Die Dunkelkammer
Die Nonnen von Goldenstein #11: Die Öffentlichkeit
- hochgeladen von Maximilian Langer
Von Michael Nikbakhsh. In der 264. Ausgabe geht es um das Ringen um Deutungshoheit im Fall Goldenstein - und da insbesondere um das Kommunikationsverhalten des Propstes von Stift Reichersberg, Markus Grasl. Darüber spreche ich mit Stefan Lassnig und Edith Meinhart, der Autorin des Buches „Nicht mit uns! Die unglaubliche Geschichte der Nonnen von Goldenstein“. Und dann wäre da noch die Geschichte von Frau W., die 2024 in der Salzburger Seniorenresidenz Kahlsperg verstarb. Das ist jenes Altersheim, in das Grasl auch die drei Ordensschwestern verbringen hatte lassen. Frau W. besaß drei Eigentumswohnungen in Salzburg-Anif, die nach ihrem Tod Stift Reichersberg zufielen.
Michael Nikbakhsh
Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nikbakhsh und heute geht es ein weiteres Mal um den Fall Goldenstein. Es geht um drei widerständige Nonnen und, und vor allem geht es um Öffentlichkeit in vielfältigen Ausprägungen. Ich sitze im Studio, ich sitze hier nicht allein. Mir gegenüber sitzt Edith Meinhart. Hallo Edith.
Edith Meinhart
Hallo.
Michael Nikbakhsh
Und Stefan Lassnig. Hallo Stefan.
Stefan Lassnig
Hallo Nik.
Michael Nikbakhsh
Wir drei kommen von einer Buchpräsentation. Okay, wir kommen jetzt nicht unmittelbar von einer Buchpräsentation, die Edith noch am allerersten, wurde gestern spät in der Kulisse. Und du bist heute Morgen schon im ORF-Frühstücksfernsehen gesessen, um über das Buch zu sprechen. Aber wir schauen einigermaßen fit aus, auch vor dem Hintergrund dessen, dass wir doch ein ziemliches Projekt realisiert haben. Ein Buch ist entstanden, ein Verlag wurde gegründet, jetzt haben wir es präsentiert und bei der Buchpräsentation in der Kulisse waren auch alle drei Nonnen anwesend. Sind alle wohlbehalten hin und wieder zurück.
Edith Meinhart
Genau. Die Schwester Regina ist ein bisschen schüchterner, die war nicht mit auf der Bühne, aber die Schwester Bernadette und die Schwester Rita haben, wie sagt man da, die Bühne geschmissen
Stefan Lassnig
Gerockt.
Edith Meinhart
Gerockt.
Michael Nikbakhsh
Ich war wirklich überrascht, wie lustig das fürs Publikum war, wie viel Lacher da dazwischen waren, weil der Anlassfall ja überhaupt nicht lustig war. Dieses Buch, um das es da geht, ist nicht lustig. Die Geschichte der Nonnen von Goldenstein ist nicht lustig, aber sie haben es, sie haben es wirklich geschafft, es mit Humor rüberzubringen.
Edith Meinhart
Ich finde, es war alles. Es war berührend, es war lustig, es war traurig, es war empörend, es war eine ganze Palette an Emotionen.
Stefan Lassnig
Ich bin ja im Publikum gesessen, ihr beiden wart auf der Bühne und also ich habe wirklich teilweise Tränen gelacht, aber auch tatsächlich Tränen vergossen insofern, weil das so berührend war teilweise. Also diese drei, also in dem Fall die zwei, aber die dritte zählt jetzt dazu, die im Publikum gesessen ist. Diese unerschütterlichen alten Frauen, die auch so stark in ihrem glauben sind und ich habe da vollen Respekt davor, auch wenn ich selbst nicht gläubig bin, aber wie die das vertreten und wie die das kommunizieren. Und weil wir jetzt eben von Öffentlichkeit gesprochen haben oder heute sprechen werden, Nik, weil du in der Einleitung gesagt hast, es geht halt um Öffentlichkeit. Gestern hat man, finde ich, gut gesehen, warum das Menschen berührt, diese Geschichte, weil die drei, Edith und du hast es zu mir einmal gesagt, die sind so unverbiegbar und das spürt man und das hört man und das sieht man. Und ganz viele Sehnsüchte werden da, glaube ich, auch reinprojiziert in diese Personen, weil ich habe das im Publikum gespürt. Also diese Lacher, die dann zwischendurch Gott sei Dank auch da waren, die waren sehr befreiend, weil das Thema an und für sich ja sehr ernst ist.
Aber es war eben alles dabei. Es waren Lacher, es waren, es waren sehr christliche und sehr glaubensorientierte Passagen dabei, aber es war auch sehr weltlich, vor allem, wenn es dann darum gegangen ist, wie man mit ihnen herumgesprungen ist. Also da war wirklich alles dabei und es war in Summe sehr berührend. Ich habe danach, mein Fazit danach, wenn so eine Veranstaltung oder so eine Geschichte jemanden völlig kalt lässt, dann hat er kein Herz.
Edith Meinhart
Ich finde, man sieht auch die Verwundbarkeit. Das sind drei vollkommen arglose, im Sinn von nicht raffinierte, einfache Frauen, die in einer professionalisierten Öffentlichkeit, darüber werden wir vielleicht noch reden, ja im Grunde chancenlos sind. Also wenn es jetzt darum geht, Geschichten zu steuern, dann haben die gar keinen Werkzeugkasten. Sie haben nur das, woran sie glauben. Aber das Unverbiegbare besteht auch darin, dass ihr Bezugspunkt Gott, ihr Bezugspunkt Jesus ist. Also sie sind deshalb schwer zu beeindrucken, auch nicht von Followern auf einem Instagram Account. Das macht sie zwar fassungslos, sie wissen auch, dass das ihr Schutz ist, aber am Ende ist es kein Maßstab für sie.
Trotzdem befinden sie sich jetzt in einer Öffentlichkeit, die auch, also wir als Journalisten sind das ja gewöhnt, dann dreckig werden kann. Und da, finde ich, hat man gestern auf der Bühne ihre Verletzlichkeit auch gesehen.
Michael Nikbakhsh
Sie haben, korrigiert mich, weder gestern auf der Bühne noch im Buch nachlesbar und auch bei den Recherchen, glaube ich nicht herausgekommen, dass sie sich jemals wirklich schlecht über den Probst Grasl geäußert hätten. Also gestern auf der Bühne hat glaube ich Bernadette gesagt oder war es Rita, spielt keine Rolle. Eine von den beiden hat jedenfalls gesagt, sie würde weiterhin oder sie würden weiterhin für ihn, für den Propst beten. Also wenn ich so eine Geschichte mit einem Menschen hätte, dann wäre das wahrscheinlich das, was ich am wenigsten täte. Gut, ich tue es ja prinzipiell nicht, aber sie kritisieren sein Verhalten, aber sie kritisieren ihn nicht als Person. Das kommt von der anderen Seite ganz anders rüber. Darüber werden wir jetzt auch noch sprechen.
Also sie sind ja seit längerer Zeit schon allerlei Vorwürfen ausgesetzt, beginnend mit Ungehorsam.
Edith Meinhart
Genau. Und für sie ist auch der Grasl, ihr Propst, ein Geschöpf Gottes. Und wie du richtig gesagt hast, sie sehen, dass das Verhalten aus ihrer Sicht nicht okay ist, aber sie würden ihm nicht die Würde absprechen. Sie würden ihm nicht absprechen, auch ein Kind Gottes zu sein in ihrer Welt.
Michael Nikbakhsh
Was gestern nicht ganz herausgekommen ist. Ob es überhaupt eine Gesprächsbasis zwischen den Nonnen und dem Propst gibt, weil der Eindruck, den wir ja hatten oder gewinnen mussten, war, Grasl hat sich einen Pressesprecher geholt. Der Pressesprecher kommuniziert teils sehr offensiv mit Medien, aber mit den Nonnen direkt spricht nach wie vor niemand, oder doch?
Edith Meinhart
Nein, und das habe ich zuerst gemeint mit dieser Öffentlichkeit, die dann auch sehr perfide und dreckig werden kann, weil dieses Angebot, das der Propst Ihnen gemacht hat, sollte in der Öffentlichkeit ja als ausgestreckte Hand rüberkommen. Und wenn man nicht den Vertragstext gelesen hätte, weil der dann öffentlich gemacht worden ist, dann hätte man das vielleicht so erzählen können. Jetzt kommt der Propst vor Weihnachten, alle sehnen sich nach einem Happy End mit einem friedlichen Angebot und die Nonnen so biestig nehmen das nicht an. Das wäre dann die Geschichte gewesen. Zum Glück, und da ist Öffentlichkeit wieder ein Schutz, wurde der Vertragstext auch öffentlich. Und dann hat man gesehen, dass er eigentlich wieder nicht akzeptiert, dass sie selbstbestimmte Menschen sind, dass er alles unter seine Verfügungsgewalt bekommen will, dass er sie aller sozialen und medialen Kontakte berauben will, dass er nach wie vor die Hand auf ihrem Vermögen hat und dass sich eigentlich alles genauso schlimm dann verfestigt hätte, wie es war, als sie im Altersheim war, nur mit ihrer Unterschrift.
Stefan Lassnig
Ich würde gerne bei dem Thema bleiben, weil mir das ja aus Kommunikationssicht total fasziniert, was da passiert ist. Also erstens einmal würde ich allen Hörerinnen und Hörern empfehlen und wirklich aus tiefstem Herzen heraus, dass sie die Folge, die heute, also heute, wie es der 4. Dezember erschienen ist, die Edith, Du aufgenommen hast mit dem Kirchenrechtler Dr. Rothe, wo ihr dieses unter Anführungszeichen Angebot ja noch einmal sehr stark im Detail analysiert. Aber ich finde ja kommunikationstechnisch interessant, was da passiert ist. Man ist nämlich mit diesem Angebot ja nicht an die Nonnen herangetreten und schon gar nicht direkt an die Nonnen herangetreten, sondern man ist mit diesem Angebot an ein bestimmtes Medium herangetreten, an die Salzburger Nachrichten, hat dort diesem Angebot in Anführungszeichen eine Doppelseite gewidmet. Die Betroffenen von dem Angebot haben dann davon eben aus den Medien erfahren und man hat tatsächlich aber das hat man schon geschafft und das ist ja das Ziel von so einer Aktion, hat ungefähr einen halben bis dreiviertel Tag den Diskurs bestimmt, weil das war schon interessant zu beobachten, wie du gesagt hast, wir alle haben ja die Hoffnung, dass das gut endet.
Also niemand hofft sich ein Bad-End. So jetzt hat man gesagt, es gibt ein Angebot, sie dürfen im Kloster bleiben und in allen Medien, ich habe das an dem Tag wirklich aufmerksam verfolgt, ist genau das kommuniziert worden. Lösung in Sicht, großzügiges Angebot. Und wenn es jetzt bei dieser Kommunikation geblieben wäre, wäre genau das rausgekommen. Ich würde sogar sagen, noch schlimmer, man hätte dem gesagt, nicht du hast gesagt das Wort biestig verwendet, sie hätten wahrscheinlich undankbare Weiber. Entschuldigt bitte den Ausdruck, ist nicht mein Wording, aber das wäre wahrscheinlich rauskommen. Die Edith nickt, du weißt, wie ich es meine. Und dann ist aber folgendes passiert, früher hätte es wahrscheinlich sogar funktioniert, weil früher hätte es jetzt nicht diese große mediale Vielfalt gegeben, dass jemand anderer sagt, naja, aber Moment einmal, schaut mal, was in dem Vertrag drinnen steht.
Seid ihr euch sicher, dass das ein barmherziges Angebot ist? Und erst wo dann diese Kommunikation eingesetzt hat, hat es sich umgedreht. Und am Abend in der ZIB war dann schon klar, das Angebot ist vermutlich nicht annehmbar, weil es zu viele schlechte Konditionen beinhaltet. Und da hat sich dann der Diskurs wieder umgedreht. Das heißt, diese Kommunikationsstrategie, die ja durchaus funktioniert hat, vielleicht in vergangenen Zeiten, wo es nicht so viele Medien gegeben hat und wo es vor allen Dingen nicht so viele unabhängige Medien gegeben hat, inklusive dem Instagram Kanal, da hätte es vielleicht funktioniert, aber so hat es halt nur ein dreiviertel Tag funktioniert, bis sich dann die wahre Tatsachenlage wirklich gezeigt hat.
Michael Nikbakhsh
Was wir hier auch gesehen haben, ist die Einseitigkeit in schierer Vollkommenheit. Da wird ein Angebot als Lösung schon in den Raum gestellt, ohne dass jemand zunächst Rücksprache hält mit denen, die das Angebot betrifft. Wenn es denn beim Angebot geblieben wäre, wäre es ja nicht einseitig gewesen. Aber das als barmherzige Lösung zu verkaufen, das ist es dann schon. Es steht dem Propst und seinen Beratern vorbehaltlos zu, das zu versuchen. Meine Kritik richtet sich in dem Fall an Medien, die das übernehmen, damit versuchen oder einen Beitrag leisten, Tatsachen zu schaffen, weil, wie du richtig sagst, ich meine, da liegt dann eine barmherzige Lösung auf dem Tisch und die Schwestern machen nicht mit, dann sind sie wohl selber Schuld. Dieser zweite wichtige Teil, nämlich was sagen denn die Adressatinnen zu diesem Angebot, das noch keine Lösung war, das hat schlicht gefehlt und das ist im Verlaufe dieses Tages durch eine Presseaussendung korrigiert worden.
Aber auch nur deshalb, weil die Nonnen natürlich mittlerweile längst nicht mehr allein sind, sondern ihrerseits professionell beraten werden. Sonst hätte es ja diese Presseaussendung nie gegeben, dann wäre das wahrscheinlich tagelang liegengeblieben und dann wäre die Tatsache wohl zu einer solchen geworden.
Edith Meinhart
Professionell beraten darf man sich jetzt nicht so vorstellen, dass es auf der Seite der Nonnen einen Kommunikationsberater gibt wie auf der Seite des Propstes. Diese Ungleichheit, die zieht sich nämlich durch.
Was ich vergessen habe, vorhin in dem Vertrag war auch die Forderung enthalten, dass die Nonnen auf Rechtsbeistand verzichten. Die Nonnen haben einen Elsbethener Anwalt, der pro bono für sie arbeitet, also unentgeltlich. Der Propst seinerseits hat einen der schärfsten und namhaftesten ordensrechtlich beschlagenen Kanzleien hinter sich und möchte, dass die Nonnen aber auf ihren Rechtsbeistand verzichten. Er hat Zugang zur Öffentlichkeit, er hat die machtvollen Netzwerke, er hat das kulturelle, ökonomische Kapital auf seiner Seite und dass die Nonnen jetzt und er hat einen sehr scharfen und auch namhaften Kommunikationsberater. Und die Nonnen haben Unterstützer, die das im Prozess dieses Umgangs mit der Öffentlichkeit jetzt erst gelernt haben. Also da steht nicht ein Schiffel auch auf der anderen Seite.
Und sie haben jetzt Zugang zu Medien, weil sie einfach Kontakte zu Journalisten haben, wenn irgendwas passiert, können Sie sagen, bei uns ist jetzt gerade wieder was passiert. Deshalb haben Sie diese Hürde jetzt auch genommen, dass sie ebenfalls Zugang haben. Und jetzt finde ich schon interessant, was man Ihnen in dem vorgeschlagenen Vertrag alles wegnehmen will, weil das ist wie eine Entwaffnung, ohne dass die andere Seite selbst die Waffen weglegt.
Stefan Lassnig
Es geht ja noch sogar weiter. Ich habe gestern ja gesagt, jetzt wird sogar der Giftschrank geöffnet in der Kommunikation. Man hat ja schon länger damit rechnen müssen, aber jetzt ist es tatsächlich soweit. Also ich sehe ja zwei Wendepunkte in der Kommunikation. Der eine ist, dass man gesagt hat, gut, dann müssen sie sich quasi in Rom rechtfertigen. Ich habe das als Drohung verstanden, wie wirksam diese Drohung ist, sei mal dahingestellt, weil ich glaube, selbst da gilt das, Edith, was du davor in deiner Analyse so treffend gesagt hast, Ihr Maßstab ist Gott, ihr Maßstab ist Jesus. Da haben sie volles Vertrauen.
Also ich habe jetzt auch gestern am Abend nicht das Gefühl gehabt, dass sie jetzt deswegen nervös sind, weil das Thema jetzt nach Rom geht oder dass sie das beeindruckt, wie sie es vielleicht beeindrucken sollte aus Sicht des Propstes. Und man hat jetzt auch tatsächlich den Giftschrank ausgepackt, indem er sie diskreditiert. Und das ist schon eine Entwicklung, die jetzt, ich glaube, wenn man jetzt ein Kommunikationsplaybook hernimmt, durchaus üblich ist, dass man irgendwann einmal dazu zum Angriff übergeht. In dem Fall finde ich es halt schon sehr, sehr unpassend, wenn man die ganze Geschichte kennt.
Edith Meinhart
Es ist auch auf menschenrechtlicher Ebene extrem unpassend. Der Angriff, von dem du sprichst, ist ein Vorwurf eines Internatskindes, eines ehemaligen, dass in den Salzburger Nachrichten sehr kritisch die Zeit reflektiert im Internat in Goldenstein und vor allem die Rolle von Schwester Bernadette. Und jetzt muss man erstens einmal dazu sagen, dass die Pädagogik sich über die Jahrzehnte von einer schwarzen Pädagogik emanzipiert hat.
Michael Nikbakhsh
Zum Glück.
Edith Meinhart
Zum Glück. Das war auch die Rolle von vielen Journalisten und Journalistinnen und da auch ganz maßgeblich das Profil dabei, dass man Kinderrechte gestärkt hat. Dann auch dieser Verrechtlichungsprozess auf UN-Ebene, die Kinderrechtskoordination, das war ein bis in die 80erer Jahre andauernder Prozess, dass man die gesunde Watschen verurteilt hat. Also wir sind alle noch in einer Zeit groß geworden, wo das überhaupt nicht selbstverständlich war. Gemessen an dem, was damals Stand der Pädagogik war, ist mein Eindruck, war im Schloss Goldenstein in dieser Ordensschule die Pädagogik noch relativ progressiv, nicht gemessen an heute, sondern gemessen an damals. Ich will jetzt nicht kleinreden, dass trotzdem Menschen von der Schulzeit traumatisiert sein können. Das hat auch viele biografische Gründe.
Ich habe ja viele Missbrauchsgeschichten, Gewaltgeschichten, Traumatisierungsgeschichten gemacht und festgestellt, selbst bei Stiften wie Kremsmünster, wo grässliche Verbrechen an Kindern begangen wurden, gibt es Menschen, die sind in dieselbe Klasse gegangen und haben eine schöne Schulzeit erlebt. Also es ist so wie bei Geschwistern manchmal, man wächst in einer Familie auf und trotzdem sind die Kinder in unterschiedlichen Kosmen groß geworden. Also ich will das jetzt auch gar nicht kleinreden, aber es wäre schon hilfreich, das auch zu kontextualisieren. Und davon abgesehen hat das überhaupt keine Relevanz für die Frage, ob man drei erwachsene Nonnen gegen ihren Willen in ein Altersheim bringen kann. Also wenn jemand keine gute Zeit mit der Schwester Bernadette hatte, ist das ja für nicht seine Rechtfertigung. Das soll aber der Kurzschluss sein. Und da bin ich wieder bei dir, Nik, mit der Kritik an der eigenen Branche.
Also ich würde mir schon da ein menschenrechtlicheres, also ein menschenrechtliches Koordinatensystem wünschen. Also man kann das nicht aufwägen. Das hat überhaupt keinen Zusammenhang, außer dass es billig manipulativ auf der emotionalen Ebene sein soll.
Stefan Lassnig
Ja, plus das ist natürlich in dem Kommunikationskampf, der sich da jetzt abspielt, da spielt es natürlich eine Rolle, weil man will ja mit dieser Maßnahme jetzt, es geht ja jetzt aus Sicht der Kommunikator nicht um Menschenrechte oder um Barmherzigkeit, sondern es geht darum, ein Narrativ zu verändern, nämlich jetzt den Narrativ zu schaffen, das waren böse Frauen. Und deswegen kann man mit denen jetzt ruhig auch vielleicht ein bisschen schärfer umgehen. Also du hast völlig recht, das hat miteinander nichts zu tun. Aber das Ziel ist natürlich auf der kommunikativen Ebene das Bild zu ändern, weil das ist nämlich den Kommunikatoren der Kirche auch schon aufgefallen. Das sieht man ja, man muss ja nur Kommentare lesen unter Postings. 99 Prozent sind unterstützend für die Nonnen, ein Prozent sagt, naja, aber das ist eigentlich schon okay, was man mit denen macht. Und natürlich versucht man mit so einer Maßnahme das Narrativ zu ändern im Sinne, naja, gut, vielleicht sind die nicht so positiv besetzt, diese Personen. Vielleicht gibt es da negative Seiten und das ist das Ziel von so einer Aktion und das ist das meine Giftschrank.
Michael Nikbakhsh
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Umstand, dass Schwester Bernadette einen im Vergleich zu ihren Mitschwestern autoritären Erziehungsstil pflog, wird nicht verschwiegen im Buch. Das kommt vor. Du hast dich damit beschäftigt, Edith du hast sie auch angesprochen und sie spricht auch darüber. Also sie stellt sich diesem Vorwurf.
Edith Meinhart
Ja genau, bevor das erschienen ist. Also das ist tatsächlich im Buch enthalten. Sie hat erzählt, dass sie von Eltern angehalten wurde, strenger zu den Kindern zu sein. Die Kinder werden ja auch, zumindest damals war das noch verstärkt so und vielleicht bis heute in Ordensschulen gegeben, um eine bestimmte Erziehung zu erfahren, auch im christlichen Geist. Und die Pädagogik ist noch nicht so lange so progressiv. Und sie hat damals das Gefühl gehabt, das ist das, was von ihr erwartet wird und was für Kinder gut ist.
Rückblickend tut ihr das total leid. Also die Rita war immer so die Verspielte, die Herzliche, die die Kinder umarmt hat. Man muss sich vorstellen, die Kinder sind auch mit zehn ins Internat gekommen. Da waren Scheidungsweisen dabei, da waren Kinder dabei, die waren auch deshalb traumatisiert, weil sie das Gefühl gehabt haben, sie wurden von ihren Eltern abgeschoben. Und zehnjährige Kinder, das sind wirklich noch ganz schutzbedürftige Wesen, die das gar nicht verstehen können, was Erwachsene für Entscheidungen treffen oder nicht zur Gänze. Und sie hat das Gefühl im Rückblick, dass die Rita war immer so die beliebte, die Kinderliebe. Und sie war die, die sehr oft die Einhaltung von Regeln gepocht hat und einfach auch sehr streng war.
Und das hat sie sehr erlösend gefunden, wenn ehemalige Schülerinnen ihr dann gesagt haben, das stimmt zwar, sie war nicht so nahbar wie die Schwester Rita, aber sie hat ihr geholfen, im Leben zurechtzukommen. Also ich glaube, das sind alles polare Dinge. Das ist nicht so einfach, weil die Schwester Rita hat vielleicht dann auch weniger Maßstäbe vermittelt und zwar dafür in den Stunden, wo die Kinder geweint haben da und nicht die Schwester Bernadette. Und das wäre irgendwie gut, wenn man das auch bisschen in der Differenziertheit sieht.
Michael Nikbakhsh
Stichwort Einseitigkeit. Ich habe den Begriff heute schon mal verwendet, Einseitigkeit in der Kommunikation. Edith, ich weiß nicht, ob du die Zahl jetzt bei der Hand hast, wie viele Anfragen du an Probst Markus Grasl geschickt hast und jedenfalls im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buches, also mit dem Schreiben des Buches, auch zu einem Interview eingeladen hast. Die Anfragen wurden mehr oder weniger beantwortet, die Interviewinladung, die wurde ausgeschlagen. Ich war dann umso verblüffter zu sehen, dass er den Salzburger Nachrichten ein Interview gibt, wo er seine eigene Barmherzigkeit unterstreicht. Interessant, oder? Mit uns wollte er nicht reden, also mit dir wollte er nicht reden, aber mit den SN redet er schon. Sei ihm natürlich unbenommen. Er kann ja sprechen mit wem er will, aber fürs Protokoll versucht wurde das.
Edith Meinhart
Ich glaube, das ist, was du Stefan, gesagt hast, auch Teil des Versuchs ein Narrativ zu erzeugen, weil mir ist jetzt eingefallen, dass diese Versuche sind ja ganz alt, die gehören wirklich in die Trickkiste der Kommunikationsprofis. Wie ich ganz neu zum Profil gekommen bin, war der Fall des nigerianischen Schubhäftlings Omofuma und der bei einem Abschiebeflug ums Leben gekommen ist durch die Hand der ihn begleitenden Polizisten, die ihm Klebeband über Mund und Nase gegeben haben. Und die Polizei war dann so in der Defensive und hat versucht, das Opfer schlecht zu machen, indem sie dann sagen, das war eher ein Drogendealer. Und da sind viele Journalisten darauf aufgesprungen und haben dann gesagt, aha, der Omafuma war ein Drogendealer, als hätte das irgendeine Relevanz im Zusammenhang mit seinem Tod.
Und so ähnlich ist das jetzt mit den Nonnen und so ähnlich ist es auch mit uns Journalisten, dass man dann sagt, wie kann man die Leute angreifen und Journalisten natürlich in ihrer Glaubwürdigkeit und dann sagt man schnell einmal, das ist einseitig, obwohl die Einseitigkeit die vermeintliche selbst hergestellt ist, weil einfach das Gespräch verweigert, die Auskunft verweigert. Und da muss ich schon sagen, also ich finde, dass unsere Branche, ich bin da durchaus auch selbstkritisch, sehr oft auf diese Narrative hereinfällt. Also ich würde mir wünschen, dass auch wir Journalistinnen da bisschen versierter werden, zumindest im Kennen, vielleicht nicht im Anwenden dieses Kommunikationsbestecks.
Michael Nikbakhsh
Wir wollen ja in der Dunkelkammer immer wieder auch zeigen, wie Journalismus funktioniert, immer so eine Medienanfrage stellt, was dann an Antworten zurückkommt. Also quasi ein bisschen zu zeigen, was wir so im Werkzeugkasten haben. Ein Beispiel dazu findet sich im Buch, da geht es um Immobilien in Salzburg, konkrete Eigentumswohnungen. Darüber sprechen wir heute noch, wo wir zeigen können, quasi so läuft dann das Geschäft. Man schickt eine Anfrage mit dem Ersuchen und Beantwortung und dann kommen eben, darauf werden wir noch eingehen, wir haben es gestern auf der Bühne auch gemacht, Antworten zurück, die du so nehmen musst, wie sie sind, die aber jedenfalls auch eine Geschichte erzählen.
Und was man an dem Fall sieht, ist ja klar, man hat es da echt mit Profis oder einem Profi zu tun. Der Name Schiffel ist schon gefallen, der ist lange im Geschäft, hat in den Nullerjahren für die Agentur Hochegger gearbeitet, der weiß schon, wie das geht. Und er wendet diese Mechanismen eben an, zwar offensichtlich unabhängig davon, wer das Gegenüber ist.
Stefan Lassnig
Ich habe ja selbst in meiner Zeit als Investigativjournalist, ist ja schon ein paar Jahre her, aber ich habe das ja auch erlebt. Du wirst natürlich irgendwann einmal mit Informationen exklusiv unter Anführungszeichen gefüttert in der Erwartungshaltung, dass dann auch genau diese Sichtweise wiedergegeben wird. Also man tauscht, ich sag's jetzt mal profan, man tauscht Exklusivität gegen unmittelbare Wiedergabe ein. Und das sehe ich in dem Fall auch verwirklicht. Also man hat gesagt, es ist ja sogar davon die Rede gewesen, das ist weltexklusiv gewesen, dieses Angebot des Propstes. Also das hat man, wenn man jetzt so draufschaut, im Nachhinein eingetauscht, dass es relativ unwidersprochen und unreflektiert abgedruckt worden ist. Und das ist durchaus etwas, du hast jetzt einen anderen Fall genannt, ich glaube, dass das sehr, sehr oft so vorkommt und zwar auf beiden Seiten.
Also das ist durchaus, das setzen Kommunikationsstrateginnen und Strategen als Werkzeug ein. Die Frage ist ja, die du jetzt aufgerufen hast, Edith wie geht man damit um?
Edith Meinhart
Also ich glaube, dass Investigativ Journalistinnen und Journalisten generell das in der Hand haben, in welche Schublade sie dann von potenziellen Informanten gesteckt werden wollen. Natürlich ist es eine Gratwanderung, ich kriege eine Information, aber ich kann ja auch mit Informanten so umgehen, dass ich sage, erstens nehme ich die Information nur von Quellen, die sich über die Zeit als stabil und verlässlich herausgestellt haben. Und zweitens würde ich nicht die Zusicherung machen, dass ich mit der Information nicht weiter recherchiere. Wenn ich jetzt aber für die potenziellen Informanten jemand bin, der sich genau an die roten Linien einer Recherche hält, dann werde ich halt zu einem Verlautbarungsorganisation. Wenn ich den Ruf mir erwerbe, dass ich mit einer Information dann auch in gewisser Hinsicht gefüttert werde, aber unsteuerbar bin, weil ich dann auch in alle Richtungen recherchieren kann, wie das die Aufgabe von Journalisten ist, dann werde ich vielleicht weniger Informanten haben, aber auch welche, die dann das auch ins Kalkül ziehen. Also ich finde jetzt keine Zwangsläufigkeit darin, dass man okay, wenn ich die Information kriege, muss ich sie so wiedergeben.
Michael Nikbakhsh
Auch um den Preis, dass deine Geschichte dann nicht mehr weltexklusiv ist. Weil wenn das Angebot zurückgewiesen wird, ist die Geschichte eines zurückgewiesenen Angebots die Geschichte.
Stefan Lassnig
Das war ja dann im Laufe des Tages auch genauso.
Michael Nikbakhsh
Naja, für zwei Stunden war die Geschichte ja weltexklusiv.
Stefan Lassnig
Ja, aber das zeigt ja auch gut, dass der Werkzeugkasten vielleicht für die jetzige Zeit nicht mehr so passend ist, weil sich ja alles viel schneller dreht. Also früher hätte sich ja so eine Message länger verfangen, weil da hätte es ja länger gedauert. Also da hätte es zumindest bis zum nächsten Tag gedauert, bis die nächste Tageszeitung erscheint und dann hätte man zumindest 24 Stunden Zeit gehabt, dieses Narrativ zu verfestigen. Jetzt geht es innerhalb von Stunden, vielleicht sogar teilweise von Minuten, weil es andere Kanäle gibt, die auch genutzt werden. Insofern ist es ein spannendes, ein spannender Fall, finde ich jetzt rein kommunikationstechnisch gesehen, weil man dort eine gute Geschwindigkeit natürlich sieht. Früher hätte es wirklich wahrscheinlich tagelang gehalten.
Edith Meinhart
In einer idealen Medienwelt würde ich jetzt einwenden, wäre dieses Kommunikationsnarrativ vielleicht gar nicht in die Welt gekommen, weil Journalisten gesagt hätten, bevor ich es gleich raushau online oder über irgendwelche anderen Kanäle, check ich mal die andere Seite, dann hätte sich schon herausgestellt, erstens, wir kennen das Angebot noch gar nicht, wir brauchen noch einen Tag, um es zu prüfen. Und dann hätte man eineinhalb Tage später angerufen und erfahren, es ist unannehmbar. Dann wäre die Geschichte dazwischen gar nicht gewesen. Also ich glaube, wir sind schon auch Opfer in der Branche dieser Geschwindigkeit, weil ich glaube nicht, dass die Leute, die das so schnell von Accounts raushauen, irgendetwas einordnen konnten. Das sind ja auch oft gar nicht die Journalisten, Journalistinnen, die an der Causa dran sind und das in einen Kontext stellen können. Also das ist schon auch ein Teil dieser Social Media Getriebenheit.
Stefan Lassnig
Ich glaube, dass da die Geschwindigkeit Fluch und Segen zugleich ist. Definitiv.
Michael Nikbakhsh
Wir hatten am 3. Dezember Buchpräsentation in Wien. Es werden weitere Präsentationstermine folgen. Einer wird nicht stattfinden, wie geplant in Salzburg. Dafür wird da ein anderer stattfinden. Reden wir mal über den ursprünglich geplanten Salzburg-Termin. Das ist mir schon wichtig.
Die Idee war, dass wir gemeinsam mit den Salzburger Nachrichten im SN-Saal eine Präsentation machen. Mit Moderation durch die Salzburger Nachrichten in Anwesenheit der Autorin Edith Meinhard und jedenfalls einer Nonne. Das wird nicht stattfinden. Die SN haben sich zurückgezogen, die haben ihre Gründe, darüber müssen wir jetzt nicht weiterreden. Das ist auch zu respektieren. Die haben uns dann den SN-Saal zum Selbstkostenpreis angeboten. Das war für uns wiederum nicht akzeptabel. Dafür haben wir jetzt eine andere Lösung gefunden. Edith Steht da schon was fest?
Edith Meinhart
Ja, Wir werden am 18. Dezember um 18 Uhr im Lokal Jazz-it in Salzburg sein. Das ist ein Vereinslokal der KPÖ, was ein bisschen eine ironische Wolte der Geschichte ist, aber auch nicht ganz zusammenhanglos fällt. Weil der Salzburger Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl der einzige Politiker war, der sich jemals öffentlich zu den Nonnen geäußert hat und sich auch auf die Seite der Nonnen gestellt hat. Es gibt keinen zweiten Salzburger Politiker, auf welcher Ebene auch immer. Also so gesehen ist diese Don Camillo und Pepone Formation auch irgendwie schlüssig.
Michael Nikbakhsh
Fassen wir es nochmal, Jazz-it In Salzburg.
Edith Meinhart
Am 18. Dezember 18 Uhr.
Michael Nikbakhsh
18 Uhr. Karten gibt's wie? Wie kommt man da ran? Wie kommt man da rein?
Edith Meinhart
Der Eintritt wird frei sein.
Michael Nikbakhsh
Alles klar. Also für unsere Hörerinnen Salzburg und Umgebung, 18. Dezember, Jazz-it. Wollen wir über einen Fall reden, der im Buch aufgegriffen wird, der eine kleine Einleitung braucht. Im Altersheim Carlsberg, wo die drei Nonnen untergebracht waren.
Das ist der Ort, den sie dann am 4. September 2025 verlassen haben, war unter anderem auch eine ältere Dame, die lebte dort und verstarb am 30. April 2024, Frau W. Es hat sich dann im Zuge deiner Recherchen herausgestellt, dass es einen Bezug zwischen Frau W. Und dem Propst von Stift Reichersberg, Markus Grasl, gibt, denn er war, das ging aus einem E Mail hervor, für Frau W. zuständig. Die Hörerinnen und Hörer sehen jetzt nicht, dass ich das unter Gänsefüßchen mache, zuständig.
Erklär doch mal, was damit gemeint gewesen sein könnte.
Edith Meinhart
Probst Markus Grasl hat als Ordensoberer der drei Nonnen beim Sozialamt um Sozialhilfe angesucht, um die Kosten für das Altersheim zu decken. Die wurde auch gewährt. Er musste das inzwischen zurückzahlen, weil die Behörde gesagt hat, er hat den Übergabsvertrag nicht vorgelegt und da steht ja drinnen, dass für die Nonnen für das Alter vorgesorgt ist. Und in diesem E Mail, in dem er für die Nonnen um Sozialhilfe anzeigt, schreibt er, dass er jetzt auch zusätzlich zu Frau W. für zwei Nonnen zuständig ist. Das heißt, daraus kann man schießen, dass er vorher oder zu diesem Zeitpunkt auch schon Sozialhilfe für Frau W. beantragt hat. Zumindest erhebt sich die Frage, ob das so ist.
Michael Nikbakhsh
Das war auch eine der Fragen, die du dann an den Probst gerichtet hast. Dazu möchte ich jetzt nämlich noch kommen, weil ich ja gesagt habe, wir wollen ein bisschen zeigen, wie das, wie das funktioniert in unserem Beruf mit dem Stellen von Anfragen und dem Erhalten von Antworten.
Edith Meinhart
Vielleicht noch, um das dazuzufügen. Die Frau W. besaß drei Wohnungen in Salzburg Anif. Das ist ein relativ teures Wohngebiet und diese drei Eigentumswohnungen fielen nach ihrem Tod an das Stift Reichersberg mit einem Vertrag auf den Schenkungsfall zu Lebzeiten heißt das, glaube ich. Ich bin jetzt nicht ganz sicher.
Stefan Lassnig
Schenkung im Todesfall.
Edith Meinhart
Schenkung im Todesfall, genau.
Michael Nikbakhsh
Auf den Todesfall?
Stefan Lassnig
Nein.
Michael Nikbakhsh
Ich weiß es nicht, ich glaube, es heißt Schenkung auf den Todesfall.
Stefan Lassnig
Wir haben viele Juristinnen und Juristen, die zuhören, nicht? Das soll uns das dann bitte.
Michael Nikbakhsh
Genau, wir schneiden das jetzt nicht raus. Wir lassen das drin, dass wir einen lebhaften Diskurs haben, selbst wenn es nur um Details geht.
Stefan Lassnig
Da bräuchte es einen Juristen, der ich ja bin.
Michael Nikbakhsh
Binst aber auch außer Dienst.
Stefan Lassnig
Naja, sagen wir so, nicht praktizierend.
Michael Nikbakhsh
Ja, also wie gesagt, Frau W. Im Altersheim in Karlsberg. Die Nonnen haben auch Frau W. kennengelernt. Also man hatte halt Begegnungen, zwischendurch Worte ausgetauscht. Frau W. im Altersheim, drei Wohnungen in Salzburg Anif, du hast es bereits gesagt und am 30. April 2024 stirbt Frau W. Im Alter von 88 Jahren und im Oktober desselben Jahres gehen diese drei Eigentumswohnungen von Frau W. an das Stift Reichersberg in Oberösterreich. In weiterer Folge hat die Edith, nachdem quasi dieses Grundgerüst an Informationen beisammen war, dem Propst eine Medienanfrage geschickt, schriftlich, wie wir das immer machen in solchen Fällen. Die ging an den Medienberater Schiffel und der hat sie dann im Namen vom Propst beantwortet. Um zu sehen, was da hin und hergeht, schlage ich jetzt vor die Edith liest die jeweiligen Fragen. Die Geschichte lässt sich auch über die Fragen erzählen. Die Edith wird die Fragen an Probst Grasl bzw. seinen Medienberater Schiffel vorlesen und ich werde die jeweilige Antwort des Propstes, die uns geschickt wurde, dazutun.
Edith Meinhart
Frage, im Oktober 2024 wurde das Augustiner Chorherrenstift Reichersberg im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach W. dum Eigentümer von drei Wohnungen in Salzburg Anif. Warum hat die verstorbene Frau W. Diese Verfügung zu Lebzeiten zugunsten des Stiftes getroffen? Welche Gegenleistung gab es dafür?
Michael Nikbakhsh
Die Antwort des Propstes darauf, ich weiß nicht, was diese Frage mit den Schwestern von Goldenstein zu tun hat.
Edith Meinhart
Frage, welchen Wert stellen diese Liegenschaften in Summe dar?
Michael Nikbakhsh
Antwort des Ich weiß nicht, was diese Frage mit den Schwestern von Goldenstein zu tun hat.
Edith Meinhart
Frau W. Starb 2024 in der Seniorenresidenz Karlsberg. Wann, wie und von wem wurde die Entscheidung getroffen, dass Frau W. ins Altersheim geht?
Michael Nikbakhsh
Ich weiß nicht, was diese Frage mit den Schwestern von Goldenstein zu tun hat.
Edith Meinhart
Frage, laut einem von Ihnen am 12. April 2024 geschickten Mail betreffend die Gewährung von Sozialhilfe für Frau Bangler und Frau Rechberger, das sind die Schwestern Bernadette und Regina, waren sie zum damaligen Zeitpunkt auch für die ebenfalls in der Seniorenresidenz untergebrachte Frau W. zuständig. Haben sie für Frau W. Ebenfalls Sozialhilfe beantragt? Und wenn ja, in welcher Höhe und in welchem Zeitraum?
Michael Nikbakhsh
Ich weiß nicht, was diese Frage mit den Schwestern von Goldenstein zu tun hat.
Edith Meinhart
Frage, in einer der drei von Frau W. übernommenen Wohnungen in Salzburg Anif ist Herr P. Wohnhaft. Wie ist P. zu dieser Wohnung gekommen? Zahlt er dafür Miete? Wenn ja, in welcher Höhe?
Michael Nikbakhsh
Ich weiß nicht, was diese Frage mit den Schwestern von Goldenstein zu tun hat. Zitat Ende. Ja, wir hätten da jetzt wahrscheinlich noch zehn Fragen dranhängen können zu diesem Komplex und die Antwort wäre, wäre die immer gleiche gewesen. Herr P. Übrigens, der jetzt zuletzt genannt ist, ein Vertrauter oder ein Mitarbeiter von Probst Gasl?
Edith Meinhart
Ich würde sagen ein Vertrauter. Mir ist das formelle Verhältnis nicht bekannt. Ich habe ihn auch das einmal gefragt, in welcher Beziehung er zu Herrn P. steht und ich kann mich nicht erinnern, die Frage war nicht genau wie diese, aber auch nicht aufschlussreich.
Michael Nikbakhsh
Stefan wenn wir das bekommen, Antworten wie diese, müssen wir sie nehmen. Es ist ja so, wie es ist. Es ist kein Wunschkonzert. Es steht dem Propst und seinem Medienberater frei zu beantworten, wie sie wollen. Sie sind ja uns gegenüber nicht mal zur Wahrheit verpflichtet. Und so nimmt man es dann auch. In dem Fall haben wir die Passage komplett ins Buch übernommen, also sprich die Fragen und die Antworten, einfach um zu zeigen, wie das dann aussieht.
Stefan Lassnig
Für mich jetzt wieder aus der Kommunikationssicht wirkt das schon ein bisschen hilflos, weil, also dass man nicht auf Fragen antwortet, das kennen wir ja, das ist ja dir auch ein paar Mal passiert in der Recherche Edith, dass man auf Fragen ausweichende Antworten kriegt oder Whataboutismus Antworten kriegt, wo man versucht abzulenken vom eigentlichen Thema. Das kenne ich schon und das ist auch sehr häufig eingesetzt, dass man dann irgendwann einmal dokumentiert, dass man eigentlich genervt ist von den Fragen. Das ist dann schon spannend, weil Copy Paste einfach sieben Fragen zu beantworten und sich denken, die gehen mir echt auf die Nerven, weil das klingt da für mich ein bisschen durch. Das ist eigentlich nicht so auf der professionellen Ebene, wie wir das jetzt sonst erlebt haben, die Kommunikation. Also ich lese da draußen, ich gehe mir wirklich auf die Nerven mit eurer Fragerei und deswegen schreibe ich jetzt einfach eine Antwort auf alle Fragen. Aber ja, es gibt überhaupt keine Verpflichtung, überhaupt was zu sagen oder auch was Vernünftiges zu sagen. Manchmal sagen halt die Antworten, die Art Antworten, die Formulierung der Antworten mehr aus über den Inhalt aus, als sie vielleicht sollten.
Edith Meinhart
Also ich würde sagen, aus journalistischer Sicht ist das eher ein Rechercheauftrag. Also das ist so wie wenn man, das habe ich als junge Journalistin schon gelernt, am Telefon machen tatsächlich manche Pressesprecher oder zumindest war das üblich, wie ich beim Profil begonnen habe, angeschrien wird und dann habe ich mir immer gedacht, weiter recherchieren.
Stefan Lassnig
Wunder Punkt getroffen, weil sonst löst man ja nicht so eine Reaktion aus.
Edith Meinhart
Ja, also es ist jedenfalls nicht souverän und auch nicht klärend, weil ich weiß, es ist auch so ein ritualisiertes Spiel quasi, dass man Anfragen stellt, aber in Wahrheit hofft man schon, dass man in der Geschichte weiterkommt. Wenn man das widerlegen kann, wenn man Dokumente vorlegen kann, wenn man erklären kann, wie das zustande kommt, dann muss man als Journalist, Journalistin dann auch sagen, gut, ich hatte eine andere These, das ist schlüssig, was die andere Seite sagt, dann ist es vielleicht auch gar keine Geschichte. Das haben wir in der Branche dann immer zu Tode recherchiert genannt, aber das gehört zur Profession. Diese Antwort heißt für mich, da muss man noch hinschauen.
Michael Nikbakhsh
Und ich habe es eh schon gesagt, wenn man es genau nimmt, es gibt keine Wahrheitspflicht bei Leuten wie uns, natürlich nicht. Also wenn dich jemand verarschen will, dann kann da jemand das machen.
Es ist halt so. Und in dem Fall war das so. Ich habe mir gedacht, okay, die verarschen uns jetzt, aber wir müssen es nehmen. Es ist zu akzeptieren und wir veröffentlichen es auch genauso. Und übrigens, wir haben es jetzt auch ohne Kommentar veröffentlicht. Wir haben nur darauf hingewiesen, dass es schon erstaunlich ist, dass der Propst anscheinend nicht versteht, was das mit den Nonnen von Goldenstein zu tun hat. Okay, das ist die eine Geschichte, aber dass er die einzige dieser Fragen beantworten wollte, ist eben eine andere Geschichte und die sei auch erzählt.
Edith Meinhart
Absolut, ja.
Michael Nikbakhsh
Edith, abschließend als Autorin des Buches, nachdem du dich wirklich über Wochen intensiv damit beschäftigt hast, bisschen entsteht für mich schon der Eindruck, als würden diese klassischen Kommunikationsmuster, die ziehen sich zwar durch, das sehen wir hier auch, also wie quasi Öffentlichkeit geschaffen wird, wie Medien auch benutzt werden oder gezielt eingesetzt werden, aber so ganz habe ich, oder sagen wir so, ich habe nicht das Gefühl, dass das hier so rund läuft, wie es sonst gelaufen ist in der Vergangenheit. Woran liegt das?
Edith Meinhart
Ich glaube, es liegt daran, dass es für ein Gegenüber, das so ist wie die Nonnen, nämlich so arglos überhaupt keine Kommunikationsstrategie gibt. Die Nonnen kommunizieren nicht strategisch, die manipulieren nicht, die sind einfach wie sie sind und die Seite des Propstes ist viel geübter, ist viel professioneller. Die Nonnen sind unprofessionell, die sind einfach wie sie sind. Und das zieht aber die Sympathien auf ihre Seite und dafür haben sie überhaupt keine Strategie.
Michael Nikbakhsh
Edith Meinhart, Stefan Lassnig, Vielen Dank für eure Zeit. Ich schließe mit einem Hinweis, "Nicht mit uns". Die unglaubliche Geschichte der Nonnen von Goldenstein. Erschienen im Verlag Edition Lauter, jetzt im gut sortierten Buchfachhandel erhältlich. Wunderbares Weihnachtsgeschenk von den Bucherlösen, von ihrem verkauften Buch geht jedenfalls 1 Euro an die drei Nonnen, wie auch die gesamten Reinerlöse des gestrigen Buchpräsentationsabends in der Kulisse an die Nonnen gegangen sind. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und fürs Zuhören.
Edith Meinhart
Danke.
Stefan Lassnig
Danke.
Autor:in:Michael Nikbakhsh |