Die Dunkelkammer
Die Brandkatastrophe von Kaprun: Der vergessene Justizskandal

Von Michael Nikbakhsh. Am 11. November 2000 wird ein Tunnel in Kaprun zum Schauplatz der größten Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg. Kurz nach 9.00 Uhr gerät eine Garnitur der Gletscherbahnen Kaprun auf dem Weg zum Kitzsteinhorn in Brand, 155 Menschen sterben. Die Geschichte dieser Katastrophe ist auch die eines Justizskandals. 2004 werden in einem Strafprozess in Salzburg alle 16 Angeklagten von jeder strafrechtlichen Verantwortung freigesprochen, das Urteil wird im Jahr darauf rechtskräftig. Das Verfahren in Salzburg ist von Ungereimtheiten geprägt, eine deutsche Staatsanwaltschaft wird später Unglaubliches aufdecken. Aus Anlass des 25-jährigen Jahrestags spreche ich mit dem früheren Journalisten Hannes Uhl, er ist Autor des 2014 erschienen Sachbuches „155 Kriminalfall Kaprun“, das er gemeinsam mit dem deutschen Journalisten Hubertus Godeysen geschrieben hat.

Michael Nikbakhsh
Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nikbakhsh und diese Episode wird am 11. November 2025 aufgezeichnet. Dieses Datum ist insofern bedeutsam, als es ein leider grausames Jubiläum bezeichnet. Vor genau 25 Jahren, am 11. November 2000, war Kaprun in Salzburg, genauer ein Tunnel zum Kitzsteinhorn, der Schauplatz der größten Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg. Ich rede von der Brandkatastrophe von Kaprun, von einer Garnitur der Gletscherbahn in Kaprun, die am 11. November 2000 kurz nach 9 Uhr morgens Feuer fing und schließlich 155 Menschen tötete. Man kann sich diesem Jahrestag auf zwei Wegen nähern, im Gedenken an die Opfer der Katastrophe und an eine Verkettung unglücklicher Umstände oder genauer an einen angeblich fehlerhaft konstruierten Heizlüfter, der am Anfang dieser Tragödie stehen soll.

Oder man macht das, was wir heute in der Dunkelkammer machen. Wir reden über den Justizskandal, der Kaprun leider auch war. 2004 wurden in einem Strafprozess in Salzburg alle 16 Angeklagten von jeder strafrechtlichen Verantwortung freigesprochen. Das Urteil wurde im Jahr darauf vom Oberlandesgericht Linz bestätigt. Jetzt war schon dieses Verfahren von zahlreichen Ungereimtheiten begleitet. Im Zentrum steht dabei der damalige Richter Manfred Seiss. Er ist mittlerweile verstorben und der Anschein seiner Befangenheit lastet bis heute schwer auf diesem Strafprozess.

Wenn wir heute von einem Skandalurteil reden, dann hat das nicht nur mit dem Verfahrensausgang an sich zu tun, sondern auch mit Erkenntnissen, die später gewonnen wurden, und zwar in Deutschland. Was in diesem Fall alles passiert ist und vor allem, was da nicht passiert ist, das bespreche ich heute mit Hannes Uhl. Er ist Journalist und Autor des Buches „155 Kriminalfall Kaprun“, das er 2014 gemeinsam mit dem deutschen Journalisten Hubertus Godeysen veröffentlicht hat. Unterstützt wurden die Autoren damals von der fallführenden Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Salzburg, die offenkundig an einer politisch beeinflussbaren Strafjustiz gescheitert war. Seid gespannt. Er sitzt mir gegenüber. Hallo Hannes Uhl, danke fürs Kommen.

Hannes Uhl
Danke, vielen Dank für die Einladung.

Michael Nikbakhsh
Hannes, es hat sich in der Dunkelkammer bewährt, dass ich meinen Gästen die Vorstellung selbst überlasse. Das können die besser als ich. Daher, wer ist Hannes Uhl und wie kam er mit dem Stoff Kaprun in Berührung?

Hannes Uhl
Ich bin in der Gegend von Kaprun aufgewachsen, ich komme aus Piesendorf, das ist der Nachbarort von Kaprun, bin 1992 fürs Studium nach Wien gegangen und lebe seither in Wien, hab Germanistik und Geschichte studiert, hab in den er Jahren den Profilredaktionslehrgang für Journalismus absolviert, da sind wir uns damals zum ersten Mal irgendwie über Weg gelaufen, zumindest vor langer, langer Zeit und war dann Journalist beim Kurier. Ich war eben Journalist, bin jetzt nicht mehr Journalist, sondern ich war beim Kurier von 2000 bis 2014 und in dieser Zeit habe ich auch glücklicherweise viel Recherchezeit verwenden können, um mich der Katastrophe in meinem Nachbarort widmen zu können.

Michael Nikbakhsh
Du bist dann auch in der politischen Kommunikation tätig gewesen, vorübergehend, oder? Bei der SPÖ.

Hannes Uhl
Genau, ich war dann von 2014 weg Kommunikationschef der Wiener SPÖ, das war der Wahlkampf 2015, dann bin ich in die Bundes SPÖ gewechselt, habe den Wahlkampf 2017 der einigermaßen turbulent war, mitgestalten dürfen sozusagen und heute bin ich Projektmanager bei den psychosozialen Diensten der Stadt Wien. Also eigentlich eine relativ klassische journalistische Karriere wie viele. Jedenfalls habe ich irgendwann einmal den Journalismus den Rücken gekehrt, wissen wir eh, weil die Branche seit Jahren schwer unter Druck steht.

Michael Nikbakhsh
Wem erzählst du das? Kaprun. Ich habe einleitend die Brandkatastrophe kurz angerissen. Jetzt sag nochmal, du hast dich mit dem Stoff – 2014 habt ihr dieses Buch veröffentlicht. Das hat natürlich eine Vorgeschichte. Wie ist es zu diesem Buch an sich gekommen, bevor wir über die Katastrophe sprechen?

Hannes Uhl
Die Beschäftigung mit der Katastrophe, also die war prinzipiell immer schon da und ein gewisses Unverständnis, so wie ganz Österreich ein Unverständnis gehabt hat angesichts dieses Urteils, aber niemand hat Näheres gewusst, also man hat es praktisch hinnehmen müssen. Und dann war ich 2009 auf Heimaturlaub in Piesendorf und in unserem Kramerladen habe ich mir gedacht, hey, ich kaufe mir jetzt die Zeit. Das war wirklich ein Zufall. Ich kaufe mir die Zeit, weil ich habe jetzt Zeit zum Lesen und ist ja ein tolles Medium. Und wie ich dann im Garten liege, traue ich meinen Augen nicht, weil da war eine ganze Seite drin von dem späteren Journalistenkollegen, mit dem ich das Buch dann geschrieben habe, von Hubertus Godeysen. Der hat zum ersten Mal, auch erst 2009 die ganzen Fakten mal wiedergegeben, die die deutschen Behörden ermittelt haben. Und es war für mich damals völlig neu. Also ich war dann echt baff. Und dann ging es gleich los, weil mein Vater hat eine Bekannte gehabt, deren Mann war bei den Gletscherbahnen beschäftigt und der war auch mit den technischen Feinheiten der Bahn befasst. Der war damals leider nicht mehr am Leben, aber seine Witwe war da sehr gut informiert. Die hatte auch schon viele Gutachten bei sich zu Hause, weil die teilweise auch Menschen, die mit der Causa beschäftigt waren, auch bei sich zu Hause beherbergt hat. Also ich war da gleich von Anfang an an einer guten Quelle und kann mich noch erinnern, wie ich noch an diese österreichischen Gutachten gelesen habe und mir gedacht wow, wie sehr kann man sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigen, wenn es eigentlich jetzt nur um eine, ein, zwei zentrale Fragen gegangen wäre.

Michael Nikbakhsh
Wir werden heute unter anderem noch erfahren, warum diese Zugsgarnitur kein Fahrzeug, sondern ein Fahrbetriebsmittel gewesen sein soll und warum das schlussendlich auch einen Unterschied gemacht hat. Das war nicht die einzige Merkwürdigkeit in diesem Verfahren, wo es viel um Begrifflichkeiten gegangen ist. Gehen wir zurück an den 11.11. Zum 11.11.2000 am Morgen um 9 Uhr besteigen 160 Menschen und eine Garnitur der Gletscherbahn in Kaprun die Kitzstein-Gams. Dieses Ding soll sich in Bewegung setzen Richtung Gipfel und kommt aber nicht weit. Was passiert dort?

Hannes Uhl
Ja, also die Abfahrt des Zuges war um 9 Uhr 2. Relativ, also alles relativ exakt nachvollziehen und es war wirklich ein Sekundenpech auch in dem Moment, weil dieser Heizlüfter hat ja nur Strom in der Berg- und in der Talstation. Und der Zug fährt in der Talstation los und wenige Sekunden davor muss es einfach dann die erste Flamme im Heizlüfter gegeben haben und der Zug ist dann schon brennend losgefahren. Das ist dann auch den Mitreisenden, den Fahrgästen dann auch, die ganz unten im Zug waren auch dann schon aufgefallen. Die haben dann noch schnell versucht mit dem Handy jemanden zu erreichen. In dem Moment ist der Zug aber dann schon in den Tunnel eingefahren und die Rettungsmöglichkeit war dann auch vorbei. Und dann ist der Zug mitten im Tunnel, also mitten noch, ich glaube, das habe ich jetzt nicht parat, aber noch ein paar hundert Meter im Tunnel stehen geblieben, weil ein Sicherheitsmechanismus gegriffen hat. Das Feuer im Heizlüfter hat die unmittelbar anliegenden Hydrauliköl-Messleitungen angegriffen und zerstört. Dann kam es zu einem unmittelbaren Abfall des Drucks im Hydrauliksystem, was dazu geführt hat, dass die Schienenbremsen automatisch gegriffen haben. Und nicht einmal der Fahrer, der Zugführer, der oben gesessen ist in der oberen Führerkabine, hat gewusst, was da jetzt passiert gerade. Das Ding ist einfach stehen geblieben.

Michael Nikbakhsh
Dazu muss man wissen, diese Garnitur hatte, wie auch die Zwillingsgarnitur, die oben in der Bergstation stand, keine Nothämmer, es gab kein Kommunikationssystem zum Fahrer, es gab keine Notmechanismen, um die Türen zu öffnen. Die Leute, die es rausgeschafft haben, 12 glaube ich waren es, die waren ganz unten bei dem unteren Fahrerstand, in dem der Heizlüfter Feuer gefangen hatte und die haben Scheiben eingeschlagen, um da rauszukommen. Die Rauchentwicklung muss binnen kürzester Zeit enorm gewesen sein. Und alle Menschen, die weiter oben waren und insbesondere auch die, die hinaufgeflüchtet sind, die haben es eben nicht überlebt.

Hannes Uhl
Ja, man muss dazu sagen, weil oft auch geschrieben steht, dass die 12, die überlebt hätten, die wären besonders gescheit gewesen und sind bergab gelaufen, weil sie sich dachten, Kamineffekt etc. Aber die haben dahingehend einfach ein Riesenglück gehabt. Also nicht nur unbändige Kraft aufgewendet, dass sie da überhaupt rauskommen durch dieses Doppelplexiglasfenster, sondern ihr Glück war, dass sie auf der Seite rausgefallen sind, wo das vorher noch nicht war, weil der Heizlüfter war auf der gegenüberliegenden Seite und wo die dann raus sind, wo einfach noch kein Feuer auf der anderen Seite. Und jetzt muss man sich vorstellen, wie die Menschen auf der anderen Seite dann bei den Ausgängen rausgekommen sind. Es war ja so, dass der Zugführer hat dann die Zentralstelle angefunkt hat gemeint, Was ist da los? Ich habe einen Notstopp, verstehe nicht warum. Oben haben sie es auch nicht verstanden, was los ist, woraufhin dann irgendwann einmal gesagt, Ich schau da jetzt einmal raus und hat dann die Tür geöffnet und schaut runter und sagt, da unten brennt‘s. Woraufhin der noch mit einem Schlüssel, weil die Türen haben auch nicht mehr funktioniert, der hat dann mit einem Notschlüssel dann die Türen geöffnet und zu diesem Zeitpunkt, wo dann die Türen für alle Fahrgäste aufgegangen sind, da ist unten war schon Inferno, weil ja das Hydrauliköl, das hochbrennbar war, das im Flugverkehr im Übrigen verboten war, weil es eben so hoch brennbar ist. Das Hydrauliköl ist unter 160 bar Druck ausgeströmt aus den Leitungen und es war quasi wie ein Flammenwerfer. Also das war muss innerhalb kürzester Zeit muss es im unteren Bereich des Zuges massiv gebrannt haben. Und wie die Menschen dann endlich raus konnten aus ihrer misslichen Lage, war unten einfach schon Vollbrand. Also die konnten auch nicht mehr, also geschweige denn, dass das Massenpanik ist und du bist da sowas im Gedränge und kommst nicht mehr aus. Aber da konnte auch niemand nach unten laufen.

Michael Nikbakhsh
Dieser Tunnel hatte eine schmale Treppe, die gar nicht für die Evakuierung, glaube ich von so vielen Menschen auf einmal gedacht war. Es war auch unbeleuchtet sowieso. Es gab auch, glaube ich keine Notsignale in diesem Tunnel. Der war also gar nicht eigentlich ausgelegt, wie man sich einen normalen Tunnel vorstellt heutzutage.

Hannes Uhl
Das liegt daran, weil diese Standseilbahn entwickelt worden ist in den 70er Jahren und man davon ausgegangen ist, das ist im Prinzip das gleiche Sicherheitskonzept wie eine Seilbahn in der Luft. Technisch ist ja jetzt nicht viel anders, aber doch auch. Aber es gab kein Bergungskonzept und kein Rettungskonzept für den Fall während der Fahrt, sondern es hat das gleiche gelten wie für eine normale Seilbahn, wenn es irgendein Problem gibt, fahrt sie in die Bergstation oder fahrt sie in die Talstation. Das war natürlich im Nachhinein ist man immer gescheiter, aber das war natürlich ein massiver Denkfehler, weil in dem Fall bist ja nicht mehr weitergekommen mit der Bahn und es war massive Not.

Michael Nikbakhsh
An diesem Tag waren dann schlussendlich 155 Tote zu beklagen, 150 direkt in dieser Garnitur waren und 5 die quasi im gegenkommenden Zug oben waren bzw. auf der Bergstation.

Hannes Uhl
Es waren im Gegenzug zwei Todesopfer zu beklagen, der Zugführer plus ein bedauerlicher Skifahrer, der einfach seine Skibrille vergessen gehabt hat. Und es kam zusätzlich auch noch zu drei Todesopfern im Alpin Center oben, weil die Rauchsäule ist da hochgeschossen mit einer Massivität. Und in der Panik haben dann auch Mitarbeiter der Gletscherbahnen dann oben aber auch die Brandschutztüre geöffnet und nicht wieder geschlossen. Das war auch Thema im Prozess, wie so viele Stränge im Prozess verhandelt worden sind. Das hat den Prozess so schwierig gemacht. Aber jetzt komme ich nochmal wieder zurück zum Alpin Center. Das ist damals quasi am letzten Drücker fertig geworden. Es wurde frisch renoviert. Darum gibt es auch die Annahme, dass möglicherweise der Zug vorher auch im Einsatz war für die Baustelle da oben. Aber das ist eine reine Spekulation und eine Annahme, das wissen wir nicht. Fakt ist aber, dass man bei dieser furchtbaren Katastrophe auch davon sprechen kann, dass es noch viel, viel, viel schlimmer hätte sein können. Man stelle sich vor, das Ganze wäre zur Mittagszeit passiert, der Rauch wäre genauso ins Alpincenter geschossen, wie er de facto geschossen ist. Dann sitzen in diesem Alpin Center, ich kenne jetzt die Zahlen nicht genau, aber hunderte bis tausend Menschen, die da gerade ihr Mittagessen zu sich nehmen. Das ist zumindest aufgrund des frühen Zeitpunktes der Katastrophe nicht eingetreten.

Michael Nikbakhsh
Die Bilder gingen um die Welt von dem ausgebrannten Zug, die Rauchschwaden, die oben aus dem Alpincenter schlagen. Ich kenne fast niemanden, der nicht einmal mit diesen Garnituren gefahren wäre, mich eingeschlossen. Also ich komme zwar aus dem Osten des Landes, aber wir alle sind irgendwie mal da dringestanden. Und das machte die ganze Sache noch viel, viel beklemmender, wenn man sich vorstellt, dass es eigentlich jedem passieren hätte können, weil dieser Heizlüfter, um den es da jetzt schon ging, ich habe ihn auch in der Einleitung erwähnt, der hat eine ganz merkwürdige Geschichte als Verantwortlicher, als Alleinverantwortlicher des Desasters. Wir werden heute noch herausarbeiten, warum das so nicht gewesen sein kann. Also sprich, warum ein angeblich fehlerhaft konstruierter Heizlüfter die Katastrophe so nicht verursacht haben kann, weil, und das schicke ich jetzt voraus, es mittlerweile sehr deutliche und klare Hinweise darauf gibt, dass dieser Heizlüfter eben nicht fehlerhaft konstruiert war, sondern dass anderes dafür verantwortlich war, dass der seinen Dienst schlussendlich versagt hat. Es gab ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Salzburg, das dann schlussendlich auch zu einem aufsehenerregenden Prozess geführt hat, der, wir haben es bereits erwähnt, 2004 mit Freisprüchen endete, die dann auch rechtskräftig wurden. Du hast dich in deinem Buch gemeinsam mit dem Kollegen Godeysen mit diesem Prozess beschäftigt. Erzähl mal ein bisschen was darüber.

Hannes Uhl
Über den Prozess kann ich gar nicht so viel erzählen, weil ich war keinen einzigen Tag dabei und teile dieses Schicksal wahrscheinlich mit vielen Journalisten und Journalistinnen dieses Landes, weil das meiner These nach schon ein gewichtiger Faktor war, dass zu einem gewissen Zeitpunkt im Prozess die Beteiligten den Überblick verloren haben. Und dazu zählen aber auch alle Journalistinnen und Journalisten, die dort sporadisch vielleicht einmal dabei waren, dann wieder wochenlang nicht. Also es hat sich wirklich niemand mehr ausgekannt.

Michael Nikbakhsh
Er hat sich über 62 Verhandlungstage, glaube ich, gezogen. Es war auch eingedenk der Menge des Geschehenen wahrscheinlich nicht für alle ganz einfach, da den Überblick zu behalten. Und erfahrungsgemäß ist es ja dann so, du bist anfangs dort, ich war selber übrigens auch nicht dabei, du bist anfangs dort und verlierst es aus den Augen und zur Urteilsverkündung bist wieder dabei. Das war in dem Fall möglicherweise ein Fehler.

Hannes Uhl
Ja, definitiv. Wobei, ja gut, wer kann schon 62 Tage oder welche Redaktion kann 62 Tage schon erübrigen für diesen Prozess? Aber es wäre natürlich gescheit gewesen, um den Überblick zu behalten. Ich habe das jetzt auch nachgelesen in Vorbereitung auf das Gespräch und der Prozess war ursprünglich anberaumt für ein paar Monate. Also der hat vor dem Sommer gestartet, dann hat der Richter Seiss gemeint, es wird eine Sommerpause auch geben, aber für den Herbst ist dann das Urteil geplant und es kam dann anders.

Michael Nikbakhsh
Eine zentrale Rolle in dieser Geschichte spielte ein Gutachter, ein vom Gericht gestellter Gutachter namens Anton Muhr. Er ist mittlerweile verstorben, soweit ich weiß, und man kann das auch nachlesen. Dieser Prozess hat den Herrn Muhr offenbar gebrochen. Er musste aus dem Prozess während des Prozesses ausscheiden. Er hat da einiges erdulden müssen. Jetzt muss man dazu sagen, wenn ich sage, er hat einiges erdulden müssen, er ist mit einer durchaus selbstbewussten, harten Verteidigungslinie konfrontiert gewesen. Das ist das Recht aller Verteidiger im Namen von Angeklagten die Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu gehört auch, dass man unfreundlich angefasst wird als Sachverständiger. Das war aber, wenn ich es richtig überblicke, für den Gutachter im Verfahren nur eine leidvolle Fortsetzung von Erfahrungen, die er schon lange vor dem Prozess gemacht hatte, nämlich schon anlässlich der Erhebungen, mit denen er beauftragt war. Versuchen wir mal durchzugehen, welche Hürden sich vor dem Gutachter aufgebaut haben und was dann aus ihm wurde.

Hannes Uhl
Ja, das ging ja schon in den Tagen nach der Katastrophe los, dass der Gutachter keinen leichten Job hatte bzw. schlichtweg schikaniert worden ist, nämlich von den Ermittlern des Innenministeriums. Im Fall einer solchen Katastrophe rücken, ich sage jetzt einmal die Elite der Brandermittler Österreichs rücken dort an, zu Recht. Und die waren, am 11. November war die Katastrophe, am 12. November waren die als erste Ermittler am Tatort an der Brandstelle und ihnen war offensichtlich klar, jetzt muss man dazu erklären, es gab ja diesen Gegenzug, das ist ja eine Pendelbahn gewesen und ein Zug ist komplett verbrannt, aber der zweite Zug, wo auch zwei Todesopfer drinnen waren, der war komplett erhalten. Und nachdem die beiden Züge baugleich ausgeführt gewesen sind, haben wir anhand dieser Garnitur dann relativ schnell nachvollziehen können, was da möglicherweise passiert ist. Also man hat ja gewusst von den Zeugenaussagen her, wo der Brandherd entstanden ist und die Ermittler der Kriminaltechnischen Zentralstelle aus Wien, also heute ist das Kriminaltechnische Institut im Bundeskriminalamt, die haben dann die Führerkabine ausführlich dokumentiert, fotografisch festgehalten, haben den Heizlüfter ausführlich fotografisch festgehalten und haben dann auch gleich am 12. November, am Tag nach der Katastrophe, diesen Heizlüfter, also das wichtigste Beweismittel, wie sich dann später herausgestellt hat, haben sie dann ausgebaut.

Michael Nikbakhsh
Einen oder zwei? Es hatte jede Garnitur zwei Lüfter, einen in jedem Führerstand. Im Gegenzug wurde einer eigentlich ausgebaut oder beide?

Hannes Uhl
Einer, weil das war der einzige, der relevant war für die Ursachenermittlung, weil der andere war nicht brandauslösend, der war ja in der Bergkabine und auslösend war ja der Heizlüfter in der Talkabine. Und da komme ich jetzt gleich zu auch einem tragischen Sidestep, weil oben in der Bergkabine in beiden Zügen waren keine Heizlüfter mehr in dieser desaströsen Art verbaut, wie es unten der Fall war. Der Zug ist 1994 von Grund auf renoviert worden und neu, im Prinzip neu gebaut worden. 1994 ist dieser Pfusch passiert. Im Jahr 2000 hat man dann, im Sommer 2004 neue Heizlüfter beschafft, weil offensichtlich oben zwei Heizlüfter schon kaputt waren oder zumindest einer, weiß ich jetzt nicht, aber sie waren jedenfalls Heizlüfter bereits defekt nach sechs Jahren. Und sie haben dann, und das ist wirklich tragisch, sie haben dann oben in beiden Zügen die Heizlüfter getauscht. Und was sie sich bei den unteren Heizlüftern gedacht haben, weiß ich nicht, weil fahren wir so lange, bis er hin ist. Anders kann ich es mir nicht erklären. Sie hätten schon neue Heizlüfter eingekauft gehabt, haben aber nicht alle vier Heizlüfter getauscht.

Michael Nikbakhsh
Echter Kostenfaktor kann es nicht gewesen sein. Wir reden von, soweit ich das beurteilen kann, vollkommen banalen Haushaltsheizlüftern für Wohnzimmer, Bad und WC. Also nichts besonders Aufwendiges eigentlich und technisch auch nicht besonders Komplexes. Im Gegenteil, die waren leicht auseinanderzuschrauben und darum geht es ja dann im weiteren Verlauf unserer Geschichte heute auch noch. Okay, also dieser Heizlüfter, der einzige, der dann noch vorhanden war, weil die Garnitur der Kitzstein Gams war ja vollkommen zerstört, also nichts übrig geblieben. Der wurde also abtransportiert und kriminaltechnisch untersucht.

Hannes Uhl
Hätte man gerne gehabt, oder würde ich mir wünschen oder würde man erwarten. Es war dann so, dass die Ermittler aus dem Innenministerium, die waren dann weiterhin vor Ort, wäre ja auch gescheit so, prinzipiell. Und man würde da ja auch ein gewisses Vertrauen reinsetzen, wenn man sagt, das sind wirklich die Besten und die machen dort sicher einen tollen Job. Die haben aber den Heizlüfter auch nicht gescheit, wie sagt man, gesichert dahingehend. Der kehrt ja zumindest einmal in der Plastiksackerl, sage ich als Laie oder als Krimischauer.

Michael Nikbakhsh
Ja, es gibt tatsächlich solche Sackerl bei der Polizei, das weiß ich mittlerweile aus eigenen Recherchen.

Hannes Uhl
Es gibt sie und könnte man glauben, dass das sozusagen Standard Procedure wäre, war es in Kaprun aber nicht, sondern die haben halt den Heizlüfter noch irgendwo in einen Kofferraum verraumt, wo er dann einmal eine Zeit lang gelegen ist. Und dann ist er am 14. November, also drei Tage nach der Katastrophe, ist der Heizlüfter nach Wien verbracht worden ins Labor. Dort ist er noch einmal dokumentiert worden. Jetzt muss ich nochmal zurückkommen zum armen Gutachter Muhr. Damals gab es noch eine Untersuchungsrichterin im ganzen Prozedere gibt es ja heute nicht mehr. Und die Untersuchungsrichterin hat angeordnet, gemeinsam mit der Staatsanwältin, wir können in dieser heiklen Causa mit so vielen Todesopfern nicht das Innenministerium ermitteln lassen, wenn voraussichtlich Beamte des Verkehrsministeriums angeklagt werden können. Genauso ist es dann auch passiert. Es waren auch Beamte des Verkehrsministeriums, waren dann auch auf der Anklagebank und drum war die Order von der Untersuchungsrichterin von Tag 1 an klar und die Untersuchungsrichterin ist die Herrin des Verfahrens. Also was die sagt, ist Gesetz, daran haben sich alle zu halten. Die Order der Untersuchungsrichterin war, liebe Kollegen des KTZ, der Kriminaltechnischen Zentralstelle, ihr werdet nicht die Hauptgutachter, sondern ihr müsst dem Gutachter Muhr zuarbeiten. Und die waren dann offensichtlich angefressen, beleidigt, weiß man nicht, sie haben ihm nicht zugearbeitet.

Michael Nikbakhsh
Er hat lange warten müssen, bis er diesen Heizlüfter selber überhaupt erst bekommen hat.

Hannes Uhl
Ja. Der Heizlüfter, es hat über vier Monate gedauert, bis der Hauptgutachter Toni Muhr den Heizlüfter ausgehändigt bekommen hat. Man muss sich vorstellen, dass die Untersuchungsrichterin und die Staatsanwältin laufend Druck ausgeübt haben und laufend gesagt haben, rückt die Beweismittel raus, es gibt den Hauptgutachter Muhr, der ist zuständig, der muss ermitteln können. Und zuständig für die Herausgabe dieses Beweismittels wäre damals aus meiner Sicht gewesen der Chefermittler und das war der Franz Lang.

Michael Nikbakhsh
Später Direktor des Bundeskriminalamts und dann Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit.

Hannes Uhl
Ja, weil ich hab lange gedacht, dass der Heizlüfter in Wien gut abgelegen worden ist, aber nein, aus dem Innenministerium wurde der Heizlüfter dann Anfang Dezember, genau, ich glaube am 5. Dezember oder jedenfalls Anfang Dezember wurde der Heizlüfter nach Salzburg geliefert. Also man hat die Untersuchungsrichterin nicht davon in Kenntnis gesetzt, aber man hat ihn einmal nach Salzburg ins Landeskriminalamt geschickt. Damaliger Leiter des Landeskriminalamtes Salzburg, Franz Lang, Chefermittler in Kaprun, Franz Lang. Und der Franz Lang war immer im Austausch mit der Staatsanwältin, immer logisch als Chefermittler, immer im Austausch mit der Untersuchungsrichterin. Er hat gewusst, was Sache ist. Er hat gewusst, dass der Heizlüfter an den Toni Muhr gehen muss. Und der Franz Lang, kann man nicht anders formulieren, hat diesen Heizlüfter weitere drei Monate zurückgehalten, hat ihn nicht an den Gutachter ausgeliefert. Ich wüsste nicht, wen ich sonst dafür verantwortlich machen soll, außer den Chefermittler und außer den Leiter des damaligen Landeskriminalamtes.

Michael Nikbakhsh
Der Gutachter Muhr hat den Heizlüfter schlussendlich bekommen. Er hat dann ein Gutachten verfasst, das vor Gericht zunächst Relevanz hatte, dann gar keine mehr, weil sowohl das Gutachten als auch er aus dem Verfahren mehr oder weniger ausgeschieden wurden. Was hat denn Muhr festgestellt bei seinen Untersuchungen?

Hannes Uhl
Muhr war in seinem Gutachten glasklar. Er hat sich die Einbausituation des Heizlüfters angeschaut und hat das festgestellt, was Jahre später dann die deutschen Ermittler auch festgestellt haben. Die Einbausituation war katastrophal. Muhr hat es auch dezidiert genannt, es war eine tickende Zeitbombe, die da gebaut worden ist. Also der Zug konnte nur irgendwann hochgehen oder es wäre sonst voll was kaputt waren. Aber in dem Fall war es eine tickende Zeitbombe, weil ja nicht nur der Heizlüfter zerlegt worden ist, sondern weil unmittelbar dahinter auch die Hydraulikölleitungen verlegt worden sind, nämlich maßgeschneidert angelegt an diesen Heizlüfter. Und zusätzlich auch noch haben wir die gesamte Apparatur mit Holz abgedichtet und verbaut und mit Dämmwolle die Ritzen ausgestopft, dass der Heizlüfter gar nicht mehr atmen konnte. Also der hat ja gar keine Luft mehr gehabt zum Ansaugen.

Michael Nikbakhsh
Diese Zugsgarnituren waren zugig, also es war einfach kalt. Weshalb diese Heizlüfter offenbar ursprünglich beim Bau nicht berücksichtigt war, scheint mir nicht draufgekommen zu sein, dass man den Fahrern ein bisschen quasi mehr Gemütlichkeit verschafft. Die wurden also nachträglich offenbar eingebaut und man hat aus dem Handel aus dem Baumarkt quasi vier Heizlüfter beschafft. Die, so soll es auch auf den Verpackungen deutlich beschrieben gewesen sein, nicht für den Einbau in Fahrzeugen vorgesehen waren, sondern eben für daheim, jedenfalls nicht in ruckelnde Zugsgarnituren, Standseilbahn, die auf Rädern unterwegs war oder? Die wurden da aber eben eingebaut und es wurde also mit Dämmwolle noch rundherum und mit Holz, also wurden die quasi, sie wurden in Holzkonsolen eingebaut, wobei man sie vorher eben, und das ist jetzt ganz entscheidend, zerlegt hat und wieder zusammengeschraubt hat, quasi an den Zug angeschraubt hat.

Hannes Uhl
Genau, also es war so, dass es war ja eine Firma in Oberösterreich im Traunviertel zuständig für die Ausführung des Oberbaus. In Kaprun selber ist quasi der Unterbau des Chassis erneuert worden und der Oberbau, das war damals die Firma Swoboda, die war dafür zuständig. Und die Gletscherbahnen Carbon haben bei der Firma Swoboda einen Heizlüfter bestellt, für den gleichen wie bei der Festungsbahn Salzburg. Und bei der Festungsbahn Salzburg ist ein Heizlüfter eingebaut, der ist feuerfest, der ist aus Metall, kann nichts sein. Dann haben aber die haben die in Oberösterreich dann diesen Heizlüfter, den sie haben wollten, nicht bekommen und haben dann den nächstbesten, den sie kriegen konnten, genommen. Und das war noch an dieser Fakir Hobby TLB Heizlüfter, wo auf der Verpackung draufsteht, nur für Bad und WC und für Wohnraum, der ja logischerweise nicht für Transportmittel auch jemals konstruiert worden ist. Also da geht es ja schon einmal los. Also wie kann man den Heizlüfter die Schuld geben? Der hätte einen Konstruktions- und Produktionsfehler gehabt, wie es ja im Urteil dann heißt, wenn man ein Produkt genommen hat, das ja für den statischen Gebrauch konstruiert worden ist. Ich habe mir das einmal ausgerechnet, eine Fahrt in diesem Tunnel mit diesem Zug hat damals in etwa acht Minuten gedauert, ein bisschen mehr. Und das heißt, dieser Heizlüfter ist einfach täglich sieben Tage die Woche rund 40-mal von 900 Höhenmeter durch einen nasskalten Tunnel auf 2450 Höhenmeter rauf und runter gefahren. Und natürlich gibt es da Erschütterungen, das ist ja keine Magnetschwebebahn und das hat man diesem Heizlüfter zugemutet, diesem Haushaltsheizlüfter und hat dann trotzdem im Urteil gemeint, alles irrelevant, weil da irgendwo hakt es dann doch in der Konstruktion dieses Heizlüfters.

Michael Nikbakhsh
Das Gutachten von Gutachter Muhr hat also einige dieser 16 Angeklagten jetzt wahrscheinlich nicht allzu gut ausschauen lassen, weil ihnen daraus Verantwortung erwachsen wäre, weil irgendwer muss den ja zerlegt und neu eingebaut haben. Und das unter Missachtung eben der Vorgabe, dass dieses Ding für daheim gemacht ist und nicht für ein Beförderungsmittel gedacht ist. Dieses Gutachten hatte dann bei der Urteilsfindung keine Relevanz mehr, weil sowohl das Gutachten, ich habe es eh schon gesagt, als auch der Gutachter den Prozess nicht überdauert haben. Was ist da passiert?

Hannes Uhl
Ja, es war offensichtlich… Also wie das Gutachten dann da war, war für die Verteidigung klar, wir haben ein Riesenproblem, weil mit dem Gutachten haben wir keine Chance und jetzt ist da ja niemandem aus der Verteidigerriege irgendwas vorzuwerfen, außer dass sie einen herausragenden Job gemacht haben. Die haben dann von Anbeginn an sich auf den Gutachter eingeschossen, befangen jetzt Anträge noch und nöcher und haben den Gutachter einfach wahnsinnig unter Druck gesetzt. Und der Toni Muhr eben kennengelernt vor Jahren, ist wirklich ein lässiger, gemütlicher, einfach gestrickter Kerl gewesen, sehr sympathisch und mit hervorragenden Kenntnissen. Der hat damals den Tauerntunnelbrand ermittelt und ist aufgrund dieser Erfahrung dann für Kaprun ausgewählt worden, aber für diesen Prozess, wo er wirklich gezielt angegriffen, attackiert worden ist, gemobbt worden ist und das in einer Tour. Diesem Druck hat er irgendwann nicht mehr standhalten können und ist dann letztlich krankheitsbedingt mit einer Depression aus dem Prozess ausgeschieden, wo man ja immer noch sagen könnte, da gibt es jetzt neue Gutachter und die bauen auf diesem Gutachten auf. Aber mit dem Ausscheiden von Toni Muhr hat sich der Prozess radikal verändert.

Michael Nikbakhsh
Also wurden neue Gutachter bestellt, diesmal gleich mehrere und die kamen, die hatten unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Details zu bearbeiten. Die kamen aber alle letztlich zu einer zentralen Schlussfolgerung und die war jetzt nicht die von Gutachter Muhr, sondern?

Hannes Uhl
Genau, plötzlich war alles eitel Wonne. Alles, was in Kaprun gebaut gemacht worden ist, war alles okay. Es wurde alles gerechtfertigt. Und das Verblüffende ist ja auch, dass die Gutachter dann plötzlich alle auch mit einer Stimme gesprochen haben. Also da hat es ja niemanden mehr gegeben, der irgendwelche Zweifel daran geäußert hätte, sondern die waren sich einig, die Einbausituation unproblematisch. Das Hydraulikölsystem, ich bin jetzt kein Techniker, aber jeder Techniker, der sich mit Hydraulikölsystemen auskennt, erklärt mir, es gibt kein System unter 160 bar Druck, das dicht ist. Das gibt es einfach nicht. In Kaprun war das Hydraulikölsystem dicht. Da gibt es einen Professor, der ist heute noch tätig an der Fach FH Johanneum in Graz, der ist heute noch tätig als beeideter Sachverständiger. Der hat ein mega Gutachten geschrieben über das Hydraulikölsystem mit 130 Seiten, wovon der Großteil Nebensächlichkeiten betrifft. Aber der hat nachgewiesen, unter Anführungszeichen, dass das Hydraulikölsystem in Karbon komplett dicht war. Und dabei haben wir glücklicherweise die Fotos der Brandermittler der ersten Stunde, die gibt es auch. Ich betreibe seit Jahren auch eine kleine Homepage, wo man die Fotos auch anschauen kann. Das ist ein 155.a5. Und wenn man sich die Fotos anschaut, klar sind das nur Fotos und man hat jetzt keine chemische Analyse. Aber was da rund um den Heizlüfter alles an roten Benetzungen vorhanden ist. Ich wüsste nicht, was es sonst sein soll, außer das Hydrauliköl, das in diesem Zug rot gewesen ist.

Michael Nikbakhsh
Wir reden von Fotos des Heizlüfters, der im anderen Zug, der in der Bergstation stand, ausgebaut wurde. Die roten Ablagerungen hat aber, glaube ich, der Richter auf Grundlage der Gutachten als Kondenswasser bezeichnet.

Hannes Uhl
Richtig. Es gibt auch ein Foto von den Brandermittlern, wo man den Heizlüfter von hinten sieht und oben rechts an einer Schraube hängt sogar ein roter Tropfen. Und all diese Dinge muss man auch einmal schaffen, weil es gibt ja auch Fotos vom Heizlüfter, wo du siehst, da ist drinnen rötlich, da drinnen ist eine Ansammlung von ölverschmierter Dämmwolle. Das ist aber auch das Gemisch, was der Heizlüfter über Jahre eingesaugt hat. Das ist auch genau das, was der Toni Muhr auch festgestellt hat, dass der Heizlüfter über Jahre dieses Gemisch aus Öl und Dämmwolle eingesaugt hat. Und das siehst du ja augenscheinlich auch auf den Fotos. Es ist drinnen, ist im Heizlüfter. Aber für die Gutachter und für den Richter waren das Reflexionen, Kondenswasser, weil die Jacken der Ermittler waren rot und solche Dinge. Darüber hinaus ist auch zu erwähnen, dass der Richter Untersuchungen des Heizlüfters nach Hydrauliköl explizit untersagt hat. Und da frage ich mich ja okay, danke, warum? Ich gehe fix davon aus, dass die Ermittler des Innenministeriums in diesen drei Tagen, wo sie in Wien den Heizlüfter bei sich hatten, dass sie den dort nicht nur fotografiert haben nochmalig, sondern dass sie den dort auch eingehend untersucht haben. Also ich würde davon ausgehen oder würde es glauben oder hoffen, weil das sind tolle Ermittler, dass die auch geschaut haben, ist da jetzt ein Öl drin? Also dass sie das chemisch untersucht haben. Aber in den Aussagen vor Gericht haben die Brandermittler des Innenministeriums alle uno sono gesagt, nein, so auf Öl hätten sie eigentlich nicht wirklich geachtet.

Michael Nikbakhsh
Darf ich nochmal die Arbeit des Gutachters Anton Muhr versuchen zusammenzufassen? Also er ist seiner Auffassung nach ist Hydrauliköl aus leckenden Leitungen auf einen unsachgemäßen Heizlüfter getropft, 600 Grad heiß und hat dann schlussendlich, als es dann quasi eingedrungen ist, irgendwann mal eben Feuer gefangen. Stimmt nicht, haben alle anderen Gutachtenden oder Gutachter, die sich damit befasst haben, gesagt, es ist ein Konstruktionsfehler des Heizlüfters gewesen, der dazu geführt hat, dass der Heizlüfter Feuer gefangen hat. Also nicht das Öl hat den Heizlüfter in Brand gesetzt, sondern der Heizlüfter hat sich selber in Brand gesetzt. Kann man das so sagen?

Hannes Uhl
Ja, richtig, richtig. Im Urteil wird immer wieder argumentiert, dass alle Beteiligten am Bau Beteiligten davon ausgehen mussten, dass dieser Heizlüfter eigensicher ist. Also du kaufst diesen Heizlüfter und im guten Vertrauen an die Hersteller gehst du davon aus, dass der von selber aus nichts zum brennen anfängt. Was die Gutachter, aber jetzt sozusagen die neuen Gutachter dann argumentiert haben war, dieser Heizlüfter hatte einen Konstruktions- und Produktionsfehler. Da muss ich jetzt juristisch werden, weil da gibt es auch einen bestimmten Grund dafür, warum man genau sozusagen diesen Heizlüfter nach- und auserkoren hat, nämlich nicht in der Einbausituation, sondern per se, weil das sogenannte Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, die auch für die Gletscherbahn Kaprun gilt, die sieht in §9 eben den Ausschluss einer Ersatzpflicht, also Haftungsbefreiung vor, wenn der Unfall durch ein sogenanntes unabwendbares Ereignis verursacht worden wäre. Das wäre zum Beispiel, wenn der Meteorit auf die Bahn gekracht wäre.

Michael Nikbakhsh
Oder eine Mure, eine nicht vorhersehbare Mure, zum Beispiel einen Zug verschüttet.

Hannes Uhl
Oder ein Tier auf den Gleisen. Und dann heißt, in Absatz 2, §9 als unabwendbar gilt. Ein Ereignis, insbesondere dann, wenn es auf das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten zurückzuführen ist. Und das war sozusagen der Königsweg für Kaprun, dieser Absatz 2, dass man sagt, also ich kann das nur mutmaßen, aber dass man irgendwann draufgekommen ist, hoppala, das ist eigentlich ein wunderbares Exit Szenario für alle.

Michael Nikbakhsh
Diese Heizlüfter von Fakir, der Firma hat dieses Verfahren auch nicht gut bekommen, dazu kommen wir noch, war nicht zum Einbau in Standseilbahnen geeignet, weil Standseilbahnen keine Wohnzimmer, keine Badezimmer, keine Wohnräumlichkeiten sind. Das stand auf der Verpackung drauf, es stand auch auf der Bedienungsanleitung drauf. Aber wunder wunder, die Bedienungsanleitungen lagen niemandem vor. Stimmt das?

Hannes Uhl
Das waren die Aussagen im Prozess. Da muss man ja dazu sagen, und da komme ich jetzt zum Richter Manfred Seiss, der ja ein Einzelrichter war in Kaprun in dem Prozess. Es obliegt dem Richter, die Beweiswürdigung vorzunehmen. Es ist nicht so, dass der Richter den Gutachtern zuhört und aha, okay, danke, jetzt habe ich es endlich verstanden. So hat er es im Nachhinein ja auch dargestellt. Der hat immer gesagt, technisch kennt er sich nicht aus, aber es läge am Richter oder es wäre am Richter gelegen, die Beweiswürdigung vorzunehmen und zu sagen, klingt plausibel oder klingt nicht plausibel. In Sachen Kaprun war alles plausibel. Es waren ja eine Menge Angeklagte, es waren ja 16 Angeklagte, die haben alle Top Verteidiger gehabt. Demgegenüber saß eine einzelne Staatsanwältin allein auf weiter Flur, mehr oder weniger. Also da scheinbar ein massives Ungleichgewicht. Aber der Richter hat alles, was ihm aufgetischt worden ist, akzeptiert bis dahin. Also es gibt das Zitat von der Staatsanwältin, das hat sie mir mal gesagt, wenn du die Gutachter damals im Prozess gefragt hättest, ob die Salzach bergab fließt, hätten sie gesagt, prinzipiell ja in Kaprun, aber nicht.

Michael Nikbakhsh
2004 das Urteil erster 16 Angeklagte, 16 Freisprüche. Die Staatsanwältin, sie sei sie auch genannt, Eva Danninger Sojat, hat das nicht auf sich sitzen lassen wollen, hat Rechtsmittel ergriffen und das wurde dann vom Oberlandesgericht 2005 wurden die Freisprüche bestätigt. Prinzipiell heißt das einmal causa finita und eigentlich wäre die Geschichte an dem Punkt bei aller Empörung, aller Enttäuschung vieler Hinterbliebener erledigt gewesen. Was soll man da einem rechtskräftigen Urteil noch nachschießen? Dann ist aber was passiert, das den Fall nach Deutschland transferiert hat und das deutsche Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn hat dann tatsächlich vieles verändert, auch wenn wir heute immer noch an den Punkt sind, dass wir über 16 rechtskräftige Freisprüche sprechen. In der Sache selber hat dieses Verfahren in Deutschland vieles bewegt, weil sich am Ende dieses Ermittlungsverfahrens herausstellte, der Heizlüfter hatte keinen Konstruktionsfehler. Wie hat das begonnen?

Hannes Uhl
Ja, der Akt, also die Gletscherbahnen Kaprun haben den Heizlüfterhersteller angezeigt.

Michael Nikbakhsh
Was sie nicht gemusst hätten eigentlich weißt du, warum sie das gemacht haben?

Hannes Uhl
Es ist mir rätselhaft. Es ist mir rätselhaft, aber es war natürlich ein massiver Schuss ins Knie. Der Akt ging nach Deutschland und bevor ich es vergiss zu erwähnen, wir haben schon ein Beweismittel gehabt mit dem Heizlüfter, das über Monate verschollen war. Es gibt noch eine andere Geschichte, die auch wirklich in meinen Augen schockierend ist, nämlich den Ermittlern in Heilbronn wurden auch nicht alle Beweismittel übermittelt oder nicht vollständig.

Michael Nikbakhsh
Also man hat die Nummer, die man mit dem Muhr gemacht hat, offensichtlich ein zweites Mal gemach, also Beweismittel-

Hannes Uhl
Ja, diesmal nur nicht von Seiten der Ermittler, sondern diesmal von Seiten, ganz offensichtlich von Seiten der Justiz, weil die Ermittler in Heilbronn haben den Heizlüfter, das Corpus Delicti ausgehändigt bekommen. Aber und das ist für mich wirklich unvorstellbar, exakt der Teil aus dem Heizlüfter, wo der Heizstein aufgehängt gewesen ist und wo es im Prozess geheißen hat, da liegt der Konstruktions- und Produktionsfehler. Dieser Teil des Heizlüfters wurde herausgetrennt und es kann nur jemand aus der Justiz gemacht haben, der Zugriff hat in die Asservatenkammer. Wer soll das sonst machen? Weiß ich nicht. Aber jedenfalls exakt der Teil des Heizlüfters, der als Nachweis gegolten hätte für den Konstruktions- und Produktionsfehler, wurde den Ermittlern in Heilbronn nicht übergeben.

Michael Nikbakhsh
Willst damit sagen Die Ermittler in Heilbronn in Deutschland haben ein manipuliertes Beweismittel zur Auswertung bekommen?

Hannes Uhl
Richtig. Sie hatten natürlich andere Heizlüfter der gleichen Bauart und haben dann diese Heizlüfter untersucht. Sie haben auch den Heizlüfter, den sie von der österreichischen Justiz übermittelt bekommen haben, auch auf Öl hin untersucht und haben sechs Jahre später immer noch wenig überraschend Öl im Heizlüfter festgestellt, was ja im österreichischen Prozess ja nicht mal möglich war zu ermitteln.

Und ich musste jetzt einen kurzen Sidestep machen zu einem Gutachter, der letztlich dann das entscheidende Gutachten in Kaprun geschrieben hat. Es waren ja dann mehrere Gutachter im Werk unter der Federführung eines Gutachters. Der hat immer schön geschaut, dass er das alles schön zusammenhält, dass alle sozusagen das so machen, wie er sich das unterschiedliche Male vorstellt. Und der eine Gutachter, der den Heizlüfter untersucht hat und der die Beschädigung am sogenannten Befestigungsdom festgestellt hat, dem wurde ein Heizlüfter übergeben. Der war beschädigt, da war der Befestigungsdom ausgerissen und der wusste das aber nicht, Das wurde ihm nicht mitgeteilt. Der hat ein Beweismittel gekriegt und hat auf Basis dieses Beweismittels angenommen, aha, da ist ja der Befestigungsdom ausgerissen, da muss irgendwas kaputt an der Konstruktion. Zusätzlich ist diesem Gutachter zu sagen, dass er schwer sehbehindert war, damals schon, und dass er kein Sachverständiger für Kunststofffragen jemals gewesen ist. Das stellen alles die Ermittler in Heilbronn fest, weil die haben die Gutachter befragt. Der war kein Sachverständiger für Kunststofffragen, sondern für geologische Fragen. Also wie man den als Gutachter für den Heizlüfter nehmen konnte, ist das nächste Rätsel.

Michael Nikbakhsh
Moment, dass ich das jetzt richtig verstehe. Einer der zentralen Gutachter im Salzburger Verfahren hat nicht gut gesehen?

Hannes Uhl
Richtig, weil der hat ausgesagt, dass er sich schwertut, Gerichtsprotokolle zu lesen, weil er schon seit Jahren sehbehindert ist.

Michael Nikbakhsh
Und er war auf dem Gebiet, auf dem er ein Gutachten legen sollte, gar kein ausgewiesener Fachmann.

Hannes Uhl
Richtig. Er war nicht eingetragen als Sachverständiger für Kunststofffragen, sondern ich habe das leider jetzt nicht parat, aber ich glaube, es waren eher so geologische Angelegenheiten.

Michael Nikbakhsh
Und das Asservat, das er zu untersuchen hatte, war offenbar auch manipuliert.

Hannes Uhl
Ja, weil die anderen Gutachter ja den Heizlüfter auch schon in der Reißen gehabt haben und mit diesem Heizlüfter auf Versuche angestellt haben.

Michael Nikbakhsh
Das heißt, es könnte sein, dass im Zuge dieser Versuche der Heizlüfter einfach kaputt gegangen ist.

Hannes Uhl
Das ist anzunehmen. Und man sieht ja auch gleich in dem Fall an diesem Beispiel, wie praktisch das natürlich auch im Prozess ist, weil alles, was im Prozess dann gesagt worden ist, Naja, der Heizlüfter, da ist doch überall Öl und sonst was, dann hat es immer geheißen nachträgliche Verschmutzungen.

Michael Nikbakhsh
Aber ist dir klar, was du jetzt sagst? Das heißt, das hieß, wenn das so stimmt, dann hätten die Gutachter, die ihn untersuchen hätten sollen, ihn kaputt gemacht. In weiterer Folge dann dazu führte, dass der Gutachter, der dann seine Funktionalität prüfen sollte, draufgekommen ist, dass er kaputt war und feststellt, naja, der war kaputt. Also so wird es im ausgebrannten Zug auch gewesen sein.

Hannes Uhl
Wie meinst du im ausgebrannten Zug auch, dass der-?

Michael Nikbakhsh
Na, der Konstruktionsfehler gilt ja quasi pass pro toto für den Heizlüfter im ausgebrannten Zug. Der soll ja kaputt gewesen sein, durch einen Konstruktionsfehler kaputt gegangen sein.

Hannes Uhl
Ja, das war die Annahme. Richtig.

Michael Nikbakhsh
Und diesen Konstruktionsfehler hat man nachgewiesen, indem man ihn in Versuchsreihen kaputt gemacht hat.

Hannes Uhl
Man hat auch dann noch kunststofftechnische Gutachten angefertigt, die ich aber schwer in Zweifel ziehen möchte, weil die deutschen Ermittler dann auch das Kunststoffinstitut in Darmstadt beauftragt haben, sich diesen Heizlüfter anzuschauen. Und die führen das in ihren Ermittlungen auch aus in ihrem Bericht, dass an dem Heizlüfter überhaupt nichts falsch ist, sondern dass der sogar noch einmal verbessert worden ist, weil er einmal einem Brandtest nicht standgehalten hat, Anfang der er Jahre. Und dann ist noch einmal eine bessere Kunststoffklasse verwendet worden, dass der komplett eigensicher war.

Michael Nikbakhsh
Also wir haben ein Verfahren, das die Gletscherbahn in Kaprun, über die reden wir dann auch noch, Die waren ja zum Zeitpunkt der Katastrophe ein Unternehmen im überwiegenden öffentlichen Eigentum, also der staatlich kontrollierte Verbundkonzern bis heute staatlich kontrolliert, war ja damals der größte Aktionär, hat das dann, glaube ich, 2012 wurden die Anteile dann verkauft. Heute ist es soweit ich weiß, die Gemeinde Kaprun und Leute aus der Region. Und wir reden von einem der wichtigsten touristischen Arbeitgeber in Salzburg, die Gletscherbahn in Kaprun. Das ist nicht niemand, das ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor dort. Also die Gletscherbahnen zeigen nach dem Urteil in Österreich den Heizlüfterhersteller Fakir in Deutschland an. Man sie halt eben die Frage stellen kann, warum, quasi nach einem für sie gut ausgegangenen Verfahren, zumindest in strafrechtlicher Hinsicht, die Staatsanwaltschaft Heilbronn beginnt das eben zu ermitteln mit offensichtlich gesteigerter Ernsthaftigkeit und stellt am Ende dieser Ermittlungen zweierlei fest. Erstens, du hast es glaube ich schon gesagt, der Heizlüfter hatte keinen Konstruktionsfehler, aber mehr noch. Zweitens, es wurden ja dann auch, es wurde harte Kritik von Deutschland nach Österreich formuliert zu den Schlussfolgerungen im österreichischen Verfahren.

Hannes Uhl
Ja im Prinzip, dass das halt hanebüchen ist, zusammengefasst.

Michael Nikbakhsh
Es gab in weiterer Folge Im Nachgang zu den deutschen Ermittlungen, die zu nichts geführt haben. Also die Firma Fakir wurde strafrechtlich nicht verfolgt, hat das aber, glaube ich, wirtschaftlich nicht gut überlebt. Der Schaden war für die groß.

Hannes Uhl
Der Imageschaden war immens, das war Eine Firma mit 400 Mitarbeitern, Mitarbeiterinnen und am Schluss sind die in die Insolvenz geschlittert und wurden verkauft. Also das ist ein weiteres Opfer in Weihingen an der Enz in Baden-Württemberg, wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege. Und es kam damals auch ein deutscher Gutachter, der Dipl. Ingenieur Keim hat sich dann auch dahintergeklemmt, den habe ich auch mal besucht, das ist ein Schwabe, ein sehr strenger, spröder Typus und als Techniker unbestechlich. Und der hat das überhaupt nicht ausgehalten, was sozusagen dem österreichischen Prozess festgestellt worden ist. Und der hat sich dann dahinterklemmt und hat zwei Gutachten zu der ganzen Thematik geschrieben, die natürlich das ganz anders darstellen. Und der ist dann gemeinsam mit dem deutschen Journalisten Godeysen dann wiederum nach Österreich gekommen und hat dann versucht, um Verständnis zu werben, dass sie das natürlich ganz anders sehen. Das Problem war dann damals nur, dass die waren so angefressen logischerweise, also wie quasi der Staat Österreich sich da abputzt und sagt, Schuld sind die Deutschen. Dass die es nicht geschafft haben, irgendjemanden in Österreich für sich zu gewinnen, einfach aus ihrem Furor heraus. Da hat sich jeder gedacht, naja, ein paar depperte Deutsche, regen die es jetzt auf? Zumindest würde ich das so sehen. Und ich denke, es hat geholfen, dass ich dann ein bisschen vermitteln konnte in der Vermittlung in Österreich. Trotzdem merke ich schon, dass ich da bei der Thematik ein einsamer Rufer in der Wüste bin, der eh nur alle heiligen Zeiten, also zu den runden Jahrestagen halt auftritt und versucht umzurühren und versucht Medien zu kontaktieren und sie für das Thema zu interessieren. Aber ich sehe auch, dass auch in der Medienlandschaft Österreichs, was ich jetzt wieder gesehen habe, zum 25. Jahrestag, teilweise gut die Berichterstattung in meinen Augen, teilweise frage ich mich, völlige Themenverfehlung.

Michael Nikbakhsh
Man gedenkt der Opfer.

Hannes Uhl
Ja, man gedenkt der Opfer und gewichtet nicht richtig.

Michael Nikbakhsh
Du hast mit dem Hubertus Godeysen eben das Buch geschrieben, das 2014 veröffentlicht wurde und gar keine Selbstverständlichkeit. Die Staatsanwältin des Salzburger Verfahrens hat euch bei den Recherchen unterstützt. Wie kam es dazu? Sie ist mittlerweile in Pension.

Hannes Uhl
Ja, das war gar nicht so unkompliziert, weil sie als Staatsanwältin ja weiterhin sozusagen als Beamtin im Ruhestand ja auch dem Pension Disziplinarrecht unterliegt.

Michael Nikbakhsh
Dem Amtsgeheimnis damals sowieso.

Hannes Uhl
Und das ist für sie dann gar nicht so ungefährlich, auch was ihre Pension betrifft. Aber sie war selbst einfach persönlich schon betroffen, weil sie selbst von Hinterbliebenen angestiegen worden ist und ihr unterstellt worden ist, sie stünde auch unter einer Decke mit den anderen Und sie hätte an dieser Vertuschung mitgearbeitet und das hat war für sie natürlich besonders schmerzlich und darum hat sie sich dann bereit erklärt, für dieses Buch auch uns zu unterstützen.

Michael Nikbakhsh
Hat sie je über die Widerstände gesprochen mit euch, denen sie ausgesetzt war? Sie muss ja da intern einiges mitbekommen haben

Hannes Uhl
Wenn dann nur sehr verklausuliert. Also sie ist da sehr vorsichtig und da bin ich im Bereich der Spekulation. Aber es ist in Summe betrachtet halt schon unglaublich, wenn man sich vorstellt, wie über einen langen Zeitraum die unterschiedlichen Räder hier ineinandergegriffen haben und wie das dann wirklich auch funktioniert hat, weil es ist ja von Tag 1 an losgegangen, dass nicht sauber gearbeitet worden ist. Und das hat aber nach uns alle Bereiche betroffen. Also mit den Ermittlern losgegangen. Dann war die Justiz, hat kein Ruhmesblatt verdient gehabt in der ganzen Aktion. Das Verkehrsministerium war involviert. Beim Verkehrsministerium kann ich nur ein Beispiel dazu sagen. Es gab ja auch eine sogenannte Expertenkommission, die wurde im Prozess vom Verkehrsministerium dann eingebracht. Der Auftrag an die Expertenkommission war zu untersuchen, gab es im Jahr 2000 das Gefahrenbild Brand bei Seilbahnen? Jetzt muss man vorneweg dazu wissen, es gab schon eine EU-Richtlinie, die dezidiert im Jahr 1999 das Gefahrenbild Brand bei Seilbahnen thematisiert hat. Trotzdem hat diese international besetzte Expertenkommission aus lauter Seilbahn Experten, also letztlich aus lauter befangenen Menschen dann festgestellt, na es gab kein Gefahrenbild Brand, darum konnte man auch in Kaprun nicht wissen, dass da irgendwas in diesem Zug zu brennen beginnen könnte. Und in dieser Expertenkommission saß auch ein Ministerialbeamter des Verkehrsministeriums, der zwar nicht auf der Anklagebank gesessen ist, aber der diesen Zug bewilligt hat. Die eisenbahnrechtliche Bewilligung hat dieser Beamte unterschrieben und der war dann Teil der Expertenkommission. Und spannenderweise, und da ist er wieder getrickst worden, gibt es eine französische Fassung, wo sein Name genannt wird. In der deutschen Fassung ist sein Name gestrichen, da kommt er dann nicht mehr vor.

Michael Nikbakhsh
Gab es einen Gefahrenbild Brand? Ich denke, man sieht schon an der Fragestellung, wie daneben das eigentlich war, weil man hätte ja fragen müssen, gab es einen Gefahrenbildbrand vor dem Hintergrund eines zerlegten und neu eingebauten Heizlüfters und umliegender Hydraulikleitungen und auch leicht brennbarer Materialien insgesamt? Also ich glaube, wenn man die Fragestellung und das ergänzt hätte, ja. Aber es sollte ja aus verschiedenen Gründen nicht so sein. Stimmt es, dass Richter Manfred Seiss bei der Urteilsverkündung gesagt haben soll, da hat Gott für einige Minuten im Tunnel das Licht ausgemacht?

Hannes Uhl
Ja, das stimmt. Ich habe es nicht gehört, aber es gibt mehrere Zeugen, die das bestätigen.

Michael Nikbakhsh
Also ein göttlicher Akt quasi oder ein Akt des göttlichen Versagens. Und demgegenüber soll Staatsanwältin Eva Danninger-Soria dem kleinen Kreis gesagt haben, ich zitiere da jetzt aus dem Spiegel: Der liebe Gott hat das Licht im Tunnel nicht ausgemacht, sondern als das Urteil verkündet wurde.

Hannes Uhl
Das würde ich auch unterstreichen, weil das ist ja jetzt keine Kleinigkeit, was da passiert ist, sondern da sind so viele Menschen gestorben und auch so viele junge Menschen gestorben und für die Hinterbliebene ist das natürlich ein Albtraum. Aber wenn dann im Prozess offiziell festgestellt wird, es war halt einfach ein Pech oder es war jetzt wegen diesem depperten deutschen Heizlüfter, dann finden diese Menschen ja auch schwer Ruhe, weil der Gerechtigkeit nicht Genüge getan worden ist.

Michael Nikbakhsh
Ich habe eingangs gesagt, bei Richter Seis habe sich der Anschein der Befangenheit verfestigt oder der lastet schwer auf dem Verfahren. Es hat sich ja dann herausgestellt, er hat durchaus Anbindungen zum Salzburg Tourismus, auch von Kontakten zu einzelnen Vertretern, zu direkten, auch über den Lions Club, glaube ich, war immer wieder mal die Rede. Ihr habt euch ja mit der Rolle des Richters durchaus beschäftigt in dem Verfahren. Was ist denn da hängengeblieben? Was ist zum Beispiel mit dieser angeblichen, ich sage es jetzt unter Anführungszeichen, Siegesfeier, die im Nachgang zur Urteilsverkündung erster Instanz stattgefunden haben soll, wo er mit Anwälten der Angeklagten quasi unter Anführungszeichen, ich sage es wirklich unter Anführungszeichen, feiern gewesen sein soll.

Hannes Uhl
Ja, das ist ja bestätigt. Das hat er auch selbst bestätigt, dass es ihm dann im Nachhinein leidgetan hat. Der Richter Seiss. Ich habe ihn persönlich nie, nie kennengelernt, aber in meinen Augen, und da bin ich jetzt Laie, aber in meinen Laienaugen sollte ein Richter nicht so agieren, wie der Richter Seiss agiert hat. Also er hat keine Distanz gekannt zu den Gutachtern, zu den Verteidigern, bis hin eben, dass er dann am Abend nach dieser Urteilsverkündigung dann was trinken geht mit den Verteidigern und mit den Gutachtern, ist einfach eine katastrophale Optik, ist ja logisch. Und dass er das nicht gesehen hat, wundert mich. Der Richter Seiss hat vor fünf Jahren in einer TV Doku, die ist auf ATV gelaufen und die ist wirklich hervorragend, kann ich nur empfehlen, „Das Schweigen der Männer“, findet man auch auf YouTube. In dieser Doku hat Richter Seis ein Interview gegeben, das einzige Fernsehinterview, was ich kenne von ihm. Und da hat er auch keine glückliche Figur gemacht damals, weil er auf die Frage hin, ob denn jetzt diese Einbausituation, die Zerlegung des Heizlüfters und dieses komische Verschrauben in einer Pultwand mit den Hydraulikölleitungen, ob denn das nicht im Prozess thematisiert worden wäre. Und da war er relativ blank und hat eigentlich nicht gewusst, was er darauf sagen soll, außer er ist sich sicher, dass der Heizlüfter alle Prüfpickerl hatte. Also da hat er eine unglückliche Figur abgegeben, wie auch schon im Prozess.

Ein Satz noch dazu. Ich glaube, dass der Richter Seiss auch deswegen damals dieses Interview gegeben hat, weil er sauer war. Weil wenn man sich die prominenten Persönlichkeiten im Kaprun-Prozess anschaut und sich die jeweiligen Karrieren vor Augen führt, die die nachher dann gemacht haben, dann ist der Richter, sei es der einzige, der überhaupt keine Karriere gemacht hat. Und ich habe schon, das ist jetzt Hörensagen, aber ich habe schon immer wieder gehört, dass sein Plan eigentlich, wer damals gewesen wäre, wenn er den Prozess gut über die Bühne bringt, dann wird er Präsident des Landesgerichts Salzburg. Dass das sein Karriereplan gewesen wäre, ist Hörensagen, kann ich nur so berichten.

Michael Nikbakhsh
Auf die eine oder andere Art ist, ist auch er dann jedenfalls eine tragische Figur. Wenn man heute nach Manfred Seiss online sucht, dann wird man sehr schnell auf ein digitales Kondolenzbuch des Salzburger Bestattungsunternehmens stoßen. Wie gesagt, er ist 2022 im Alter von 69 Jahren verstorben und in dem Kondolenzbuch haben natürlich Angehörige und Freunde Abschiedsnachrichten hinterlassen, aber seit heuer ist da durchaus auch heftiges Zeug drauf. Also da stehen dann Sachen, wie, man erntet, was gesät wurde, 155 Seelen warten auf sie, mögen 155 Seelen sich nun ihre Gerechtigkeit holen, Das ist jetzt ehrlicherweise auch nichts, was man natürlich selber hinterlassen haben möchte, aber die Geschichte verfolgt auch ihn über den Tod hinaus. Gehen wir nochmal zurück zu diesem Heizlüfter, weil das hat natürlich, wir wollen das ja auch rechtlich alles quasi sauber sagen, das Prüfpickerl, das du gerade erwähnt hast, also dieser Heizlüfter hat ein Prüfpickerl, so wie das elektronische Geräte ja zu haben haben in der Europäischen Union. Jetzt weiß aber eigentlich unterstelle ich jetzt, dass 100 Prozent der Hörerinnen und Hörer der Dunkelkammer und viele darüber hinaus wissen, dass wenn sie sich an einem Elektrogerät zu schaffen machen, also es auseinanderschrauben und anderswo wieder zusammenschrauben, die Geschichte mit dem Prüfpickerl Schutz so nicht mehr geltend gemacht werden kann. Steht sogar eigentlich auch auf allen Geräten drauf, dass man sie nicht öffnen darf.

Hannes Uhl
Das ist ja wirklich frappierend, weil das ist common knowledge, das weiß jeder. Also ich gehe nicht jetzt ins Geschäft, kaufe mir irgendein Elektrogerät und fange dann daran herumzubasteln an. In Kaprun war halt das Problem, die haben halt dann vor Ort in Kaprun dann die beiden Teile, also das Chassis und den Oberbau dann zusammengebaut und die Heizlüfter haben einfach nicht mehr in die Kabine reingepasst, weil hinstellen wäre nicht gegangen, weil es ja doch wackelt logischerweise, außer im Kaprunprozess, da wackelt nichts. Sie hätten ihn aufhängen müssen. Das ist die Variante 2. Wenn Sie den Heizlüfter aufgehängt hätten, dann wäre die Tür nicht mehr aufgegangen. Das war wirklich das ganz normale technische Problem zu Beginn. Sie hätten die Tür nicht mehr aufgekriegt und dann ist irgendein gescheiter Techniker unter Anführungszeichen auf die Idee gut, dann verbauen wir ihn halt in die Pultwand. Sie haben dann den Heizlüfter auseinander geschraubt in zwei Teile, so wie der halt zusammengebaut ist. Da gibt es dann zwischen den beiden Teilen gibt es dann Nut und Feder. Dann hat man ausgemessen die Ausmaße des Heizlüfters, hat dann in diese Pultwand, in diese Metallwand ein Loch in der Form des Heizlüfters reingeschnitten und dann hat man von hinten das Rückteil zugehalten, von vorne das Vorderteil zugehalten und hat es dann verschraubt, verklemmt eigentlich. Woraufhin der Heizlüfter technisch fundamental verändert worden ist. Es gibt keine Nut-Feder-Verbindung mehr, er hat ein größeres Volumen, sie haben sogar die elektrischen Schalter im Heizlüfter abkleben müssen mit dickerem Gummi, damit die Schalter überhaupt noch greifen. Also es war einfach so ein Pfusch, wie wir beide uns nicht leisten dürfen. In diesem katastrophalen Fall ist er halt dann leider Gottes gerechtfertigt. Worden, vor Gericht.

Michael Nikbakhsh
Auch gerechtfertigt wurde, dass die Bedienungsanleitungen nicht auffindbar waren. Die hat man einfach nicht parat gehabt, beim Einbau auch keine Rolle gespielt hat, dass auf der Verpackung der Heizlüfter groß draufgestanden ist, dass das nicht zum Einbau in Fahrzeugen geeignet ist. Es gibt da jetzt irgendwie zwei Argumentationen, warum das nicht wichtig war. Erstens, wir haben es übersehen und zweitens, das sind ja gar keine Fahrzeuge gewesen. Ich habe es eingangs eh gesagt, das waren Fahrbetriebsmittel und da kann das ja nicht gelten.

Hannes Uhl
Richtig. Das wurde auch vor Gericht festgestellt. Es wurde dann argumentiert, selbst wenn man es jetzt in ein Fahrzeug eingebaut hätte, es ist kein Fahrzeug, sondern das Ding ist ein Fahrbetriebsmittel. Das ist natürlich eine Wortklauberei, logischerweise, weil wir wissen ja, jeder Mensch weiß, was ein Fahrzeug ausmacht, nämlich Bewegung und dass die Bewegung natürlich Auswirkungen hat auf das, was im Fahrzeug verbaut ist. In dem Fall ist das natürlich ein juristischer Kniff. Ich glaube, wir haben jetzt den ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstätter noch gar nicht erwähnt.

Michael Nikbakhsh
Der war Chefverteidiger in diesem Verfahren, war auch einer der Karrieren im Anschluss an Kaprun, wurde später Justizminister.

Hannes Uhl
Also sowas wie ein Chefverteidiger hat es ja nicht gegeben, aber er war sozusagen der führende Verteidiger, weil er halt als Strafrechtsprofessor da einen gewissen Bonus gehabt hat. Und da bringe ich wieder den Richter Seiss ins Spiel und die Beweiswürdigung des Richters. Der Richter Seiss hat auch wortwörtlich gesagt gegenüber der Staatsanwältin, was der Professor Brandstätter sagt, hat Gewicht, weil er halt der Strafrechtsprofessor ist. Also der hat einfach eine besondere Autorität auch vor Gericht gehabt. Und alle Prozessbeobachter und alle, die sich damit befasst haben, schreiben auch dem Professor Brandstätter diesen Königsweg zu, dass Kaprun plötzlich ein unabwendbares Ereignis gewesen ist und man sich dadurch sozusagen von der Haftpflicht befreien konnte.

Michael Nikbakhsh
Ich bin kein Jurist, ich bin kein Seilbahnsachverständiger, aber ich traue mich zu sagen, dass ganz wurscht, ob diese Garnituren Fahrzeuge oder Fahrbetriebsmittel waren, es waren keine Wohnzimmer, keine Küchen und keine Badezimmer.

Hannes Uhl
Richtig. Und diese Frage hätten wir im Prozess diskutieren können und es wäre relativ schnell beantwortet gewesen und so, ich habe ja auch die Gerichtsprotokolle, sofern noch vorhanden, auch durchgeackert und man glaubte gar nicht, wie chaotisch dieser Prozess verlaufen ist, bis hin zu. Das fällt mir jetzt gerade noch ein, dass ja irgendwann im Jahr 2002 wurden dann die Ermittler des Innenministeriums befragt und da ist dann ein Ermittler mit einem Kofferraum voller Akten aufgetaucht. Also auf einmal, ja, Entschuldigung, Herr Richter, wir haben da jetzt einen Kofferraum, das sind elf Aktenordner und eine Schachtel drinnen, lauter Kaprun Beweismittel, Unterlagen.

Michael Nikbakhsh
Wie, da sin mitten in den laufenden Prozessen plötzlich neue Unterlagen seitens der Polizei aus dem Kofferraum präsentiert worden, die bis dahin nicht veraktet waren oder offiziell nicht sichtbar waren?

Hannes Uhl
Ganz genau. Ich weiß leider nicht, was da Bestandteil dessen war, was da drinnen war, aber da sieht man, wie von allen Seiten an diesem Chaosprozess auch mitgewirkt worden ist. Möglicherweise hat dieser Beamte sogar gute Absichten gehabt und hat die Beweismittel dorthin gebracht, wo sie hingehört hätten. Das weiß ich nicht, aber es war der ganze Prozess halt maximal chaotisch.

Michael Nikbakhsh
Um abzuschließen, also die Staatsanwaltschaft Heilbronn in Deutschland hat ihre Ermittlungen geführt gegen Fakir. Da ist nichts, wir haben es erwähnt, nichts dabei rausgekommen, dass Fakir belastet hat. Im Gegenteil. Also einen Konstruktionswelle dieser Heizlüfter hat es nicht gegeben. Ihr habt in Österreich österreichischem Verfahren gepfuscht, das wurde noch mitgeteilt, aber dann passierte hier nichts mehr. Das Verfahren wurde nicht aufgenommen. Mittlerweile ist das ohnehin alles verjährt. Es gab noch Anzeigen gegen die Gutachter in Österreich, das wurde ermittelt, aber eher leidenschaftslos hat auch zu nichts geführt. Auch diese Anzeigen wurden zurückgelegt bzw. die Verfahren eingestellt. Übrigens, weil du jetzt Wolfgang Brandstätter als einen der Verteidiger genannt hast oder den führenden Verteidiger. Ein weiterer war Wilfried Haslauer.

Hannes Uhl
Ja, richtig, da kann ich nicht viel dazu sagen. Die Verteidiger haben sicher einen hervorragenden Job gemacht, wobei ja, ich habe es eh schon erwähnt, dieses Ungleichgewicht aus Verteidigerriege und einer einzelnen Staatsanwältin war natürlich ein Riesenproblem im Prozess.

Michael Nikbakhsh
Haslauer hat seinen Job gemacht, er war dann Landeshauptmann ab 2013 von Salzburg.

Hannes Uhl
Zum ehemaligen Landeshauptmann fällt mir eher ein, dass er vor fünf Jahren zum Jahrestag gesagt hat, dass das so bestürzend ist, diese Unabwendbarkeit des Ereignisses. Und da habe ich mir vor fünf Jahren schon gedacht, Wow, das musst du echt einmal trauen, weil es ist ja nicht so, dass da jetzt irgendwo eben ein Meteorit auf die Bahn gefallen ist, sondern da haben einfach Menschen, da haben Techniker, eine riesengroße Maschine gebaut und haben das so konstruiert, dass sie zur Todesfalle geworden ist. Und es ist kein unabwendbares Ereignis, geschweige denn, wenn man sich die Fakten vor Augen führt und wenn man weiß, was da jetzt genau konstruiert worden ist.

Michael Nikbakhsh
Haslauer, bis Mitte 25 Salzburger Landeshauptmann, damit das auch noch gesagt ist. Kommen wir nochmal zu den Gletscherbahnen Kaprun. Soweit ich das überblicke, haben die doch eine Zeit gebraucht, bis sie sich der Verantwortung gestellt haben, im Sinne von Verantwortung zumindest in Aussendungen übernommen haben. Also ich habe 2010 zum zehnjährigen Jahrestag eine Aussendung gefunden, wo da steht, Wir sind die Betreiber der Unglücksbahn gewesen. Was geschehen ist, tut uns unendlich leid. Wir stellen uns nicht aus unserer Verantwortung. Wir bitten alle, die betroffen sind und wohl immer unter der Katastrophe von Kaprun zu leiden haben, von ganzem Herzen um Verzeihung. Wie gesagt, das war zehn Jahre nach der Katastrophe.

Hannes Uhl
Ja, für die Gletscherbahn in Kaprun ist es ja auch sicher keine leichte Situation, aber auch unter anderem deswegen, weil diese Geschichte auf ewig weitergeht und weil niemand damit auch einen Frieden finden kann und die Hinterbliebenen schon gar nicht. Ganz im Gegenteil, die leiden bis heute massiv. Diese Katastrophe hört einfach nie auf und kann sie auch nicht, weil das niemand verarbeiten kann. Wenn von staatlicher Seite festgesetzt wird, festgestellt wird, als Wahrheit hab ich eine göttliche Fügung zu unseren Ungunsten. Und das muss man wirklich so sagen. Es ist die Verantwortung der Republik Österreich, wenn sowas passiert, das aufzuklären. Und die Republik Österreich ist da auf voller Länge gescheitert.

Letzter Satz dazu. Es ist auch nicht vertrauensbildend, wenn man sich vorstellt, wie wir heute Wir würden heute nicht da sitzen, wenn der Gerichtsakt nicht nach Heilbronn gegangen wäre, sondern da würden heute alle sagen, Na furchtbar, was damals passiert ist. Aber es war halt ein unabwendbares Ereignis. Und so traurig, die Aufklärung kam aus dem Ausland und das ist als Staatsbürger sage ich das ist das erschreckend, wirklich erschreckend, weil ich ja bis heute auch der Meinung bin, wenn im Skiraum in Österreich irgendwas passiert, dann sollte man höchst aufmerksam sein und wirklich darauf achten, was ermittelt wird. Das Vertrauen ist enden wollend, wenn in dem Bereich irgendwas passiert.

Und ich habe jetzt gerade vor kurzem diese Doku gesehen im ORF zu dem Fall Duncan Mac Thurson, das ist diese kanadische Eishockey Spiel, der am Stubai Gletscher verstorben ist. Da kenne ich mich jetzt überhaupt nicht aus in dem Fall, aber dass der 2013 mitten auf der Piste ausappert und man ruft dann nicht die Polizei, sondern die Pistenarbeiter bergen noch an den Leichnam und am gleichen Tag schreibt dann der Gemeindearzt noch schnell irgendwie die Todesursache. Da fragt man sich schon, das ist ja jetzt kein außerrechtlicher Bereich, das ist ja nicht. Ich würde die Polizei rufen, wenn ich irgendwo einen toten Körper finde. Wäre meine Empfehlung und wäre auch meine Empfehlung an alle Skibetreiber dieses Landes. Und aus diesen Erfahrungen heraus ist es schwierig, da Vertrauen zu haben.

Michael Nikbakhsh
Tourismus in Österreich, Wintertourismus, starke Lobby, brauchen wir gar nicht diskutieren. Der Vollständigkeit dazu gesagt, die Gletscherbahn in Kaprun haben die Hinterbliebenen mit insgesamt 13,9 Millionen Euro entschädigt. Aber das ändert natürlich alles nichts daran, dass es bis heute schlicht niemanden gibt, der dafür die Verantwortung trägt, weil ja niemand dafür verurteilt wurde. Also was bleibt, ist ein Heizlüfter, der sich auf göttliche Weisung hin verselbstständigt hat.

Hannes Uhl
Ja, ich würde mir wünschen, einfach für die Gegenwart und für die Zukunft, dass auch Österreichs Journalisten und Journalistinnen einmal die Fakten anerkennen würden. Ich habe das jetzt diese Woche versucht zu beobachten, die Berichterstattung und teilweise finden die Erkenntnisse Widerhall und teilweise fragt man sich schon, wie man einfach über 25 Jahre die gleichen Geschichten schreiben kann und den wesentlichen Aspekt, was zu der Katastrophe geführt hat, einfach außer Acht lässt. Das geht mir nicht ein. Aber ja, darum gebe ich da auch keine Ruhe. Jetzt wird der 30. Jahrestag nicht mehr so rund sein wie der 25. Aber ich werde wieder mich in den Redaktionen melden, nehme ich an, oder irgendwo was schreiben, da höre ich nicht auf.

Michael Nikbakhsh
Lieber Hannes Uhl. Jedenfalls auch bei mir, ich muss mich da selbst auch an der Nase nehmen. Also meine Performance in der Causa Kaprun war bis zum 11. November 2025, also heute auch überschaubar. Also ich habe da auch einiges gut zu machen.

Hannes Uhl
Das ist schön. Das ehrt dich natürlich, wenn da eine Fehlerkritik an den Tag gelegt wird.

Michael Nikbakhsh
Lieber Hannes, vielen Dank fürs Kommen. Schauen wir, ob wir in fünf Jahren wieder eine machen. Dankeschön.

Hannes Uhl
Danke dir.

Autor:in:

Michael Nikbakhsh

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