Die Dunkelkammer
Die Nonnen von Goldenstein #5: Die Frau im Hintergrund, mit der alles begann

Seit ihrer aufsehenerregenden Rückkehr ins Kloster reißt der Medienrummel um Schwester Rita, Schwester Regina und Schwester Bernadette nicht ab. Jeden Tag sind Presseleute und TV-Teams im Kloster, aber auch Helferinnen, Unterstützer und ehemalige Schülerinnen, die Essen bringen, putzen helfen oder einfach ihre Solidarität zeigen. Eine der wichtigsten Frauen in der Geschichte der Nonnen von Goldenstein hält sich gerne im Hintergrund: Christina Wirtenberger. Sie koordiniert die HIlfe vor Ort, hat ein Konto für Spenden eingerichtet, hält den Kontakt zu den Ordensfrauen - und war es auch, die mit einem Mail an die Dunkelkammer die Causa überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. In dieser Episode erzählt sie, wie sie die geistlichen Schwestern als Internatsschülerin kennengelernt hat, was sie die vergangenen Wochen und Monate mit ihnen erlebte und wie es aus ihrer Sicht mit den Nonnen von Goldenstein weitergehen kann.


Edith Meinhart
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Dunkelkammer. Mein Name ist Edith Meinhart. Es ist mehr als sechs Wochen her, dass ich drei über 80jährige Ordensfrauen in einer Seniorenresidenz in Oberalm Salzburg besucht habe. In der Zwischenzeit sind Zeitungen, TV Stationen, Kameraleute und Reporterinnen weltweit auf das Schicksal der Nonnen von Goldenstein aufmerksam geworden. Die Bilder von Schwester Regina, Schwester Bernadette und Schwester Rita gingen um die Welt, seit sie das Altersheim, in das sie gegen ihren Willen gebracht worden waren, verlassen und ihr altes Kloster wieder in Besitz genommen haben.

Kurz zur Erinnerung: Warum haben sie das gemacht? In dem notariell beglaubigten Vertrag, mit dem sie vor drei Jahren ihr Kloster und ihre Ordensschule je zur Hälfte an die Erzdiözese Salzburg und an das Stift der Augustiner-Chorherren in Reichersberg übergeben haben, wird ihnen schriftlich zugesichert, dass - erstens - ihre Schule weitergeführt wird und sie - zweitens - bis zum Lebensende in ihren gewohnten Räumlichkeiten bleiben dürfen. Dieses Versprechen hat ihr Ordensoberer, Propst Markus Grasl, gebrochen. Seit ihrer aufsehenerregenden Rückkehr ins Kloster reißt der Medienrummel nicht ab. Jeden Tag sind Pressevertreterinnen und TV-Teams da, aber auch Helferinnen, Unterstützer, ehemalige Schülerinnen aus Goldenstein, Menschen, die Essen bringen, putzen helfen, den Schwestern ihre Solidarität zeigen.

Eine der wichtigsten Frauen in der Geschichte der Nonnen von Goldenstein hält sich meistens im Hintergrund. Es ist Christina Wirtenberger. Sie war es, die ein Mail an die Dunkelkammer geschrieben hat, das mich dazu gebracht hat, in den Zug nach Salzburg zu steigen und mit den Nonnen von Goldenstein zu reden, damals ohne zu ahnen, was für ein weltweites Interesse diese Geschichte erregen wird. Christina Wirtenberger koordiniert die Hilfe vor Ort. Sie hat ein Spendenkonto eingerichtet. (Wir geben die Daten dann in die Shownotes.) Sie hält den Kontakt zu den Schwestern und sie ist heute hier, um mit mir darüber zu reden, wie sie die Ordensfrauen kennengelernt hat, wie sie die vergangenen Wochen erlebte und wie es aus ihrer Sicht weitergehen kann.

Liebe Christina, vielen Dank, dass du dir in diesen turbulentenTagen und Wochen Zeit nimmst. Wir haben es geschafft, uns über Telefon und Laptop zu verbinden. Schön, dass du da bist.

Christina Wirtenberger
Ja, hallo Edith! Es freut mich sehr, dass ich dazu eingeladen wurde, die Geschichte mit dir zusammen zu erzählen.

Edith Meinhart
Christina, du bist gebürtige Salzburgerin, bist in Goldenstein in die Schule gegangen. Schwester Bernadette, Schwester Rita und Schwester Regina waren deine Lehrerinnen. Könntest du dich kurz vorstellen?

Christina Wirtenberger
Also ich bin ein waschechter Stierwascher, geboren und aufgewachsen in Salzburg, in der Stadt, habe die Volksschule besucht in Liefering, und mit zehn Jahren wurde zu Hause beschlossen, dass ich ins Internat muss. Da wurde dann Schloss Goldenstein ausgewählt, wo ich eigentlich zuerst unter Protest hinkam. Aber anschließend waren es für mich die vier schönsten Jahre meiner Kindheit.

Edith Meinhart
Die Nonnen von Goldenstein sind  mediale Figuren geworden. Die Kronen Zeitung hat berichtet, ORF, andere österreichische Medien, es folgten RTL, CNN, BBC, Reuters, Spiegel, Süddeutsche, italienische, französische, finnische, spanische, norwegische Zeitungen und TV Stationen, zuletzt noch der Guardian und die New York Times. Wie waren denn Schwester Bernadette, Schwester Rita und Schwester Regina für dich damals als Lehrerinnen?

Christina Wirtenberger
Sagen wir so, es war jede Lehrerin sehr streng. Es gab ja noch andere in Englisch, Deutsch, Geschichte und so weiter. Aber wir wurden mit einem sehr großen Wissen erzogen. Also ich habe zum Beispiel Schulstoff gelernt, den ich später in der weiterführenden Schule schon gekannt habe, weil er mir in Goldenstein schon beigebracht wurde. Schwester Regina hatte ich in Mathematik und Geometrie - für mich sehr schwere Fächer -, trotzdem hat sie es geschafft, dass ich sie doch verstanden habe. Das ist vor allem deshalb witzig, weil ich später selbst bildnerische Gestaltung unterrichtet habe und da auch Geometrie vorkommt.

Schwester Bernadette war meine Koch- und Handarbeitslehrerin. Sagen wir mal so, Kochen und Handarbeiten war nicht meines. Ich bin dann auch später eine Workaholic geworden und nicht so sehr auf den Haushalt bedacht. Aber ich habe meine Noten geschafft, und ich bin durchgekommen. Schwester Rita war unsere Erzieherin, immer fröhlich, sie hat uns Basteln beigebracht, Gestecke, Petticrohrkörbe, Filzmännchen. Zum Schluss, in der vierten Klasse, konnten wir sogar Emailleschmuck herstellen.

Edith Meinhart
Das klingt so, als wäre Schwester Rita deine Lieblingslehrerin gewesen? 

Christina Wirtenberger
Eigentlich war sie Erzieherin. Sie war die mit dem größten Herz, die wir besser überzeugen konnten, uns nachzugeben, als die anderen Lehrerinnen.

Edith Meinhart
Die drei Nonnen wollten in ihr Kloster zurück, weil das ihr Zuhause ist, im materiellen Sinn, aber auch im spirituellen. Ihre Klausur war immer ein Ort des Rückzugs, der Kontemplation, des gemeinsamen Gebets, aus dem ihr aktueller Ordensoberer sie ausgesperrt hat. Nun gehen hier Medien aus und ein. Wie geht es denn derzeit hier zu?

Christina Wirtenberger
Sagen wir es mal so, es gab natürlich einen Umzug, viele Kartons, die gepackt und wieder ausgepackt werden musste. Da gab es natürlich Leute, die geholfen haben, sie in die Klausur hochzutragen. Es gibt keinen Lift, und es sind doch dreieinhalb Stockwerke. Mittlerweile haben wir das grüne Zimmer als Empfangszimmer ausgewählt; die Klausur bleibt wieder den Nonnen vorbehalten, als ihr Rückzugsort, ihr Ruhebereich. Leute werden nur  ausnahmsweise eingelassen, zum Beispiel, wenn die Ärztin, eine medizinische Hilfe oder eine Haushaltshilfe kommt.

Edith Meinhart
Das heißt, es ist nicht mehr alles offen.

Christina Wirtenberger
Das ist korrekt. Wenn man selbst umzieht, weiß man das: Die ersten zwei, drei Wochen ist ein bisschen Unordnung, bis man alles eingeräumt hat. Es musste noch geputzt werden. Viele Schülerinnen kommen täglich, um zu putzen. Im Moment ist gerade eine Gärtnerin vor Ort.

Edith Meinhart
Durftet ihr als Schülerinnen damals die Klausur der Schwestern betreten?

Christina Wirtenberger
Nein, natürlich nicht. Das war ein verbotener Bereich. Ebenso der private Klostergarten. Auch das Refektorium durften wir nicht betreten, nur das grüne Zimmer, um unsere Hausaufgaben abzugeben. Die wurden dann dort abgeholt, korrigiert und wieder zurückgelegt. Und dann konnten wir sie wieder abholen.

Edith Meinhart
Ihr habt die Hefte am Tisch hinterlegt und wenn sie korrigiert waren, wieder geholt?

Christina Wirtenberger
Genau. Den restlichen Bereich haben wir nicht betreten, aus Respekt gegenüber den Nonnen. Ich habe zwar einmal die Türe aufgemacht und reingeschaut, und einen wahnsinnig langen Gang gesehen. Aber ich habe mich sofort wieder zurückgezogen, weil ich gesehen habe, dass Schwester Rita mich bemerkt hatte.

Edith Meinhart
Die drei verbliebenen Augustiner Chorfrauen, Schwester Bernadette, Schwester Rita und Schwester Regina sind sehr unterschiedliche Charaktere. Welche Rolle haben diese Persönlichkeiten in deinem Heranwachsen gespielt? Was haben dir die Nonnen bedeutet?

Christina Wirtenberger
Für mich persönlich waren sie ein Familienersatz. Es gibt viele Kinder, die haben eine sehr schwere Kindheit oder Probleme zuhause. Es gibt auch andere Kinder zum Glück. Ich war leider ein Problemkind, ich hatte eine schwere Kindheit. Und ich glaube, wenn man älter wird, dass gerade die ersten Jahre in der Pubertät eines Mädchens oder auch eines Jungen,  sehr wichtig ist. Das ist schlimmste Entwicklungsphase eigentlich, weil man sich selbst kennen lernt, man lernt Grenzen zu setzen und probiert aus, wie weit kann man gehen.

Wir haben in diesen Jahren gelernt, ein Kollektiv zu sein, einer oder alle. Wir haben Disziplin gelernt. Wir haben gelernt, anderen Freiraum zu geben, wenn sie ihn brauchen. Wir haben Fürsorge, Liebe, Güte  erfahren. Es wurde nie geschrien, es wurde immer alles ausdiskutiert. Für die damalige Zeit, ich war damals 10, das war 1970 sehr, sehr modern.

Es gab Gospelmessen. Schwester Elisabeth ist leider schon verstorben, aber sie hat uns Gospels gelernt. Wir durften unsere Fürbitten selbst schreiben und die Messe gestalten. Das war damals sensationell. Und das sind Dinge, die man mitnimmt auf seinen Weg im Leben. Diese Werte prägen dann später im Leben. 

Edith Meinhart
Das heißt, du denkst eigentlich gern zurück an die Schule?

Christina Wirtenberger
Sehr, sehr gern.

Edith Meinhart
Hast du deshalb auch Kontakt über die Jahrzehnte mit deinen ehemaligen Lehrerinnen gehalten? Das macht ja nicht jeder, jede.

Christina Wirtenberger
Das macht sicherlich nicht jede, aber ich und auch viele aus meiner Klasse waren regelmäßig dort. Eine meiner Freundinnen sogar zwei dreimal die Woche. Die hatte eine schlimmere Kindheit wie ich und ist wirklich sehr an den Schwestern gehangen. Wenn Lehrerinnen für einen in der Kindheit und Pubertät prägend sind, sind sie vielleicht nicht wie eine Mutter, aber eine Tante, die man ins Herz geschlossen hat und zu der man immer wieder gerne zurückkehrt.

Edith Meinhart
Und dann hast du irgendwann erfahren, dass die Schwestern in Altersheim gelandet sind. Wie war das?

Christina Wirtenberger
Ich habe angerufen, und sie sagten, wir sind nicht mehr Goldenstein. Ich müsse nach Kahlsperg kommen, war dann zuerst ein bisschen irritiert. Ich bin nach Kahlsperg gefahren, und dann haben sie mir erzählt, dass sie hier sind auf Kurzzeitpflege. Das heißt, Schwester Regina und Schwester Bernadette waren im Krankenhaus, sind vom Krankenhaus in die Seniorenresidenz gebracht worden. Da gibt es noch eine Anmerkung. Beide Schwestern sind im Nachthemd quasi angeliefert worden. Es klingt jetzt sehr böse, aber Schwester Bernadette und Schwester Regina haben das so empfunden.

Und Schwester Bernadette hat sich noch sehr geschämt, weil in dieser Seniorenresidenz natürlich nicht nur Frauen sind, sondern auch Männer. Ich glaube, das ist für eine Nonne sehr schrecklich. Jedenfalls hat es dann geheißen, sie kommen nach der Kurzzeitpflege wieder nach Hause. Beim nächsten Besuch waren sie immer noch in Kahlsperg. Und im Mai habe ich mal scherzhaft, wann geht es denn jetzt endlich nach Hause? Und sie haben gesagt, ja, der Prälat Grasl hat versprochen, er würde sie abholen nächste Woche, übernächste Woche. Und da war schon mein Gedanke, dass sie wahrscheinlich nicht mehr nach Hause kommen würden, aber ich habe es nicht ausgesprochen.

Edith Meinhart
Du hast sie irgendwann im Altersheim besucht und dann auch miterlebt, wie es ihnen geht. 

Christina Wirtenberger
Wo sie gemerkt haben, das war dann Juni, Juli war eine sehr traurige Stimmung, Heimweh, traurig im Herzen. Sie fühlten sich hintergangen, sagen wir mal so, Schwester Regina war am traurigsten, glaube ich. Sie hat fast nicht mehr gesprochen. Schwester Bernadette hat dann gesagt, sie hofft, dass jetzt doch Prälat Grasl kommen und sie nach Hause bringen würde. Zumindest hat er versprochen, dass sie mehr Sachen erhalten. Sie hatten ja kaum Kleidung dabei.

Wenn man ins Krankenhaus geht, hat man ja nicht den vollen Kleiderschrank dabei, sondern nur eine Notration. Wir haben dann schon Geld gesammelt, um zum Beispiel Unterwäsche zu kaufen oder Dinge, die sie benötigen. Leider muss man in dieser Seniorenresidenz das Waschen selbst bezahlen. In den ersten Monaten haben sie kein Taschengeld erhalten. Da haben wir dann auch ausgeholfen und auch andere Menschen, die ich nicht kenne, aber mit denen sie sehr verbunden sind. Ja, und irgendwann bin ich dann mit Schwester Bernadette auf die Bank gefahren. Sie wollte Stoff kaufen, um eine neue Ordenstracht zu nähen.

Fand ich damals mit 87 sehr bewundernswert. Sie wollte 150 Euro. Ich habe noch scherzhaft gemeint, 150 Euro würden heute fast nicht mehr reichen, weil Stoff sehr, sehr teuer ist. Und die Dame am Schalter hat ihr erklärt, dass sie leider kein Geld erhalten wird von ihrem Bankkonto, weil sie nicht mehr die Vollmacht hat. Und wenn sie Geld würde brauchen, müsste sie sich an den Herrn Prälat Grasl wenden. Das war dann der Moment, wo ich innerlich zornig geworden bin. Und ich habe sie nach Hause gefahren in die Seniorenresidenz und habe den Herrn Dr. Bruzek angerufen in Elsbethen, weil ich weiß, dass er schon mal die Schwestern vertreten hat. Und wir haben uns hingesetzt. Ich konnte am gleichen Tag noch hingehen und habe ihm die Geschichte von den Schwestern erzählt,mit ihrer Traurigkeit, mit dem Heimweh,und dass sie wahrscheinlich nicht mehr heimkommen würden, dass quasi das Konto gesperrt ist und sie keinen Zugriff mehr haben. Und der Herr Dr. Bruzek war im ersten Moment selber schockiert, aber er hat gesagt, er würde sich dieser Sache annehmen und vor allem, was ich so geschätzt habe, er teilte mir mit, ich soll den Schwestern mitteilen, dass sie in diesem Moment nicht an Geld denken müssten, um ihn zu bezahlen. Er macht das bis heute pro bono.

Edith Meinhart
Viele andere auch, dann wirklich im Hintergrund helfen. Es ist eigentlich unglaublich, welche Hilfsbereitschaft es dann gibt.

Christina Wirtenberger
Es war dann natürlich, wo ich das publik gemacht habe, das war noch nicht die Öffentlichkeit, unter Schülern wir uns ausgetauscht haben. Die haben das weitergetragen und es kamen dann immer mehr Schülerinnen, um zu sehen, was sie brauchen, was sie benötigen, um frisches Obst vorbeizubringen, weil natürlich die Qualität vom Essen her in dieser Seniorenresidenz auch nicht immer sehr gut ist.

Edith Meinhart
Die Erzdiözese Salzburg und der Stift Reichersberg haben es in der Öffentlichkeit so dargestellt, als wäre die Übersiedelung abgesprochen und einvernehmlich gewesen, als hätten die Schwestern es gut gefunden und als könnten sie dort im Altersheim ihre spirituelle Gemeinschaft weiterleben. Du hast das ganz anders miterlebt. Wie nämlich?

Christina Wirtenberger
Also alle drei Schwestern haben mir erzählt, dass sie nie gefragt wurden, ob sie in eine Seniorenresidenz möchten. Ich schenke ihnen Glauben, weil ich wurde von den Schwestern nie belogen. Und man fragt dann natürlich, was ist Wahrheit, was ist nicht Wahrheit? Und da würde ich gern ein Zitat aus der Webseite katholisch de zitieren. Schwester Beate, sie sagte, es lag auf der Hand, dass der Probst schon etwas härter durchgreifen musste, wenn er die Schwestern sanft angefragt hätte, ob sie in ein Seniorenheim wollen, dann hätten sie Nein gesagt. Sie waren einfach beratungsresistent. Ich glaube, dass dieser Absatz bestätigt, was die Schwestern mir gesagt haben, dass Schwester Beate von den Augustiner Chorfrauen in Deutschland und Herr Prälat Grasl eigentlich schon untereinander das abgemacht haben und die Schwestern wirklich in die Seniorenresidenz gebracht worden sind, ohne vorher mit ihnen darüber zu sprechen.

Edith Meinhart
Und auch, indem sie das in der Öffentlichkeit völlig anders darstellen. Du hast ja dann versucht, eine Salzburger Journalistin dazu zu bewegen, nicht nur die Seite der Erzdiözese und des Stiftes zu berichten, sondern auch mit den Schwestern zu reden. Stimmt das?

Christina Wirtenberger
Ja, ich habe die Salzburger Nachrichten kontaktiert und habe nachgefragt, woher sie diese Informationen immer haben, die in der Zeitung erscheinen, die immer sehr positiv sind. Die Schwestern sind glücklich und es geht ihnen gut. Ich habe dann gefragt, warum nicht eine Journalistin mal in die Seniorenresidenz gehen kann und die Schwestern selbst befragen könnte, wie es ihnen wirklich geht. Und das ist aber leider nie erfolgt.

Edith Meinhart
Du hast dann an die Dunkelkammer ein Mail geschrieben. Ich mache einen kurzen Einschub an dieser Stelle. Wir werden demnächst in einer eigenen Folge noch über die mediale und journalistische Seite dieser Geschichte reden. Hast du dir jemals träumen lassen, dass deine ehemaligen Lehrerinnen, drei über 80jährige Frauen, die vor Jahrzehnten Gehorsam gelobt haben, einmal aus dem Altersheim ausbüchsen und gegen den Willen ihres aktuellen Ordensoberen wieder in ihr Kloster zurückgehen würden?

Christina Wirtenberger
Eigentlich nicht. Also Gehorsam ist eines der Gelübde. Es war nur dann immer diese Frage: Wann kommen wir nach Hause? Wir möchten nach Hause. Wer hilft uns, dass wir wieder nach Hause kommen? Und da ist in uns dann eben der Gedanke gewachsen, dass wir sie unterstützen, wieder nach Hause zu bringen. Weil für uns ist es sehr befremdlich.

Wir hatten jedes Jahr diesen 8. Dezember. Das ist ein großes Klassentreffen aller Altschülerinnen. Das findet nicht mehr statt, wenn ich in die Schule gehe. Heute werde ich eigentlich der Schule verwiesen, weil ich in der Schule fremd bin. Ich habe kein Kind dort und ich gehöre dort nicht mehr hin. Es ist befremdlich, dass wenn man hingeht, dass die Schwestern nicht mehr da sind, auch wenn es nur mehr drei sind, zumindest wenn man sie besucht hat. Man konnte mit ihnen essen, man konnte mit ihnen Kaffee trinken, diskutieren, irgendetwas diskutieren, besprechen, aber das war nicht mehr. Das war für mich sehr befremdlich und auch für andere Schülerinnen.

Edith Meinhart
Und du hast auch verstanden, dass das ihr Zuhause ist, in das sie zurückwollen.

Christina Wirtenberger
Genau. Schwester Bernadette ist jetzt 70 Jahre in dem Schloss gewesen und Schwester Regina fast auch und Schwester Rita seit 63 Jahren. Und ich glaube, es ist schwer, wenn man von zu Hause wirklich abgeliefert wird in einem anderen Haus, sich dort nicht zu Hause fühlt. Es ist zwar nur zwei Dörfer weiter, aber das soziale Umfeld ist in Elsbethen. Also jeder kennt sie dort. Jeder hatte mal seine Schwester oder die Tochter in dieser Schule. Mittlerweile sind ja auch Buben zugelassen.

Das heißt, die Schwestern kennt jeder im Dorf, die können durch die Straßen gehen, die Leute grüßen sie, man erzählt sich kurz Geschichten und jetzt sind sie alt und dürfen nicht mehr in ihrem gewohnten sozialen Umfeld alt werden. Das finde ich sehr schlimm.

Edith Meinhart
Es gibt viele ältere Menschen, die nicht ins Heim möchten, aber vielleicht trotzdem irgendwann keine andere Option mehr haben. So argumentiert auch der Ordensobere. Er sagt, die Schwestern hätten in der Altersresidenz eine gute Betreuung, medizinische Versorgung gehabt und im Kloster wäre das nicht gewährleistet. Siehst du das auch so?

Christina Wirtenberger
Eigentlich nicht. Die Mauern sind alt, aber es gibt in vielen Haushalten in Österreich 24 7 Pflege. Es gibt in vielen Haushalten in Österreich, wo morgens vielleicht jemand für ein, zwei Stunden kommt, um die älteren Leute medizinisch zu begleiten. Es gibt Haushaltshilfen und die Pflegeheime sind sowieso voll. Also es wird immer mehr jetzt mittlerweile, dass die Eltern meistens zu Hause gepflegt werden. Und ich sehe absolut keinen Sinn darin, die Nonnen zu verfrachten, weil man behauptet, sie waren nicht mehr zu versorgen in ihrem Zuhause. Im Endeffekt hätte man jemanden anstellen können, der die Nonnen medizinisch betreut. Ein, zwei Stunden am Morgen und vielleicht zweimal, dreimal die Woche eine Haushaltshilfe.

Edith Meinhart
Das heißt, sie brauchen nicht eine Rundumbetreuung, wie das in einem Altersheim möglich wäre?

Christina Wirtenberger
Im Moment nicht. Vielleicht später, ich sage jetzt mal einem halben Jahr. Ja, wenn sich vielleicht ein Zustand einer Schwester verschlechtert, könnte das sein, Aber im Moment ist das nicht gegeben.

Edith Meinhart
Wie wird die Hilfe jetzt vor Ort organisiert? Ich habe schon angesprochen, es gibt eine wirklich große Welle von Hilfsbereitschaft, aber das muss ja auch jemand koordinieren. Du machst das eigentlich.

Christina Wirtenberger
Das macht zum Großteil ich. Das ist korrekt. Wir wechseln uns ab, wer Essen bringt, wer am Wochenende kommt mit Kuchen. Wenn natürlich alle auf einmal Kuchen bringen, Dann haben wir 20 Kuchen stehen und die kann dann keiner essen. Aber es werden Blumen gebracht. Es kommen kleine Kinder, die sagen: Darf ich bitte Schwester Ritte sehen? Ich habe Blumen gepflückt. Also es ist wieder ein Lachen, ein Scherzen in diesem Hause Leben in diesem Hause. Es kommen so viele Menschen vorbei. Zum Teil auch Menschen, die nicht Altschülerinnen sind, sondern Menschen, die wie letzte Woche eine junge Dame mit 22 Jahren, die prompt aus dem Zug gestiegen ist, weil sie von der Geschichte der Schwestern gehört hat und die Schwestern einfach besucht hat, weil sie das toll fand, wie sie sich gewehrt haben und wieder in ihr Zuhause zurückgekehrt sind.

Edith Meinhart
Hast du eine Erklärung, was Menschen, die die Nonnen gar nicht kennen, an ihnen fasziniert? Nämlich durchaus weltweit. Die drei Frauen scheinen einen Nerv zu treffen. Was ist das?

Christina Wirtenberger
Ich glaube, dass sie die letzten drei Menschen sind, vielleicht in Deutschland, in der Schweiz gibt es auch solche Menschen, die letzten ihrer Art, die mit ihrem Glauben fest verwurzelt und verbunden sind und auch mit diesem Glauben mehr oder minder ihren Lebensabend verbringen möchten. Sie haben das immer gelebt, immer zelebriert. Das ist ihr Leben, das gehört zu ihnen und es wurde ihnen ein Stück weit in dieser Seniorenresidenz auch genommen. Es gab nie mehr die Möglichkeit, zusammen zu essen, zu speisen und danach ins Gebet zu gehen. Leider sind die Zimmer zu klein, dass man beten könnte, gemeinsam. Und im Gemeinschaftsraum war das natürlich nicht möglich, weil dort keine Ruhe und keine Stille ist.

Edith Meinhart
Im Altersheim.

Christina Wirtenberger
Ja.

Edith Meinhart
Das heißt, es geht auch um die Frage: Wie gehen wir als Gesellschaft mit alten Menschen um?

Christina Wirtenberger
Ja, ich verstehe eigentlich das Vorgehen von Herrn Prälat nicht ganz. Ich glaube, wenn er sich wirklich hingesetzt hätte auf eine Diskussion, die vielleicht nicht so leicht gewesen wäre., stimmt, es sind zwei, drei störrische Damen, die ihren Willen durchsetzen wollen. Aber ich glaube, im Endeffekt hätte er sie überzeugen können, in eine Altersresidenz zu gehen, ohne sie quasi, wie jetzt betitelt wird, er hat sie abgeschoben, sie wollten ja immer gefragt werden. Das ist, glaube ich, wichtig. Und der Respekt und die Wertschätzung von anderen Menschen. Man kann nicht einfach, ohne darüber zu sprechen, jemanden woanders hinbringen. Das ist Freiheitsberaubung.

Edith Meinhart
Was mir auffällt in Mails, die an die Dunkelkammer gehen, ist, dass Menschen oft auch stört, dass die Kirche sich nicht an ihre eigenen Standards hält. In Predigten geht es ja auch oft darum, dass man den Menschen, die sich jahrzehntelang für einen aufgeopfert haben, also die Eltern, dann im Alter auch ein selbstbestimmtes, würdevolles Leben ermöglichen soll und sie nicht einfach gegen ihren Willen irgendwohin abschieben soll. Und dann fahren kirchliche Würdenträger so über betagte Frauen drüber, die so lange eine Schule gemanagt haben und für Kinder und Jugendliche sich eingesetzt haben. Ist das auch ein Punkt? Meinst du?

Christina Wirtenberger
Ich glaube, es sollte überhaupt, egal welchen Alters, dem Menschen Respekt entgegengebracht werden und mit ihm darüber gesprochen werden, was man will und was man möchte. Es sind halt jetzt drei ältere Damen und ich glaube, wir haben selber Mütter, Großmütter gehabt und ich hätte mich nie getraut, mit meiner Mutter oder Großmutter so zu handeln.

Edith Meinhart
Interessant ist auch, dass die Schwestern bei jungen Menschen so gut ankommen. Es gibt jemanden im Umfeld der Schwestern, der zum „Churchfluencer“ wurde und den sehr erfolgreichen Instagram Account „nonnengoldenstein“ betreut. Er hat inzwischen 50.000 Follower. Wie erklärst du dir das?

Christina Wirtenberger
Die jüngere Generation ist vielleicht fasziniert von dem Glauben der Nonnen, weil es in dieser Art und Form nicht mehr zelebriert wird, auch nicht mehr in unserer Kirche, in unserer Gemeinschaft, in unserem Dorf. Das ist vielleicht für die jungen Menschen etwas Neues zu erleben, mitzuerleben, zu fühlen, zu hören. Und vielleicht liegt deswegen die Faszination auf diesen Damen, weil sie wirklich das verkörpern, was es nicht mehr geben wird. Sie sind ein Stück, ich betrachte es wie ein Erbe, das sie an die Jungen weitergeben, um zu sehen oder erkennen, wie es früher war und wie der Glaube tief in einem Menschen verwurzelt sein kann.

Edith Meinhart
Die drei Frauen sind auch sehr unterschiedliche Charaktere, die aber wie Pech und Schwefel zusammenhalten, sehr aufeinander schauen, einander auch helfen, obwohl man von oben versucht hat, sie zu isolieren und zu spalten, wie sie selbst erzählen. Hast du das mitbekommen?

Christina Wirtenberger
Das war leider in Kahlsperg so, weil die Zimmer, in denen es sie wohnten, sehr weit auseinandergelegen sind. Da war erster Stock, zweiter Stock und die mussten immer gegenseitig sich besuchen. Es war nicht möglich, zu dritt in einem Zimmer zum Beispiel gemeinsam zu essen. Es fehlt der nötige Platz und die drei Damen sind ein Kollektiv und die kann man nicht trennen. Und das ist, glaube ich, auch so ein Stück, was in der Seniorenresidenz fast verloren gegangen wäre, wiedu sagst, die halten zusammen wie Pech und Schwebel, die stützen sich gegenseitig, die streiten auch mal zusammen, die lachen zusammen, erzählen sich Geschichten von früher, die beten zusammen. Also, die drei zu trennen wäre wirklich sehr unmenschlich.

Edith Meinhart
Also, ich habe mitbekommen, dass auch das gemeinsame Gebet ihre klösterliche Gemeinschaft sehr stärkt.

Christina Wirtenberger
Das ist korrekt. Also die gemeinsamen Gebete finden jeden Tag statt, täglich, was sie früher in dieser Art fast nicht mehr konnten, weil in der Seniorenresidenz, es kam immer jemand rein, es klopfte immer jemand an. Also, da war das eigentlich gar nicht mehr so gewährleistet, diese Ruhe und der Frieden, den sie in ihrer Klausur haben.

Edith Meinhart
Ich habe ja, bevor ich die Geschichte der Nonnen hier in der Dunkelkammer öffentlich gemacht habe, die Erzdiözese Salzburg, den Notar, bei dem der Übergabsvertrag unterzeichnet wurde, mit dem die Schwestern ein lebenslanges Wohnrecht im Kloster zugesichert bekommen haben, außerdem Markus Grasl, Probst der Augustiner Chorherren in Reichersberg, die Leitung der Seniorenresidenz, in welche die Nonnen gegen ihren Willen gebracht worden sind, um Auskunft gebeten und so gut wie keine Antworten bekommen, sieht man von den recht allgemeinen Statements ab, etwa, dass Propst Markus Grasl, der neue Ordensobere der Nonnen, betont, dass ihm so viel am Wohl der Schwestern liegt und ihn die Vorwürfe in der Öffentlichkeit sehr treffen. Vor zwei Wochen wurde dann ein Krisen PR-Manager angeheuert, aber bis heute gibt es kein persönliches Gespräch zwischen dem Propst und den Nonnen. An wem liegt das?

Christina Wirtenberger
Ich denke, an Herrn Prälat Grasl selbst, weil die Schwestern wollen nicht mit dem Herrn Schiffl reden, sondern sie wollen mit Herrn Prälat reden und ihm gerne persönlich sagen, was sie möchten. Aber der Herr Prälat hat bis jetzt leider jede Kontaktaufnahme verweigert und war auch nicht bereit, mit den Nonnen zu sprechen.

Edith Meinhart
Er ist ja ihr Ordensobere.

Christina Wirtenberger
Das ist korrekt, weil mir haben die Schwestern erzählt, dass die Ordensobere, die früher jetzt zum Beispiel 30 Jahre lang die Schwester Regina war und zuletzt Schwester Rita, immer geschaut hat, dass alle zufrieden sind. Die Schwestern haben nichts Unmögliches verlangt, also auch finanziell. Wenn sie mal einen Wunsch hatten, einen Ausflug machen wollten oder irgendwas gebraucht haben, hat eigentlich die Ordensobere nie Nein gesagt. Aber das heißt, es müsste ein Gespräch geben. Dieses Gespräch gibt es aber mit Probst Markus Grasl eben nicht.

Christina Wirtenberger
Das ist korrekt, leider. Ich habe nur gelesen, er hat einem Statement bekannt gegeben, die Schwestern hätten ja nur um mehr Geld fragen müssen. Aber wenn natürlich der Herr Prälat Grasl sich nie mehr blicken lässt in der Seniorenresidenz, wie soll man da um mehr Geld bitten? Und wie gesagt, sie haben 250 Euro Taschengeld erhalten, Schwester Bernadette 150 Euro, Schwester Regina 100 Euro. Und der Herr Kevin Poms, der glaube ich im November letzten Jahres das Geld noch vorbeigebracht hat, hat dann erwähnt, dass es für Schwester Rita kein Geld gibt, weil sie keine Rente hat.

Edith Meinhart
Aber den beiden anderen, also Schwester Bernadette und Schwester Regina, die eine Pension aus ihrer Lehrerinnentätigkeit beziehen, wurde ja auch nicht das gesetzlich zustehende Taschengeld ausgezahlt.

Christina Wirtenberger
Natürlich, weil der Herr Obere, also der Herr Prälat Grasl, er bestimmt, wie viel das sie erhalten.

Edith Meinhart
Eigentlich gäbe es da eine gesetzliche Vorgabe.

Christina Wirtenberger
Es wurde alles nach kanonischem Recht geregelt und ich denke, dass die Ordensschwestern kollektiv. Ich sage nicht, es hat keine der Klosterschwestern ein eigenes Konto. Es gibt ein Konto, wo alle Zugriff haben. Und wenn sie etwas brauchen, fragen sie die Mutter Oberin und die gestattet ihnen dann, diese Summe abzuheben. Ich verstehe nicht, dass man sich so viel erspart hat im Leben. Es waren auf der Hypobank circa 400.000 Euro. Auf der Spängler Bank, der letzte Auszug, den ich weiß oder der uns bekannt ist, ist vom September 2022, da waren 95.000 drauf. Und wenn ein Mensch zusammen mit seinen Mitschwestern so viel erspart hat, denke ich, dass ihm wohl auch 100 Euro Taschengeld im Monat zustehen würden.

Edith Meinhart
Menschen schreiben an die Dunkelkammer, dass sie den Nonnen einen würdevollen Lebensabend wünschen und wegen des Umgangs mit ihnen sogar aus der Kirche austreten oder austreten wollen. Aber sie schreiben auch, dass sie den Nonnen spenden wollen oder sie irgendwie anderweitig unterstützen wollen. Das leite ich auch dann gern weiter an dich. Du erlebst vor Ort auch eine unglaubliche Hilfsbereitschaft. Was passiert da alles? Was hörst du von den Leuten, die sich bei dir bei euch melden?

Christina Wirtenberger
Die meisten Leute schreiben nicht nur, dass sie gerne spenden wollen, sondern dass sie fassungslos sind und sehr entsetzt über das Verhalten von Prälat Grasl, dass er keine Menschlichkeit zeigt oder keine reichende Hand und fragen meistens, ob Hilfe benötigt wird. Es geht jetzt nicht nur, dass sie regelmäßiges Mittagessen erhalten und abends im Moment kocht Schwester Bernadette selber, das war ihr Wunsch, dem haben wir stattgegeben. Das klingt jetzt ein bisschen komisch, aber man muss natürlich berücksichtigen, wie alt die Damen sind. Aber ich sag mal, solange sie es kann und sie kocht sehr, sehr gut, sie war ja Kochlehrerin, leider habe ich ihre guten Qualitäten nicht übernehmen können, ihre Kochkünste. Aber ich sage, solange sie mehr oder minder das kann, dann kann sie sich am Abend selber versorgen. Und wenn sie etwas brauchen, brauchen sie nur anzurufen und dann wird etwas gebracht oder gekocht, vor Ort gekocht. Letztes Mal haben wir Zwetschgenknödel gemacht, die haben wir selber den Teig angerührt, gekocht, abgebraten. Es geht auch so. Also es ist immer ein Weg offen, um den Schwestern alles zu geben, was sie brauchen im Moment.

Edith Meinhart
Wie könnte es denn mit den Schwestern weitergehen? Du hast dich ja von Stunde Null an für sie eingesetzt. Was wäre aus deiner Sicht ein gutes Ende? Welches Bild hast du da vor Augen?

Christina Wirtenberger
Ich wünsche mir eigentlich nur für die Schwestern, dass sie mit dem Herrn Prälat Grasl einig werden und er dem zustimmen würde, dass sie zu Hause bleiben können und dort ihren Lebensabend verbringen dürfen.

Edith Meinhart
Mit mobiler Betreuung, mit Dingen, die sie halt brauchen, organisiert.

Christina Wirtenberger
Richtig, Richtig, genau. Weil es ist möglich. Es ist nicht unmöglich, wenn man sagt, diese Schwestern, es ist nicht behindertengerecht. Sie hatten Treppenlifte, sie hatten ein pflegegerechtes Bad. Das haben sie alles schon selbst eingebaut, umgebaut und die Treppenlifte wurden entfernt. Natürlich ist es jetzt im Moment sehr mühsam für die Damen, aber wir hoffen, dass wir mit den Spenden zum Beispiel neue Treppenlifte installieren können.

Edith Meinhart
Hat sich Propst Markus Grasl irgendwann geäußert, wo der Treppenlift, der abmontiert wurde, sich jetzt befindet, wurde der verkauft? Den könnte man ja auch wieder montieren.

Christina Wirtenberger
Ich habe leider keine Ahnung. Also er hat sich ja, wie erwähnt, bis jetzt leider nicht gemeldet. Wir wissen nicht, wo die Treppenlifte sind.

Edith Meinhart
Christina, du hast erwähnt, dass die Schwestern im Altersheim auch recht niedergeschlagen waren; die Schwester Regina war sehr krank, wollte, glaube ich, auch ihr Bett nicht mehr wirklich verlassen. Und jetzt hat man das Gefühl, die drei sind richtig aufgeblüht, kämpfen sich die Treppen rauf und runter, um in die Kapelle zu kommen, kochen, reden mit den Leuten und sind eigentlich total aufgeweckt. Schwester Rita will im Garten arbeiten. Hat sich das geändert durch den Umzug? Erlebst du sie heute anders?

Christina Wirtenberger
Auf jeden Fall. Ich möchte da noch auf ein Ereignis hinweisen. Es war im Dezember 24 als Schwester Regina über Schmerzen klagt im Bein, und sie hat noch ein bisschen schwer geatmet. Ich habe sie gefragt, ob sie Grippe hätte und sie gesagt: Nein, nur ein bisschen Husten. Nach drei Wochen im Jänner ging es ihr immer noch sehr schlecht. Sie hat gesagt, die Schmerzen im Bein haben sich verstärkt. Ich habe gemerkt, auch der Husten war schlimmer. Und Schwester Bernadette hat dann gesagt zu uns, dass sie schon dreimal nach der Ärztin gefragt hat, die aber leider nicht gekommen ist. Und wir haben sie dann zu den Barmherzigen Brüdern gebracht nach Salzburg. Das war ihr Wunsch, diese Klinik. Und dort wurde dann eine Lungenentzündung festgestellt, ein Unterleibsinfekt, eine schwere Thrombose, an der sie wahrscheinlich, Aussage der Ärztin, verstorben wäre, wenn sie nicht behandelt worden wäre. Und vor allem, sie war sehr schwer dehydriert. Also kann ich diese Statements nicht nachvollziehen, die der Herr Schiffl schreibt, es würde ihr deswegen so gut gehen im Moment, wegen der langanhaltenden Pflege in Kahlsperg, weil Schwester Regina geht es erst wieder gut, seit sie wieder zu Hause ist. Sie benutzt sehr selten den Rollator, sie geht oft alleine oder mit dem Stock. Wir sind am Sonntag nur mit dem Stock in die Kirche gegangen. Sie isst wieder, sie mag sogar Kuchen. Also, sie hat jetzt zugenommen ein bisschen. Und ich denke, das ist nicht der Pflege von Kahlsperg zuzuschreiben.

Edith Meinhart
Der Herr Schiffl ist der erwähnte Krisen-PR-Manager, der vom Stift Reichersberg angeheuert wurde. Du hast gesagt, sie haben nach einer Ärztin gefragt. Das heißt, sie haben im Altersheim die Leitung des Altersheims gebeten um eine medizinische Versorgung und diese nicht erhalten?

Christina Wirtenberger
Ja, das ist richtig so. Schwester Bernadette hat dreimal gefragt: Können Sie uns bitte die Ärztin vorbeischicken, weil Schwester Regine Schmerzen im Bein hat, zur Abklärung? Aber es ist nie jemand gekommen. Und auch Schwester Rita. Ich habe bemerkt, dass sie Wasser im Bein hat und manchmal hat sie so Schwindelanfälle. Und in den ganzen eineinhalb Jahren, wo Schwester Rita in dieser Seniorenresidenz war, ist die Ärztin nicht einmal zur Abklärung vorbeigekommen. Wir haben sie dann mit Hilfe einer namhaften Familie in Salzburg, die das übernommen hat, zu einem Facharzt gebracht, der das abgeklärt hat und es wurde Gott sei Dank nur eine leichte, eine leichte Herzinsuffizienz festgestellt.

Edith Meinhart
Aber es müsste im Altersheim eine Pflegedokumentation geben, wo das aufscheint. Ich glaube, Betroffene haben auch das Recht, darin Einsicht zu nehmen.

Christina Wirtenberger
Als wir umgezogen sind, versuchten wir vom Altersheim die e-Card zu erhalten, die Arztberichte, also die Pflegedokumentation. Und da wurde uns mitgeteilt, dass es keine Pflegedokumentation gibt. Ich kann das jetzt nicht bestätigen, habe nie eine erhalten und ich habe dann die Sache dem Anwalt übergeben, damit er uns diese Dokumente über den Rechtsanwalt der Caritas, ich muss noch dazu sagen, es ist ja keine katholisch geführte Seniorenresidenz mehr, sondern sie wird, glaube ich, seit 2017 bereits von der Caritas verwaltet. Und der Anwalt hat sich dann an den Anwalt der Caritas gewendet mit der Bitte um Herausgabe dieser Dokumente. Ist leider bis heute noch nicht erfolgt.

Edith Meinhart
Aber das heißt, was du sagst, ist, dass aus deiner Wahrnehmung die Behauptung, dass es den Schwestern im Altersheim so gut gegangen ist, dass sie da pflegerisch, medizinisch so gut versorgt waren, im Unterschied zum Kloster, wo sie jetzt quasi von Verwahrlosung bedroht sind, wie das in einem Statement sogar einmal geschrieben wurde, nicht stimmt.

Christina Wirtenberger
Nein, das stimmt absolut nicht. Also wir gehen morgen zum Beispiel mit zwei Schwestern zum Arzt bzw. Zur Ärztin. Sie haben jetzt von dem Internisten neue Medikation erhalten, die Ärztin wird das mit ihnen besprechen und die Einnahme und so weiter. Und es wird ja, wie gesagt, wir umsorgen ja die Schwestern. Es gibt Essen, es gibt Getränke, es gibt Medikation und den Schwestern geht es wieder gut. Also sie haben ihre Freiheit wieder.

Edith Meinhart
Was ist, wenn die Hilfsbereitschaft einmal abreißt? Ich meine, man muss das ja jetzt nachhaltig auf die Beine stellen. Gibt es da Versuche, das zu machen?

Christina Wirtenberger
Ja, wie gesagt, wir haben jetzt dann eine medizinische Betreuung, die täglich kommt. Wir haben eine Hausarzthilfe im Moment zweimal wöchentlich. Da wissen wir noch nicht, ob das ausreicht. Könnte sein, dass es auch dreimal wöchentlich jemanden braucht, der staubsaugt, die Betten frisch bezieht und so weiter. Auch wenn die Schwestern sagen, sie können das alleine, auf das möchte ich nicht bauen. Es sind doch drei ältere Damen und ich finde, denen sollte man ein bisschen hegen und pflegen und es ihnen gut gehen lassen.

Edith Meinhart
Liebe Christina, ich danke dir sehr herzlich für das Gespräch.

Christina Wirtenberger
Liebe Edith, ich danke dir auch für die Einladung.

Autor:in:

Edith Meinhart

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