GANZ OFFEN GESAGT
Über Aktivismus - mit Frederika Ferková

Saskia Jungnikl-Gossy spricht mit der Aktivistin und Feministin Frederika Ferková in einer Live-Aufnahme bei der Missing Link Podcastnacht darüber, wie es zum Dickpic-Verbot kam, was ihren Aktivismus auszeichnet und warum noch viel zu tun ist.

Saskia Jungnikl-Gossy
Hallo und herzlich willkommen zu einer Folge. Ganz offen gesagt, mein Name ist Saskia Jungnikl-Gossy. Das ist heute mein erster Live Podcast. Und im Sinne der Transparenz, die wir ja groß schreiben: Seit ich Mama bin, gehe ich so im Durchschnitt zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett. Dafür ist es schon sehr spät, es wird also interessant. Deswegen habe ich mir einen super Gast eingeladen und das gilt natürlich nicht nur für mich, sondern auch für sie alle.
Danke, dass sie hier geblieben sind. Ich verspreche, sie werden es nicht bereuen.

Mein Gast heute ist Frederika Ferková. Herzlich willkommen. Fredi ist Aktivistin, Feministin, Soziologin, Veranstalterin, Texterin. Es gibt eine Menge Dinge, über die wir heute reden können. Bevor wir starten, machen wir die klassische Transparenzpassage.
Erstens, woher wir einander kennen. Ich habe darüber nachgedacht und ich weiß es nicht. Also wir kennen einander einfach.

Frederika Ferková
Genau. Also so aus dem Online Ding kennen wir uns. Ich war ja damals bei Vice noch angestellt als Journalistin, habe mich auf Twitter angemeldet. Und für mich war das, glaube ich, der erste Kontakt mit dir, weil genau zu der Zeit dein Buch rauskam. Das ich halt sehr gefeiert hab und ich bin halt online schon ganz lange ein Fan von dir und dann hast du mir irgendwann mal zurückgefolgt und ich war.

Saskia Jungnikl-Gossy
So, oh mein Gott, deswegen habe ich sie nicht eingeladen.

Frederika Ferková
Aber deshalb habe ich zugesagt.

Saskia Jungnikl-Gossy
Die zweite Frage, die wir mir stellen ist, ob du aktuell für eine Partei oder deren Vorfeldorganisation tätig bist.

Frederika Ferková
Nein.

Saskia Jungnikl-Gossy
Die Podcast Nacht heute hat mit Beatrice Frasl begonnen, die mit der Frauenministerin gesprochen hat und zwar über das dickpic Verbot unter anderem. Und das gäbe es nicht ohne dich. Und deswegen würde ich damit auch ganz gern beginnen. Wie kam es dazu?

Frederika Ferková
Die Geschichte ist die, dass ich im August letzten Jahres einfach aus dem Nichts innerhalb einer Woche von zwei fremden Männern, die ich nicht gekannt habe auf Instagram, auf einmal wortlos Videos und Fotos von ihren harten Penissen bekommen hab. Und meine erste Reaktion wäre gewesen, so wie immer die Jahre zuvor, diese Menschen einfach zu blocken oder irgendwie zu entfernen und einfach quasi drauf zu scheißen, wenn ich das nach 22 Uhr, darf man das sagen? Ja, drauf zu scheißen. Und dann habe ich mir aber gedacht, nein, ich bin jetzt zwei und dreiig Jahre alt, also jetzt mittlerweile drei und dreiig, aber damals zwei und dreiig, bin zwei und dreiig Jahre alt. Ich stehe auch digital für feministische Werte ein, für Gleichberechtigung. Ich habe jetzt die Mittel, ich habe die medialen Kontakte, ich habe die Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu schaffen und Dinge zu ändern. Und lustigerweise war das genau zu der Zeit, wo halt die Wahl war.
Und dadurch, dass ich in der Politik schon mal gearbeitet habe, habe ich auch gewusst, dass wenn Sondierungsgespräche sind oder wenn sie anfangen, eine neue Regierung zu bilden, das ist die Zeit, wo du medial Aufmerksamkeit schaffen kannst für Themen, die sie dann mitnehmen am Verhandlungstisch. Und dann habe ich halt mit meinem Anwalt gesprochen und habe mir gedacht, okay, ich will, dass diese Männer irgendwie belangt werden. Und das war dann denkbar schwierig, weil das natürlich das Internet ist, also die sind ja auch nicht mit ihren Vor und Nachnamen angemeldet und eben, es gibt kein Gesetz, wie sich eine Frau oder generell ein Mensch dagegen wehren kann, wenn er solche Bilder bekommt. Und dann habe ich mit ihm hin und her überlegt, wir haben zwei Privatdetektive angeheuert, die diese Männer dann ausfindig gemacht haben, also wirklich beide in Österreich wohnend. Und dann haben wir sie halt privat geklagt auf Unterlassung und halt so irgendwie Konstrukte drumherum gebaut. Und die Medien haben beim ersten, wo ich gewonnen habe, da haben wir uns außergerichtlich geeinigt, er hat sofort einfach alles überwiesen und hat meinem Anwalt gesagt, ja, ich war halt betrunken war, halt nicht vor Gericht, haben wir den Medien gesagt, war ihnen wurscht. Aber der zweite ist nicht zu Gericht erschienen.
Und ich habe nur deshalb gewonnen, weil es ein Säumnisurteil war. Wenn der Angeklagte nicht erscheint, gewinnt man. Wobei der Richter gesagt hat, der Richter war extremer als ich, der hat gemeint, ein Mann, der dir sowas im Internet schickt, für ihn ist das eine Androhung zur Vergewaltigung. Also so bewertet er das. Und ich hätte auch gewonnen, wenn er erschienen wäre. Trotzdem, unterm Strich ist es ein Säumnisurteil. Aber das war auf einmal für die Medien total interessant. Auf einmal.
Also auch die Bild hat jetzt darüber geschrieben, dass in Österreich dick big beben in Österreich, es haben internationale Medien aufgegriffen, obwohl es eigentlich eh nicht rechtlich gewonnen worden ist, aber sie haben das halt so dargestellt, so das erste mal wurde ein dick Pic belangt. Das lustige ist nur, das erzähle ich jetzt, weil ich im Podcast bin, ich habe natürlich auf Schadenersatz und sowas geklagt. Der zweite Mann hat zwei Freundinnen, die nicht voneinander wissen, das weiß ich dank dem Privatdetektiv, hat keine richtige Meldeadresse, weil er zwischen diesen zwei Frauen immer hin und her ist und ist mittellos. Und in Österreich ist es so, wenn du auf Schadenersatz geklagt wirst oder so, dann musst du das nicht zahlen, was du eigentlich auch. Also er wurde schon verurteilt und er müsste es zahlen, aber dadurch, dass er halt Mindestsicherung bezieht, keine wirkliche Wohnadresse hat, im John Harris Fitnessstudio trainieren geht. Danke Privatdetektiv. Genau, kann er das nicht zahlen.
Also auf den Privatdetektivkosten und auf den ganzen Anwaltskosten bleibe ich potenziell sitzen, auch wenn ich gewonnen hab.

Saskia Jungnikl-Gossy
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie eben Deutschland, weil du es angesprochen hast mit der Bild, oder Finnland, stand ja das Versenden nicht unter Strafe. Jetzt mittlerweile, dank dir, ist es ein Straftatbestand. Und gleichzeitig mit diesem Verbot hat damals die Regierung auch einen Aktionsplan beschlossen, und zwar gegen Gewalt an Frauen. Du setzt dich ein für die Rechte von Frauen, für die Rechte von trans und non binären Personen. Wie ist denn so dein Befund derzeit?
Wie schaut's denn da aus in Österreich?

Frederika Ferková
Also das Problem mit feministischer Politik in Österreich ist, dass es seit jeher ein bisschen Symbolpolitik ist. Das Dick Big Gesetz wurde auch dazumals von der Volkspartei und den Grünen besprochen, verhandelt. Sie haben sich die Schuld zugeschoben, warum das dann doch nicht passiert. Es sind sich eh alle Parteien hinweg einig, weil das ist das einzige Thema, das wirklich rechts und links eint. Es ist halt nicht cool, Frauen K. O. Tropfen einzuflößen.
Es ist nicht cool, Frauen zu vergewaltigen. Also das ist eigentlich eine relativ klare Gesellschaftssache. Trotzdem passiert unterm Strich sehr wenig, was das betrifft. Und ich habe mich auch immer gefragt, warum? Weil 50 % der Bevölkerung sind weiblich und die würden sich da auch, glaube ich, als Wählerinnen halt hinzuziehen lassen, weil auf die Fahnen schreiben sich das alle Parteien. Ja, ich mache da was für den Feminismus, ich mache hier was für den Feminismus, wir planen da und da was. Aber meistens sind das nur Schlagzeilen, so wie das Dick Pic Gesetz.
Und meistens ist es auch, wenn sie dann was machen, auch nicht wirklich gut durchdacht, nicht mit den NGOs geredet, nicht mit wirklichen Feministinnen geredet. Und es ist halt dann ein verlorenes Gesetz. Was viele nicht wissen, ist z.B. dass wenn ein Mann mir in der U Bahn seinen Penis zeigt, also Exhibitionismus so an sich ist nicht strafbar in Österreich. Es ist eher strafbar, wenn ein Dritter das beobachtet, eine Kamera oder sonst was, dann kann man auf öffentliches Ärgernis halt quasi da klagen. Und es ist aber nur öffentliches Ärgernis, wenn es eine Öffentlichkeit gibt. Also theoretisch könnte sich ein Mann, der sich einfach so betrunken, von mir entblößt, auch wenn ich dagegen vorgehe, weil die Frau.
Ich erzähle das deshalb, weil die Frauenministerin in allen Interviews zum Dickpick Gesetz und so sagt, ja, das, was analog verboten ist, sollte auch online verboten sein. Es ist analog gar nicht verboten.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also ja, immerhin sagt sie von sich, sie ist Feministin. Das ist schon mal eine Neuigkeit.

Frederika Ferková
Für Österreich ist das tatsächlich eine progressive Frauenministerin, würde ich sagen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Geht genau in dem Tempo voran, wie wir es gewohnt sind. Aber welche rechtlichen Lücken hättest du denn gefüllt jetzt gerne beim digitalen Sexismus unter Belästigung im Netz?

Frederika Ferková
Es fängt also, okay, ja, Dickblick Gesetz passiert jetzt, aber was wir uns noch auch anschauen müssen oder was ich mir aktivistisch anschauen werde, ist auf jeden Fall Cyberstalking und alles in den Onlineräumen. Österreich ist so hinterher mit der Gesetzgebung generell auf jeden Fall, aber was halt Frauenschutz in digitalen Räumen betrifft, gar nicht am Start. Und wir haben jetzt halt künstliche Intelligenz, AI, wir haben sowieso ein Problem mit Rache Pornos, also Frauen, die sich trennen von ihren Männern. Und die haben dann Videos oder Fotos aus der Beziehung, wo etwas passiert ist. Da hat mein Anwalt schon vier Mandantinnen durch meine Arbeit halt quasi bekommen, weil die das einfach posten, wenn du mit ihnen Schluss machst oder wenn du nicht machst, was sie wollen, dann posten sie einfach deine Nacktfotos oder wie du Dinge machst. Und sie werden dafür nicht mal wirklich bestraft. Aber wir wissen das alle, wenn einmal ein Foto gepostet ist, ist es potenziell für immer im Internet.
Noch dazu muss es nicht mal auf einer klassischen Plattform sein wie Instagram, sondern sie posten das dann meistens in so Foren rein, wo extra so was gesammelt wird. Es ist ja ein Kind, dass Rache Pornos halt quasi gepostet werden. Plus dazu noch, was du der AI jetzt füttern kannst, einfach die Fotos von deiner Ex Partnerin mit Körpern und sowas. Und da haben wir null Schutz. Also auch wenn dir das jetzt gerade passiert, du kannst nicht, also du kannst schon zur Polizei gehen, du kannst natürlich immer zu der Polizei gehen, aber die können da nichts machen, die können dir nicht helfen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Das heißt, es ist rechtlich in Ordnung, sowas ins Netz zu stellen, auch wenn ich das mit Klarnamen mache.

Frederika Ferková
Du kannst, also es ist natürlich rechtlich nicht komplett in Ordnung, du kannst dich mit einem Anwalt sehr anstrengend dagegen wehren, über so Konstrukte wie ich, auch mit den ding Pics. Weil natürlich gibt es mehrere Dinge, die uns als Mensch schützen in der Gesetzgebung. Aber per se das Thema Frauen gegen ihren Willen zu posten, Frauen gegen ihren Willen den Penis zu zeigen und so, das ist nicht geschützt.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal kurz über Männer, weil wir das ja nie tun. Wenn wir das Ganze mal in einen gesellschaftlichen Kontext setzen. Wieso ist das überhaupt so, dass es für viele Männer so normal scheint, ungefragt intime Bilder zu verschicken?
Also was ist, warum?

Frederika Ferková
Weil sie halt keine Konsequenzen gespürt haben.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was ist der Grund?

Frederika Ferková
Also meine Theorie, das ist jetzt eine Theorie, ist, dass der Mann, der dir sowas schickt, der hat ja schon einen steifen Penis. Und ich glaube, dadurch, dass er es dir schickt, wenn du ihn nicht kennst und so, dass das für ihn die Wichs Vorlage ist, dass es das macht, dass er besser kommt. Das ist der Kink, dass er die Grenze überschreitet. Also sie machen das nicht, um Kontakt aufzunehmen. Das weiß ich einfach deshalb, weil der erste, der mir das geschickt hat, der hat zwei Freundinnen, die mit mir befreundet sind im Internet davor auch geschickt und die haben ihn alle geblockt. Und er ist zu mir als dritter gekommen und hat genau dasselbe gemacht. Das heißt, wenn ein Mann wirklich Kontakt aufnehmen will über diese Art, ich meine, irgendwann mal lernst du es oder irgendwann mal sagst okay, das funktioniert nicht, einfach nur mein Penis zu schicken funktioniert nicht, um Frauen kennenzulernen.
Ich mache es jetzt anders. Aber sie machen das immer weiter und weiter, auch wenn sie geblockt werden. Und deshalb glaube ich einfach, dass es etwas ist, was ihre Masturbation einfach toller macht. Eine Art Kink, wo du als Frau, wo es darum geht, einfach einer fremden Frau die Grenze zu verletzen, Macht auszuüben, einfach das zu schicken und dann ist es ihnen eh wurscht, ob du reagierst oder wie du reagierst. Und deshalb bin ich dagegen vorgegangen, weil es geht hier ganz einfach um Respekt und um Augenhöhe. Ich bin kein Gegenstand, damit du einen besseren Orgasmus hast, vor allem, wenn ich nicht zugesagt hab.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir über was anderes und zwar eine weitere Sache, mit der du für Aufmerksamkeit gesorgt hast. Du bist ja auch Veranstalterin von Technopartys und du hast im Sep. 2023 den Hashtag Technomy ins Leben gerufen. Und zwar, weil sich nach einer deiner Instagram Stories zahlreiche Opfer von sexueller Belästigung bei dir gemeldet haben.
Erzähl mal darüber bitte.

Frederika Ferková
Genau, also ich bin schon seit immer auch als Journalistin sehr feministisch arbeitend gewesen. Ich glaube, die Leute, die mir folgen, haben auch das Bild von mir, auch durch die Sex positive Partys, die ich im feministischen Bereich gemacht habe und immer mit Frauenschutz. Und dadurch haben mir Frauen halt auch vertraut. Und ich bin auch einer der ganz wenigen Veranstalterinnen überhaupt in der österreichischen Szene, was techno betrifft, gewesen. Und die haben das halt bei mir gemeldet und es sind gewisse Namen immer öfters, also öfters genannt worden. Und das sind natürlich Namen, die am meisten Macht haben. Man kennt es aus dem Theater Business, man kennt es aus dem Musikbusiness eben auch in Österreich.
Es gibt einfach, weil wir vielleicht auch so ein kleines Land sind, ein paar Schlüsselpersonen pro Branche, die halt sehr wichtig sind. Und in der Kunst und Kulturbranche in Österreich ist es trotzdem noch sehr männerdominiert. Natürlich tun sie nach außen sehr feministisch und so, also Theatern, Film, Serien, wie auch immer, Musik. Aber die Leute, die das entscheiden und die sagen, ob du da und da den Job bekommst, das sind alles Männer, die älter sind und die sind ihre Macht gewohnt. Und diese Männer habe ich dann de facto genannt. Und bis heute habe ich mit Klagen zu kämpfen, mit Shitstorms zu kämpfen. Also natürlich holen die alle ihre Kumpels her und so.
Es war eine sehr, sehr anstrengende Sache. Und ich musste dann auch eine Therapie beginnen und ich musste auch mit Antidepressiva beginnen in der Zeit. Erstens, weil ich selbst retriggert war. Du hast sehr viel, also ich habe mit 100 Frauen de facto gesprochen, telefoniert, mir ihre Geschichte angehört. Ich habe selbst natürlich auch als Frau eine Geschichte das wieder hervorgeholt. Plus zusätzlich kämpfen diese Männer natürlich gegen dich und klagen und deren Freunde kommen und beschimpfen dich und du wirst diskreditiert. Und also es ist aus mannigfaltigen Gründen dann zu viel gewesen und ich erhole mich noch immer und ich kämpfe aber noch immer.
Also jetzt sind zwei Männer in Haft oder Haft gewesen und den dritten versuche ich gerade einzubuchten. Entschuldigung, Anwalt, ich weiß, ich darf das nicht sagen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Ich würde jetzt sagen, wir können das rausschneiden, aber lass es drehen. Ich möchte nachher noch darüber reden, wie du eigentlich persönlich damit umgehst, auch wie du diesen Aktivismus, also wie du das durchstehst und durchstemmst. Aber vorher noch mal kurz, das heißt, diese Frauen, es hat mit einer Frau begonnen, aber die Frauen haben sich dann bei dir gemeldet, weil sie dieses Vertrauen zu dir haben.

Frederika Ferková
Genau, die Frau hat sich bei mir.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also weil du schon auch eine Art Vorbildwirkung oder starke Person hier bist und.

Frederika Ferková
So studiert, bin ich schon, dass ich halt die Story, als sich die eine Frau gemeldet hat, und das war sogar auch die Schwester und nicht sie selbst, da wusste ich schon den Namen, den sie mir da nennt. Und ich habe trotzdem eine Story gemacht. Ein Typ aus der Szene, den wir alle kennen, ist ein mutmaßlicher. Nein, er wurde schon verurteilt, ein Vergewaltiger. Und daraufhin haben mir so viele andere Frauen geschrieben, ah, es geht um den und den, es geht um den und den. Und ich um den geht's gar nicht, aber was ist mit dem und dem? Also und so habe ich halt gemerkt, dass es halt mehrere Namen gibt, die gleich agieren.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber es ist schon interessant, oder? Weil die Technoszene in Österreich ist relativ klein, sie ist männlich dominiert. Du hast mal gesagt, sie hat ein strukturelles Problem. So wie du das erzählst, klingt es auch so, als wüsste auch ungefähr jeder, der da irgendwie eine Rolle spielt, was hier so passiert. Wieso braucht es dann so lange und dich, damit sich was verändert?

Frederika Ferková
Es verändert sich jetzt auch von der Szene her, selbstintern fast gar nichts, weil sie sagen mir dann auch, die Clubs, es kostet extra viel, um Frauensicherheit herzuschaffen oder sie beschützen ihre Kumpels, das sind alles so Freundeskreise. Also das ist so. Die Frage, die du mir jetzt gerade stellst, ist halt so, wie wenn du mir die Frage stellen würdest, warum tut sich die ÖVP nicht von ihnen verändern? Also diese ganzen, wie sie alle zusammenhängen und wie sie alle voneinander abhängig sind. Es geht auch sehr viel um Rausch natürlich im Techno und es geht dann auch sehr viel um Sucht. Ich bin der Meinung, dass alle Männer, die da jetzt irgendwie mithängen, auch einfach ein Suchtproblem haben. Und ich glaube der Hälfte sogar, dass sie sich nicht erinnern kann.
Ich glaube es ihnen, aber es ist halt trotzdem passiert und dadurch, dass die Frauen nach wie vor immer unten gehalten werden, also sie sind vielleicht Bardamen oder vielleicht eine Musikerin ganz am Anfang der Party, aber so die Management, eben der Veranstalter, kein Club in Wien gehört einer Frau. Und das trickelt halt dann durch. Und wenn du als Frau ganz normal die Probleme benennst und sagst, du hättest gerne mehr Sicherheit, dann kannst du sowieso komplett, das ist ihnen wurscht. Und wenn das auch so in Medien ist, wie Techno, MeToo und so, dann sagen sie, es ist ihnen nicht wurscht, aber es ist halt zu teuer.

Saskia Jungnikl-Gossy
Du hast ja selber als Veranstalterin, also du hast das feministische Party kollektiv hausgemacht gegründet. Ich glaube, du bist jetzt kein Teil mehr davon, aber du, also diese sechs positiven Partys, die ihr gemacht habt, da war ja der Schutz eurer Gäste vor Übergriffen, das hatte ja Priorität für euch. Also insofern, es ist ja möglich.

Frederika Ferková
Genau. Und da war ich die einzige in Wien und alle haben mich da schon gehasst. Deshalb kriege ich auch jetzt so viel Gegenwind, weil ich habe ihnen gezeigt, hey, man kann so viel Awareness haben, man kann auf Frauenschutz setzen, man kann eine harte Tür haben, auch in Wien. Du kannst an der Tür schauen, ob ich dich reinlasse oder nicht. Und ich habe das halt konsequent gemacht und habe es halt quasi vorgelebt. Und statt dass sie mir das nachmachen oder hey, danke, dass du gezeigt hast, wie das geht, dass Frauen sich sicher fühlen, haben sie mich halt runtergemacht und beschimpft und haben gesagt, sie können sich das nicht leisten. Und so wie es immer war, passt es ja eh, weil die Leute kommen dann ja eh.
Also das Geld ist ja eh da, wenn sich nur ein Mensch ändert innerhalb der Szene und die anderen bleiben so, wie es ist.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über Betroffene von sexueller oder sonstiger Belästigung. Welche psychologischen und sozialen Folgen gibt oder anders, wie können Betroffene besser unterstützt werden? Und zwar rechtlich, emotional, medial?

Frederika Ferková
Ja, also rechtlich auf jeden Fall. Was ich immer sage, es braucht für sexuelle Gewalt, wir haben das in Frankreich auch mitbekommen, eine Sammelstelle. Eine Frau ist nie alleine betroffen. Das war bei den Dickpics auch so. Erst wo ich offen darüber gesprochen habe, haben mir Freundinnen aus meinem engsten Freundeskreis gesagt, die haben von demselben Typen dasselbe bekommen, sonst hätte ich das nicht mitbekommen, weil das alles noch so schambehaftet ist und so für sich selber ausgemacht wird. Und das ist auch okay. Aber es gibt in Australien und in gewissen US Bundesstaaten das System, dass du zur Polizei gehen kannst als Frau und sagen kannst, ich zeige den jetzt an, weil der hat mich begrabsch.
Der hat mich sexuell übergriffig behandelt und ich melde das quasi der Polizei. Aber ich möchte nur ab einer gewissen Anzahl, das ist dann vom Bundesstaat oder auch in Australien unterschiedlich, erst ab da soll ein Case eröffnet werden. Erst ab da werden wir aktiv. Erst wenn wir zu fünft sind, also wenn wir zu sieben sind, wenn wir beweisen können, dass das nicht ein Einzelfall war, wenn es nicht Aussage gegen Aussage ist, sondern erst wenn wir sieben gegen einen sind. Und anders gewinnst du das auch in dem Rechtssystem nicht, das sehr gut ist. Also ich möchte jetzt auch nicht, dass irgendjemand einfach so angeklagt werden kann. Und ich finde so eine Sammelstelle oder so ein, es ist ja nicht mal eine Sammelstelle, wenn du zur Polizei gehen kannst und das so machen kannst, das wäre der richtige Zugang zu sexueller Gewalt, auch für Männer natürlich.
Aber wenn du mit dem bestehenden Rechtssystem gewinnen möchtest, dann brauchst du Leute, denen dasselbe widerfahren ist, mit demselben Mann meistens. Und erst dann kannst du es schaffen, dass der verurteilt wird. Und wenn du alleine dagegen vorgehst, es wird ja mittlerweile auch geraten, Frauen, die vergewaltigt worden sind, überlegst dir gut, ob du da klagst, weil du sagst dann jetzt, er hat mich vergewaltigt. Er würde sagen, er hat dich nicht vergewaltigt. Ja, was machen wir?

Saskia Jungnikl-Gossy
Also das heißt, eine Sammelstelle schafft auch Transparenz.

Frederika Ferková
Genau, eine Sammelstelle schafft auch Transparenz. Es gibt natürlich, gibt es Anwälte oder Juristinnen, die zu mir gesagt haben, ja, da gibt es dann Datenschutzbedenken. Und ich so, na ja, wenn du es bei der Polizei machst, so wie in Australien oder US Bundesstaaten, es gibt ja schon Länder, die das vormachen, wo das gut funktioniert, dann. Also medial. Medial, was kann man tun? Naja, also dass die Krone die ganze Zeit von Liebesdrama spricht und dass die, also das ist ja fürchterlich. Ich kann mich nur erinnern, in Niederösterreich wurde die Stieftochter vergewaltigt vom Stiefvater, der war halt 1617.
Und ich glaube, die Krone hat getitelt mit Frühlingsaffäre, Sommeraffäre oder so irgendwie. Das ist ein jähriges Mädchen, das mit dem Mann aufgewachsen ist seit 10 Jahren, die eine väterliche Beziehung zu ihm hat und die vergewaltigt worden ist. Und zwar so vergewaltigt worden ist, dass wir davon wissen. Also die ist dann ja auch zur Polizei mit der Mutter und so und deshalb wissen wir davon, sie hat das nicht für sich reingefressen. Wo ist das eine Sommeraffäre oder irgendwie ein Liebesdrama? Das ist kein Liebesdrama, ein schlafendes Kind zu vergewaltigen. Also da muss Österreich auf jeden Fall ansetzen, beziehungsweise man darf es nicht den Medien selber zu entscheiden geben, weil die Boulevardmedien werden immer das geschissenste nehmen, obviously.
Wir brauchen ein Mediengesetz, das einfach sagt, hey, sexuelle Gewalt, Terror, Amokläufe, wie wir es jetzt haben. Es muss eine gewisse Struktur geben, innerhalb der du dich als Medium bewegen darfst, wie du berichten darfst, Freiheit. Aber es darf halt nicht gesellschaftszersetzend arbeiten. Und es ist schon sehr gesellschaftszersetzend, wenn du zu einer ganz klaren Vergewaltigung von einer minderjährigen Person Liebesdrama sagst oder Affäre, Sommer Affäre oder wie auch immer sie das Frühlingsgefühl oder irgendwie so haben sie das getitelt. Das war fürchterlich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also im Moment ist es so, dass betroffene sexuelle Gewalt eigentlich nur verlieren können, wenn sie es öffentlich machen.

Frederika Ferková
Genau.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was müsste sich denn kulturell und technisch verändern, damit ein digitales Umfeld geschaffen wird, wo es wirkliche Gleichberechtigung gibt?

Frederika Ferková
Naja, digital haben wir ja das Problem, dass die ganzen sozialen Medien eh sowieso nicht uns gehören und irgendwo in Amerika sitzen oder irgendwo in China sitzen oder so. Das heißt, auch wenn wir in Österreich sagen, digital darf das nicht mehr passieren, bis du dann die Daten von dem einen User aus Amerika bekommst, da muss das Gericht anfragen. Also digital sind wir zu globalisiert. Da müssten wir globalisiert zusammenarbeiten und sagen, das geht nicht und das geht schon, das funktioniert dazu, weil nicht, was man digital als Österreicher, Österreicherin machen kann, ist Frauen zu schützen in Kommentarspalten oder wenn sie angegriffen werden auf Twitter oder wenn irgendwas gepostet wird auf der ZIB oder so, da einfach klar zu sagen, das geht nicht. Das ist schon eine Meinung, aber halt eine schlechte. Sonst können wir digital halt leider wenig machen, glaube ich.
Kulturell in Österreich. Naja, wir haben in Tirol den Fall, dass es dort, glaube ich, gefühlt zwei Kindergärten gibt und dort eh ausgegangen wird, dass die Frau zu Haus bleibt bei dem Kind. Und wir haben in Österreich noch immer eine sehr rückschrittliche Vorstellung davon, wie Familie funktioniert und wie Frau funktioniert. In Wien jetzt per se weniger, aber ich bin viel auch in den Bundesländern und so und es schockiert mich immer wieder, wie das trotzdem weitergelebt ist, wie die Eltern und Großeltern und alle das halt quasi vorgelebt haben. Frau ist zu Hause, macht Kinder vor 25 meistens noch, hat keine Karriere oder wenig Karriere und kocht. Und das kann ja auch sehr feministisch sein, weil jeder darf sich das ja selbst entscheiden. Aber bei uns ist es ja strukturell und ich merke ja, ich habe mich ja entschieden, kinderlos zu sein und ich habe es im Dating schon total gemerkt, auch hier in Wien, wo ich mit sehr viel progressiven Männern mich ja getroffen habe, wenn ich gesagt habe, ich möchte keine Kinder oder so, das ging für die nicht.
Also die waren halt naja, jetzt habe ich halt fertig studiert, jetzt arbeite ich ja schon. Ich will dich als Partnerin quasi und ich will mit dir mich verpartnern. Und dann ist schon wann möchtest du dann Kinder? In ein Jahr oder in drei Jahren oder müssen wir heiraten? Also das war schon beim ersten Date so Thema. Und da war ich hey, ich bin in der Hauptstadt. Ich dachte, wir sind so globalisiert.
Aber ja, das ist halt in Österreich generell ein ganz, ganz großes Problem, dass wir nicht besonders flexibel sind mental, was das Gebilde Familie, Gebilde, Frau, Gebilde, wie dein Mann zu sein. Unter Patriarchat leidet ja auch ein Mann dann.

Saskia Jungnikl-Gossy
Hast du nicht das Gefühl, dass sich das gesellschaftlich ein bisschen verändert? Also weil du es vorher z.B. angesprochen hast, Kommentarspalten oder so. Es war ja bisher oder schon im überwiegenden Maße so, dass zuerst die Frau angegriffen wird.

Frederika Ferková
Genau.

Saskia Jungnikl-Gossy
Hast du das Gefühl, dass sich das ändert, oder.

Frederika Ferková
Nein, eigentlich nicht. Also schon, es ist jetzt schon mehr, dass auch die Gegenstimmen kommen, aber dass wir immer dazu greifen, zuerst die Frau anzugreifen, auch auf globaler Ebene, wie Amber Heard bei Johnny Depp Prozess oder wie auch immer. Es ist immer die Frau die Geschissene. Weil es kommen dann halt die rechten, konservativen Leute, die die Frau angreifen. Und es kommen dann aber von der linken Seite genauso Leute, die die Frau angreifen aus anderen Gründen. Aber trotzdem halt quasi die Frau es. Es ist schon in uns drinnen, dass einfach die Frau schuld ist irgendwo.
Und dass die. Ja, also das Gefühl habe ich schon, aber ich kriege auch noch relativ viele Shitstorms. Vielleicht bin ich ein bisschen negativ.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über dich. Du hast ein Reel auf Instagram gepostet, da steht drauf als Zitat du willst deine Fresse ja nur in den Medien sehen und drunter quasi, wie Aktivismus wirklich aussieht.
Was ist Aktivismus für dich? Wie sieht er denn aus?

Frederika Ferková
Aktivismus ist sehr, sehr viel überfordert sein, sehr, sehr viel telefonieren, sehr, sehr viel weinen, sehr, sehr viel aufgeben. Also alles. Mir wird ja oft vorgeworfen, ich mache das, weil ich gerne in den Medien bin. Das stimmt nicht, weil die Medien fragen mich immer an, wenn ich PMS habe und besonders scheiße Ausschau. Und dann habe ich immer so ich war letztens in der Z wegen dem Dickbag Gesetz und die ZiP ruft ja auch am selben Tag an und du kommst jetzt in die ZIB, du musst jetzt was zu den Dickbag sagen und ich bin verschwitzt mit einem Fleck auf dem Hemd. In der Arbeit wie gefühlt 200 Kilo mehr. Also so bin ich dagesessen.
Und ich so, okay, aber wenn ich sie jetzt nicht mache für die ZIB, dann erfährt es halt niemand. Und dann habe ich irgendwie versucht, mich halbwegs hinzukriegen und dann in der ZIB zu reden. Aber es ist sehr echt. Nicht so, dass ich mir denke, Glamour Shooting, jetzt kommen die Medien und jetzt habe ich lauter Verehrer, weil ich die ganze Zeit sage, Männer sind scheiße. Also so läuft es halt nicht. Und es ist sehr viel Arbeit und sehr viel Verzweiflung und vor allem auch sehr viel Hass. Weil wenn man etwas ändern will in der Gesellschaft, dann heißt das immer automatisch, dass jemand Privilegien verliert oder dass sich halt einfach Verhältnisse ändern.
Und die Gruppe, wo sich die Verhältnisse dann ändern, ist meistens nicht besonders begeistert, dass man das macht. Und deshalb hat das sehr viel mit Angst, Schmerz, Frust, Wut, diesen Dingen zu tun.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was treibt dich an, es trotzdem zu machen?

Frederika Ferková
Ich habe ja erwähnt, ich will kinderlos sein. Und kinderlos, ich habe immer gesagt, Frauen sind per se immer, sie haben etwas mütterliches an sich. Jetzt aber gar nicht patriarchal gemeint, sondern sich um Leute kümmern, diese Empathie und so. Und das kann ein Projekt sein, das kann Kunst sein, das kann Aktivismus. Und für mich ist das so, also ich fühle mich, ich habe einfach einen harten Gerechtigkeitssinn. Das kann auch durch die Neurodivergenz kommen. Ich wurde mit ADHS und Autismus diagnostiziert.
Da ist ein Symptom, dass man ein sehr, sehr schlimmes Gerechtigkeitsgefühl hat. Ich habe das auf jeden Fall. Und ja, ich denke, ich lebe so ein bisschen.
Ich meine, wozu leben wir? Was passiert nach dem Tod? Das ist etwas, was ich mir oft gefragt habe. Was will ich in der Welt hinterlassen? Und für mich ist es das. Und ich möchte auf jeden Fall nicht ein Mensch sein, der die ganze Zeit jammert und das ist scheiße und das ist scheiße. Hat natürlich seine Berechtigung, aber ich habe eben die Kapazitäten, die Gelder.
Ich habe keine Kinder zu Hause, ich hab keine. Also ich muss mich um nichts kümmern. Ich kann das jetzt machen, also mache ich es. Also ich sehe das irgendwie auch ein bisschen als mein Pflichtding. Wenn ich etwas sehe, was mich sehr aufregt, dann versuche ich es zu ändern.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber siehst du auch deine Grenzen dann?

Frederika Ferková
Nein, aber. Nein, aber ich zahle relativ viel. Ich bin einmal die Woche in der Therapie und die erinnert mich immer, was die Grenzen sind. Ich ignoriere es trotzdem.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber du achtest auf, also weil ich frage mich schon, wie du es vorher.

Frederika Ferková
Gesagt hast, dass sie achtet, dass sie auf dich aufpasst.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber weil du es vorher schon erwähnt hast, die Anfeindungen und so. Und du bewegst dich halt auch in Gebieten, wo viel Hass entstehen kann und viel Anfeindung da ist. Wie kanalisierst du das für dich?

Frederika Ferková
Dadurch, dass ich meine journalistische Karriere bei WISE dazu mal begonnen habe, das war ein Online Medium, das die ganze Zeit Shitstorms bekommen, habe ich mich relativ schnell auf Shitstorms gewohnt. Das ist mir jetzt auch schon wurscht. Also was die Leute digital schreiben, das kann ich schon fast nicht lesen. Was mich mehr stört ist, wenn ich merke, wie Männer oder Menschen sich zusammenrotten und gegen mich zusammentun. Das ist das, was mich noch immer verletzt und sehr mitnimmt. Oder auch natürlich, wenn ich einen gelben Zettel im Briefkasten habe, das kriege ich gleich auch Panikattacken bis Wutattacken, je nachdem. Auf der anderen Ebene regt es mich halt viel mehr auf.
Shitstorms bewegen mich schon fast gar nicht mehr. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, da bin ich abgestumpft. Und ich bin halt auch so okay, du bist irgendein Fake Account im Internet, der halt irgendwas sagt. Ich mein, Come on, mit dir rede ich nicht mal. Also da muss man schon so hochnäsig da reingehen. Es ist mir wirklich scheißegal, was du sagst, weil du machst ja nichts.

Saskia Jungnikl-Gossy
Vorher hast du es mit der ZIB zwei, hast du die ZIB zwei erwähnt. Deswegen wollte ich noch fragen, wie wichtig ist denn die Sichtbarkeit in klassischen Medien versus in sozialen Netzwerken?

Frederika Ferková
Komplett. Also in Österreich auf jeden Fall auch einfach weil wir so eine Bevölkerungsverteilung haben, vom Alter her. Und die Parteien, wenn du etwas verändern willst in der Gesellschaft, brauchst du Parteihilfe. Am besten Parteien dirigieren, am schlechtesten die Opposition. Aber du brauchst die Parteien an deiner Seite. Und die Parteien machen nicht das, was du ihnen sagst, einfach weil du hinkommst und hey, es wäre ganz toll, wenn mir Männer keine Schwänze mehr schicken dürften. Das ist ihnen wurscht.
Aber was ihnen halt nicht wurscht ist, wenn du medialen Druck aufbaust. Wenn fünf Medien heute Krone, aber auch ein Standardpresse über dick pics berichten, dann ist die Politik halt ah, das könnte mir 0,03 Prozentpunkte Wählerstimmen geben, da muss ich jetzt was tun. Und deshalb ist es sehr, sehr wichtig, um die Politik zu bewegen. Nicht für die eigene Selbstdarstellung eben, sondern dass man überhaupt gehört wird vom Gesetzgeber. Weil diese ganzen Demos, die wir da machen, oder Kunstaktionen, oder diese ganzen Aktivismus außerhalb von klassischen Medien. Das war ja das Problem der letzten Generation hier in Österreich. Wir sind zu konservativ für das, was sie gemacht haben.
Ich feiere sie sehr und ich mag sie sehr gerne, aber was sie gemacht haben, ist sich anzukleben und die Medien sind gekommen und sie hatten die Medien nicht im Griff. Und die Medien haben dann halt natürlich negativ berichtet. Dadurch war das Ziel von den Parteien, auch die Grünen haben sich dann von der letzten Generation entfernt, weil natürlich für die war, oh Gott, wenn ich mich zur letzten Generation dahinter stelle, dann verliere ich vielleicht 0,02 Prozentpunkte Wähler. Das geht nicht. Und deshalb ist Medien und die Medien vor allem im Griff zu haben, dass sie das so erzählen, wie man das möchte, dass sie das erzählen, das ist das A und O des Aktivismus in Österreich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wie hast du es gelernt?

Frederika Ferková
Ja, ich war selbst Journalistin, ich habe Medienmanagement studiert und ich bin einfach auch eine sehr neugierige und sehr nervige Person.

Saskia Jungnikl-Gossy
Gibt es Themen, die du als Aktivistin bewusst nicht öffentlich ansprichst, weil du Sorge hast, dass sie durch diese mediale Vereinfachung Schaden nehmen können?

Frederika Ferková
So per se eigentlich nicht, weil ich spreche immer alles aus, ich bin sehr impulsiv und ich poste einfach. Aber was ich auf jeden Fall schwierig finde, die Diskussion rund um Israel und Palästina, da fange ich an, mir eine eigene Meinung zu bilden. Es ist aber ein sehr komplexes Thema mit sehr vielen Lagen. Das ist etwas, was ich eher potenziell dabei meide und wo ich potenziell jetzt dabei jetzt mich zur Meinung beziehen will, einfach weil ich mich noch nicht ready fühle, um mit den Leuten zu diskutieren oder irgendwie. Ja, da muss man sich einfach sau viel reinlesen und es ist ein schwieriges Thema und sehr viele Leute, die mit dir diskutieren, haben auch eine sehr vereinfachte Meinung. Und das ist halt, ja, das ist vielleicht das einzige, wo ich ein bisschen abseits gehe, aber sonst kommentiere ich alles, was mir im Alltag geschieht, ist halt kind of mein ADHS.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wenn du die Macht hättest, ein Medienprojekt zu starten, das echten Impact hätte, wie sähe das aus?

Frederika Ferková
Das ist eine gute Frage hier in Österreich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Du auch gern weltweit?

Frederika Ferková
Naja, also wenn ich ein Projekt, Medienprojekt starten könnte, dann würde ich es beim ORF ansiedeln, wegen den Geldern und wegen den Kontakten. Und dann wäre ich ein ORF Programm und dann würde ich in diesem ORF Programm nur lustige Frauen einladen, die lustige Comedy machen. Es wäre der Comedy Dienstag und ja, das wäre dann die Gegenveranstaltung zu Comedy Donnerstag, den ich nicht lustig finde.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wo nur Männer sind.

Frederika Ferková
Wo nur Männer sind und ich das lustig finde.

Saskia Jungnikl-Gossy
Eine letzte Frage habe ich noch. Ich habe einer Kollegin erzählt, dass ich dich eingeladen habe heute. Und sie hat gesagt in einer ersten spontanen oh Gott, gibt es schon wieder eine neue Ministerin, von der ich nichts weiß?

Frederika Ferková
Geil.

Saskia Jungnikl-Gossy
Und ich habe zu ihr gesagt, noch nicht. Ist das was?

Frederika Ferková
Du warst bei Technoveranstalterin. Also die Fotos, die von mir alle geleakt werden könnten, das wollen wir alle nicht anschauen. Ich als letztes. Also nein, ich lebe wirklich zu sehr abseits von gut und böse, um da jetzt irgendwie wirklich tatsächlich in Politik zu gehen. Und ich bin auch zu oppositionell dafür. Ich habe ja für eine Partei gearbeitet, die Opposition war, da habe ich mich wohlgefühlt. Und dann war sie in der Regierung und ich bin sofort gegangen, weil ich bin einfach nicht so dieser Mensch, der falsche Sachen sagen kann oder sie zu lange sagen kann.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber du hast das Gefühl, gestalten kannst du mehr, wenn du nicht in der Politik bist, wenn.

Frederika Ferková
Ich habe das Gefühl, ich kann mehr gestalten, so wie es für mich passt, wenn ich nicht in der Politik bin. Natürlich ist Politik der Ort, wo gestalten wird, aber für mich als Person eher nicht.

Saskia Jungnikl-Gossy
Danke für das spannende Gespräch.

Frederika Ferková
Danke für die Einladung.

Saskia Jungnikl-Gossy
Das war die heutige Folge von ganz offen gesagt. Wir freuen uns, wenn ihr unseren Podcast abonniert. Abonniert, weiterempfehlt und uns in euren Podcast Apps mit fünf Sternen bewertet. Danke fürs Zuhören, bis zum nächsten Mal. Ciao.

Frederika Ferková
Missing link.Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie eben Deutschland, weil du es angesprochen hast mit der Bild, oder Finnland, stand ja das Versenden nicht unter Strafe. Jetzt mittlerweile, dank dir, ist es ein Straftatbestand. Und gleichzeitig mit diesem Verbot hat damals die Regierung auch einen Aktionsplan beschlossen, und zwar gegen Gewalt an Frauen. Du setzt dich ein für die Rechte von Frauen, für die Rechte von trans und non binären Personen. Wie ist denn so dein Befund derzeit?
Wie schaut's denn da aus in Österreich?

Frederika Ferková
Also das Problem mit feministischer Politik in Österreich ist, dass es seit jeher ein bisschen Symbolpolitik ist. Das Dick Big Gesetz wurde auch dazumals von der Volkspartei und den Grünen besprochen, verhandelt. Sie haben sich die Schuld zugeschoben, warum das dann doch nicht passiert. Es sind sich eh alle Parteien hinweg einig, weil das ist das einzige Thema, das wirklich rechts und links eint. Es ist halt nicht cool, Frauen K. O. Tropfen einzuflößen.
Es ist nicht cool, Frauen zu vergewaltigen. Also das ist eigentlich eine relativ klare Gesellschaftssache. Trotzdem passiert unterm Strich sehr wenig, was das betrifft. Und ich habe mich auch immer gefragt, warum? Weil 50 % der Bevölkerung sind weiblich und die würden sich da auch, glaube ich, als Wählerinnen halt hinzuziehen lassen, weil auf die Fahnen schreiben sich das alle Parteien. Ja, ich mache da was für den Feminismus, ich mache hier was für den Feminismus, wir planen da und da was. Aber meistens sind das nur Schlagzeilen, so wie das Dick Pic Gesetz.
Und meistens ist es auch, wenn sie dann was machen, auch nicht wirklich gut durchdacht, nicht mit den NGOs geredet, nicht mit wirklichen Feministinnen geredet. Und es ist halt dann ein verlorenes Gesetz. Was viele nicht wissen, ist z.B. dass wenn ein Mann mir in der U Bahn seinen Penis zeigt, also Exhibitionismus so an sich ist nicht strafbar in Österreich. Es ist eher strafbar, wenn ein Dritter das beobachtet, eine Kamera oder sonst was, dann kann man auf öffentliches Ärgernis halt quasi da klagen. Und es ist aber nur öffentliches Ärgernis, wenn es eine Öffentlichkeit gibt. Also theoretisch könnte sich ein Mann, der sich einfach so betrunken, von mir entblößt, auch wenn ich dagegen vorgehe, weil die Frau.
Ich erzähle das deshalb, weil die Frauenministerin in allen Interviews zum Dickpick Gesetz und so sagt, ja, das, was analog verboten ist, sollte auch online verboten sein. Es ist analog gar nicht verboten.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also ja, immerhin sagt sie von sich, sie ist Feministin. Das ist schon mal eine Neuigkeit.

Frederika Ferková
Für Österreich ist das tatsächlich eine progressive Frauenministerin, würde ich sagen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Geht genau in dem Tempo voran, wie wir es gewohnt sind. Aber welche rechtlichen Lücken hättest du denn gefüllt jetzt gerne beim digitalen Sexismus unter Belästigung im Netz?

Frederika Ferková
Es fängt also, okay, ja, Dickblick Gesetz passiert jetzt, aber was wir uns noch auch anschauen müssen oder was ich mir aktivistisch anschauen werde, ist auf jeden Fall Cyberstalking und alles in den Onlineräumen. Österreich ist so hinterher mit der Gesetzgebung generell auf jeden Fall, aber was halt Frauenschutz in digitalen Räumen betrifft, gar nicht am Start. Und wir haben jetzt halt künstliche Intelligenz, AI, wir haben sowieso ein Problem mit Rache Pornos, also Frauen, die sich trennen von ihren Männern. Und die haben dann Videos oder Fotos aus der Beziehung, wo etwas passiert ist. Da hat mein Anwalt schon vier Mandantinnen durch meine Arbeit halt quasi bekommen, weil die das einfach posten, wenn du mit ihnen Schluss machst oder wenn du nicht machst, was sie wollen, dann posten sie einfach deine Nacktfotos oder wie du Dinge machst. Und sie werden dafür nicht mal wirklich bestraft. Aber wir wissen das alle, wenn einmal ein Foto gepostet ist, ist es potenziell für immer im Internet.
Noch dazu muss es nicht mal auf einer klassischen Plattform sein wie Instagram, sondern sie posten das dann meistens in so Foren rein, wo extra so was gesammelt wird. Es ist ja ein Kind, dass Rache Pornos halt quasi gepostet werden. Plus dazu noch, was du der AI jetzt füttern kannst, einfach die Fotos von deiner Ex Partnerin mit Körpern und sowas. Und da haben wir null Schutz. Also auch wenn dir das jetzt gerade passiert, du kannst nicht, also du kannst schon zur Polizei gehen, du kannst natürlich immer zu der Polizei gehen, aber die können da nichts machen, die können dir nicht helfen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Das heißt, es ist rechtlich in Ordnung, sowas ins Netz zu stellen, auch wenn ich das mit Klarnamen mache.

Frederika Ferková
Du kannst, also es ist natürlich rechtlich nicht komplett in Ordnung, du kannst dich mit einem Anwalt sehr anstrengend dagegen wehren, über so Konstrukte wie ich, auch mit den ding Pics. Weil natürlich gibt es mehrere Dinge, die uns als Mensch schützen in der Gesetzgebung. Aber per se das Thema Frauen gegen ihren Willen zu posten, Frauen gegen ihren Willen den Penis zu zeigen und so, das ist nicht geschützt.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal kurz über Männer, weil wir das ja nie tun. Wenn wir das Ganze mal in einen gesellschaftlichen Kontext setzen. Wieso ist das überhaupt so, dass es für viele Männer so normal scheint, ungefragt intime Bilder zu verschicken?
Also was ist, warum?

Frederika Ferková
Weil sie halt keine Konsequenzen gespürt haben.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was ist der Grund?

Frederika Ferková
Also meine Theorie, das ist jetzt eine Theorie, ist, dass der Mann, der dir sowas schickt, der hat ja schon einen steifen Penis. Und ich glaube, dadurch, dass er es dir schickt, wenn du ihn nicht kennst und so, dass das für ihn die Wichs Vorlage ist, dass es das macht, dass er besser kommt. Das ist der Kink, dass er die Grenze überschreitet. Also sie machen das nicht, um Kontakt aufzunehmen. Das weiß ich einfach deshalb, weil der erste, der mir das geschickt hat, der hat zwei Freundinnen, die mit mir befreundet sind im Internet davor auch geschickt und die haben ihn alle geblockt. Und er ist zu mir als dritter gekommen und hat genau dasselbe gemacht. Das heißt, wenn ein Mann wirklich Kontakt aufnehmen will über diese Art, ich meine, irgendwann mal lernst du es oder irgendwann mal sagst okay, das funktioniert nicht, einfach nur mein Penis zu schicken funktioniert nicht, um Frauen kennenzulernen.
Ich mache es jetzt anders. Aber sie machen das immer weiter und weiter, auch wenn sie geblockt werden. Und deshalb glaube ich einfach, dass es etwas ist, was ihre Masturbation einfach toller macht. Eine Art Kink, wo du als Frau, wo es darum geht, einfach einer fremden Frau die Grenze zu verletzen, Macht auszuüben, einfach das zu schicken und dann ist es ihnen eh wurscht, ob du reagierst oder wie du reagierst. Und deshalb bin ich dagegen vorgegangen, weil es geht hier ganz einfach um Respekt und um Augenhöhe. Ich bin kein Gegenstand, damit du einen besseren Orgasmus hast, vor allem, wenn ich nicht zugesagt hab.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir über was anderes und zwar eine weitere Sache, mit der du für Aufmerksamkeit gesorgt hast. Du bist ja auch Veranstalterin von Technopartys und du hast im Sep. 2023 den Hashtag Technomy ins Leben gerufen. Und zwar, weil sich nach einer deiner Instagram Stories zahlreiche Opfer von sexueller Belästigung bei dir gemeldet haben.
Erzähl mal darüber bitte.

Frederika Ferková
Genau, also ich bin schon seit immer auch als Journalistin sehr feministisch arbeitend gewesen. Ich glaube, die Leute, die mir folgen, haben auch das Bild von mir, auch durch die Sex positive Partys, die ich im feministischen Bereich gemacht habe und immer mit Frauenschutz. Und dadurch haben mir Frauen halt auch vertraut. Und ich bin auch einer der ganz wenigen Veranstalterinnen überhaupt in der österreichischen Szene, was techno betrifft, gewesen. Und die haben das halt bei mir gemeldet und es sind gewisse Namen immer öfters, also öfters genannt worden. Und das sind natürlich Namen, die am meisten Macht haben. Man kennt es aus dem Theater Business, man kennt es aus dem Musikbusiness eben auch in Österreich.
Es gibt einfach, weil wir vielleicht auch so ein kleines Land sind, ein paar Schlüsselpersonen pro Branche, die halt sehr wichtig sind. Und in der Kunst und Kulturbranche in Österreich ist es trotzdem noch sehr männerdominiert. Natürlich tun sie nach außen sehr feministisch und so, also Theatern, Film, Serien, wie auch immer, Musik. Aber die Leute, die das entscheiden und die sagen, ob du da und da den Job bekommst, das sind alles Männer, die älter sind und die sind ihre Macht gewohnt. Und diese Männer habe ich dann de facto genannt. Und bis heute habe ich mit Klagen zu kämpfen, mit Shitstorms zu kämpfen. Also natürlich holen die alle ihre Kumpels her und so.
Es war eine sehr, sehr anstrengende Sache. Und ich musste dann auch eine Therapie beginnen und ich musste auch mit Antidepressiva beginnen in der Zeit. Erstens, weil ich selbst retriggert war. Du hast sehr viel, also ich habe mit 100 Frauen de facto gesprochen, telefoniert, mir ihre Geschichte angehört. Ich habe selbst natürlich auch als Frau eine Geschichte das wieder hervorgeholt. Plus zusätzlich kämpfen diese Männer natürlich gegen dich und klagen und deren Freunde kommen und beschimpfen dich und du wirst diskreditiert. Und also es ist aus mannigfaltigen Gründen dann zu viel gewesen und ich erhole mich noch immer und ich kämpfe aber noch immer.
Also jetzt sind zwei Männer in Haft oder Haft gewesen und den dritten versuche ich gerade einzubuchten. Entschuldigung, Anwalt, ich weiß, ich darf das nicht sagen.

Saskia Jungnikl-Gossy
Ich würde jetzt sagen, wir können das rausschneiden, aber lass es drehen. Ich möchte nachher noch darüber reden, wie du eigentlich persönlich damit umgehst, auch wie du diesen Aktivismus, also wie du das durchstehst und durchstemmst. Aber vorher noch mal kurz, das heißt, diese Frauen, es hat mit einer Frau begonnen, aber die Frauen haben sich dann bei dir gemeldet, weil sie dieses Vertrauen zu dir haben.

Frederika Ferková
Genau, die Frau hat sich bei mir.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also weil du schon auch eine Art Vorbildwirkung oder starke Person hier bist und.

Frederika Ferková
So studiert, bin ich schon, dass ich halt die Story, als sich die eine Frau gemeldet hat, und das war sogar auch die Schwester und nicht sie selbst, da wusste ich schon den Namen, den sie mir da nennt. Und ich habe trotzdem eine Story gemacht. Ein Typ aus der Szene, den wir alle kennen, ist ein mutmaßlicher. Nein, er wurde schon verurteilt, ein Vergewaltiger. Und daraufhin haben mir so viele andere Frauen geschrieben, ah, es geht um den und den, es geht um den und den. Und ich um den geht's gar nicht, aber was ist mit dem und dem? Also und so habe ich halt gemerkt, dass es halt mehrere Namen gibt, die gleich agieren.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber es ist schon interessant, oder? Weil die Technoszene in Österreich ist relativ klein, sie ist männlich dominiert. Du hast mal gesagt, sie hat ein strukturelles Problem. So wie du das erzählst, klingt es auch so, als wüsste auch ungefähr jeder, der da irgendwie eine Rolle spielt, was hier so passiert. Wieso braucht es dann so lange und dich, damit sich was verändert?

Frederika Ferková
Es verändert sich jetzt auch von der Szene her, selbstintern fast gar nichts, weil sie sagen mir dann auch, die Clubs, es kostet extra viel, um Frauensicherheit herzuschaffen oder sie beschützen ihre Kumpels, das sind alles so Freundeskreise. Also das ist so. Die Frage, die du mir jetzt gerade stellst, ist halt so, wie wenn du mir die Frage stellen würdest, warum tut sich die ÖVP nicht von ihnen verändern? Also diese ganzen, wie sie alle zusammenhängen und wie sie alle voneinander abhängig sind. Es geht auch sehr viel um Rausch natürlich im Techno und es geht dann auch sehr viel um Sucht. Ich bin der Meinung, dass alle Männer, die da jetzt irgendwie mithängen, auch einfach ein Suchtproblem haben. Und ich glaube der Hälfte sogar, dass sie sich nicht erinnern kann.
Ich glaube es ihnen, aber es ist halt trotzdem passiert und dadurch, dass die Frauen nach wie vor immer unten gehalten werden, also sie sind vielleicht Bardamen oder vielleicht eine Musikerin ganz am Anfang der Party, aber so die Management, eben der Veranstalter, kein Club in Wien gehört einer Frau. Und das trickelt halt dann durch. Und wenn du als Frau ganz normal die Probleme benennst und sagst, du hättest gerne mehr Sicherheit, dann kannst du sowieso komplett, das ist ihnen wurscht. Und wenn das auch so in Medien ist, wie Techno, MeToo und so, dann sagen sie, es ist ihnen nicht wurscht, aber es ist halt zu teuer.

Saskia Jungnikl-Gossy
Du hast ja selber als Veranstalterin, also du hast das feministische Party kollektiv hausgemacht gegründet. Ich glaube, du bist jetzt kein Teil mehr davon, aber du, also diese sechs positiven Partys, die ihr gemacht habt, da war ja der Schutz eurer Gäste vor Übergriffen, das hatte ja Priorität für euch. Also insofern, es ist ja möglich.

Frederika Ferková
Genau. Und da war ich die einzige in Wien und alle haben mich da schon gehasst. Deshalb kriege ich auch jetzt so viel Gegenwind, weil ich habe ihnen gezeigt, hey, man kann so viel Awareness haben, man kann auf Frauenschutz setzen, man kann eine harte Tür haben, auch in Wien. Du kannst an der Tür schauen, ob ich dich reinlasse oder nicht. Und ich habe das halt konsequent gemacht und habe es halt quasi vorgelebt. Und statt dass sie mir das nachmachen oder hey, danke, dass du gezeigt hast, wie das geht, dass Frauen sich sicher fühlen, haben sie mich halt runtergemacht und beschimpft und haben gesagt, sie können sich das nicht leisten. Und so wie es immer war, passt es ja eh, weil die Leute kommen dann ja eh.
Also das Geld ist ja eh da, wenn sich nur ein Mensch ändert innerhalb der Szene und die anderen bleiben so, wie es ist.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über Betroffene von sexueller oder sonstiger Belästigung. Welche psychologischen und sozialen Folgen gibt oder anders, wie können Betroffene besser unterstützt werden? Und zwar rechtlich, emotional, medial?

Frederika Ferková
Ja, also rechtlich auf jeden Fall. Was ich immer sage, es braucht für sexuelle Gewalt, wir haben das in Frankreich auch mitbekommen, eine Sammelstelle. Eine Frau ist nie alleine betroffen. Das war bei den Dickpics auch so. Erst wo ich offen darüber gesprochen habe, haben mir Freundinnen aus meinem engsten Freundeskreis gesagt, die haben von demselben Typen dasselbe bekommen, sonst hätte ich das nicht mitbekommen, weil das alles noch so schambehaftet ist und so für sich selber ausgemacht wird. Und das ist auch okay. Aber es gibt in Australien und in gewissen US Bundesstaaten das System, dass du zur Polizei gehen kannst als Frau und sagen kannst, ich zeige den jetzt an, weil der hat mich begrabsch.
Der hat mich sexuell übergriffig behandelt und ich melde das quasi der Polizei. Aber ich möchte nur ab einer gewissen Anzahl, das ist dann vom Bundesstaat oder auch in Australien unterschiedlich, erst ab da soll ein Case eröffnet werden. Erst ab da werden wir aktiv. Erst wenn wir zu fünft sind, also wenn wir zu sieben sind, wenn wir beweisen können, dass das nicht ein Einzelfall war, wenn es nicht Aussage gegen Aussage ist, sondern erst wenn wir sieben gegen einen sind. Und anders gewinnst du das auch in dem Rechtssystem nicht, das sehr gut ist. Also ich möchte jetzt auch nicht, dass irgendjemand einfach so angeklagt werden kann. Und ich finde so eine Sammelstelle oder so ein, es ist ja nicht mal eine Sammelstelle, wenn du zur Polizei gehen kannst und das so machen kannst, das wäre der richtige Zugang zu sexueller Gewalt, auch für Männer natürlich.
Aber wenn du mit dem bestehenden Rechtssystem gewinnen möchtest, dann brauchst du Leute, denen dasselbe widerfahren ist, mit demselben Mann meistens. Und erst dann kannst du es schaffen, dass der verurteilt wird. Und wenn du alleine dagegen vorgehst, es wird ja mittlerweile auch geraten, Frauen, die vergewaltigt worden sind, überlegst dir gut, ob du da klagst, weil du sagst dann jetzt, er hat mich vergewaltigt. Er würde sagen, er hat dich nicht vergewaltigt. Ja, was machen wir?

Saskia Jungnikl-Gossy
Also das heißt, eine Sammelstelle schafft auch Transparenz.

Frederika Ferková
Genau, eine Sammelstelle schafft auch Transparenz. Es gibt natürlich, gibt es Anwälte oder Juristinnen, die zu mir gesagt haben, ja, da gibt es dann Datenschutzbedenken. Und ich so, na ja, wenn du es bei der Polizei machst, so wie in Australien oder US Bundesstaaten, es gibt ja schon Länder, die das vormachen, wo das gut funktioniert, dann. Also medial. Medial, was kann man tun? Naja, also dass die Krone die ganze Zeit von Liebesdrama spricht und dass die, also das ist ja fürchterlich. Ich kann mich nur erinnern, in Niederösterreich wurde die Stieftochter vergewaltigt vom Stiefvater, der war halt 1617.
Und ich glaube, die Krone hat getitelt mit Frühlingsaffäre, Sommeraffäre oder so irgendwie. Das ist ein jähriges Mädchen, das mit dem Mann aufgewachsen ist seit 10 Jahren, die eine väterliche Beziehung zu ihm hat und die vergewaltigt worden ist. Und zwar so vergewaltigt worden ist, dass wir davon wissen. Also die ist dann ja auch zur Polizei mit der Mutter und so und deshalb wissen wir davon, sie hat das nicht für sich reingefressen. Wo ist das eine Sommeraffäre oder irgendwie ein Liebesdrama? Das ist kein Liebesdrama, ein schlafendes Kind zu vergewaltigen. Also da muss Österreich auf jeden Fall ansetzen, beziehungsweise man darf es nicht den Medien selber zu entscheiden geben, weil die Boulevardmedien werden immer das geschissenste nehmen, obviously.
Wir brauchen ein Mediengesetz, das einfach sagt, hey, sexuelle Gewalt, Terror, Amokläufe, wie wir es jetzt haben. Es muss eine gewisse Struktur geben, innerhalb der du dich als Medium bewegen darfst, wie du berichten darfst, Freiheit. Aber es darf halt nicht gesellschaftszersetzend arbeiten. Und es ist schon sehr gesellschaftszersetzend, wenn du zu einer ganz klaren Vergewaltigung von einer minderjährigen Person Liebesdrama sagst oder Affäre, Sommer Affäre oder wie auch immer sie das Frühlingsgefühl oder irgendwie so haben sie das getitelt. Das war fürchterlich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Also im Moment ist es so, dass betroffene sexuelle Gewalt eigentlich nur verlieren können, wenn sie es öffentlich machen.

Frederika Ferková
Genau.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was müsste sich denn kulturell und technisch verändern, damit ein digitales Umfeld geschaffen wird, wo es wirkliche Gleichberechtigung gibt?

Frederika Ferková
Naja, digital haben wir ja das Problem, dass die ganzen sozialen Medien eh sowieso nicht uns gehören und irgendwo in Amerika sitzen oder irgendwo in China sitzen oder so. Das heißt, auch wenn wir in Österreich sagen, digital darf das nicht mehr passieren, bis du dann die Daten von dem einen User aus Amerika bekommst, da muss das Gericht anfragen. Also digital sind wir zu globalisiert. Da müssten wir globalisiert zusammenarbeiten und sagen, das geht nicht und das geht schon, das funktioniert dazu, weil nicht, was man digital als Österreicher, Österreicherin machen kann, ist Frauen zu schützen in Kommentarspalten oder wenn sie angegriffen werden auf Twitter oder wenn irgendwas gepostet wird auf der ZIB oder so, da einfach klar zu sagen, das geht nicht. Das ist schon eine Meinung, aber halt eine schlechte. Sonst können wir digital halt leider wenig machen, glaube ich.
Kulturell in Österreich. Naja, wir haben in Tirol den Fall, dass es dort, glaube ich, gefühlt zwei Kindergärten gibt und dort eh ausgegangen wird, dass die Frau zu Haus bleibt bei dem Kind. Und wir haben in Österreich noch immer eine sehr rückschrittliche Vorstellung davon, wie Familie funktioniert und wie Frau funktioniert. In Wien jetzt per se weniger, aber ich bin viel auch in den Bundesländern und so und es schockiert mich immer wieder, wie das trotzdem weitergelebt ist, wie die Eltern und Großeltern und alle das halt quasi vorgelebt haben. Frau ist zu Hause, macht Kinder vor 25 meistens noch, hat keine Karriere oder wenig Karriere und kocht. Und das kann ja auch sehr feministisch sein, weil jeder darf sich das ja selbst entscheiden. Aber bei uns ist es ja strukturell und ich merke ja, ich habe mich ja entschieden, kinderlos zu sein und ich habe es im Dating schon total gemerkt, auch hier in Wien, wo ich mit sehr viel progressiven Männern mich ja getroffen habe, wenn ich gesagt habe, ich möchte keine Kinder oder so, das ging für die nicht.
Also die waren halt naja, jetzt habe ich halt fertig studiert, jetzt arbeite ich ja schon. Ich will dich als Partnerin quasi und ich will mit dir mich verpartnern. Und dann ist schon wann möchtest du dann Kinder? In ein Jahr oder in drei Jahren oder müssen wir heiraten? Also das war schon beim ersten Date so Thema. Und da war ich hey, ich bin in der Hauptstadt. Ich dachte, wir sind so globalisiert.
Aber ja, das ist halt in Österreich generell ein ganz, ganz großes Problem, dass wir nicht besonders flexibel sind mental, was das Gebilde Familie, Gebilde, Frau, Gebilde, wie dein Mann zu sein. Unter Patriarchat leidet ja auch ein Mann dann.

Saskia Jungnikl-Gossy
Hast du nicht das Gefühl, dass sich das gesellschaftlich ein bisschen verändert? Also weil du es vorher z.B. angesprochen hast, Kommentarspalten oder so. Es war ja bisher oder schon im überwiegenden Maße so, dass zuerst die Frau angegriffen wird.

Frederika Ferková
Genau.

Saskia Jungnikl-Gossy
Hast du das Gefühl, dass sich das ändert, oder.

Frederika Ferková
Nein, eigentlich nicht. Also schon, es ist jetzt schon mehr, dass auch die Gegenstimmen kommen, aber dass wir immer dazu greifen, zuerst die Frau anzugreifen, auch auf globaler Ebene, wie Amber Heard bei Johnny Depp Prozess oder wie auch immer. Es ist immer die Frau die Geschissene. Weil es kommen dann halt die rechten, konservativen Leute, die die Frau angreifen. Und es kommen dann aber von der linken Seite genauso Leute, die die Frau angreifen aus anderen Gründen. Aber trotzdem halt quasi die Frau es. Es ist schon in uns drinnen, dass einfach die Frau schuld ist irgendwo.
Und dass die. Ja, also das Gefühl habe ich schon, aber ich kriege auch noch relativ viele Shitstorms. Vielleicht bin ich ein bisschen negativ.

Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über dich. Du hast ein Reel auf Instagram gepostet, da steht drauf als Zitat du willst deine Fresse ja nur in den Medien sehen und drunter quasi, wie Aktivismus wirklich aussieht.
Was ist Aktivismus für dich? Wie sieht er denn aus?

Frederika Ferková
Aktivismus ist sehr, sehr viel überfordert sein, sehr, sehr viel telefonieren, sehr, sehr viel weinen, sehr, sehr viel aufgeben. Also alles. Mir wird ja oft vorgeworfen, ich mache das, weil ich gerne in den Medien bin. Das stimmt nicht, weil die Medien fragen mich immer an, wenn ich PMS habe und besonders scheiße Ausschau. Und dann habe ich immer so ich war letztens in der Z wegen dem Dickbag Gesetz und die ZiP ruft ja auch am selben Tag an und du kommst jetzt in die ZIB, du musst jetzt was zu den Dickbag sagen und ich bin verschwitzt mit einem Fleck auf dem Hemd. In der Arbeit wie gefühlt 200 Kilo mehr. Also so bin ich dagesessen.
Und ich so, okay, aber wenn ich sie jetzt nicht mache für die ZIB, dann erfährt es halt niemand. Und dann habe ich irgendwie versucht, mich halbwegs hinzukriegen und dann in der ZIB zu reden. Aber es ist sehr echt. Nicht so, dass ich mir denke, Glamour Shooting, jetzt kommen die Medien und jetzt habe ich lauter Verehrer, weil ich die ganze Zeit sage, Männer sind scheiße. Also so läuft es halt nicht. Und es ist sehr viel Arbeit und sehr viel Verzweiflung und vor allem auch sehr viel Hass. Weil wenn man etwas ändern will in der Gesellschaft, dann heißt das immer automatisch, dass jemand Privilegien verliert oder dass sich halt einfach Verhältnisse ändern.
Und die Gruppe, wo sich die Verhältnisse dann ändern, ist meistens nicht besonders begeistert, dass man das macht. Und deshalb hat das sehr viel mit Angst, Schmerz, Frust, Wut, diesen Dingen zu tun.

Saskia Jungnikl-Gossy
Was treibt dich an, es trotzdem zu machen?

Frederika Ferková
Ich habe ja erwähnt, ich will kinderlos sein. Und kinderlos, ich habe immer gesagt, Frauen sind per se immer, sie haben etwas mütterliches an sich. Jetzt aber gar nicht patriarchal gemeint, sondern sich um Leute kümmern, diese Empathie und so. Und das kann ein Projekt sein, das kann Kunst sein, das kann Aktivismus. Und für mich ist das so, also ich fühle mich, ich habe einfach einen harten Gerechtigkeitssinn. Das kann auch durch die Neurodivergenz kommen. Ich wurde mit ADHS und Autismus diagnostiziert.
Da ist ein Symptom, dass man ein sehr, sehr schlimmes Gerechtigkeitsgefühl hat. Ich habe das auf jeden Fall. Und ja, ich denke, ich lebe so ein bisschen.
Ich meine, wozu leben wir? Was passiert nach dem Tod? Das ist etwas, was ich mir oft gefragt habe. Was will ich in der Welt hinterlassen? Und für mich ist es das. Und ich möchte auf jeden Fall nicht ein Mensch sein, der die ganze Zeit jammert und das ist scheiße und das ist scheiße. Hat natürlich seine Berechtigung, aber ich habe eben die Kapazitäten, die Gelder.
Ich habe keine Kinder zu Hause, ich hab keine. Also ich muss mich um nichts kümmern. Ich kann das jetzt machen, also mache ich es. Also ich sehe das irgendwie auch ein bisschen als mein Pflichtding. Wenn ich etwas sehe, was mich sehr aufregt, dann versuche ich es zu ändern.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber siehst du auch deine Grenzen dann?

Frederika Ferková
Nein, aber. Nein, aber ich zahle relativ viel. Ich bin einmal die Woche in der Therapie und die erinnert mich immer, was die Grenzen sind. Ich ignoriere es trotzdem.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber du achtest auf, also weil ich frage mich schon, wie du es vorher.

Frederika Ferková
Gesagt hast, dass sie achtet, dass sie auf dich aufpasst.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber weil du es vorher schon erwähnt hast, die Anfeindungen und so. Und du bewegst dich halt auch in Gebieten, wo viel Hass entstehen kann und viel Anfeindung da ist. Wie kanalisierst du das für dich?

Frederika Ferková
Dadurch, dass ich meine journalistische Karriere bei Vice dazu mal begonnen habe, das war ein Online Medium, das die ganze Zeit Shitstorms bekommen, habe ich mich relativ schnell auf Shitstorms gewohnt. Das ist mir jetzt auch schon wurscht. Also was die Leute digital schreiben, das kann ich schon fast nicht lesen. Was mich mehr stört ist, wenn ich merke, wie Männer oder Menschen sich zusammenrotten und gegen mich zusammentun. Das ist das, was mich noch immer verletzt und sehr mitnimmt. Oder auch natürlich, wenn ich einen gelben Zettel im Briefkasten habe, das kriege ich gleich auch Panikattacken bis Wutattacken, je nachdem. Auf der anderen Ebene regt es mich halt viel mehr auf.
Shitstorms bewegen mich schon fast gar nicht mehr. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, da bin ich abgestumpft. Und ich bin halt auch so okay, du bist irgendein Fake Account im Internet, der halt irgendwas sagt. Ich mein, Come on, mit dir rede ich nicht mal. Also da muss man schon so hochnäsig da reingehen. Es ist mir wirklich scheißegal, was du sagst, weil du machst ja nichts.

Saskia Jungnikl-Gossy
Vorher hast du es mit der ZIB zwei, hast du die ZIB zwei erwähnt. Deswegen wollte ich noch fragen, wie wichtig ist denn die Sichtbarkeit in klassischen Medien versus in sozialen Netzwerken?

Frederika Ferková
Komplett. Also in Österreich auf jeden Fall auch einfach weil wir so eine Bevölkerungsverteilung haben, vom Alter her. Und die Parteien, wenn du etwas verändern willst in der Gesellschaft, brauchst du Parteihilfe. Am besten Parteien dirigieren, am schlechtesten die Opposition. Aber du brauchst die Parteien an deiner Seite. Und die Parteien machen nicht das, was du ihnen sagst, einfach weil du hinkommst und hey, es wäre ganz toll, wenn mir Männer keine Schwänze mehr schicken dürften. Das ist ihnen wurscht.
Aber was ihnen halt nicht wurscht ist, wenn du medialen Druck aufbaust. Wenn fünf Medien heute Krone, aber auch ein Standardpresse über dick pics berichten, dann ist die Politik halt ah, das könnte mir 0,03 Prozentpunkte Wählerstimmen geben, da muss ich jetzt was tun. Und deshalb ist es sehr, sehr wichtig, um die Politik zu bewegen. Nicht für die eigene Selbstdarstellung eben, sondern dass man überhaupt gehört wird vom Gesetzgeber. Weil diese ganzen Demos, die wir da machen, oder Kunstaktionen, oder diese ganzen Aktivismus außerhalb von klassischen Medien. Das war ja das Problem der letzten Generation hier in Österreich. Wir sind zu konservativ für das, was sie gemacht haben.
Ich feiere sie sehr und ich mag sie sehr gerne, aber was sie gemacht haben, ist sich anzukleben und die Medien sind gekommen und sie hatten die Medien nicht im Griff. Und die Medien haben dann halt natürlich negativ berichtet. Dadurch war das Ziel von den Parteien, auch die Grünen haben sich dann von der letzten Generation entfernt, weil natürlich für die war, oh Gott, wenn ich mich zur letzten Generation dahinter stelle, dann verliere ich vielleicht 0,02 Prozentpunkte Wähler. Das geht nicht. Und deshalb ist Medien und die Medien vor allem im Griff zu haben, dass sie das so erzählen, wie man das möchte, dass sie das erzählen, das ist das A und O des Aktivismus in Österreich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wie hast du es gelernt?

Frederika Ferková
Ja, ich war selbst Journalistin, ich habe Medienmanagement studiert und ich bin einfach auch eine sehr neugierige und sehr nervige Person.

Saskia Jungnikl-Gossy
Gibt es Themen, die du als Aktivistin bewusst nicht öffentlich ansprichst, weil du Sorge hast, dass sie durch diese mediale Vereinfachung Schaden nehmen können?

Frederika Ferková
So per se eigentlich nicht, weil ich spreche immer alles aus, ich bin sehr impulsiv und ich poste einfach. Aber was ich auf jeden Fall schwierig finde, die Diskussion rund um Israel und Palästina, da fange ich an, mir eine eigene Meinung zu bilden. Es ist aber ein sehr komplexes Thema mit sehr vielen Lagen. Das ist etwas, was ich eher potenziell dabei meide und wo ich potenziell jetzt dabei jetzt mich zur Meinung beziehen will, einfach weil ich mich noch nicht ready fühle, um mit den Leuten zu diskutieren oder irgendwie. Ja, da muss man sich einfach sau viel reinlesen und es ist ein schwieriges Thema und sehr viele Leute, die mit dir diskutieren, haben auch eine sehr vereinfachte Meinung. Und das ist halt, ja, das ist vielleicht das einzige, wo ich ein bisschen abseits gehe, aber sonst kommentiere ich alles, was mir im Alltag geschieht, ist halt kind of mein ADHS.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wenn du die Macht hättest, ein Medienprojekt zu starten, das echten Impact hätte, wie sähe das aus?

Frederika Ferková
Das ist eine gute Frage hier in Österreich.

Saskia Jungnikl-Gossy
Du auch gern weltweit?

Frederika Ferková
Naja, also wenn ich ein Projekt, Medienprojekt starten könnte, dann würde ich es beim ORF ansiedeln, wegen den Geldern und wegen den Kontakten. Und dann wäre ich ein ORF Programm und dann würde ich in diesem ORF Programm nur lustige Frauen einladen, die lustige Comedy machen. Es wäre der Comedy Dienstag und ja, das wäre dann die Gegenveranstaltung zu Comedy Donnerstag, den ich nicht lustig finde.

Saskia Jungnikl-Gossy
Wo nur Männer sind.

Frederika Ferková
Wo nur Männer sind und ich das lustig finde.

Saskia Jungnikl-Gossy
Eine letzte Frage habe ich noch. Ich habe einer Kollegin erzählt, dass ich dich eingeladen habe heute. Und sie hat gesagt in einer ersten spontanen oh Gott, gibt es schon wieder eine neue Ministerin, von der ich nichts weiß?

Frederika Ferková
Geil.

Saskia Jungnikl-Gossy
Und ich habe zu ihr gesagt, noch nicht. Ist das was?

Frederika Ferková
Du warst bei Technoveranstalterin. Also die Fotos, die von mir alle geleakt werden könnten, das wollen wir alle nicht anschauen. Ich als letztes. Also nein, ich lebe wirklich zu sehr abseits von gut und böse, um da jetzt irgendwie wirklich tatsächlich in Politik zu gehen. Und ich bin auch zu oppositionell dafür. Ich habe ja für eine Partei gearbeitet, die Opposition war, da habe ich mich wohlgefühlt. Und dann war sie in der Regierung und ich bin sofort gegangen, weil ich bin einfach nicht so dieser Mensch, der falsche Sachen sagen kann oder sie zu lange sagen kann.

Saskia Jungnikl-Gossy
Aber du hast das Gefühl, gestalten kannst du mehr, wenn du nicht in der Politik bist, wenn.

Frederika Ferková
Ich habe das Gefühl, ich kann mehr gestalten, so wie es für mich passt, wenn ich nicht in der Politik bin. Natürlich ist Politik der Ort, wo gestalten wird, aber für mich als Person eher nicht.

Saskia Jungnikl-Gossy
Danke für das spannende Gespräch.

Frederika Ferková
Danke für die Einladung.

Autor:in:

Saskia Jungnikl-Gossy

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Schnappschuss einbetten

Abbrechen

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.