Rohrer bei Budgen
"Schellhorn ist sein eigener größter Feind"
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In Folge 21 von "Rohrer bei Budgen" analysiert Innenpolitik-Journalistin Anneliese Rohrer bei Patrick Budgen das Entbürokratisierungs-Programm der Regierung, die Auszeichnung von LH Doskozil an seinen Arzt und die Ablösegerüchte rund um Andreas Babler.
Patrick Budgen
Frau Dr., wir haben ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk bekommen.
Anneliese Rohrer
Wer sind wir?
Patrick Budgen
Na wir zwei.
Anneliese Rohrer
Von wem?
Patrick Budgen
Von unseren Hörerinnen und Hörern. 100.000 Streams haben wir geknackt.
Anneliese Rohrer
Was genau bedeutet das?
Patrick Budgen
Das sind viele Leute. Das freut uns sehr, oder?
Anneliese Rohrer
Ist es gut im Vergleich?
Patrick Budgen
Ich hoffe, ich glaube schon. Wir sind zumindest unter den beliebtesten neuen Podcasts bei Apple gewählt worden.
Anneliese Rohrer
Okay, also da müssen wir uns jetzt anstrengen.
Patrick Budgen
Das machen wir. Hallo und herzlich willkommen. Das ist Rohrer bei Budgen, der politische Podcast. An dieser Stelle wollen wir alle zwei Wochen die innenpolitischen Geschichten des Landes, die Aufreger, die Skandale, kurzum alles, worüber gesprochen wird, analysieren und einordne. Wir, das bin ich, Patrick Budgen, seit 20 Jahren ORF Journalist und Moderator und sie muss sich wie immer nicht vorstellen, sie ist die Stimme im heimischen Innenpolitikjournalismus. Vielfach ausgezeichnet. Frau Dr. Anneliese Rohrer, hallo.
Anneliese Rohrer
Hallo.
Patrick Budgen
Bevor es losgeht, haben wir eine kurze Werbung in eigener Sache. Wir machen im kommenden Jahr wieder einen Live-Podcast-Abend in der Wiener Kulisse, und zwar am 19. März 2026. Tickets gibt es bereits zu kaufen auf kulisse.at und Frau Doktor, wir würden uns freuen, viele dort zu sehen, oder?
Anneliese Rohrer
Ja, absolut.
Patrick Budgen
Freuen wir uns drauf. Der burgenländische Landeshauptmann zeichnet seinen eigenen Arzt aus. Bund und Länder haben sich auf einen Stabilitätspakt geeinigt. In der SPÖ gibt es wieder mal Gerüchte rund um Christian Kern und die Regierung will das Land entbürokratisieren. Es gibt viel zu besprechen in Folge 21 von Rohrer bei Budgen. Aber liebe Frau Doktor, bevor wir mit unserem geplanten Programm anfangen, hat uns ein gewisser Herr Wöginger ein bisschen hineingepfuscht, nämlich ganz kurz vor unserer Podcast-Aufzeichnung ist die Meldung gekommen, dass der Wöginger-Prozess neu aufgerollt wird. Überrascht Sie das eigentlich?
Anneliese Rohrer
Eigentlich ja, weil ich konnte mir nicht vorstellen, dass die so un-, un-, untalentiert sind, sagen wir so. Das vorher als erledigt zu bezeichnen und zu verbreiten und jetzt wird es neu aufgerollt. Auf der anderen Seite nicht überraschend, aber die Konsequenz ist, dass jetzt alle, alle liegen jetzt beschädigt da. Alle.
Patrick Budgen
Wer? Wen meinen Sie?
Anneliese Rohrer
Die WKStA, die zuerst keine Diversion für den Herrn Wöginger wollte, dann doch und jetzt wieder nein, auf Anordnung der Staatsanwaltschaft. Der Bundeskanzler Stocker, der ihn als Herrn Wöginger als unbescholten gesehen hat, Wöginger selbst, die ganze ÖVP und wahrscheinlich auch noch das Parlament.
Patrick Budgen
Was ich mich frage, das Oberlandesgericht sagt ja jetzt, die Voraussetzungen für eine Diversion liegen nicht vor. Hätte man es nicht vorher wissen können?
Anneliese Rohrer
Ja, eben. Das ist es ja. Und jetzt ist es wieder irgendwie ein Verlust des Vertrauens. Erst in die WKStA. Auf wessen Anordnung hat, die dann plötzlich gesagt ja machts es, obwohl sie vorher dagegen war. Und in die Politik insgesamt und in die Justiz. Es ist wirklich ohne jede Not ein Schlag ins Gesicht der Vertrauenswürdigkeit. Und ausgerechnet die ÖVP.
Patrick Budgen
Ihre Lieblingspartei.
Anneliese Rohrer
Ja, sie gibt da so viel her.
Patrick Budgen
Aber was glauben Sie, bedeutet das für die politische Karriere von August Wöginger?
Anneliese Rohrer
Also wenn er verurteilt wird, dann muss er zurücktreten. Das kann ich mir gar nicht anders vorstellen, weil auch die ÖVP ja immer gesagt hat, ja, bis zu einer Verurteilung. In anderen Fällen, in Kurz und so weiter, weil wenn keine Verurteilung ist, dann gilt die Unschuldsvermutung, aber wenn er wirklich verurteilt wird und danach schaut es aus, weil auch wegen der Prävention und. Dann muss er zurücktreten.
Patrick Budgen
Es soll zeitnah einen Prozess geben, heißt es in der aktuellen Meldung. Also wir werden das in einem unserer nächsten Podcasts besprechen können. Kommen wir zu unserem geplanten Programm. Die Bundesregierung bzw. der Ministerrat hat 113 einzelne Punkte beschlossen vor einigen Tagen, und zwar mit einem einzigen Ziel, die Bürokratie im Land soll einfacher werden. Frau Dr., 113 Punkte. Eigentlich hätten sie ja wesentlich mehr sein sollen, oder?
Anneliese Rohrer
Ja, ja es war auch angekündigt, einmal waren 200 angekündigt und dann waren 163 vom Staatssekretär Schellhorn angekündigt, jetzt sind es 113. Frage ich mich, was war in den 50 drinnen? Was konnte er nicht durchsetzen? Das wäre sehr interessant, aber wichtiger im Moment ist sind zwei Dinge. Staatssekretär Schellhorn hat insofern recht, als sagt, es ist ein kleiner Schritt, ist zwar kommunikationsmäßig nicht sehr gescheit, aber ehrlicher als dieses ewige das ist der größte Wurf seit, weiß nicht, Kreisky oder so irgendwie oder Ersten Weltkrieg. Aber trotzdem, es hätte mehr sein können. Und vor allem, das stört mich besonders, es hätten Sachen sein können, wo man sagt, okay, ja, das ist wirklich zu viel und was kommt jetzt raus? Ich meine, die haben wirklich ein sagenhaftes Talent, alles irgendwie zu verzwergeln. Jetzt kommt raus, das ist eigentlich eine Pickerl-Koalition. Weil das.
Patrick Budgen
Jetzt haben wir endlich den Namen.
Anneliese Rohrer
Ja.
Patrick Budgen
So lange haben wir gesucht. Ein Jahr lang haben wir gesucht, Pickerl-Koalition.
Anneliese Rohrer
Ja, weil sie die Verlängerung des Autopickerls auf zwei Jahre beschlossen haben. Da bin ich aber nicht einmal noch so sicher, dass das populär ist, weil die Kraftfahrzeugswerkstätten, für die war das ja Geld.
Patrick Budgen
Auch die Autofahrerclubs laufen schon Sturm dagegen.
Anneliese Rohrer
Auch die Autofahrerclubs ja. Aber das haben sie so getrommelt.
Patrick Budgen
Aber ist es nicht praktisch, wenn man sein Auto nicht mehr so oft das Pickerl bringen muss.
Anneliese Rohrer
Ja aber, das ist ja eine Bürokratie und eine Vereinfachungsentscheidung. Das ist mehr oder weniger ein wirtschaftliches Ding. Also das kann ich nicht unter Bürokratie und Entlastung sehen. Echt nicht.
Patrick Budgen
Das heißt, ich höre heraus, das ist kein großer Wurf, so wie Sepp Schellhorn das angekündigt hat?
Anneliese Rohrer
Ja, muss ja auch nicht sein, wenn der nächste kleine Schritt in einem Monat erfolgt. Es ist kommunikationstechnisch unmöglich. Ja, wir machen das in kleinen Schritten, weil die Großen weiß ich nicht. Für die Großen braucht man ein halbes Jahr, für die Kleinen brauchen wir vier Wochen. Kleinvieh macht auch Mist.
Patrick Budgen
Wie groß ist denn der Bedarf in Österreich überhaupt zu entbürokratisieren? Sind wir so überbürokratisiert?
Anneliese Rohrer
Ja, absolut, absolut. Vor allem in den Dingen, die die Menschen wirklich betreffen. Ich sage Ihnen ein Beispiel. Alles, was sie an Anträgen stellen müssen, da haben Sie meistens den Eindruck, auch vom Wording dieser Anträge her, die wollen das eigentlich nicht. Die sind so geschrieben, dass die Leute das nicht verstehen und vielleicht noch zwei, dreimal den Hut draufhauen. Was aber noch viel ärger ist, die sind so geschrieben, dass man weiß, einer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, rührt das gar nicht an. Ist natürlich auch eine Art der Entbürokratisierung, aber nicht die gescheiteste. Also man müsste hergehen und die täglichen Dinge, was weiß ich, die wo man zweimal den Antrag stellen muss und immer wieder dasselbe Papier vorlegen muss, obwohl man schon hundertmal hat, was die Leute wirklich betrifft. Sie haben was davon, wenn sie den Pass digital. Aber auch da muss man sagen, das sperrt ja wahrscheinlich einen guten Prozentsatz der Leute aus, weil es kann nicht jeder digital beantragen. Die Zeiten sind vorbei. Also muss ich einen einfachen Weg finden, hauptsächlich digital, aber wer es nicht kann und bürokratisch analog.
Patrick Budgen
Aber ich höre da jetzt heraus, die Einzelperson profitiert jetzt noch nicht so davon, von diesem Paket. Wie schaut es bei Unternehmen aus?
Anneliese Rohrer
Ja, die Wirtschaft schon.
Patrick Budgen
Schon.
Anneliese Rohrer
Da kann man natürlich sagen, naja also bitte, erstens einmal, der Schellhorn ist ein Unternehmer gewesen oder noch immer. Und zweitens, die ÖVP ist eine Wirtschaftspartei, warum soll sie die Wirtschaft nicht bevorzugen? Ich habe auch selten, ich meine, die Wirtschaft scheint zufrieden zu sein, was mich wundert, weil auch da gibt es Dinge, die unendlich mühsam sind.
Patrick Budgen
Die haben wahrscheinlich genug Probleme mit Mahrer gehabt.
Anneliese Rohrer
Wahrscheinlich, ja. Aber die war relativ still. Also entweder das Problem der Bürokratie ist in der Wirtschaft nicht so entscheidend oder so knebelnd, wie sie immer tun oder sie waren jetzt abgelenkt durch andere Probleme.
Patrick Budgen
Den Staatssekretär Schellhorn haben wir jetzt schon ein paar Mal angesprochen, der ist ja sehr, sehr in der Kritik gestanden, auch in unserem Podcast. Immer wieder haben sie ihn kritisiert. War das jetzt für ihn ein sehr dringender Befreiungsschlag?
Anneliese Rohrer
Ja, aber er ist nicht wirklich angekommen. Die Leute haben das nicht wirklich gehört und da ist er zum Teil auch selber schuld oder überhaupt, er ist sein größter Feind. Er ist selber schuld, weil er sich wahrscheinlich absichtsvoll zurückgehalten hat, weil man ihm ja sonst immer so Überheblichkeit und was für sich vorwirft. Er hat es ein bisserl, sagen wir, marketingmäßig versemmelt.
Patrick Budgen
Weil? Ich habe das Gefühl gehabt, das war eh marketingmäßig ganz groß aufgezogen mit einer eigenen Broschüre und die haben das groß inszeniert. Da gibt es das Foto mit den zwei Ministern und dem Staatssekretär mit der Krawatte.
Anneliese Rohrer
Ja, aber was kommt denn bei den Leuten wirklich an? Zuerst seine 163. Jetzt muss er sich mit 113 zufriedengeben. Er selber sagt, das ist nur ein kleiner Schritt, ja. Ich habe nicht das Gefühl gehabt, dass er wirklich voll der Freude diese 113 zusammengestellt hat.
Patrick Budgen
Er war ja in dieser Woche dann auch in der ZIB 2 zu Gast bei Armin Wolf. Da ist dann so ein alter Ausschnitt auch gespielt worden, wo er als Wutwirt kritisiert hat, dieses Fliegengitter. Das habe ich ganz lustig gefunden.
Anneliese Rohrer
Der ORF hat das rauf und runter gespielt.
Patrick Budgen
Aber es war wirklich lustig, der Ausschnitt.
Anneliese Rohrer
Ja, aber zwei, dreimal haben sie das gespielt.
Patrick Budgen
Ja, aber. Das hat sich ausgezahlt, finde ich. Aber was glauben Sie, würde der Wutwirt Sepp Schellhorn zu diesem Paket sagen, wäre jemand anderer Staatssekretär und er noch immer Wirt?
Anneliese Rohrer
Das hat ihm, glaube ich, der Wolf eh gefragt. Ich kann mich aber an die Antwort nicht erinnern. Das heißt, sie muss nicht sehr substanziell gewesen sein.
Patrick Budgen
Glauben Sie eigentlich immer noch, dass Sepp Schellhorn der erste Rücktritt in der Regierung sein wird?
Anneliese Rohrer
Auch das wurde ich schon gefragt. Bis jetzt liege ich falsch, weil er ist noch nicht zurückgetreten. Nur beim Sepp Schellhorn ist halt immer die Frage, geht er aus politischen Gründen? Das glaube ich nicht, aber es kann ihm wieder die Wut überkommen und dann haut er es wieder hin. Ich meine, es ist ja auch wirklich nicht erklärbar. Jetzt ist er Staatssekretär und muss sich da dauernd seinen Ausbruch in der Küche vorhalten lassen, ja.
Patrick Budgen
Das Archiv vergisst nie, na. Das Archiv vergisst nie.
Anneliese Rohrer
Das ist alles ein bisschen Unglück.
Patrick Budgen
Kommen wir zum nächsten Thema. Kurz nach unserem letzten Podcast haben sich Bund und Länder nach monatelangen Verhandlungen auf einen Stabilitätspakt für die Jahre 2026 bis 2029 geeinigt. Frau Dr. vielleicht für alle, die so wie ich davor nicht genau gewusst haben, was das ist. Was ist genau ein Stabilitätspakt eigentlich?
Anneliese Rohrer
Das ist eine Vereinbarung zwischen Bundesländern und der Bundesregierung, dass gewisse Regeln eingehalten werden für das Gesamte, indem festgeschrieben wird, was die Bundesländer dürfen und was der Bund soll. Stabilitätspakt in dem Sinn hat also vor allem die Finanzen und das Schuldenmachen und das Budget. Es gibt wahrscheinlich, kann man bei vielen, man kann auch bei der Gesundheitsstabilitätspakt sagen, wenn man zu irgendwelchen Vereinbarungen kommt, die die ausufernde Lage stabilisieren, wenn man das einmal so sagen kann.
Patrick Budgen
Einer der Hauptpunkte, der da rausgekommen ist, ist ein neuer Schlüssel: 76 zu 24. Das klingt jetzt ein bisschen sperrig, aber das bedeutet das Verhältnis der Verschuldung zwischen Bund und Länder. Das heißt, die Länder dürfen jetzt etwas mehr Schulden machen als bisher. Ist das gescheit?
Anneliese Rohrer
Wahrscheinlich ist es unvermeidlich, ja. Was mich nur wahnsinnig gewundert hat, ist, dass unter dem Titel Stabilitätspakt als großes Resultat verkauft wurde, dass die Länder jetzt mehr mit dem Bund kommunizieren, dass sie verpflichtet sind, richtige Zahlen einzumelden. Da denkst dir: ja, was haben die bisher gemacht? Warum ist das nicht schon längst Usus? Und das wird jetzt als das große Ereignis der neuen Verhandlungen gefeiert.
Patrick Budgen
Ja, vor allem, ich habe mir das rausgeschrieben, die Länder müssen monatlich Zahlen an den Finanzminister melden. Warum ist das nicht schon vorher passiert?
Anneliese Rohrer
Eben. Eben.
Patrick Budgen
Oder wie haben die das vorher gemacht? Mit der Schiefertafel oder wie?
Anneliese Rohrer
Nein, wahrscheinlich gar nicht. Aber es hat sich natürlich auch in den Ländern verändert. Bisher waren, wenn man zurückgeht, wie waren die Finanzminister aufgeteilt? Hauptsächlich ÖVP, glaube ich. Bundesländer waren hauptsächlich ÖVP dominiert, ja. Das ist eine parteipolitische G'schicht. Aber du fragst dich ja, im Sinne von guter Kaufmann und redliche Finanzgebarung, ja, warum die das so schleifen haben lassen? Ist glaube ich auch eine Machtfrage, ja.
Patrick Budgen
Zwischen wem? Zwischen den Parteien oder?
Anneliese Rohrer
Nein, nein, zwischen Bund und Ländern.
Patrick Budgen
Zwischen Bund und Ländern. Na gut, das ist eines. Oft ist das andere gleichzusetzen. Aber bis 2028 will man jedenfalls mit diesem Stabilitätspakt auch unter anderem aus dem EU-Defizitverfahren herauskommen. Ist das realistisch?
Anneliese Rohrer
Das kann ich nicht beurteilen. Da müssen Sie den Marterbauer herholen. Warum nicht?
Patrick Budgen
Vielleicht hört er uns zu. Herzliche Einladung zum nächsten Podcast. Die Bundesregierung hat ja auch gestern erst angekündigt, dass sie die Verwaltung reformieren will, also Bildung, Gesundheit. Da gibt es eigene Reformpartnerschaftstreffen zwischen Landeshauptleuten, Regierungsspitze. Haben Sie das Gefühl, dass man sich die Kritik von Bartel zu Herzen genommen hat, jetzt einmal konkrete Ziele zu formulieren, bevor man irgendwelche Arbeitskreise bildet?
Anneliese Rohrer
Nein, das Gefühl habe ich deshalb nicht, weil zum Beispiel bei der Gesundheit ja gleich der erste Konflikt aufgetaucht ist. Stocker hat das in die Öffentlichkeit gebracht, die Frau Schumann hat ihm gleich widersprochen. Also da ist, glaube ich, noch wahnsinnig viel Reibefläche drinnen.
Patrick Budgen
Auch was die Bildung betrifft, oder? Da gibt es auch unterschiedliche Ansätze?
Anneliese Rohrer
Auch was die Bildung betrifft. Ich bin auch nimmer so. Ich bin auch nimmer so überzeugt, dass die Edtstadler durchkommen wird mit ihrem Vorschlag, der Gesundheit den Punkt zu geben, weil die Landeshauptleute vor allem in der Steiermark gemerkt haben, welche Sprengkraft bei Wahlen allein Spital, Krankenhausstandorte haben. Apropos Stabilitätspaktverschuldung. Schauen wir ins Burgenland. Da zieht der Herr Landeshauptmann gerade eine eigene Herzchirurgie auf im Südburgenland und das sind ja eigentlich die Dinge, die vermieden hätten werden sollen. In der Steiermark geht der Streit um das Brennpunktspital noch immer weiter. Man hat gesehen, welche Auswirkungen das bei Wahlen hat.
Patrick Budgen
Wird man sich gut überlegen, ob man diese Kompetenz abgibt. Sie haben das Burgenland schon angesprochen gerade da müssen wir jetzt ein bisschen genauer noch hinschauen ins Burgenland. Eigentlich meine Lieblingsgeschichte der letzten zwei Wochen. Dort hat nämlich Landeshauptmann Hans Peter Doskozil von der SPÖ für etwas Verwunderung gesorgt. Er hat nämlich die höchste Auszeichnung des Landes, das sogenannte Komtur, ich hoffe ich spreche es richtig aus, Komturkreuz an seinen behandelten Arzt aus Deutschland, Andreas Dietz, verliehen. Was waren Ihre ersten Gedanken dazu?
Anneliese Rohrer
Naja, da muss man die männliche Logik irgendwie nachvollziehen können.
Patrick Budgen
Jetzt bin ich aber neugierig.
Anneliese Rohrer
Der Herr Landeshauptmann Doskozil ist dem Herrn aus Leipzig, glaube ich.
Patrick Budgen
Dietz. Aus Leipzig, ja.
Anneliese Rohrer
Unendlich dankbar und das zu Recht, weil er eben seine Hals und Stimmprobleme irgendwie unter Kontrolle oder im Griff oder was immer hat. Und wenn dem so ist, dann denkt sich der Herr Landeshauptmann, ist das ein Segen fürs ganze Bundesland, wenn er ordentlich behandelt wird. Und wenn das ein Segen fürs ganze Bundesland ist, dann gebührt dem Arzt natürlich die höchste Auszeichnung. Das verstehe ich unter männlicher Logik.
Patrick Budgen
Und wie sieht das die weibliche Logik der Frau Dr. Rohrer?
Anneliese Rohrer
Ich weiß nicht, ob die Frau Dr. Rohrer eine weibliche Logik hat, aufs Tapet bringen kann, aber ich würde sagen, das ist also wirklich krass daneben. Krass daneben. Man kann ihm. Ich meine, der Herr Landeshauptmann soll ihn privat ehren, wie er will oder danken oder was weiß ich.
Patrick Budgen
Ein Jahresvorrat Uhudler zum Beispiel oder sowas.
Anneliese Rohrer
Oder vier Wochen Gratisurlaub in Rust oder so irgendetwas.
Patrick Budgen
Will man das?
Anneliese Rohrer
Das weiß ich nicht. Ich war noch nie in Rust auf Urlaub. Aber eine Landesauszeichnung, wo es um Verdienste für das Land geht, das kann man nur machen, wenn man so sieht, wie ich es vorher beschrieben habe.
Patrick Budgen
Die männliche Logik. Es gibt ja auch viel Kritik von den anderen Parteien. Die FPÖ zum Beispiel hat das scharf kritisiert, gesagt das ist eine absolute Vermischung von Privatem und Politischem. Da haben sie recht, wenn ich Ihnen richtig zuhöre. Nehmen seine Wähler im Burgenland ihm das eigentlich übel oder sehen die darüber hinweg über sowas?
Anneliese Rohrer
Ich kann das nicht beurteilen, aber ich würde vermuten, sie sehen darüber hinweg. Würde ich vermuten, weiß ich nicht.
Patrick Budgen
Weil man einem Landeshauptmann alles verzeiht, oder?
Anneliese Rohrer
Ja oder jedes Recht und mein Gott, wenn der Herr Dr. in Leipzig das hohe Lied des Burgenlands singt, ist es auch nicht so schlecht.
Patrick Budgen
Wäre es eigentlich besser oder logischer gewesen, wäre der Arzt ein Burgenländer und kein Deutscher in Leipzig gewesen oder wäre es dann das Gleiche für Sie gewesen?
Anneliese Rohrer
Na, wenn er Burgenländer gewesen wäre, wäre es zwar nicht völlig in Ordnung, aber noch eher verständlich.
Patrick Budgen
Apropos SPÖ, wenn man dem Boulevard glauben darf, dann tobt ja da wieder mal, muss man sagen, ein interner Machtkampf bei den Sozialdemokraten. Wie fest sitzt Andreas Babler denn im Sattel?
Anneliese Rohrer
Ich glaube, er hat sich festgezurrt durch die Statutenänderung. Es kann aber so wie da jetzt gemauschelt und geredet und geflüstert wird, kann es schon noch zu einer Gegenkandidatur kommen. Also rein von den Statuten her, ich glaube, die Frist ist ein Monat vorher, oder so.
Patrick Budgen
7. März findet der Parteitag statt, ja.
Anneliese Rohrer
Ob es soweit kommt, glaube ich nicht, weil der den manche vorschieben wollen, glaube ich, hat nicht die Unterstützung in der Partei, dass er sicher sein kann, dass er in einer Kampfabstimmung den Babler wegfegt. Aber das ist wirklich auch, da kommt auch das österreichische, wie schon am Anfang, das österreichische, die österreichische Unart zum Tragen. Gut, es gab die Kampfabstimmung zwischen Doskozil und Babler, aber die werden irreal verhunzt und vertan.
Patrick Budgen
Excel-Gate. Erinnern wir uns, ja.
Anneliese Rohrer
Das man dann. Heute nicht einmal sagen kann, das war korrekte Sache und das hat natürlich dem Babler von Anfang an geschadet. Aber an und für sich sollte in Österreich, und das ist es nicht, eine Kampfabstimmung eine ganz normale Sache sein, weil die letzte Kampfabstimmung, die es gegeben hat in der SPÖ war Kreisky Czerny. Und Kreisky hat gewonnen, auch nur mit 51 Prozent oder so, nicht mit 89 und 100. Und das war ja für das Land, glaube ich, kann man sagen, einige Zeit nicht vom Nachteil. Aber an und für sich ist diese Heuchelei um keine Kampfabstimmung und kein Gegenkandidat einfach schlecht. Also es wäre nicht von übel, in meinen Augen, würde Kern antreten. Ich glaube, das macht er aber nicht, obwohl er es eigentlich denke ich will, weil er nicht totalen Unterstützung aller Länder, aller Flügel in der SPÖ sicher sein kann.
Patrick Budgen
Jetzt haben Sie den Namen gesagt, Christian Kern, das ist der Mann, um den es geht, über den der Boulevard schreibt. Das ist ein bisschen wie bei der ÖVP mit Kurz, finde ich. Also der wird auch immer herbeigeschrieben. Warum ist das so? Wer nährt diese Gerüchte? Sind das die beiden selber oder woher kommt das?
Anneliese Rohrer
Naja, also bei Babler ist es ziemlich eindeutig der Boulevard. Also Kronen Zeitung, Heute und Ö24. Und bei Kurz ist es er selber. Er unterlässt ja nichts, um nicht in die Medien zu kommen. Und die Medien, viele spielen einfach mit.
Patrick Budgen
Da hat es auch diese berühmte Reise nach Israel gegeben, wo einige Journalisten mitgefahren sind. Gut, jetzt haben Sie gesagt, Sie würden das gut finden, wenn es ein Gegenkandidat geben würde am Parteitag am 7. März. Aber rechnen Sie auch damit oder glauben Sie, dass Babler der Einzige sein wird?
Anneliese Rohrer
Ich rechne nicht damit, weil die Gewohnheit oder die Angst oder es muss alles einstimmig sein und dann hat er nur, was weiß ich, kriegt er nur 78 Prozent oder nur 75 Prozent und dann fängt man sägen an seinem Sessel eine Minute nach dem Abstimmungsergebnis an. Das ist alles so österreichisch und unehrlich. Und ich glaube im Endeffekt, weil, es gibt, es gibt ja keine wirkliche Alternative in der SPÖ. Der Kern ist ja eine künstliche. Also es gibt offenbar in der SPÖ niemand, der Ja, aber der hätte das Charisma und der hätte den Willen und der hätte. Und den stellen wir gegen einen Babler auf und der hätte, ich weiß nicht, die Fähigkeiten und das Wissen und was immer. Gibt es ja nicht, gibt es ja nicht mehr.
Patrick Budgen
Da kann ich Sie immer wieder nur zitieren. Sie sagen diesen Satz sehr oft, Sie haben das Personal nicht, aber das ist ja nicht nur bei der SPÖ so. Das ist ja bei den anderen Parteien nicht anders, oder?
Anneliese Rohrer
Genau dasselbe. Deshalb gelingt es dem Kurz immer wieder in die Medien zu kommen. Ich meine, haben Sie genug Fantasie, sich vorzustellen, dass die österreichische Volkspartei, die angeblich eine.
Patrick Budgen
Ich bin Krimiautor. Sie wissen, ich habe viel Fantasie.
Anneliese Rohrer
Ja genau. Ja, mal schauen, ob die reicht hier. Dass die jemanden zurückholt, der sich jetzt seit Monaten oder Jahren, Monaten, rühmt, eine Spionage-Softwarefirma zu haben. Ja. Die holen den zurück. Und außerdem bitte, das ist ja überhaupt ihre. Weil selbst wenn er das macht. Ich glaube, er würde es machen. Aber die Differenz zwischen ÖVP und FPÖ im Moment in den Umfragen sind 17 Prozent. Die 17 Prozent wird der Herr Kurz wettmachen? Ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich kann mir diese Einigkeit oder diese, weiß ich nicht, kriecherische Einigkeit des Jahres 2017 für Kurz, kann ich mir jetzt nicht mehr vorstellen. Ich glaube, da gibt es etliche in den Bundesländern, die das nicht goutieren würden. Und und wie gesagt, wo ist sonst die Alternative?
Patrick Budgen
Frau Dr., das war Folge 21.
Anneliese Rohrer
Schon wieder vorüber?
Patrick Budgen
Ja, schon wieder vorüber.
Anneliese Rohrer
Na geh, bitte.
Patrick Budgen
Die letzte Ausgabe vor Weihnachten. Vielleicht noch einen Wunsch an unsere Hörerinnen und Hörer oder wünschen Sie sich selber was für Weihnachten?
Anneliese Rohrer
Ja, ich wünsche allen und mir selber auch nur, dass das nächste Jahr friedlich ist, weil ich weiß, Friede ist nicht alles, aber ohne Friede ist alles nichts.
Patrick Budgen
Schönes Schlusswort. Das war Rohrer bei Budgen, Folge Nummer 21. Vielen Dank Frau Dr. für die wie immer pointierte Analyse.
Anneliese Rohrer
Frohe Weihnachten.
Patrick Budgen
Frohe Weihnachten. Ihnen auch frohe Weihnachten, hoffentlich eine besinnliche Weihnachtszeit. Danke auch unserem Producer Manuel für den guten Ton.
Anneliese Rohrer
Jawohl.
Patrick Budgen
Und bei Ihnen bedanken wir uns wie immer fürs Zuhören, wo auch immer Sie uns zuhören. Wir verabschieden uns jetzt in eine Weihnachtspause und wünschen Ihnen schon jetzt ein schönes Fest und angenehme Feiertage.
Autor:in:Katharina Pagitz |