Rohrer bei Budgen
"Sparbudget ist eine Mogelpackung"

In Folge 8 von "Rohrer bei Budgen" spricht Innenpolitik-Journalistin Anneliese Rohrer bei ORF-Moderator Patrick Budgen über das präsentierte Sparpaket des Finanzministers. Warum sie es für eine Mogelpackung hält, erzählt sie in der akutellen Folge. Weitere Themen: die Anklage gegen ÖVP-Politiker August Wöginger, ein nicht singender Parlamentspräsident und das Politikum Song Contest.

Patrick Budgen
Hallo und herzlich willkommen. Das ist Rohrer bei Budgen der politische Podcast. An dieser Stelle wollen wir alle zwei Wochen die politischen Geschichten des Landes, die Aufreger, die Skandale, kurzum alles, worüber gesprochen wird, analysieren und einordnen. Wir, das bin ich, Patrick Budgen, seit 20 Jahren ORF Journalist und Moderator und sie muss sich wie immer nicht vorstellen, sie ist die Stimme im heimischen Innenpolitikjournalismus. Vielfach ausgezeichnet. Frau Dr. Anneliese Rohrer, hallo.

Anneliese Rohrer
Hallo.

Patrick Budgen
Bevor es losgeht mit Folge 8, mittlerweile eine kurze Werbung in eigener Sache. Wer uns gerne zuhört bei diesem Podcast, der sollte sich den 17. Juni 2025 notieren, ist nicht mehr allzu weit hin. Da machen wir nämlich einen Live Podcast vor Publikum und zwar um 20 Uhr in der Kulisse in Wien Hernals. Und ein paar Tage davor dürfen wir zu Gast sein bei der Podcast Nacht von Missing Link am 13.06 im Ehrbar Saal im vierten Bezirk mit vielen anderen spannenden Podcastern zwischen und 23 Uhr. Wir haben die Primetime, Frau Dr. Wir freuen uns sehr, wenn viele zuhören kommen.

Eine Stunde und 14 Minuten hat die lang erwartete Budgetrede des neuen Finanzministers im Hohen Haus gedauert. Dabei hat Markus Marterbauer von der SPÖ skizziert, wie und vor allem wo heuer noch 6,4 Milliarden Euro eingespart. Werden sollen, ob es dabei noch große Überraschungen gegeben hat und was das für uns alle bedeutet. Das und noch viel mehr wollen wir heute besprechen. Frau Dr. Die erste so eine Budgetrede gilt ja immer als großer Auftritt für einen Finanzminister. Wie hat sich denn Herr Matterbauer geschlagen aus Ihrer Sicht?

Anneliese Rohrer
Naja, er hat sich gar nicht geschlagen. Er war, wie er wahrscheinlich normal ist. Er hat überhaupt nichts dazu getan oder irgendwie gezeigt, dass das eine große Sache ist. Das ist vielleicht sein Asset. Ruhig. Manche Sätze sind in der Ruhe untergegangen, aber er hat es abgelesen. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht.

Also es war ereignislose Budgetrede.

Patrick Budgen
Sie waren ja selber im Parlament, haben sich das angeschaut. Wie war denn die Atmosphäre? Wie war die Reaktion seiner Parteifreunde? Der Regierungsparteien. Was haben Sie da mitbekommen?

Anneliese Rohrer
Patrick Das war ja das Erstaunliche. Es war alles wirklich low key. Er war low key. Er war sehr low key, nicht im Inhalt. Und die Reaktion war weder ablehnend noch wirklich zustimmend.

Patrick Budgen
Sie haben ja gesagt, Sie waren überrascht, dass es relativ wenig oder verhaltenen Applaus gegeben hat von den Regierungsparteien. Worauf führen Sie das zurück?

Anneliese Rohrer
Ich glaube, die übertreiben den low key im Moment.

Patrick Budgen
Alles low key. Ich würde sagen, hören wir mal kurz in die Rede hinein. Einen kurzen Ausschnitt haben wir vorbereitet aus der Budgetrede von Markus Marterbauer:

"Es werden ohne Zweifel ein paar harte Jahre. Jeder und jede wird die Budgetsanierung spüren. Alle werden dazu beitragen, aber die Lasten werden gerecht verteilt. Unser Handeln wird von Transparenz und laufender.Information der Öffentlichkeit über die Lage der Staatsfinanzen geprägt sein."

Patrick Budgen
Der Finanzminister Jeder wird das Sparpaket spüren. Alle müssen einen Beitrag leisten. Aber Frau Doktor trifft es wirklich alle gleich?

Anneliese Rohrer
Dieses Sparpaket vorweg, das ist das, was man Ihnen oder der Regierung vorwerfen kann, dass Sie das als Sparpaket verkaufen. Das ist kein Sparpaket, weil das, was Sie im Budget einsparen, das nehmen Sie den Leuten weg. Ob das über alle gleich verteilt ist, wage ich zu bezweifeln, wird sich aber im Zuge der Budgetdebär herausstellen. Aber dieses Budget als Sparbudget zu verkaufen, ist eine Mogelpackung. Da muss man leider den Kritikern recht geben.

Patrick Budgen
Wie würden Sie es stattdessen nennen?

Anneliese Rohrer
Erhöhungsabräum, Abräumbudget mit Griff in die Tasche. Aber das Interessante ist ja, er greift tief in die Tasche von Ob er gleichzeitig bei allen so tief greift, wird sich herausstellen, Aber die Reaktion ist, als würde er eine Schmeicheleinheit verteilen. Ich meine, er ist unglaublich populär. Die Leute werden das wahrscheinlich erst später spüren, dass das ein harter Griff in die Tasche ist und nicht beruhigungs muss.

Patrick Budgen
Man als Finanzminister am Anfang streng sein. Ich hatte vor wenigen Tagen Ferdinand Lacina in einem Interview, den ehemaligen Finanzminister, und hat gesagt, man muss das am Anfang machen, weil später nimmt einen keiner mehr so richtig ernst. Ist das so?

Anneliese Rohrer
Natürlich. Und für diese Dinge war er zu wenig ernst?

Patrick Budgen
Schon viel ist ja schon durchgesickert vor dieser Budgetrede, welche Einsparungsmaßnahmen kommen sollen. Welche ist denn jetzt, wo alles am Tisch liegt, für Sie die massivste Einsparung, wo sagen Sie, das werden die Leute am meisten spüren. Sind es die Pensionisten?

Anneliese Rohrer
Ich bin Pensionistin, aber mein Gott, die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge für die Pensionisten trifft sicher die Mindestpensionisten härter. Aber auch hier wieder, Sie ersparen sich immer die Feintunung. Sie ersparen sich das nicht generell zu machen. Aber das haben immer alle Regierungen mit der Behauptung, das ist zu viel Bürokratie.

Patrick Budgen
Gemacht, so wie man ausschüttet mit der Gießkanne dann auch wegnehmen, meine ich, was das Pendant wäre.

Anneliese Rohrer
Dann aber noch einmal, auch das ist keine Einsparung. Das Geld, das durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge bei den Pensionisten hereinkommt, ist keine Einsparung. Das ist eine wirkliche, welche Sprachverdrehung? Das sind Einnahmen, die Leute sparen sein, aber nicht der Staat.

Patrick Budgen
Betroffen sind eben die Pensionisten. Auch die Familien. Die Valorisierung der Familienbeihilfe wird es nicht mehr geben. Wie schwer, glauben Sie, ist denn das für die SPÖ als Partei der unter Anführungszeichen kleinen Leute, das mitzutragen?

Anneliese Rohrer
Naja, das wird sehr schwer sein oder ist sehr schwer. Offenbar hat es keinen anderen Weg gegeben.

Patrick Budgen
Viele dieser Maßnahmen könnte man sich sparen, wenn es eine Vermögens oder Erbschaftssteuer gäbe, sagt die SPÖ auch Marterbauer macht ja keinen Hehl daraus, was er eigentlich dafür wäre. Können Sie sich vorstellen, dass das in dieser Legislaturperiode noch einmal ein Thema wird? Oder ist das vom Tisch?

Anneliese Rohrer
Das ist in den nächsten Jahren, glaube ich, vom Tisch. Was mich wundert, ist, dass da überhaupt nicht mit einem Satz außer ich habe es überhört, zum Beispiel ein Kampf gegen die Steuerhinterziehung und gegen die Schwarzarbeit, Weil wenn man die Steuer von der Schwarzarbeit wirklich einheben würde, könnte man das Budget viel schneller sanieren. Da ist überhaupt nichts drin. Überhaupt nichts. Wäre auch kein Ersparen im Staat. Aber da liegt Geld, das man einfach nicht anrühren will. Aus welchen Gründen immer.

Patrick Budgen
Können Sie sich vorstellen, warum?

Anneliese Rohrer
Ja, weil es wahrscheinlich Klientel der ÖVP ist. Häuslbauer, Gewerbetreibende, Installateure. Das wäre meine Erklärung, weil sonst, ich meine, Linz hat, glaube ich, der Universitätsprofessor in Linz berechnet, dass immer, ich glaube, er hat von Milliarden gesprochen, also hätte.

Patrick Budgen
Man das Budget noch fast gestopft damit. Man hatte das Gefühl, besonders viele Einsparungen betreffen den Bereich Klima, Klimaschutz, viele Maßnahmen der Grünen wurden zurückgenommen. Täuscht dieser Eindruck oder ist das tatsächlich so?

Anneliese Rohrer
Würden Sie sagen, nein, nein, das ist tatsächlich so und das hat auch komischerweise einen Touch von Rache oder von, weiß nicht, Vergeltung oder so irgendwie. Ha? Jetzt können wir aber noch einmal, Patrick, lassen Sie uns den Begriff sparen von diesem Budget wegkriegen. Der Staat, wo spart der Staat?

Patrick Budgen
Das frage ich Sie. Wäre die nächste Frage. Wo spart die Politik eigentlich bei sich selber?

Anneliese Rohrer
Ja, ich kann es Ihnen jetzt im Moment wirklich nicht aufzählen. Ich hab gehört, Sie setzen die Parteienförderung.

Patrick Budgen
Für ein Jahr aus, während alles andere zwei Jahre gilt.

Anneliese Rohrer
Aber so sagen Sie, naja, Sie müssen sich also mit den Bundesländern und was weiß ich was, oder es soll die übernächste Regierung das machen. Ich meine, sind wir ehrlich, die leben davon, würde ich sagen, zu Recht fast, dass es keine FPÖ Regierung gibt. Die Leute sind nach wie vor so erleichtert, dass dieser Kelch nicht alle vermutlich.

Patrick Budgen
Also die 30 Prozent, die die FPÖ gewählt haben, vermutlich nicht.

Anneliese Rohrer
Gut, da ist aber die Minderheit. Aber sonst, das merken Sie, das merke ich, ist ein Aufatmen durch Österreich gegangen, dass uns das ein Sport geblieben ist, genauso wie jetzt in Rumänien zum Beispiel mit dem Präsident. Davon lebt diese Regierung und das könnte sie, und das ist vielleicht die Hauptkritik, das könnte sie für wirkliche im Staat Einsparungsmaßnahmen nützen und das hat sie in dem Budget nicht gemacht.

Patrick Budgen
Was natürlich nicht so ganz schwer ins Gewicht fallen würde, sind die Dienstwägen, wenn man die downgraden würde. Aber trotzdem, Frau Doktor, Sie verzerren das Gesicht. Wir haben letztes Mal schon darüber gesprochen, aber ich würde gerne wissen von Glauben. Sie unterschätzen die Politik manchmal die Macht der Symbolik. Also das macht ja auch was ein Bild. Also wenn man sagt, die fahren alle fette Audis und BMWs.

Anneliese Rohrer
Ja, was die Politik wahrscheinlich unterschätzt, ist das Neidpotenzial in der österreichischen Gesellschaft und daher unterschätzt sie auch die Symbolik. Noch einmal erinnere ich daran, dass zum Beispiel Hannes Andrusch nicht wegen der Steuer zurückgetreten ist, sondern wegen seiner 100 Anzüge oder der Torte. Für den Opernball um Schilling damals. Natürlich unterschätzt die Politik das und das ist ja auch unverständlich. Langsam müssten Sie wissen, wie das wirkt, nur ehrlich, weil der Herr Schellhorn nicht weiß, wie er sich als Staatssekretär zu benehmen hat und was er zu sagen hat. Jetzt von der Budgetbelastung abzulenken auf die Dienstwegen. Das finde ich wirklich ledsklassig.

Also wenn man sich vorstellen, wenn der Mann, der zuständig ist für die große Verwaltungsreform, wo Milliarden drinnen liegen würden, hergeht und über die Reform der Dienst wegen. Spricht ihr heute für einen Angriff auf die Intelligenz?

Nicht mehr, nicht weniger.

Patrick Budgen
Schön zusammengefasst, Wir haben noch gar nicht so viel über die Opposition gesprochen. Wie groß war denn der Aufschrei der Opposition nach dieser Budgetrede bei der Debatte am Tag danach?

Anneliese Rohrer
Nicht übermäßig. Nein, da haben wir schon andere Sachen erlebt.

Patrick Budgen
Ich würde gerne noch beim Thema Geld bleiben. Vor wenigen Tagen ist dann in Sachen Wirtschaft die nächste Hiobsbotschaft für Österreich gekommen. Wir befinden uns in der EU derzeit auf dem letzten Platz, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Das einzige Land, in dem das Wirtschaftswachstum heuer sogar zurückgehen wird. Was bedeutet das für unser Land? Kann man das schon absehen?

Anneliese Rohrer
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein. Das bedeutet das, was der Bundeskanzler Stocker, auch so ein ruhiger Typ in Vorarlberg, gesagt Wir müssen mehr arbeiten. Aber das heißt, das setzt voraus, dass die Regierung eine gewisse Popularität erreicht und das den Leuten klar macht, die Geschichte mit der Kurzarbeit und Work Life Balance und es zahlt sich nicht aus. Aber das hören wir bitte die letzten was lang vor 2017 aber seit 2017 ständig. Es muss sich auszahlen. Und als Pensionistin weiß ich, wovon ich rede. Als Pensionistin, die weiterarbeitet meinen Zusatz Einkünfte aus der Extraarbeit nach der Pension raten Sie, wie viel mir da bleibt.

Patrick Budgen
Ich trau mich nicht. Sie meinen prozentuell oder wie viel Prozent.

Anneliese Rohrer
Ihnen bleiben Wie viel Prozent nach Abzug der Steuern und der höheren Steuerklasse, weil das ja auf die Pension zu der doppelten versicherungen Die Hälfte, 50 Prozent wär fein dreiig, wirklich dreiig. Und dann sagen Sie, wir müssen mehr arbeiten.

Patrick Budgen
Vielleicht sollten Sie auch pfuschen, Frau Doktor, Wo wir schon drüber gesprochen haben.

Anneliese Rohrer
Was ist mit Ihrer Steuer? Nein, sicher nicht.

Patrick Budgen
Wer würden Sie sagen oder was ist für diese traurige Bilanz verantwortlich, dass wir.

Anneliese Rohrer
Jetzt auf dem letzten Platz Da gibt es die kurzfristigen Geschichten und das ist die die sorglose Koste es was es wolle Politik. Ich finde das ja wirklich fantastisch, dass keiner oder so bezeichnet für Österreich, dass keiner, der dafür verantwortlich war seit 2020 irgendwie sich jetzt um diese Misere kümmern muss oder sich niemand hingestellt hat und gesagt hat Herrschaft, es tut uns leid, wir wussten es damals nicht besser.

Patrick Budgen
Im Gegenteil, Sie sind sogar mit Top Jobs belohnt worden.

Anneliese Rohrer
So ist es. Aber niemand aus dieser ganzen Wie viele Regierungen waren das seit 2017?

Patrick Budgen
Gefühlt waren es viele, aber es waren gar nicht so viele.

Anneliese Rohrer
Niemand. Und das finde ich wirklich schlimm. Und da brauchen Sie sich nicht beklagen, dass die Politik an Glaubwürdigkeit verliert, weil das ist also das ist der eine Grund. Der zweite Grund in meinen Augen ist eben, dass sie der Bevölkerung nicht klar Die Party ist vorüber, ihr müsst mehr arbeiten, das traut sich niemand sagen. Dann kommt die Arbeiterkammer und Ja, aber da müssen die Jobs sein, dann kommt die Wirtschaft und Ja, aber das muss ich für die Wirtschaft auszahlen. Wir brauchen Unterstützung und die Unterstützung kann die Regierung nicht geben, weil sie vorher das Geld beim Fenster rausgehauen hat. Das ist ganz einfach.

Patrick Budgen
Bleiben wir noch örtlich im Hohen Haus und sprechen wir über den Klubobmann der ÖVP, August Wöginger. Gegen ihn ist ja vor wenigen Tagen Anklage von der Wirtschafts und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhoben worden und zwar wegen des Verdachts auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Wie überraschend ist diese Anklage gekommen für Sie?

Anneliese Rohrer
Naja, schon überraschend. Nicht wegen Wöginger oder nicht wegen der Tatsache, aber ich glaube ehrlich gestanden, das sind Praktiken gewesen. Man beschuldigt ihm einer Praxis, die er Einfach als hundertprozentiger ÖVPler, der gestern hat das wieder gesagt im report, der seit 20 Jahren in der Politik ist, der kennt es nicht anders.

Patrick Budgen
Ist das eine Entschuldigung?

Anneliese Rohrer
Nein, ist keine Entschuldigung, ist eine Erklärung. Wenn er jetzt drauf kommt, dass das vielleicht doch nicht so Usus ist oder sein soll, wie er es und die Leute in der ÖVP seit Jahrzehnten praktiziert. Gut so.

Patrick Budgen
Was wird ihm denn genau vorgeworfen? Können Sie das unseren Hörerinnen und Hörern?

Anneliese Rohrer
Naja, es wird ihm vorgeworfen, dass er durch eine Intervention für einen Parteifreund in ein, muss man sich vorstellen, Finanzamt, das sind unsere Probleme in Oberösterreich, interveniert haben und dieser Parteifreund dann für diese Amtsführung dem anderen vorgezogen worden ist. Das wäre eine, wäre streng gesprochen eine unzulässige Intervention aus parteipolitischen Gründen, aber noch einmal. Das ist etwas, was der Herr Wöginger seit Jahrzehnten kennt und was nicht nur in der ÖVP ist. Jetzt kommt es darauf an, Hat er wirklich mehr, als dass er dem gesagt Schaut er den an?

Hat er wirklich interveniert? Ist eine andere Sache. Wird er auch überrascht sein, dass das plötzlich strafbar sein soll? Ich meine, das ist schon für die politische Hygiene schon gut. Ich glaube nur ehrlich gesagt nicht, dass da ein Straftatbestand herauskommt. Aber wie will er das beweisen?

Patrick Budgen
Das wird das Gericht klären. Sie haben schon angesprochen, er hat sich gestern nach tagelangem Schweigen zum ersten Mal dazu geäußert im Report im ORF bei Eva Linsinger. Und da hören wir ganz kurz hinein. Ich bin überzeugt davon, dass ich mir nichts zuschulden kommen habe lassen. Und ich habe auch immer gesagt in dieser Angelegenheit, dass ich mich natürlich gefreut habe, dass ein Kandidat aus meiner Region für diese Position zum Zug gekommen ist. Und ich habe nie Einfluss auf die Kommission genommen, die letzten Endes entschieden hat. Und ich habe auch die anderen Bewerber nicht gekannt und ich hielt den Kandidaten, den ich weitergeleitet habe, auch für untadelig und für qualifiziert.

Sie haben es eh schon ein bisschen vorweggenommen, Frau Dr. Aber wie beurteilen Sie denn seine Reaktion quasi? Er ist sich keiner Schuld bewusst?

Anneliese Rohrer
Ne, er ist ein in der Wolle gefärbter ÖVP Politiker, noch dazu Oberösterreich, noch dazu im ländlichen Gebiet. Der hat kein subjektives Schuldbewusstsein. Sicher nicht.

Patrick Budgen
Eva Liensinger hat ihn das eh auch gefragt, ganz zu Beginn. Es gibt Politiker, die treten schon zurück. Wenn es einen Verdacht gibt, dann auf jeden Fall bei einer Anklage. Er sieht da keinen Grund dafür. Würden Sie ihm einen Rücktritt nahelegen?

Anneliese Rohrer
Ja, natürlich. Erstens, weil ich Rücktritte liebe, wirklich sehr. Journalistisch finde ich hervorragend, weil das Adrenalin steigt und es wird niemand verletzt und es ist niemand tot und es gibt keine Katastrophe. Aber journalistisch ist das natürlich aufregend. Ich glaube nur im Fall des Ja, vielleicht belehrt mich das Gericht eines Besseren, aber im Fall des Wöginger, ich weiß ja nicht, warum er nicht sagt dasselbe mit dem Kurz beim Untersuchungsausschuss. Ich weiß nicht, warum der Wöginger nicht Das ist bei uns so Praxis. Der Kurz hätte auch sagen können, natürlich habe ich das gewusst, weil das ist ja meine Aufgabe als Bundeskanzler.

Patrick Budgen
Vielleicht hat er doch mehr subjektives Schuldbewusstsein, als Sie ihm attestieren.

Anneliese Rohrer
Ganz schön. Wir werden es sehen.

Patrick Budgen
Wir werden sehen. Bleiben wir noch im Parlament örtlich.

Es ist jetzt Mittwoch, 21. Mai Vormittag, während wir hier sprechen. Und gleichzeitig bringt die FPÖ im Hohen Haus einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss ein. Der hat den Kurztitel ÖVP Machtmissbrauchsuntersuchungsausschuss. Ein ziemlicher Zungenbrecher. Die Freiheitlichen wollen damit die Ermittlungen zum Tod von Christian Pilnak und die Corona Maßnahmen unter einen Hut bringen. Was halten Sie denn von dieser Vermengung, von dieser Vermischung dieser beiden Themen?

Anneliese Rohrer
In einem U Ausschuss wird man sehen, wie fantasievoll Sie das hinkriegen. Wenn Sie es nicht hinkriegen, ist der Untersuchungsausschuss von vornherein eigentlich zur Ineffektivität verurteilt. Wie soll das gelöst werden? Also prima vista und die Leute draußen sehen keinen Zusammenhang zwischen Pynacek und Corona.

Patrick Budgen
Warum macht die FPÖ das? Dann würden Sie sagen, Doppelschlag gedacht.

Anneliese Rohrer
Es gibt ja immer nur einen Untersuchungsausschuss. Wenn der Binak jetzt oder der Corona Jahr läuft, dann können Sie den Pilner vergessen, nehme ich mal an. Es ist aus parlamentarisch mit einer Klatsche Ökonomie.

Patrick Budgen
In der Causa Pilnak hatte die Oberstaatsanwaltschaft Wien die Prüfung einer Fortführung der Ermittlungen zum Tod von Pilnak angeordnet. Wohl auch auf den massiven Druck von Peter Pilz hin. Sollte diese Prüfung abgewartet werden. Würden Sie sagen, bevor man so einen Untersuchungsausschuss einsetzt?

Anneliese Rohrer
Nein, das glaube ich nicht, weil der Untersuchungsausschuss muss sich eigentlich nur mit den politischen Zusammenhängen beschäftigen und da sind sehr viele Fragen offen. Wenn Sie die alle erklären können oder klären können, ist schon viel getan, weil ich glaube auch nicht, dass strafrechtlich neue Sachen rauskommen.

Patrick Budgen
Was sagt denn Ihr journalistisches Gefühl? Ist in der Causa alles sauber abgelaufen?

Anneliese Rohrer
Patrick Wissen Sie, was mein Gefühl sagt, was weniger Gefühl wie Nase, irgendwas stinkt und das vielleicht zu Unrecht. Aber dieses Gefühl, dass da irgendwas nicht richtig abgelaufen ist, das muss man aufklären, das muss man beseitigen und da sind zu viele politische Dinge drin. Die Mitarbeiterin des Sobotka Warum?

Was war mit dem Laptop? Das kann man ja alles nachvollziehen. Bunsenbrenner ja, aber eher der Laptop, warum landet der dann bei der Kronenzeitung? Der Bunzenbrenner seiner Frau. Ich mein, das ist schon, muss man sagen, für Österreich wirklich eine juicy Angelegenheit. Der Star der Justiz über so viele Jahrzehnte, dann gibt es eine Ehefrau, dann gibt es eine Freundin, dann gibt es ein Telefonat, dann gibt es das und jenes. Das ist für Österreich schon eine wirklich aufklärungsbedürftige Sache.

Und in meiner Erfahrung, weil sich jeder jetzt am Pilz abarbeitet und ich auch sehr skeptisch bin, sehr. Aber ich erinnere daran an den Fall Lucona, wo alle alles schon eingestellt haben und nur der Journalist Bretter Ebner dran geblieben ist. Und was war das Resultat? Der Nachweis, dass der Udo Proksch das Schiff in die Luft springen hat lassen. Es muss nicht sein, aber da muss man wirklich an die Wurzel gehen.

Patrick Budgen
Was glauben Sie, kann denn am Ende von so einem Untersuchungsausschuss da herauskommen oder was soll da herauskommen?

Anneliese Rohrer
Naja, es sollte herauskommen, ob die Polizei mit irgendwelchen politischen Ratschlägen, sagen wir so, versorgt worden ist.

Patrick Budgen
Mir fällt gerade auf, es ist ein bisschen eine Parlamentssendung heute, denn auch das nächste Thema spielt wieder im Hohen Haus. Machen wir hohes Haus. Und zwar geht es um 70 Jahre Staatsvertrag. Wir wollen gleich darüber sprechen, was Ihnen da beim Festakt aufgefallen ist, finde ich nämlich sehr, sehr spannend. Davor habe ich eine persönliche Frage an Sie. Am 15. Mai 1955 als der Staatsvertrag unterzeichnet wurde, waren Sie zehn Jahre alt?

Anneliese Rohrer
Bitte elf?

Patrick Budgen
Waren Sie schon im September sind Sie geboren oder waren Sie dann?

Anneliese Rohrer
Ach so, machen wir Kinder.

Patrick Budgen
Waren Sie zehn? Habe ich gut recherchiert. Haben Sie irgendwelche Erinnerungen an diesen Tag?

Anneliese Rohrer
Gar nicht, gar nicht.

Patrick Budgen
Also in Kärnten damals, der er Jahre?

Anneliese Rohrer
Weder so noch so, weder negativ, gar nicht.

Patrick Budgen
Aber natürlich, aus Ihrem Wissen als langjährige Journalistin, können Sie uns erzählen oder erklären vielleicht vielen Hörerinnen und Hörern, die nicht ganz so firm sind, was steht da genau drin im Staatsvertrag? Warum war der so wichtig damals?

Anneliese Rohrer
Naja, das war wichtig für den Abzug, für die Erlangung der Souveränität, für den Abzug der Besatzungsmächte, für das Festschreiben der Verpflichtungen Österreichs, vor allem eben Dieser berühmte Artikel 7 für den Umgang mit den Zahlungen an die Rußen und aber nicht im Zusammenhang mit der Neutralität, mit dem Staatsvertrag, die Verabschiedung des Neutralitätsgesetzes im Oktober.

Patrick Budgen
Darauf im selben Jahr, glaube ich. Genau. Welche Bedeutung hat der Staatsvertrag heute noch?

Anneliese Rohrer
Würden Sie sagen, Ich war da unlängst bei einer Diskussion in der Diplomatischen Akademie und war sehr erstaunt, wie der Vertreter des Außenamts gesagt Der Staatsvertrag ist in vielen Teilen obsolet. Also ich hoffe, das hat niemand von den Signatarmächten gehört. Aber er hat natürlich schon auch kuriose Dinge drinnen, wie zum Beispiel die Erhaltung des Russendenkmals in Wien. Wir sind, glaube ich, das einzige Land in unserer Region, das noch ein Russenheldendenkmal am Schwarzenbergplatz, am Wiener Schwarzenbergplatz hat, während alle anderen ihre Russendenkmäler schon verräumt haben. Aber man kann das nicht anrühren, weil.

Patrick Budgen
Staatsvertrag Das Jubiläum ist am 15. Mai. Am Jahrestag im Parlament gefeiert worden mit Vertretern der Politik, der Spitzenpolitik. Der Bundespräsident war da, Botschafter, Kirchenvertreter. Das ist live übertragen worden. Sie haben sich das angeschaut, wie fast alles, was politisch im Fernsehen übertragen wird. Und Ihnen ist dabei was aufgefallen?

Haben Sie mir erzählt, was denn mir.

Anneliese Rohrer
Ist aufgefallen und ich weiß noch immer nicht, warum man das gemacht hat, dass in der ersten Reihe der Regierung und des Parlaments daher Präsident Rosenkranz der Einzige war, der nicht einmal angedeutet hat, dass er die Bundeshymne singen will, oder vielleicht konnte er den Text nicht, was natürlich für den zweithöchsten Mann im Staat schon eine bemerkenswerte Angelegenheit war. Oder er hat absichtlich, absichtlich geschwiegen. Es war sehr auffallend.

Patrick Budgen
Haben Sie, Sie haben viel darüber nachgedacht, nehme ich an. Was ist Ihre Erklärung, warum er das gemacht hat, warum er nicht mitgesungen hat?

Anneliese Rohrer
Naja, ich würde das einordnen in der ganzen FPÖ Geschichte, weil das war ja nicht das Einzige, was mir aufgefallen ist oder allen auffallen hätte sollen, sondern auch die Tatsache, dass von allen Klubobleuten der Herr Kickl nicht dort war, der Einzige.

Patrick Budgen
Der nicht dort war, oder von den Klubobleuten?

Anneliese Rohrer
Ja, sag ich ja von allen. Der Einzige, der nicht dort war, der hat den Clubdirektor geschickt. Da wurde der Clubdirektor darauf angesprochen, hat der Klubdirektor gesagt, wir haben so viel gute Leute, wir teilen uns das auf. Das bitte ist eine Orfang.

Patrick Budgen
Für wen?

Anneliese Rohrer
Für das System Österreich. Wenn der Kickl als Klubobmann ist, eine offizielle Funktion nicht erscheint bei einem Festakt über 70 Jahre Staatsvertrag, ist es nicht zufällig, Und in der Kombination, dass der FPÖ Nationalratspräsident nicht einmal Lip singt, also nicht einmal den Anschein erweckt, als würde er die Hymne mitsingen, dann ist das irgendein Statement. Und das finde ich wirklich schlimm.

Patrick Budgen
Aber spannend, dass das nirgendwo gestanden ist, offenbar nur Ihnen aufgefallen. Ich habe es mir nämlich noch mal angeschaut. Es ist wirklich sehr demonstrativ gewesen und.

Anneliese Rohrer
Auch die Tatsache, dass der Clubdirektor dorthin geschickt wird und der Kicklkatz, der war lächerlich. Das ist apropos Symbolpolitik, das ist wirklich bemerkenswert gewesen.

Patrick Budgen
Von einem nicht singenden Spitzenpolitiker. Kommen wir jetzt zu einem singenden Countertenor. Es ist ein bisschen ungewöhnlich für unseren politischen Podcast, aber ich würde zum Schluss gern auch noch über den Song Contest sprechen. Ich habe schon gehört in unserer Eingangsfrage, Sie sind jetzt nicht der größte ESC Fan, Sie haben demnach nicht geschaut, nehme ich an.

Was sagen Sie zum Lied von JJ, Wasted Love? Haben Sie das schon gehört?

Anneliese Rohrer
Nein, aber ich sag das gebe ich zu, das ist eine Generationengeschichte. Ich mein, was mache ich mit 80 mit so einer Musik?

Patrick Budgen
Naja, das ist Klassik.

Anneliese Rohrer
Nein, Ja, Klassik, nein, nein, da leiste ich mir den Luxus. Das ist nicht mehr meine Zeit.

Patrick Budgen
Also ich habe es extrem cool gefunden. Ich bin hier im Raum offenbar der einzige Song Contest Fan. Der Manuel ist auch nicht so der große Fan, aber ich würde den Bogen zur Politik gern spannen. JJ ist ja dann nach seiner Rückkehr nach Österreich von den Spitzen der Bundesregierung empfangen worden. Jeder hat ein Selfie mit ihm gemacht. Auf Social Media habe ich Babler, Stocker, Meinl, Reisinger, alle haben Selfies mit ihm gemacht. Wie finden Sie, dass die Politik diesen Sieg so für sich nützt?

Anneliese Rohrer
Naja, ich meine, die Politik macht das eigentlich immer wieder. Das Größte war, glaube ich, die Rückkehr des Karl Schanz, nachdem er von den Olympischen Spielen in Japan ausgeschlossen wurde. Das war eine hervorragende, unter Anführungszeichen, Manipulation eines Sportlers. Der Bundespräsident hat sich gleich gerührt gegeben. Was für eine Show, was für eine Stimme, was für eine Stimme stimmt ja. Und Sie glauben, Sie können dadurch Punkte machen. Tut es mir leid, weil Punkte machen sollten Sie mit dem Budget, aber es ist eigentlich nebensächlich.

Patrick Budgen
Jedenfalls, kaum war JJ wieder zurück in Wien, ist auch schon die Diskussion losgegangen, wo der Song Contest nächstes Jahr in Österreich stattfinden soll. Wien hat sich gleich beworben oder gemeldet. Bürgermeister Ludwig, St. Pölten, Graz, Innsbruck, Wels und Linz im Doppelpark und auch ganz lustig finde ich Oberwart, weil sie den Musikantenstadl schon richtig mehrfach, nämlich mehrfach. Glauben Sie, hat eine andere Stadt außer Wien überhaupt eine Chance, das auszutragen?

Anneliese Rohrer
Wie wäre es mit Igels?

Patrick Budgen
Wieso?

Anneliese Rohrer
Naja, die haben ja Erfahrung in so Großveranstaltungen.

Patrick Budgen
Vielleicht hört uns jemand zu, es kommt noch nie. Ich würde gerne das noch abschließen, auch an der politischen Frage zum Thema. Wir stecken ja mittendrin, haben wir schon besprochen, in wirtschaftlich sehr schweren Zeiten. Es gibt politische Beobachter, die meinen, man sollte jetzt auf die Austragung des Song Contests in Österreich verzichten, wegen der Finanzen und der Optik. Da sind wir wieder bei der Optik. Würden Sie das gut finden?

Anneliese Rohrer
Nein, nein. Wie provinziell wollen wir denn noch werden? Wir verzwergen uns doch eh schon in so vielen Bereichen. Ich meine, das wäre ja doch auch für die Umwegrentabilität und für den Tourismus.

Also das sollten wir uns leisten.

Patrick Budgen
Das werden wir uns auch leisten, gehe ich mal davon aus. Frau Dr. Rohrer, vielen Dank. Das war Rohrer bei Budgen Folge Nummer 8, Frau Dr. Rohrer, vielen Dank für die sehr spannende und pointierte Analyse. Wie immer.

Anneliese Rohrer
Tut mir leid wegen der Stimme.

Patrick Budgen
Der Manuel, unser Producer, wird das alles sauber putzen, wie man so schön sagt bei uns. Danke dir auch für den guten Ton. Wie immer. Bei Ihnen bedanken wir uns fürs Zuhören, egal wo Sie uns zuhören. Bis zum nächsten Mal in zwei Wochen. Wir freuen uns auf Sie.

Autor:in:

Stefan Lassnig

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