Die Dunkelkammer
SOS-Kinderdorf, Fall Anna: Wie stoppt man Gewalt und Missbrauch, Frau Wölfl?
Von Edith Meinhart. Missbrauch, Gewalt und Verdachtsfälle, denen nicht schnell genug nachgegangen wird: Was ist dran an den Vorwürfen gegen SOS-Kinderdorf? Wie geht man -15 Jahren nach Aufbrechen des sogenannten Heimskandals - richtig damit um? Wie ist die Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu stoppen? Und was zeigt der Fall der zwölfjährigen Anna? Zehn Burschen wurden vor wenigen Wochen vom Vorwurf freigesprochen, das Mädchen zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Wie denkt sie über das Urteil? Und wie ist die Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu stoppen? Darüber spricht Hedwig Wölfl in dieser Folge der Dunkelkammer. Sie leitet die Kinderschutzorganisation Möwe, setzt sich seit 20 Jahren für Gewaltprävention ein und ist Mitglied jener Kommission, welche die Vorfälle in SOS-Kinderdorf-Einrichtungen untersucht.
Edith Meinhart
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Dunkelkammer. Mein Name ist Edith Meinhart.
Es hat viel zu lange gedauert, bis Männer und Frauen begonnen haben, über ihre seelischen und körperlichen Qualen zu reden, die ihnen als Heimkinder und Internatszöglinge in den Nachkriegsjahrzehnten angetan worden waren. Vor 15 Jahren brach der sogenannte Heimkinderskandal auf. Der sexuelle Missbrauch durch Patres und Nonnen kam endlich zur Sprache. Die Versuche, ihn unter der Decke zu halten, der gewaltsame Drill in staatlichen Erziehungsanstalten, wo vor allem Kinder aus der Unterschicht systematisch gebrochen wurden. Ich war als Journalistin an der Aufarbeitung beteiligt, die ohne öffentlichen Druck und die journalistischen Recherchen nicht vom Fleck gekommen wäre. Das wage ich zu behaupten.
Vom SOS Kinderdorf war lange Zeit keine Rede. Bis 2014 also vor etwa zehn Jahren, die Wohlfahrtseinrichtung, die Anfang der 1950er Jahre von Hermann Gmeiner ins Leben gerufen worden war, sich den dunklen Zeiten der eigenen Geschichte stellte, und zwar in einem Buch des Historikers Horst Schreiber mit dem sprechenden Titel „Dem Schweigen verpflichtet“. Und es schien damals, als hätten die SOS-Kinderdörfer ihre Vergangenheit aufgearbeitet, soweit das möglich war. Ein großer Teil der Akten wurde nämlich Anfang der 1990er Jahre vernichtet.
In den vergangenen Wochen war plötzlich wieder von Missbrauchsfällen in SOS Kinderdorf Einrichtungen die Rede. In Seekirchen am Wallersee sollen Ex-Mitarbeiter Mädchen sexuell missbraucht und einem Buben körperliche Gewalt zugefügt haben. Der Täter wurde nach seiner Verurteilung entlassen und auch in anderen SOS-Kinderdorf-Einrichtungen soll es zu Übergriffen gekommen sein. Darüber reden wir gleich. Außerdem geht es heute auch um den Fall der 12-jährigen Anna. Hier mit mir im Dunkelkammerstudio ist Hedwig Wölfl eine der wichtigsten Ansprechpartnerinnen des Landes, wenn es um Kinderschutz geht. Frau Wölfl, vielen Dank, dass Sie da sind.
Hedwig Wölfl
Danke für die Einladung.
Edith Meinhart
Hedwig Wölfl leitet die Kinderschutzorganisation Möwe, setzt sich seit 20 Jahren für Gewaltprävention und Kinderschutz ein, wurde dafür im Vorjahr mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich gewürdigt. Und sie ist Mitglied jener Kommission unter Leitung von Irmgard Gries, welche die Vorfälle in den SOS Kinderdorf Einrichtungen untersuchen soll. Der Falter war das erste Medium, das über Vorfälle im SOS-Kinderdorf in Moosburg bei. Klagenfurt berichtete und bezog sich dabei auf Übergriffe, die in einer Studie dargelegt werden, die von SOS Kinderdorf selbst beauftragt worden war. Möglicherweise sind Anzeigen vom Land Kärnten nicht an die Staatsanwaltschaft weitergereicht worden. Auch in Imst in Tirol und im Steirischen Stübing soll es zu Vorfällen gekommen sein. Diese reichen teilweise Jahrzehnte zurück. Zur Einordnung, Frau Wölfl, wie stellt sich die Lage für Sie im Moment dar?
Hedwig Wölfl
Also wir sind als unabhängige Kommission hier einberufen worden, um diese Vorfälle uns näher anzuschauen und auch Zusammenhänge festzustellen, auch genauer hinzuschauen. Wie hat in der Organisation Kinderschutz gegriffen, wurde rechtzeitig und richtig reagiert? Und ich denke, das ist an verschiedenen Standorten sicher auch unterschiedlich gelaufen. Ich kenne so wie die anderen Kommissionsmitglieder bisher nur die medial dargestellten Vorwürfe und das gilt es in den nächsten Wochen und Monaten einfach genau und mit der gebotenen Distanz und auch einer multiprofessionellen Fachlichkeit zu durchleuchten und wirklich hier zu analysieren und dann Empfehlungen für die Organisation auszusprechen, wie man Kindeswohl besser leben kann.
Edith Meinhart
Geschlossene Einrichtungen, die eigentlich ein Safe Space für die Ärmsten und Verwundbarsten der Gesellschaft sein sollen, bergen ja immer das Risiko von Übergriffen. Wie schützt man denn Kinder und Jugendliche bestmöglich?
Hedwig Wölfl
Also wir nennen das auch institutionelle Gewalt, das heißt, Institutionen und je geschlossener sie sind, je weniger hier nach außen dringt, je mehr auch hier gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse bestehen um und Kinder sind immer von uns als Erwachsenen abhängig, tendieren dazu, dass dort sich immer wieder verschiedene Formen von Gewalt durchsetzen. Das heißt, das, was hier notwendig ist, ist wirklich wach und mit klaren Regeln das Hinschauen zu fördern. Das heißt, in den letzten Jahren haben sich Kinderschutzkonzepte durchgesetzt. Es gibt Verhaltenskodize für Mitarbeitende, wo es wirklich darum geht, schon bei geringen Grenzverletzungen, die man beobachtet, von denen man hört, aufmerksam zu sein, das auch ansprechen zu können, um da schon sozusagen die Gewalt im Entstehen zu beenden. Denn wenn eine Atmosphäre entsteht, wo Gewalt erlaubt ist und das beginnt wirklich bei Herumschimpfen, verbalen, sexualisierten Sprüchen. Wenn da nicht wer da ist, der Stopp, so reden wir nicht miteinander. Oder ich frage mal, warum hast du jetzt so mit dem Kind geschimpft? Das hat ganz verstört gewirkt, oder, und das ist fast am wichtigsten, Kinder und Jugendliche auch selbst sich äußern können, wenn sie sich ungerecht oder in irgendeiner Weise gedemütigt fühlen, dann ist Gewalt beendbar, weil sie besprechbar und benennbar ist. Und das ist immer wieder schwierig in Institutionen, wo auch vor allem Kinder und Jugendliche sind, die schon viel erleben mussten, denen es in ihrem bisherigen Leben nicht gut geht und wo diese Begegnung erst in einen gewaltfreien und möglichst aufmerksamen und zugewandten Kontext überführt werden muss.
Edith Meinhart
Wenn man das jetzt ganz konkret macht: Mir fällt als Mitarbeiterin bei einem Kollegen, einer Kollegin was auf. Wie soll ich, wie sollen Vorgesetzte da reagieren?
Hedwig Wölfl
Ja, ganz wichtig wär es irgendwem einmal mitzuteilen, sei es einer Kollegin, dann ist man schon zu zweit und kann im Vier Augen Prinzip, das ist überhaupt im Kinderschutz eines der wichtigsten Prinzipien, dass vier Augen oder sechs oder auch mehr, mehr mitkriegen und man dann selber auch ein Korrektiv hat, auch im Team Dinge besprechbar zu machen. Wichtig ist es auch unabhängige Personen zu installieren. Wir kennen das in den meisten Firmen vom Betriebsrat, an den man sich wenden kann, wenn irgendwas einem nicht passt oder man das Gefühl hat, da läuft was falsch. Und genauso braucht es für den Kinderschutz zum Beispiel ein Kinderschutzbeauftragten Team oder ein Kinderschutzteam, ein Kindeswohlteam. Das hat unterschiedliche Namen. In Wirklichkeit geht es um Vertrauenspersonen, wo sowohl die Kinder und Jugendlichen, aber auch die Mitarbeitenden wissen, da kann ich mal meine Sorge, meine Beobachtung, meinen Eindruck schildern und die werden auch das weitertragen zu den Leitungspersonen bis hin zur Geschäftsführung, damit hier einfach wieder eine kindorientierte und achtsame Atmosphäre oder ein Umgang miteinander hergestellt werden kann. Das heißt so unter dem Schlagwort wehret den Anfängen hier die Aufmerksamkeit zu erhöhen und auch klarzumachen, dass nicht jede, also dass man genau hinschaut, dass nicht jede Grenzverletzung gleich mit den schlimmsten Konsequenzen zu tun hat, sondern dass es wichtig ist, bei beginnenden, nicht adäquaten Verhalten schon was zu sagen und nicht erst dann, wenn man wirklich manifeste Gewalt in einem strafrechtlichen Sinn beobachtet oder mitkriegt, weil dann gilt es sozusagen andere Maßnahmen zu setzen, auch behördliche.
Edith Meinhart
Anders als ich es als Journalistin in vergleichbaren Fällen erlebt habe, scheint das SOS Kinderdorf ja eher transparent reagiert zu haben. Also auf der Homepage der Organisation werden Fragen beantwortet, strukturelle Schwächen und unklare Verantwortlichkeiten eingestanden und auch bereits eingeleitete Schritte angeführt, zum Beispiel ein besseres Meldesystem. Was halten Sie davon? Ist das eine ernstzunehmende Anstrengung?
Hedwig Wölfl
Also ich wäre nicht bereit, in dieser Reformkommission mitzuwirken, wenn ich nicht den Eindruck hätte, dass auch in der Organisation ein Reformwille da ist und das sehr ernst genommen wird, auch in dem Sinne, dass Fehler eingestanden werden, dass auch gesagt wird, wir wollen dazulernen, auch gesagt wird, wir haben die und die Schritte schon gesetzt. Manche müssen vielleicht noch von der Schublade ins Alltagsleben übergeführt werden. Aber mir ist auch wichtig zu sagen, dass wir in ganz Österreich im Kinderschutz ja auch zusammenarbeiten und hier ganz viele Mitarbeitende von SOS Kinderdorf extrem engagiert sind, sich auf vielen Ebenen wirklich für das Wohl der ihnen anvertrauten Kinder einsetzen und vieles auch sehr gut gelingt und die Organisation auch in den letzten Jahrzehnten sukzessive dazugelernt hat. Das Wichtige ist hier einen differenzierten Blick auch hinzuwerfen und wirklich gut zu analysieren, wo ist was nicht gelungen, welche Bedingungen haben dazu geführt, dass manchmal vielleicht zu spät gehandelt wurde oder Dinge nicht gut aufgearbeitet wurden. Und das werden wir einfach in den nächsten Wochen und Monaten uns in der Kommission unter der Frau Christ, die ja da auch sehr viel Erfahrung mitbringt, genau anschauen.
Edith Meinhart
1950 wurde das erste Kinderdorf in Imst in Tirol gebaut und seither sind tausende Kinder in SOS-Ersatzfamilien aufgewachsen. Sexuelle Gewalt hat sich natürlich nicht mit dem Modell der heilen Familie, das da auch im dörflichen Verband aufgesetzt wurde, vertragen. Hermann Gmeiner, der Gründer, wollte das SOS Kinderdorf ja nach seinem eigenen lieben guten Elternhaus, wie es in seiner Biografie auch heißt, im Vorarlberger Alberschwende nachbauen. Seither hat sich sehr viel geändert. Wie funktioniert denn ein SOS Kinderdorf anno 2025?
Hedwig Wölfl
Also dieses ursprüngliche Modell von mehreren Kinderdorfmüttern, die einige Kinder versorgen und ein männlicher Leiter. Und das ist sozusagen das heile Weltdorf in einem sehr patriarchalen Sinne, das hat sich überholt und SOS Kinderdorf hat viele auch moderne sozialpädagogische Konzepte, die es jetzt einfach gilt, besser auch nach außen zu kommunizieren und zu sagen, dass dieses Modell der Kinderdorfmutter, die sich um einige Kinder kümmert, also dass das einfach überholt ist, nicht mehr zeitgemäß ist und ja auch nur noch in sehr wenigen Standorten so gelebt wird.
Edith Meinhart
Aber das haben die meisten noch im Kopf.
Hedwig Wölfl
Ja, das ist einfach, ist auch im Namen immanent und auch international das Modell, das ja und durchaus seine Meriten hat und für viele Kinder ja auch eine Familie geboten hat, die keine andere hatten. Aber das ist sicher nicht mehr das Modell, das sich 2025 auch durchsetzen kann, das auch nicht mehr lebbar ist. Und hier gibt es viele andere sozialpädagogische Modelle, wie Kinder und Jugendliche, die zu Hause eben nicht den sicheren, geschützten und förderlichen Raum haben, den jedes Kind verdient, wie die auch in guter Förderung und Obhut von Menschen, die das auch gelernt haben und sich für einen Beruf entschieden haben, dafür auch bezahlt bekommen und nicht ihre ganze Lebensführung darauf abstellen müssen, wie es Kinderdorf Mütter früher mussten. Also das gilt es hier einfach auch mehr in den Vordergrund zu rücken. Auch die Realität, die gelebte Realität heute.
Edith Meinhart
Sie haben das schon angesprochen, die patriarchal autoritären Verhältnisse in den SOS Kinderdörfern früher, die haben ja auch Übergriffe und Missbrauch begünstigt, sowohl das Vorkommen als auch die Vertuschung. Aber bei aller berechtigten Kritik scheint die Einrichtung im Verhältnis zu staatlichen und kirchlichen Heimen, in denen sich ja mitunter noch Erzieher aus der NS Zeit austoben durften, auch etwas richtig gemacht zu haben. Also zum Beispiel wurden sozial benachteiligte Kinder nicht per se als minderwertig und gefährlich abgestempelt, Geschwister wurden nicht voneinander getrennt und die Buben und Mädchen sind bis 14 auch gemeinsam aufgewachsen. Wenn man das alles abwägt, hat sich zwar das historische Modell SOS Kinderdorf überlebt, aber die Frage stellt sich, braucht es diese Einrichtung noch? Gibt es den Bedarf?
Hedwig Wölfl
Wir haben leider auch in Österreich viele Kinder, die eben nicht zu Hause leben können, wo die Kinder und Jugendhilfe als zuständige Einrichtung auch nach einer Gefährdungsmeldung feststellt, wir brauchen einen anderen guten Ort, wo diese Kinder und Jugendlichen leben können. Und da braucht es viele verschiedene Einrichtungen und nicht für jedes Kind passt dasselbe Modell oder Konzept. Es gibt Kinder, die sich in einer familienähnlichen Struktur in einer Pflegefamilie wohlfühlen, andere, die auch eine Institution, eine Wohngemeinschaft brauchen. Manche haben andere noch besondere Bedürfnisse. Und hier ist es auch wichtig, dass wir in der Versorgungslandschaft die Buntheit wiederfinden und die Vielfalt, die auch Kinder und Jugendliche brauchen, weil sie eben alle unterschiedlich sind. Und da denke ich, kann viel Platz haben und wir müssen uns da auch weiterentwickeln. Und eigentlich das Traurige ist, dass immer weniger Familien bereit sind, zum Beispiel ein Pflegekind aufzunehmen und dass wir als Gesellschaft hier zwar ein Bewusstsein dafür haben, was es braucht, aber die Bereitstellung der Ressourcen nicht immer so einfach ist.
Edith Meinhart
Ich spring noch einmal kurz zurück in die Geschichte, wie die Kinderdörfer entstanden sind. Also in den Nachkriegsjahrzehnten herrschte bittere Not in der Bevölkerung und es hat tatsächlich sehr viele Kinder gegeben, die nicht zu essen hatten. Die öffentliche Fürsorge war damals eigentlich mit dem Elend überfordert. Wir leben heute in einer völlig anderen Welt. Wir sind von Wohlstand umgeben und trotzdem braucht es noch Einrichtungen, wie Sie gesagt haben, für Kinder, die in ihren eigenen Familien Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung erleiden. Das SOS Kinderdorf muss jetzt fürchten, Spenden zu verlieren. Ist das die richtige Antwort oder bleiben da Kinder auf der Strecke, die nichts dafür können?
Hedwig Wölfl
Muss ich ein bisschen ausholen, weil ich glaube, das kann man ganz gut an dem Begriff Vernachlässigung erklären, weil es gibt eine Art von materieller Vernachlässigung, wo es einfach, so wie Sie jetzt gerade gesagt haben, in der Nachkriegszeit zu wenig zu essen, nichts zum Anziehen gab, einfach auch zu wenig Wohnraum. Und jetzt sehen wir die Vernachlässigung eher im emotionalen und sozial emotionalen Bereich, wo Kinder einfach unter Umständen aufwachsen. Und das kann ganz vielfältig sein. Das kann eine Drogenabhängigkeit, Alkoholmissbrauch der Eltern sein, psychische Erkrankungen, verschiedene Bedingungen, auch noch Armut, also ökonomische Schlechterstellung spielt sicher auch eine Rolle, nicht in dem Ausmaß wie in der Nachkriegszeit. Aber Eltern, die einfach auch nicht erziehungsfähig sind, die nicht die inneren oder die Beziehungskapazitäten haben, um einem Kind auch das anbieten zu können, was es zu einem guten Aufwachsen braucht. Wir leben in einem Wohlfahrtsstaat. Wir haben auch von den Ländern her vor allem, die da zuständig sind, Finanzierung für diese Versorgungssysteme.
Es ist jetzt das große Sparen ausgerufen und es spüren auch diese Einrichtungen, die wir da alle im Kinderschutzbereich tätig sind, sei es im stationären oder im ambulanten, so wie die Kinderschutzzentren. Also viele der Einrichtungen, die in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen arbeiten, sind auch auf die Spendenbereitschaft von Menschen, die sagen, das ist mir ein Anliegen, angewiesen. Und vor allem innovative Projekte sind sehr oft spendenfinanziert. Und ich kann es jetzt nur für den Kinderschutzbereich sagen, wir könnten gerade in der Prävention und auch eben in neuen Versorgungsprojekten nicht das leisten, wenn wir nicht auch auf private Spenden zurückgreifen könnten.
Edith Meinhart
Das gilt für das SOS Kinderdorf, nehme ich auch an.
Hedwig Wölfl
Ich nehme das an. Das wird aber sicher auch dieses Spannungsfeld zwischen Spendenaufruf und Verwendung und dem, was das mit der Transparenz tut, das ist sicher auch Untersuchungsgegenstand der Kommission.
Edith Meinhart
Wie geht es Ihnen mit der Berichterstattung im Fall SOS Kinderdorf?
Hedwig Wölfl
Insgesamt muss ich sagen, dass die Berichterstattung im Kinderschutz etwas ist, was ein Dilemma ist. Also das lässt mich sehr oft mit großen ambivalenten Gefühlen zurück, weil einerseits braucht es auch Anlässe und Geschichten, die betroffen machen, um das Thema Kinderschutz in der Öffentlichkeit auch einfach mal wieder ins Bewusstsein zu rufen. Und andererseits passiert es dann sehr oft, dass hier die Tendenz ist zur Skandalisierung, zur Sensationalisierung, auch zum Katastrophisieren. Und das tut vor allem den betroffenen Kindern und ihren Familien nicht gut, einfach auch, wenn sie dieses Narrativ ihrer ganz persönlichen Biografien mit oft auch schockierenden Details hören oder sehen oder in welchen Medien auch immer reproduziert finden, weil das lässt sich ja auch gerade heute nie mehr sozusagen löschen und das kann einfach extrem stigmatisierend sein und auch in der Verarbeitung oder auch Heilung von dem, was passiert ist, hindern. Auf der anderen Seite braucht es eben Aufklärung und Bewusstseinsbildung. Und einfach auch heute im Jahr 2025 passieren Kindern und Jugendlichen Dinge, die nicht sein sollten. Und da braucht es auch die Medien, die, und das wäre unser Wunsch, in einer achtsamen Art und Weise Bericht erstatten, wo Kinder als Betroffene oder auch als Opfer in einer Art und Weise berücksichtigt werden, auch in den Auswirkungen, die Geschichten, Bilder und auch Berichterstattung insgesamt haben.
Edith Meinhart
Kommen wir zum Fall des Mädchens, das unter dem Namen Anna in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Da spielen Medien auch eine sehr große Rolle. Vor zwei Wochen wurden zehn Burschen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren vom Vorwurf freigesprochen, der 12-Jährigen sexuelle Gewalt angetan zu haben. Was denken Sie über das Urteil?
Hedwig Wölfl
Also das muss man einfach sehr genau hinschauen und das ist einfach eine komplexe, auch juristisch durchaus komplexe Geschichte. Als Kinderschützerin kann ich sagen, nichts löst derartig negative Gefühle aus, wie der Verdacht oder die Vermutung, dass einem Kind Gewalt angetan wurde. Das löst Ekel, Wut, Schuldgefühle, Scham, Zorn, lauter negative Gefühle aus. Und wenn das dann gemischt ist mit Berichten, die zu einer Schwarz-Weiß-Malerei tendieren, wo auch nicht berücksichtigt wird, wie es den Menschen geht, die sowas erleben mussten, wo es um Rachefantasien und so weiter geht, das wird einfach niemals der Komplexität so eines Geschehens gerecht.
Und für uns im Kinderschutz macht uns das in den letzten Tagen sehr betroffen, weil eigentlich bei allen unseren Beratungs- und therapeutischen Gesprächen andere Kinder und Jugendliche, die das in der Zeitung lesen, in den Medien mitbekommen, das thematisieren und sie das einfach betroffen macht, in dem Sinne, macht es dann überhaupt einen Sinn, wenn ich vor Gericht aussage, die sich auch mitbeschämt fühlen. Weil es entmutigt eher als ermutigt, wenn man das Gefühl hat, unser Rechtssystem oder auch ein Urteil ist so ungerecht, dass mein Schicksal und das, was mir wichtig ist, hier nicht Berücksichtigung finden könnte. Wir würden uns hier einfach eine Versachlichung der Berichterstattung wünschen und auch ein Hinschauen auf das, was wirklich möglich ist, von höchstpersönlichen Schicksalen in der Öffentlichkeit darzustellen.
Edith Meinhart
Ich meine, das Urteil hat ja sehr viel Wut ausgelöst auch und sehr viel Aggression auch gegen die Justizpersonen.
Hedwig Wölfl
Das habe ich jetzt gemeint eigentlich.
Edith Meinhart
Ich meine, Sie haben ja mit Betroffenen von sexueller Gewalt ständig zu tun, mit jungen Betroffenen. Ich meine, das sind Heranwachsende, auch das Mädchen, das 12 Jahre alt. Diese Taten spielen sich in einem Beziehungsgeflecht ab. Da geht es um ein Alter, wo man Grenzen austestet, wo man anderen gefallen will, wo man eigentlich auch erwachsene Personen noch bräuchte, um durch diese schwierige Zeit zu kommen. Und das Gericht scheint sich ja auch damit sehr beschäftigt zu haben. Aber in der Öffentlichkeit sind diese Differenzierungen schwer zu vermitteln.
Hedwig Wölfl
Ja, die Pubertät oder Adoleszenz, wie wir es nennen, ist einfach eine sehr vulnerable Lebensphase, auch wo es darum geht, so wie Sie richtig gesagt haben, auszutesten, was brauche ich, was möchte ich. Also diese ersten Schritte in die Sexualität, das ist etwas, was begleitet werden muss und trotzdem wollen das natürlich Jugendliche und müssen es auch alleine ausprobieren. Schwarz-Weiß-Malerei ist hier immer schwierig, weil viele sexuelle Handlungen ja auch einvernehmlich beginnen und dann es auch wichtig ist, Stopp sagen zu können. Wir haben in unserer Gerichtsbarkeit das „Nein ist Nein“ Prinzip. Es wurde in den letzten Tagen auch diskutiert und wir würden ein „Nur Ja bedeutet Ja“ Prinzip sehr befürworten, weil es einfach die Einvernehmlichkeit, die notwendig ist für eine erfüllte, schöne sexuelle Begegnung, dass alle, die beteiligt sind, ja, das will ich auch machen. Und das ist etwas, was man aber durchaus lernen muss und wo alle gilt, auch für Erwachsene, aber gerade die Jugendlichen, die ihre ersten Schritte in sexuelle Beziehungen machen, auch die Erfahrung machen müssen, dass sie auf ihre eigenen Bedürfnisse hören, das auch verdeutlichen können, äußern und hier die Einwilligung und Einvernehmlichkeit hergestellt werden kann. Und das wäre durch ein „Ja ist Ja“ Prinzip einfach besser gegeben.
Edith Meinhart
Die Familienministerin Claudia Plakolm hat angemerkt, das würde im Fall einer 12-Jährigen nicht viel bringen. Sehen Sie das auch so?
Hedwig Wölfl
Ich kenne jetzt diese Aussage nicht, aber ich glaube, dass das immer etwas bringt, weil es wäre ein Paradigmenwechsel in der gesellschaftlichen Haltung, nämlich wirklich die Einvernehmlichkeit für sexuelle Handlungen in Beziehungen voranzustellen. Und auch wenn ich aus Justizseite immer wieder höre, ja, das macht die Beweisbarkeit nicht einfacher, also stimmt, aber ich glaube, es macht sie auch nicht schwieriger, denn sehr viele sexuelle Handlungen finden unter zwei oder wenigen Personen statt. Es gibt keine Sachbeweise und insofern ist die Beweiswürdigung hier immer schwierig. Es geht uns aber eher im Kinderschutz um diese Haltung, dass es allen klar ist, auch jungen Burschen, Männern, dass auch von ihrer Seite Einvernehmlichkeit herzustellen ist, dass ein Nachfragen, „möchtest du das auch?“ oder ein Abgleichen auch der sexuellen Bedürfnisse notwendig ist, damit man einvernehmlich einfach Sex haben kann. Und das wäre die ganz wichtige Botschaft an alle jungen Menschen da auf die eigenen Bedürfnisse und die der anderen zu schauen und dass man diese doppelte Verpflichtung hat. Und je deutlicher das als Haltung in unserer Gesellschaft Platz nimmt, desto eher wird man insgesamt auch Übergriffe vermeiden können.
Edith Meinhart
Soll der Zwang bei geschlechtlichen Handlungen rechtlich weitergefasst werden, also künftig auch psychologischen Druck und Manipulation einschließen, wie das etwa Schweden vor einigen Jahren bereits umgesetzt hat?
Hedwig Wölfl
Ja, das ist sicher im Sinne des Kinderschutzes und Opferschutzes, dass man auch psychische und Abhängigkeitsbeziehungen, dass man die Toxizität, wie das jetzt immer genannt wird, in psychischen Gewaltbeziehungen hier mit einbezieht, beziehungsweise auch das, wo Jugendliche manchmal unter auch einen Druck kommen, Dinge zu tun, die sie eigentlich vielleicht gar nicht wollen, aber weil sie glauben, das ist cool oder das ist jetzt für meinen Status in der Peergroup etwas, was mich weiterbringt, wo sie eigentlich ihre eigenen Grenzen nicht mehr gut wahrnehmen können.
Und da muss ich vielleicht noch was sagen zu dem Shift, den wir in den letzten Jahren noch einmal verstärkt beobachten, und zwar hin zu einer bildgeleiteten Sexualität, wo wir auch neuropsychologisch wissen, dass Bilder einfach so mächtig sind, dass sie auch die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse überlagern. Das heißt, wenn ich zum Beispiel durch Pornokonsum vorgegebene, schematische, eher männlich orientierte Bilder im Kopf habe, wie Sexualität zu sein hat, dann mache ich das nach. Als Psychologin kann ich nur sagen, 80 Prozent unseres Lernens ist Nachahmungslernen. Und gerade Kinder und Jugendlichen machen nach, was sie von uns Erwachsenen sehen, was sie in Filmen, Bildern oder eben in pornografischen Darstellungen sehen. Und das behindert den Zugang zum eigenen Körpergefühl, zu den eigenen Bedürfnissen, zum eigenen Wünschen und Wollen, dass man dann im Moment viel schlechter wahrnehmen kann, tut mir das überhaupt noch gut? Ist das eine angenehme Berührung? Ist mir das zu viel? Und dann nicht gleich Nein sagen zu können. Was es aber dann, wenn es zu einem strafrechtlichen Tatbestand wird, bräuchte, ist oft nicht möglich. Und das ist auch mit einer Begründung, warum wir das „Ja heißt ja“ Prinzip ganz stark bevorzugen, weil wir glauben, dass das wirklich einen Unterschied machen könnte.
Edith Meinhart
Der Richter hat in der Berichterstattung im Fall Anna Kritik angebracht und sie als sehr bedauerlich bezeichnet, teilweise auch als sachlich falsch. So war in Boulevardmedien gleich von Beginn an von einer Gruppenvergewaltigung die Rede. Teilen Sie seine Kritik?
Hedwig Wölfl
Ja, also ich denke, wir wünschen uns im Kinderschutz einfach eine sachliche und opferorientierte Berichterstattung und nicht eine Skandalisierung, die den Situationen nicht gerecht wird. Es gibt in Österreich sehr, sehr gute Möglichkeiten, als Opfer von Gewalt hier eine Begleitung zu bekommen, Die ist auch kostenlos, das heißt auch Prozessbegleitung und viele von uns Kinderschutzzentren bieten das auch an. Das heißt, wenn man hier Gewalt erleben musste, kann das Kind, die Jugendliche mit den schützenden Bezugspersonen zu uns kommen. Wir begleiten durch das Gerichtsverfahren, das ist ja oft aufregend, anstrengend, sehr belastend. Man kennt sich nicht aus, man muss vielleicht Gutachter zur Gutachterin oder zum Gutachter, eine KDV, eine kontradiktorische Einvernahme. Das heißt, wir erklären all das und unterstützen Menschen und vor allem die Kinder und Jugendlichen dabei, das auch gut durchzustehen. Und wir arbeiten ganz eng mit Opferanwältinnen und -anwälten zusammen, die hier juristischerseits wirklich auch in diesem Opferschutz sind, beraten und die anwaltliche Seite übernehmen.
Edith Meinhart
Ich kann als Journalistin berichten, wie schwierig es ist, mit Opferanwält:innen zu reden, wenn man über Causen berichtet. Wie beurteilen Sie denn die Rolle von Anwälten, wie jenem im Fall der jährigen Anna, der ja sehr eng mit den Medien kooperiert hat?
Hedwig Wölfl
Das ist eben das, wo ich ganz am Anfang gesagt habe, das ist das Dilemma. Und wichtig ist es wirklich, dass man hier auch die höchstpersönlichen Lebensbereiche, gerade von Kindern und Jugendlichen hier weiterleben musste, dort belasst und nicht in die Medien zerrt und hier falsche Bilder auch evoziert, die dann eben zu einem öffentlichen Aufschrei führen, der der Komplexität von Fällen meistens nicht gerecht wird. Und hier geht es wirklich auch um die Wahrung der Intimgrenzen des höchstpersönlichen Lebensbereichs und dass nicht Betroffene dann ihre Schicksale und auch das einfach durch die Medien gezerrt sehen.
Edith Meinhart
Ich meine, ich sehe es als Journalistin ein bisschen anders, naturgemäß würde ich sagen, aber ich sehe schon auch, dass es wichtig ist, Geschichten ganz zu erzählen und nicht einfach nur Facetten rauszunehmen, die zu skandalisieren und ganze Biografien auf diese eine Skandalisierung zuzuspitzen. Also, wenn ich als Magazinjournalistin den Platz habe, eine Gewaltbeziehung zu erzählen, finde ich es schon wichtig, auch die krasse Gewalt dazu zu erzählen. Aber die hat sich entwickelt. Die hat vielleicht begonnen mit einer Isolierung des Opfers, also Jahre bevor es zu einer ersten körperlichen Gewalt gekommen ist, um zu verstehen, wie Gewalt in Beziehungen sich entwickelt.
Hedwig Wölfl
Ja, das ist eben, ich denke, es macht auch noch mal den Unterschied, habe ich eine erwachsene Person von mir, die retrospektiv auch erzählt oder selbst ein Buch schreibt oder mit einer Journalistin, die hier auch achtsam ist, zusammenarbeitet, um das, um diese Dynamik, diese Gewaltdynamik auch verstehbar zu machen und das hilft uns natürlich auch im Kinderschutz und im Opferschutz generell. Aber es ist ein Unterschied, ob hier vor allem unmündige Minderjährige, die auch die Folgen einer öffentlich gemachten persönlichen Geschichte nicht abschätzen können, hier vorgeführt werden. Und das ist etwas, was wir einfach aus wirklichen auch Kinderschutzgründen nicht tun.
Und trotzdem geht es, deswegen sitze ich auch heute hier bei Ihnen und erzähl von unserer Arbeit, weil es uns auch wichtig ist, das verstehbar und transparent zu machen. Und trotzdem geht es um diese Grenze, den Voyeurismus, zu dem wir alle verführbar sind, nicht zu bedienen, weil das einfach, also die Irritation, die wir jetzt erleben in den Kinderschutzzentren, wo ganz viele, die selbst Gewalt erleben mussten, den Mut hatten, eine Anzeige zu machen, im Moment sich einfach in dieser Mühle solcher Verfahren befinden. Und sagen, ja, mir ist es wichtig, das zurechtzurücken und da mag ich dieses Wort so gern zu Recht rücken. Das, was mir passiert ist, war nicht rechtens. Ich wehre mich dagegen. Ich möchte diese, meine Erfahrungen auch vor Gericht als solche sehen, dass das nicht okay ist, dass jemand mir das angetan hat und jetzt aber entmutigt sind durch diese Art auch des Schlechtredens der Justiz, weil man dann insinuiert oder einfach das Gefühl gibt, es würde in Österreich nicht darauf geachtet, dass hier Gerechtigkeit hergestellt wird.
Und da passiert gerade etwas, was auch gefährlich ist, weil wenn das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren geht, trauen sich auch weniger Opfer, ihre Erfahrungen hier strafrechtlich verfolgen zu lassen, eine Aussage zu machen, etwas zur Anzeige zu bringen, weil sie das Gefühl haben, es bringt eh nichts. Und das ist etwas, was uns leidtut oder wo wir im Moment das Gefühl haben, es braucht auch wirklich hier einen differenzierten Blick auch hinzuschauen, dass die Staatsanwaltschaft das anzeigt, was von den Fakten, die vorliegen, möglich ist und dass auch nur das zu einer Verurteilung führen kann, an was angeklagt ist. Und das ist vielleicht nicht so einfach zu erklären, aber ich denke, es ist ganz wichtig im Moment auch alle Kinder und Jugendlichen, denen es nicht gut geht, weil sie Gewalt erleben mussten, zu sagen, Wir sind für euch da. Es gibt Opferschutzeinrichtungen, Kinderschutzzentren, wo ihr Hilfe bekommt und wir begleiten euch dadurch.
Edith Meinhart
Man könnte auch umgekehrt sehen, eine Justiz, die sich von Medienboulevard treiben ließe oder von Erwartungshaltungen in der Öffentlichkeit, wäre nicht vertrauenswürdig. Kinderrechte sind seit fast 15 Jahren verfassungsrechtlich festgeschrieben. Und inzwischen sind auch flächendeckend Kinderschutzkonzepte ausgerollt. Trotzdem gibt es noch Übergriffe, die manchmal nicht schnell genug Folgen haben. Was wurde bisher übersehen oder wurde etwas übersehen und was ist noch zu tun?
Hedwig Wölfl
Also mir ist ganz wichtig zu sagen, der Kinderschutz hat sich wirklich viel weiterentwickelt, auch seit dem Jahr 89 wo das Gewaltverbot in der Erziehung festgeschrieben wurde, wo eben die Kinderrechtskonvention verabschiedet wurde. Und diese Gesetze helfen. Seit letztem Schuljahr sind an allen Schulen auch Kinderschutzbeauftragte zu installieren, Kinderschutzkonzepte zu etablieren. Natürlich hilft das nur, wenn es gelebt wird, wenn es nicht nur ein Papier für die Schublade ist, damit man dieser Anforderung genüge tut. Und das ist die Herausforderung überhaupt, das ins Leben zu bringen, immer wieder genau hinzuschauen. Was in Österreich fehlt, ist ganz sicher regelmäßige Kampagnen. Das heißt, eine von den zuständigen Ministerien regelmäßig für die Öffentlichkeit und die modernen Medien zugeschnittene Kampagne. Wir hatten das das erste Mal letztes Jahr. Ich würde mir sagen, sehr wünschen, dass die Kampagne, die immer noch aktuell und wirklich gut gemacht war, und das haben drei Ressorts gemeinsam, das war Familie, Justiz und Frauen, glaube ich, jetzt gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Und das ist einfach wirklich toll gelungen und das bräuchte es jedes Jahr. Und dort, wo mehr Bewusstsein dafür da ist, dass Gewalt an Kindern ein no go ist und dass man das ansprechen und benennen muss, wie in skandinavischen Ländern, werden einfach regelmäßig Kampagnen gefahren und da gibt es auf jedem Milchpackerl, wo draufsteht, „it's a dress, not a yes“ oder wie auch immer, einfach Botschaften, die hier auch von den heute jugendlichen Menschenverstand werden.
Edith Meinhart
Frau Wölfl, ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch.
Hedwig Wölfl
Danke für die Einladung.
Edith Meinhart
Liebe Hörerinnen, liebe Hörer, danke fürs Zuhören. Ich freue mich, wenn Sie das nächste Mal wieder dabei sind.
Autor:in:Edith Meinhart |