Rohrer bei Budgen
"Juraczka ist Nagel im Sarg der ÖVP"

Fotocredit: Stefan Lassnig

Diesmal sprechen Innenpolitik-Journalistin Anneliese Rohrer und ORF-Moderator Patrick Budgen über die Rückkehr von Christian Stocker ins Kanzleramt, die schlechten Umfragewerte der ÖVP und den neuen Job für Ex-ÖVP-Wien-Chef Manfred Juraczka.

Patrick Budgen
Frau Doktor, diese Woche ist erster Advent. Haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke?

Anneliese Rohrer
Ich habe null, ich habe nicht einmal noch einen Adventkranz. Ich bin gegen diese Vorziehung von Weihnachten. Demnächst werden wir nach Ostern damit angefangen.

Patrick Budgen
Das heißt, die Weihnachtsgeschenke werden dann am 23. besorgt oder?

Anneliese Rohrer
Na, 22.

Patrick Budgen
Immerhin. Hallo und herzlich willkommen. Das ist Rohrer bei Budgen, der politische Podcast. An dieser Stelle wollen wir alle zwei Wochen die innenpolitischen Geschichten des Landes, die Aufreger, die Skandale, kurzum alles, worüber gesprochen wird, analysieren und einordnen. Wir, das bin ich, Patrick Budgen, seit über 20 Jahren ORF Journalist und Moderator und sie muss sich wie immer nicht vorstellen, sie ist die Stimme im heimischen Innenpolitikjournalismus. Vielfach ausgezeichnet. Frau Dr. Anneliese Rohrer, hallo.

Anneliese Rohrer
Hallo.

Patrick Budgen
Der Bundeskanzler feiert ein Comeback im Kanzleramt. Der Ministerrat hat viele Gesetze auf den Weg gebracht. Ist das endlich der so dringend nötige Befreiungsschlag? Das werde ich Sie gleich fragen. Dann gibt es neue, sehr schlechte Umfragewerte für die ÖVP und einen Top Job für einen ehemaligen ÖVP Wien Chef, ganz ohne Ausschreibung. Über all das wollen wir heute sprechen, Sie lachen schon, in Folge 20 wir haben ein kleines Jubiläum. Fangen wir vielleicht an mit dem Comeback im Kanzleramt. Heute Mittwoch soll Bundeskanzler Christian Stocker erstmals wieder einen Ministerrat leiten. Nach seiner gesundheitsbedingten Abwesenheit, ist er Ihnen schon abgegangen?

Anneliese Rohrer
In der Zeit, in der letzten Zeit, wo so viel los war, die einen Bundeskanzler und vor allem einen ÖVP-Chef erfordert hätte in der Öffentlichkeit war er nicht da. Ist er mir abgegangen? Ja, theoretisch.

Patrick Budgen
Also theoretisch ist er Ihnen abgegangen. Was hätten Sie erwartet von ihm, wäre er da gewesen?

Anneliese Rohrer
Ich hätte zum Beispiel erwartet von ihm nach diesem Mahrer Drama, das ja offensichtlich noch nicht zu Ende ist, weil er noch immer nicht seinen Rücktritt bei der Nationalbank deponiert hat. Ich meine, das muss man sich mal vorstellen. Nach so vielen Wochen.

Patrick Budgen
Meinen Sie, er hält sich da so ein Hintertürchen offen ein bisschen und glaubt, es merkt keiner?

Anneliese Rohrer
Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich weiß es nicht, aber es ist jedenfalls ungewöhnlich. Und eigentlich auch vom Herrn Kocher, der das so abgetan hat, nicht akzeptabel. Ich meine, die Nationalbank…

Patrick Budgen
Ist ja nicht irgendwas.

Anneliese Rohrer
Ja, ist ja nicht, ich weiß nicht, die Raiffeisen in, ich will niemanden beleidigen, aber ja.

Patrick Budgen
Jetzt würde mich interessieren, was Ihnen eingefallen wäre. Irgendwas in Kärnten sicher, kann ich mir vorstellen. Es wird ja viel darüber diskutiert, seit Christian Stocker im Krankenstand ist, darf ein Politiker krank sein? Darf er so lang fehlen? Hat er nicht auch ein Recht, einfach einmal krank zu sein und zu sagen, ich ruhe mich jetzt aus von einer schweren Operation?

Anneliese Rohrer
Patrick, er hat jedes Recht. Aber was wir schon so oft mitgemacht haben hier in diesen politischen Hallen, ist, dass es nicht transparent ist. Jetzt, weil er eigentlich mit so einer Operation, die er angegeben hat, hätte er können nach 14 Tagen wieder fit sein, weil er das offensichtlich nicht war. Jetzt ist das Gerücht, es ist was falsch gegangen, es wurde was verpfuscht, er hat so Schmerzen in jeder Lage.

Patrick Budgen
Er kann nicht einmal sitzen, 10 Minuten.

Anneliese Rohrer
Kann nicht einmal sitzen, muss stehen. Warum kann man nicht sagen, ja, diese Operationen, das war offenbar aber nicht einmal das weiß man, normale Bandscheinoperation, weil da müsste sofort wieder da sein. War es eine Nervenoperation, da kann natürlich was schiefgehen, aber man weiß es nicht. Jedenfalls Tatsache ist, dass so lange wie er nicht aufgetreten ist, da muss irgendwas gewesen sein.

Patrick Budgen
Aber hat ein Bundeskanzler nicht auch ein Recht auf Privatsphäre, sowas nicht zu teilen mit der Öffentlichkeit?

Anneliese Rohrer
Hat ein Bundeskanzler Bruno Kreisky das Recht gehabt, vor Jahrzehnten über Monate oder Jahre seine Dialyse zu verschweigen? Aus heutiger Sicht nein, weil ich meine, auch das sieht man ja, es beeinträchtigt seine offizielle Arbeit. Also muss ich sagen, was Sache ist. Wir hatten es auch schon schlimmer mit Alois Mock. Alois Mock hatte ganz offensichtlich, nach einer Zeit war das nicht mehr zu vertuschen, Parkinson und die Gerüchte blühten und die ÖVP hat versucht mit falschen Arztbefunden die Öffentlichkeit zu beruhigen. Also meine Antwort wäre bis zu einem gewissen Grad ja, Recht auf Privatsphäre. Man muss nicht. Warum nehmen sich die ÖVP-ler nicht. Beispiel am britischen König? Der britische König hat gesagt, ich hab Krebs, aus. Niemand, also ich registriere nicht, dass irgendwer herumspekuliert. Er hat ein Recht auf Privatsphäre, aber da muss es glaubhaft sein, da muss die Diagnose und das Verhalten glaubhaft sein.

Patrick Budgen
Was sagen Sie denn zur Inszenierung? Das ist ja viel diskutiert worden. Er hat sich aus dem Homeoffice immer wieder gemeldet, Christian Stocker, und hat die Fahnen offenbar aus dem Bundeskanzleramt mitgenommen in sein Wohnzimmer in Wiener Neustadt ist immer gesessen vor der österreichischen und der EU Flagge. Wie hat Ihnen das gefallen?

Anneliese Rohrer
Naja, es war für mich ein Zeichen der Kleinkariertheit mancher ÖVP Kreise.

Patrick Budgen
Weil?

Anneliese Rohrer
Naja, es ist nicht notwendig. Es ist ja lächerlich. Jeder weiß, dass er nicht im Wohnzimmer die Fahne hängen hat, oder?

Patrick Budgen
Ja, weiß ich nicht. War noch nie bei ihm zu Hause.

Anneliese Rohrer
War eine Niederösterreich Fahne dabei?

Patrick Budgen
Nein, habe ich nicht gesehen.

Anneliese Rohrer
Eine EU?

Patrick Budgen
EU schon. Ja, EU und Österreich, bitte.

Anneliese Rohrer
Was glauben die eigentlich? Was es aber direkt zu dem anderen Thema führt, zum Juraczka.

Patrick Budgen
Den würde ich mir noch gerne aufheben, den Herrn Juraczka.

Anneliese Rohrer
Aber ich darf den Satz wieder sagen, was glauben die eigentlich?

Patrick Budgen
Was glauben die eigentlich? In dem Fall die ÖVP, meinen Sie? Ich würde noch nämlich gern kurz bei Christian Stocker bleiben. Wenn man Politikinsidern so glauben darf, wird wegen seiner Abwesenheit ja auch heftig über eine mögliche Ablöse spekuliert. Hören Sie das auch?

Anneliese Rohrer
Ich höre das nicht nur, ich lese das auch. Eine Wiener Stadtzeitung macht auf heute mit dem Ding, kommt Kurz zurück?

Patrick Budgen
Jetzt würde ich gern Ihr Gesicht mit unseren Hörerinnen und Hörern teilen. Es spricht pure Verzweiflung.

Anneliese Rohrer
Nein, es ist wirklich, wir machen auch, wir auch die Medien machen dieselben Fehler immer wieder, immer wieder. Das war gestern auch Gegenstand in einer Fernsehsendung. Und da hat Andreas Kohl, der ja nun wirklich das Innenleben der ÖVP kennen muss, genau, glaube ich, drei oder vier Gründe aufgezählt, warum das jetzt unrealistisch ist. Aber nein, wir geben ihm die Plattform, wir fahren mit ihm nach Israel, wir lassen uns dort sein Unternehmen zeigen und kommen zurück. Und wirklich erklären konnte das nicht. Also wir sind irgendwie immer wieder in dieselbe Falle.

Patrick Budgen
Also ich höre heraus, Sie glauben nicht daran, dass Sebastian Kurz zurückkehrt jetzt.

Anneliese Rohrer
Nein, da hören Sie falsch. Ach so, Weil so wie sich die Dinge in Österreich entwickelt haben, würde ich bei all meiner Verzweiflung das nicht mehr ausschließen.

Patrick Budgen
Wirklich?

Anneliese Rohrer
Ja.

Patrick Budgen
Aber was verspricht sich die ÖVP davon? Glauben Sie?

Anneliese Rohrer
Ich meine, es gibt natürlich, die ÖVP ist gespalten, aber das muss man sagen, oder ich kann das sagen, weil ich weiß nicht, wie oft ich in den Jahrzehnten geschrieben habe, der Todestrieb der ÖVP, jetzt schlägt er voll durch. Ich meine, wenn sie unter 20 Prozent sind, kann das schon die pure Verzweiflung sein. Also in Kärnten würde man sagen, eine Einstellung wie Kuh hin, Kalbl hin, auch schon wurscht. Dann gibt es ja noch immer die Möglichkeit, die schließe ich allerdings fast aus, weil der Kurz sich das nicht antun wird. Aber er könnte ja noch mit einer eigenen Liste kandidieren.

Patrick Budgen
Aber die nächste Wahl ist weit entfernt, die offizielle.

Anneliese Rohrer
Da kann er sich bis dahin, wenn die Medien so mitspielen wie jetzt, kriegt er da bis dahin noch jede öffentliche Plattform, die er will. Aber man untersucht nicht, wie lange dauert es noch mit den Inseraten? Ist er wirklich so erfolgreich, wie er tut? Was sollen diese ganzen öffentlichen Auftritte? Ich mein ganz, ganz schlimm. Und da stand aber, also ich habe es überlesen, oder es stand nirgends, war der Podcast mit seinem ehemaligen Fanboy von der Bild Zeitung, der ihn wirklich schwer hergenommen hat. Da stand aber nirgends, der hat ihn wirklich, der hat ihm wirklich zugesetzt. Aber das hast du in keiner österreichischen Zeitung gelesen.

Patrick Budgen
Warum nicht?

Anneliese Rohrer
Mich dürfen Sie nicht fragen. Ich bin aus diesen Kreisen draußen.

Patrick Budgen
Die Namen Tanner und Hatmannsdorfer fallen auch immer wieder, wenn es um eine mögliche Nachfolge von Christian Stocker geht. Wieso lachen Sie jetzt?

Anneliese Rohrer
Erstens, erstens, Tanner ist Niederösterreich, das ist schon möglich, aber ich kann es mir in diesen Zeiten Patrick, wo die Außenpolitik eine so große Rolle spielt, was will ich mit einer ehemaligen, ich will es ihr nicht vorwerfen, daher stoppe ich mich hier. Aber was will ich mit einer Landespolitikerin, Landes- und Bundespolitikerin? Können Sie sich die dann mit ihren Red Bull Ohrringen auf der internationalen Bühne vorstellen? Ich habe nicht so viel Fantasie.

Patrick Budgen
Und der Herr Hatmannsdorfer?

Anneliese Rohrer
Der Herr Hatmannsdorfer… Wenn die ÖVP wieder einen Köpfler machen will, dann schaut sie auf Herrn Hatmannsdorfer. Warum? Man kann ja nicht alles schlecht machen. Muss ja irgendwer übrig bleiben. Ich fürchte nur, bei der ÖVP ist das im Moment sehr schwer, weil der Herr Hatmannsdorfer, wie man unlängst im Fernsehen gesehen hat, ist die oberösterreichische Ausgabe des Sebastian Kurz ohne Charisma.

Patrick Budgen
Das ist ein hartes Urteil.

Anneliese Rohrer
Ja, aber so ist er aufgetreten, aalglatt, gut aussehend, wenn das in Österreich von Grasser bis ein Kriterium ist, eingelernt mit einer Ausstrahlung, die nicht bis zu mir gekommen ist. Also kann sein, dass er populär ist.

Patrick Budgen
Aber vielleicht um diesen Themenkomplex noch kurz abzuschließen, glauben Sie an eine Ablöse von Christian Stocker in unmittelbarer Zukunft.

Anneliese Rohrer
Also wenn die ÖVP gescheit ist, was schon ein hoher Anspruch wäre, dann lasst sie ihm jetzt diese diesen Trümmerding aufräumen, weil er wird ganz sicher auch von sich aus, bin ich absolut überzeugt, Kai nicht der nächste Spitzenkandidat sein. Also wenn es ihm jetzt ablöst und durch, puh weiß ich nicht, Hatmannsdorfer ersetzt.

Patrick Budgen
Dann ist der bis zur nächsten Wahl wieder verbraucht. Das hat ja Bernhard Görk auch hier bei uns im Studio schon mal gesagt. Sie haben die schlechten Umfragewerte schon angesprochen. Gleich drei schlechte Umfragen gibt es derzeit für die ÖVP bundesweit, Steiermark und Oberösterreich. In Oberösterreich liegt die ÖVP bei 25 Prozent, ganze 10 Prozent hinter der FPÖ. Hat Sie das überrascht?

Anneliese Rohrer
Ja, eigentlich schon. Also das würde ich als schrillere Alarmglocke für die ÖVP ansehen, als die 40 Prozent des steirischen Landeshauptmanns Kunatsek, weil erstens einmal da Stelzer, weiß nicht, vielleicht habe ich zu wenig Ahnung von Oberösterreich, aber mir scheint nicht, dass er das verdient als Landeshauptmann. Vielleicht ist in Oberösterreich irgendwas los, was meiner Aufmerksamkeit entgangen ist. Und FPÖ ist in meinen Augen nicht dieser Lichtgestalter. Das ist aber alles offenbar der Trend, gegen den weder SPÖ, noch ÖVP ein Rezept, noch die Medien. Jetzt schreiben Sie schon wieder Kickls Aufstieg, Kickls Ding, FPÖ ist unaufhaltsam.

Patrick Budgen
Der braucht eigentlich gar nichts machen. Thomas Stelzer-

Anneliese Rohrer
Am besten, er macht nichts.

Patrick Budgen
Thomas Stelzer, den Sie gerade angesprochen haben, der Landeshauptmann von Oberösterreich, gibt er dem Bund die Schuld, weil er sagt, es gehe nichts weiter. In Sachen Teuerung macht er sich da zu einfach?

Anneliese Rohrer
Ja, und die Landeshauptleute machen sich das immer zu einfach. In 14 Tagen, da wird es schon lang her sein. Aber man muss abwarten, was jetzt am Freitag bei der Landeshauptmann, also bei diesen Solidaritäts- irgendwas Pakt passiert, weil der Mattle von Tirol hat gesagt, wir können uns einigen, ob das stimmt und dann vor allem, was kommt da raus? Das muss man schon abwarten.

Patrick Budgen
Was, Sie haben es eh schon ein bisschen angesprochen, aber was müsste passieren für eine Trendumkehr? Ich meine, das ist ein schwarzes Kernland Oberösterreich. Was muss da passieren, dass das wieder in die andere Richtung geht?

Anneliese Rohrer
Naja, das ist schwierig in der jetzigen wirtschaftlichen Situation, wo ja das größte Unglück von der Industrie herkommt und ein klassischeres Industrieland als Oberösterreich, hat Österreich nicht. Also seine Möglichkeiten sind begrenzt. Der Trendumkehr. Er kann nur hoffen, dass die Wirtschaft wieder anzieht.

Patrick Budgen
Also hat er doch ein bisschen recht mit der Schuldzuweisung an die Regierung.

Anneliese Rohrer
Er hat nicht recht, weil was soll der Bund machen? Der Bund hat nicht das Geld zu investieren, die Industrie wieder in Schwung zu bringen. Er hat einfach nicht das Geld. Unter anderem auch, weil die Länder das Defizit in die Höhe getrieben haben. Er muss schauen, Kooperationen, Ausland, keine Ahnung, dass die Industrie von selbst in Schwung kommt. Vom Bund kann er es nicht verlangen.

Patrick Budgen
Nicht nur der Herr Stelzer, auch viele andere Kritiker werfen der Regierung regelmäßig Stillstand vor. Im letzten Ministerrat ist ordentlich was weitergegangen. Da ist eine Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht worden. Ich zähle mal ein paar auf. Das Mogelpackungsgesetz, das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, Betrugsbekämpfungspaket. Liefert die Regierung jetzt endlich aus ihrer Sicht?

Anneliese Rohrer
Naja, das sind alles so Sachen, die nicht wirklich ans Herz oder an den Bauch der Bevölkerung gehen. Das Elektrizitätwirtschaftsgesetz, das einmal Billigstromgesetz heißt dann wieder günstiger Stromgesetz. Was wollen sich die Leute darunter vorstellen? Ich meine, und was war das erste? Das war überhaupt.

Patrick Budgen
Mogelpackungsgesetz. Da geht es um die Shrinkflation, dass man nicht mehr die gleiche Verpackung anbieten darf, ohne zu kennzeichnen, dass weniger drin ist.

Anneliese Rohrer
Das sind alles Sachen, die relativ leicht zu verabschieden sind, weil Hoffnung auf populär von allen dreien aber die kein Leuchtturm sind und die nicht diese Reformen signalisiert, die zum Beispiel der Bartel am Sonntag in der TV Sendung eingefordert hat. So werden sie das nicht leisten können. Das Problem ist nur, die Leute wollen auch Reformen. Wo sind die Reformen? Wo sind die großen Strukturreformen? Wenn die dann auf die Wege gebracht werden, dann kommt das große Hallo in der Bevölkerung, aber nicht die Spitäler zusammenlegen, nicht die Gemeinden zusammenlegen, nicht das und nicht jenes. Aber es braucht ein Signal, dass die mutig sind. Und das fehlt. Das fehlt vollkommen. Eigentlich müssen sie jede Woche als Regierung ein Aha-Erlebnis produzieren oder verkünden.

Patrick Budgen
Aber ich kann mich gut erinnern, wir machen den Podcast ja jetzt schon sehr lange und sie haben immer wieder kritisiert, auch bei Vorgängerregierungen, dass man so marketingmäßig so Happen hingeworfen hat und quasi gesagt hat, das ist diese Woche Thema, das ist diese Woche Thema. Jetzt macht es diese Regierung anders, arbeitet offenbar im Hintergrund was aus und präsentiert dann viel auf einmal. Ist auch wieder nicht richtig.

Anneliese Rohrer
Nein, nein, nein, nein. Sie präsentiert die Happen, wie sie sie dann vorlegt, ist eigentlich relativ wurscht, aber es sind Happen. Das Kopftuchverbot für die unter 14-Jährigen ein Happen.

Patrick Budgen
Dann gibt es zum Beispiel 500 Millionen Euro mehr für Sozialversicherungen, damit die Telemedizin zum Beispiel ausgebaut wird, ist ja auch ein wichtiger Schritt oder ein wichtiges Paket für die Menschen, oder nicht?

Anneliese Rohrer
Das sind alles Sachen, die nicht wirklich auf den ersten Blick bei den Leuten die Reaktion hervorrufen, Das trifft mich oder das geht mich an oder das ist von meinem. Nehmen wir zum Beispiel die Mietpreisgeschichte, sang- und klanglos. Kein Mensch redet mehr darüber.

Patrick Budgen
Weil die Inflation ja auch nicht so hoch ist, dass das greift.

Anneliese Rohrer
Das hat sich der Babler auf seine Fahnen geheftet.

Patrick Budgen
Betont er ja auch immer wieder.

Anneliese Rohrer
Aber kein Mensch redet darüber.

Patrick Budgen
Muss man der Regierung noch mehr Zeit geben? Glauben Sie?

Anneliese Rohrer
Naja, ich würde sagen, das Jahr 26 und dann ist es vorbei. Also wenn Sie bis zum Herbst 26 nicht wirklich substanziell den Leuten das Gefühl geben, es wird sich was ändern, weil dann fangen die Landtagswahlen wieder an und dann haben Sie es versäumt.

Patrick Budgen
Sehen Sie da Ansätze, dass 2026 bis zum Herbst der große Wurf kommt, wie viele das fordern eben eine Strukturverwaltungsreform, zumindest in Ansätzen?

Anneliese Rohrer
Ja, wir reden immer von Struktur- und Verwaltungsreform. In Wahrheit müssten Sie sich am Freitag einigen, wird nicht sein, aber in Wahrheit müssten alle okay, dieser Föderalismus, wie er in der ersten Verfassung nach dem Ersten Weltkrieg aufgestellt wurde, wo Österreich ja eigentlich durch einen Zusammenschluss der Länder existiert hat, dieser Föderalismus ist nicht mehr zeitgemäß nach 100 Jahren. Wir müssen ihn anders strukturieren. Wenn Sie das nicht machen, ist alles andere pipifax.

Patrick Budgen
Aber das heißt, die Kompetenzen anders zu verteilen oder wirklich auch Bundesländer zusammenzulegen, wenn man das weiterdenkt?

Anneliese Rohrer
Vor allem unterm Strich. Sie müssten sich einigen, okay, wir sind alle, ich will jetzt nicht ordinär werden, aber wir sind alle in einer schwierigen Situation. Wer ist bereit um der Reform willen oder wir sind alle bereit um der Reform willen Macht abzugeben. Um das geht es ja eigentlich in Wahrheit.

Patrick Budgen
Macht und Kompetenz.

Anneliese Rohrer
Macht und Kompetenz abzugeben.

Patrick Budgen
Es würde mich interessieren, was Sie da im Kopf hatten für ein ordinäres Wort.

Anneliese Rohrer
Nein, mache ich nicht.

Patrick Budgen
Lassen Sie sich nicht verleiten von mir. Zum Schluss würde ich gerne noch über einen ehemaligen ÖVP Chef sprechen, den Sie schon kurz erwähnt haben, den viele wahrscheinlich gar nicht mehr kennen oder schon vergessen haben. Manfred Juraczka ist sein Name.

Anneliese Rohrer
Man muss ihn nicht kennen.

Patrick Budgen
Man muss ihn nicht kennen. Er hat die Wiener ÖVP, ich habe heute nachgeschaut, von 2012 bis 2016 geführt, bis er die Partei bei der Wahl 2015 zu unter 10 Prozent geführt hat, musste dann zurücktreten. Jetzt hat er einen neuen Job, das wäre noch nicht so außergewöhnlich. Allerdings ist er Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien geworden. Was waren Ihre ersten Gedanken dazu?

Anneliese Rohrer
Das, was Sie schon gesagt haben, was denkt sich die ÖVP dabei? Was denkt sich die ÖVP, der junge, wie heißt der Fiegl, der jetzt Wiener Chef ist oder die Bundespartei, wenn sie das hört, was denken die sich dabei, dass sie dasselbe immer wieder, immer wieder unverändert machen? Das ist in Wahrheit, ich mein, so ein Postenschacher, den hat es, glaube ich schon, also jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit langgegeben. Du gibst jemanden einen Posten, du schreibst ihm nicht aus, du sagst nicht, was er verdient und vor allem hältst du fest, dass er nichts zu tun hat. Ich meine, das ist in Wien mit dieser, das zum Beispiel wäre auch eine eine Reform von den Ländern. Das ist in Wien mit den nichts Amt führenden Stadträten, die ich weiß nicht, 15.000 Euro im Monat kriegen.

Patrick Budgen
Bisschen weniger, glaube ich, aber genug.

Anneliese Rohrer
Ja, dann 12.000. Nichts zu tun haben, dann glauben die, sie können das weitermachen. Ich meine ja, dass die Wiener Geisteshaltung so ist, wir geben unseren Leuten irgendwelche Jobs, die brauchen nichts Arbeiten kommt von den nicht amtsführenden Stadträten her. Das kann man aber abschaffen eigentlich. Und vor allem in Zeiten, wo zwei Millionen, zwei Milliarden geben ja ab wie der Stadt Wien oder wo ich die Gebühren raufschnalzen muss. Warum nicht dort, warum nicht dort das Geld holen? Und der Juraczka diese Geschichte ist eine solche, eine solche Frechheit, dass du nicht erklären kannst, warum eine politische Partei das immer wieder macht.

Patrick Budgen
Sie haben es eh schon gesagt, der Posten wurde nicht ausgeschrieben. Das wurde dann auf Nachfrage von Journalisten begründet damit, dass er ja nur zweiter Geschäftsführer sei und deshalb wenige Befugnisse habe. Wozu braucht es ihn dann überhaupt, habe ich mich gefragt?

Anneliese Rohrer
Also ich habe mir ich konnte das nach der Aufzählung von dem, was alles nicht tut, keine Antwort finden. Es braucht ihm dazu aber der Herr Juraczka war ja Gemeinderat. Was verdient denn der Gemeinderat in Wien?

Patrick Budgen
Auch genug, 10.000 würde ich sagen. Brutto geschätzt.

Anneliese Rohrer
Eben. Warum braucht er einen Job bei einer Wirtschaftsagentur, die mit Sicherheit von einem allein zu führen ist? Allein die Tatsache, dass man zwei Geschäftsführer festgelegt hat, ist es schon. Vielleicht brauchen wir das für politische Versorgung. Das sind aber genau die Sachen, die die Leute wirklich aufbringen. Und dann wundern Sie sich über die Ergebnisse der letzten Umfragen.

Patrick Budgen
Glauben Sie, wird Manfred Juraczka gerade den Job behalten?

Anneliese Rohrer
Ich weiß nicht, wer ihm den wieder wegnehmen kann, wenn er ihn schon hat?

Patrick Budgen
Ob der mediale Druck vielleicht zu groß wird oder glauben Sie, wird das irgendwann Klang und sanglos dann wieder.

Anneliese Rohrer
Es wird wieder der ÖVP schaden. Weiß nicht, ob der sang- und klanglos dann wieder in Vergessenheit gerät. Es dürfte überhaupt nicht passieren. Das ist noch ein Nagel in den Sarg dieser Partei.

Patrick Budgen
Ich finde, ein schöneres Schlusswort gibt es gar nicht. Das war Rohrer bei Budgen, eine Jubiläumsfolge. Folge Nummer zwei. Vielen Dank, Frau Doktor, Sie schauen immer noch ein bisschen verzweifelt drein, für die pointierte Analyse. Wie immer vielen Dank unserem Producer Manuel für den guten Ton. Und bei Ihnen bedanken wir uns fürs Zuhören, wo auch immer Sie uns zuhören. Bis zum nächsten Mal. Wir freuen uns auf Sie.

Autor:in:

Lara Marmsoler

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