bestellten Erwachsenenvertreter. Dazu muss man sagen, dass die Geschäftsführerin des Heims, in das der Propsinonen gebracht hat, verfrachtet, wie sie es selbst ausdrücken, hinter dem Rücken der Ordensschwestern beim Bezirksgericht Hallen schon einmal eine Erwachsenenvertretung für Schwester Rita angeregt hat. Dieses Ansuchen ist jedoch abgeblitzt. Was würden Sie den Nonnen denn raten jetzt?

Wolfgang Rothe

Ich habe den Nonnen bereits geraten, einen förmlichen Antrag an das römische Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens zu stellen, also für die römische Behörde, die für Ordensfrauen zuständig ist, und dort anzusuchen, den derzeitigen Apostolischen Kommissar, also Propst Markus Grasl, seines Amtes zu entheben und durch einen anderen Apostolischen Kommissar zu ersetzen. Denn Propst Markus Grasl hat auch durch den jüngsten Vertrag sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht willens ist, im Sinne der Schwestern zu handeln und dass er auch nicht fähig ist, den Konflikt zu lösen, der ja ein schwerer Schaden für die Kirche ist. Und ich hoffe sehr, dass, wenn dieser Vorschlag umgesetzt würde, Rom einsieht, dass dieser Mann in dieser Position nicht mehr haltbar ist, weil er nicht nur den 3 Nonnen schadet, sondern auch der Kirche.

Edith Meinhart

Als bekannt geworden ist, dass die Schwestern die Vertragsbedingungen ablehnen, hat der Propst sich in den Salzburger Nachrichten mit dem Satz zitieren lassen, dann müssen sich die Schwestern in Rom erklären, ob sie ein klösterliches Leben noch wollen. Wenn sie ablehnen, dann weiß ich auch nicht mehr, was sie wollen. Und sein Sprecher Harald Schiffel bestätigte gegenüber der Zeitung, dass der Ordensobere den Vatikan, konkret das Ordensdikasterium, bereits eingeschaltet hat. Wenn das die Version der Geschichte ist, die dort ankommt, welche Chance haben die Nonnen dann überhaupt, im Vatikan Gehör zu finden?

Wolfgang Rothe

Die Chance ist leider relativ gering und das liegt einfach daran, dass der Propst ein Mann ist und Macht hat. Im Vatikan neigt man leider immer dazu, den Mächtigen in der Kirche Recht zu geben. Aber ich hoffe nach wie vor drauf, dass es vielleicht doch noch möglich sein wird, im Vatikan Gehör zu finden, und zwar aufgrund der Tatsache, dass hier ein weltweites Medieninteresse besteht, dass die Schwestern weltweit Solidarität erfahren. Und wenn es den zuständigen Personen im Vatikan ein Anliegen wäre, dass dieser Konflikt endlich gelöst wird, dass endlich Ruhe einkehrt, dann müssten sie endlich im Sinne der Schwestern handeln und einmal auf den Prüfstand stellen, was der Propst so treibt. Denn der Hinweis des Propstes, dass jetzt Rom am Zug wäre, ist ja zunächst einmal eine leere Drohkulisse. Er will den Schwestern Angst machen. Das sieht man schon am Nebensatz, den er anfügt, in dem er in Frage stellt, ob die Schwestern überhaupt weiter ein klösterliches Leben führen wollen.

Genau darum geht es doch. Sie wollen ja weiterhin ein klösterliches Leben in ihrem Kloster führen und eben nicht in ein Altenheim abgeschoben werden. Das ist einfach perfide, den Schwestern zu unterstellen, dass sie, indem sie sich seinem Vertragsentwurf widersetzen, ihm die Möglichkeit nehmen, den Schwestern ein klösterliches Leben zu ermöglichen. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Schwestern möchten ein klösterliches Leben führen und er legt ihnen ständig Knüppel zwischen die Beine.

Edith Meinhart

Ich glaube, in dieses Setting ist ja auch die Frage der Social Media Aktivitäten eingefügt. Der Probst stellt es so dar, dass sich diese Social Media Aktivitäten mit einem klösterlichen Leben nicht vereinbaren lassen. Das klingt schlüssig. Außerdem will er, dass Rechtsanwälte und Juristen, die sich für die Schwestern einziehen, sofort zurückziehen. Das heißt, sie sollen trotzdem auf alles verzichten, was ihnen hilft, ihre Position auch in Rom zu stärken.

Wolfgang Rothe

Das Einstellen der Medienaktivitäten, insbesondere des Instagram Accounts, ist eine Forderung, die keineswegs mit den Notwendigkeiten und Gegebenheiten eines geregelten Ordenslebens begründet werden kann. Viele Ordensgemeinschaften sind mittlerweile dazu übergegangen, ihr klösterliches Leben in den sozialen Medien darzustellen, um die Menschen außerhalb der Klostermauern an ihrem Leben teilhaben zu lassen, um sie spüren zu lassen, dass sie Teil der Welt sind und an den Anliegen und Sorgen der Menschen teilhaben. Ich könnte Ihnen eine ganze Liste von Ordensgemeinschaft nennen, in der entweder die Ordensgemeinschaft als solche oder einzelne Mönche und Nonnen eine sehr große und auch sehr erfolgreiche Aktivität in den sozialen Medien entfalten zum Wohl der eigenen Gemeinschaft. Also die Begründung, die er liefert, ist völliger Entschuldigung, Bullshit.

Dass er den Schwestern verbieten möchte, dass Rechtsanwälte und Juristen ich gehe mal davon aus, er meint damit auch Kirchenrechtler sie beraten, ist wiederum eine äußerst perfide Strategie. Denn diese Beratung fehlte ja, als die Schwestern den dem Konflikt zugrunde liegenden Übergabsvertrag unterzeichnet haben, weil sie überhaupt nicht ermessen konnten, was daraus an Nachteilen für sie erwächst. Die wurden, das habe ich ja auch schon mal in einem Podcast gesagt, sie wurden über den Tisch gezogen und genau das möchte er offenbar aufrechterhalten.

Die Schwestern brauchen mehr denn je juristischen Rat. Sie brauchen mehr denn je einen Rechtsanwalt an ihrer Seite und ihnen das zu nehmen, das wäre ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

Edith Meinhart

Wie hält es denn der Vatikan grundsätzlich mit dem aus dem römischen Recht stammenden Grundsatz Audiator et alterat pas-Konkret: Also beide Seiten müssen angehört werden. Wer stellt sicher, dass an den entscheidenden Stellen nicht nur landet, was der Propst erzählt oder der Erzbischof, sondern dass man dort auch zum Beispiel den Vertragsentwurf zu sehen bekommt, also den genauen Wortlaut dessen, wozu die Nonnen ihre Zustimmung geben sollten?

Wolfgang Rothe

Um ehrlich zu sein, niemand stellt das sicher. Dieser Rechtsgrundsatz, der gilt auch für das Kirchenrecht. Das ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der vom Kirchenrecht sozusagen adaptiert worden ist. De facto sind aber alle behördlichen Vorgänge an der römischen Kurie sehr undurchsichtig. Man weiß nicht, wer dorthin schreibt, welche Antworten gegeben werden, was an Prozessen in die Wege geleitet wird. Man sieht immer nur die Ergebnisse. Deswegen ist es sehr wichtig, dass die Schwestern und ihre Helferinnen und Helfer von sich aus tätig werden und alle Informationen dort platzieren, wo sie hingehören, eben auch in Rom.

Dass sie sich nicht einfach hinsetzen und abwarten, wie Rom entscheidet, sondern dass sie den Aktivitäten des Propstes, der ja diese Drohkulisse in den Raum gestellt hat, zuvorkommen und Rom vollumfänglich über seine Machenschaften informieren.

Edith Meinhart

Hat das Dikasterium, das für die Orden zuständig ist, eine Adresse? Können sich da auch Ordensfrauen hinwenden oder braucht man dafür spezielle Kontakte?

Wolfgang Rothe

Da gibt es natürlich Adressen und ich habe diese Adressen den Schwestern heute schon übermittelt.

Edith Meinhart

Was wäre denn der schönste Ausgang dieser Geschichte? Und vielleicht auch persönlich sind sie optimistisch, weil das wie Rom entscheidet, ist ja schon eine Art Lackmustest im Umgang mit Ordensfrauen, auf den auch weltweit geblickt wird.

Wolfgang Rothe

Genauso ist es. Und ich hoffe, dass sich in der zuständigen Behörde, im zuständigen Diskasterium genug weise Menschen finden, die sehen, wie wichtig dieser Fall weltweit ist, wie wichtig es ist, dass hier eine Entscheidung getroffen wird, die nicht über die Köpfe der Menschen, der Betroffenen hinweg getroffen wird. Denn auf diese Weise würde die Kirche ihre eigene Glaubwürdigkeit massiv untergraben und würde vor allen Dingen auch dafür sorgen, dass dann wirklich niemand mehr Lust hätte, in ein Kloster einzutreten. Und das kann wirklich nicht im Sinne des Vatikan sein.

Edith Meinhart

Sind Sie optimistisch, was die ausreichende Weisheit im Dikasterium betrifft oder nicht?

Wolfgang Rothe

Optimismus wäre sicherlich fehl am Platz. Ich bin aber insofern zuversichtlich, als das mediale Interesse groß ist und sofern es groß bleibt. Deswegen kann ich die Schwestern auch nur ermutigen, ihre Aktivitäten in den sozialen Medien mit vollem Elan weiterzuführen. An dieser Stelle übrigens eine große Gratulation allen, die sie dabei unterstützen und die das überhaupt erst möglich machen und ein großes Dankeschön. Das ist für die Schwestern momentan lebensnotwendig und aus Erfahrung weiß man, dass die Kirche sich dann und nur dann bewegt, wenn der Druck von außen, der Druck von medialer Seite groß genug ist.

Edith Meinhart

Das klingt jetzt nicht weihnachtlich zuversichtlich, aber auch nicht ganz hoffnungslos.

Wolfgang Rothe

So ist es. Es gibt immer Hoffnung, gerade für uns Christen. Aber auf der anderen Seite müssen wir auch realistisch sein und all das tun, was notwendig ist.

Edith Meinhart

Herr Rothe, ganz herzlichen Dank für das Gespräch.

Wolfgang Rothe
Sehr gerne. Frau Meinhart.

Autor:in:

Edith Meinhart

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