Ganz offen gesagt
Über Hilfe für pflegende Angehörige - mit Nicole Traxler
- hochgeladen von Saskia Jungnikl-Gossy
Pflege ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, und zugleich oft eine unsichtbare Last. Nicole Traxler, verantwortlich für digitale und soziale Innovation bei der ERSTE Stiftung, hat deshalb „Alles Clara“ initiiert: eine digitale Plattform, die pflegende Angehörige sieht und sie entlastet. Mit Saskia Jungnikl-Gossy spricht sie über die Realität pflegender Angehöriger, wie sie unterstützt werden und wie digitale Lösungen im Sozialbereich funktionieren können.
Mehr Informationen gibt es unter www.alles-clara.at oder unter der entsprechenden App - hier dafür ein Zugangscode, um sie kostenlos zu testen: test-clara
Saskia Jungnikl-Gossy
Herzlich willkommen bei Ganz offen gesagt. Mein Name ist Saskia Jungnikl-Gossy und ich freue mich sehr, dass ihr dabei seid. Und ich freue mich sehr über meinen heutigen Gast. Das ist Nicole Traxler. Sie ist verantwortlich für digitale und soziale Innovation bei der Erste Stiftung und sie ist Initiatorin der Plattform Alles Clara, einer App, die pflegende Angehörige durch persönliche Beratung unterstützt. Wir sprechen heute darüber, wie digitale Innovation soziale Probleme lösen kann, wie sich Care Arbeit verändert und was pflegende Angehörige wirklich brauchen.
Hallo Nicole, schön, dass du da bist.
Nicole Traxler
Danke für die Einladung. Hallo.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wir beginnen unseren Podcast immer mit der Transparenzpassage. Erstens, woher wir einander kennen. Wir kennen einander nicht.
Nicole Traxler
Genau, gerade kennengelernt.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und die zweite Frage ist, ob du politisch tätig oder für eine politische Partei tätig bist.
Nicole Traxler
Ich bin für keine politische Partei tätig.
Saskia Jungnikl-Gossy
Dann beginnen wir mal mit der App Alles Clara: Was tut sie für die Menschen und für wen ist sie eigentlich gedacht? Vielleicht kannst du uns da mal ein bisschen was erzählen drüber.
Nicole Traxler
Super gern. Alles Clara ist ein digitales Entlastungsangebot für pflegende Angehörige, über das ich vor allem digitale Entlastungs- und Pflegeberatung bekomme. Das heißt, wenn ich die Rolle des pflegenden Angehörigen annehme, und das tun sehr viele Menschen in unserer Gesellschaft, stoße ich immer wieder auf die Situation, dass ich Fragestellungen habe, dass ich Ängste habe, dass ich Sorgen habe. Und über die App kann ich in einen digitalen, datensicheren Raum kommen, in einen Chatraum letztlich, wo ich mit einer professionellen Kraft verbunden werde, einer diplomierten Pflegekraft, einer klinischen oder Gesundheitspsychologin oder Psychotherapeutin und kann da in ein Beratungssetting gehen, das ich von meinem Handy aus ganz ungesehen, von anderen ganz niederschwellig in Anspruch nehmen kann, wo ich beraten werde, aber auch begleitet werde durch herausfordernde Situationen und eben das Ganze hauptsächlich in der Schrift. Aber ich kann auch wechseln ins Synchrone. Das heißt, ich kann auch in die Telefonie oder Videotelefonie wechseln und meine Beraterin wird mir danach, also wenn du meine Beraterin bist, würdest du mir nach unserem Telefonat wieder alles zusammenfassen in der Schrift, damit ich es einfach jederzeit nachlesen kann. Du hast das dokumentiert und so begleitest du mich durch all die Herausforderungen und die Ängste, die meine Rolle so mit sich bringt.
Wenn ich mich dann wieder sicher fühle in meiner Situation, dann schließen wir die Beratung. Das ist so im Schnitt nach zwei Monaten sehen wir, und wenn bei mir wieder Fragen auftauchen, kann ich auch ganz einfach wieder eine neue Beratung anfragen, werde wieder verbunden und das Spiel wiederholt sich sozusagen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Das heißt, es richtet sich an alle Menschen, die pflegend tätig sind, pflegend sorgen, betreuend tätig sind?
Nicole Traxler
Also ich glaube, dass das ist so ein bisschen die Herausforderung bei dem Thema, weil bei uns in den Köpfen gleich bei Pflege taucht gleich Pflege am Körper auf. Das ist: Da bin ich am Körper, da lege ich um, da wasche ich, da helfe ich bei der Nahrungsaufnahme. Die Rolle des pflegenden Angehörigen ist aber viel, viel mehr. Wir übernehmen Verantwortung für eine ganz nahestehende Person. Das sind oft älter werdende Eltern, der Demografie geschuldet, das sind aber auch Geschwisterkinder, das sind auch Kinder mit Beeinträchtigungen, das sind teilweise die Großeltern, Onkel, Tante, Frau, Freunde, Nachbarn. Und das beginnt schon viel, viel früher, wo wir noch gar nicht von der Pflege am Körper reden, sondern das ist so.
Es gibt keine klar definierte Definition, wann bin ich das. Aber man schlittert dann oft so auch hinein, Man übernimmt immer mehr Aufgaben, die in Summe einfach sehr belastend sind. Also von, wir kennen das alle aus der Pandemie, auch dieses Einkaufen gehen, Vorkochen, Arzttermine vielleicht koordinieren, bei den Ärzten mitgehen, Therapiegespräche mitführen, Entscheidungen treffen, einfach manchmal auch da sein, zuhören, all das ist in Summe wahnsinnig anstrengend und kann auch belasten und überlasten.
Saskia Jungnikl-Gossy
Das ist total interessant. Ich habe noch nie drüber nachgedacht, diese Unterscheidung. Also weil ich denke auch bei Pflege in erster Linie sofort an bettlägerig pflegend, aber eben, es beginnt ja viel früher. Welche konkreten Situationen bringen die Menschen dazu, dass sie sich an euch wenden? Hast du da ein Beispiel?
Nicole Traxler
Ich glaube, das ist sehr unterschiedlich. Also wir sehen grundsätzlich, dass es so zwei Eintrittsszenarios gibt, wenn man so möchte. Das eine ist das, was ich vorher schon anskizziert habe, dieses kleine Aufgaben und Verantwortungen, die man übernimmt und die immer mehr werden und irgendwann kippt das, weil es geht sich nicht mehr aus. Also wir sehen gerade bei erwerbstätigen, pflegenden Angehörigen, die investieren dann ihre gesamte Freizeit rein. Da reden wir wahrscheinlich am Anfang eher von den Wochenenden, dann sind es die Abende, dann sind es die Urlaube und die fühlen sich dann oft auch noch gar nicht dieser Kategorie zugehörig, weil das ist ja eine selbstverständlich. Also wir machen das ja auch gern. Ich unterstütze meine Eltern super gern oder meine Großeltern oder wer auch immer mir nahesteht, aber irgendwann wird es dann zu viel.
Also das eine dieses bisschen reinschlittern und das andere ist das schlagartige, schlagartig, Schlaganfall, Schlaganfall, Herzinfarkte, Sturz etc. Wo sich plötzlich eine Situation komplett dreht und wo dann, keine Ahnung, zum Beispiel nach einer Kollegin ist das passiert. Der Vater, der allein gelebt hat, der dann, ich glaube, gestürzt ist oder irgendwas ist passiert. Er ist aus dem Spital entlassen worden. Es war klar, der kann nicht mehr alleine leben, der braucht Unterstützung. Er in der Steiermark, sie in Wien, sie mit kleinen Kindern, wo du sagst, plötzlich stellen sich da ganz viel Herausforderungen, ganz viele Fragen. Du stellst irgendwie alles in Frage und okay, was heißt das jetzt für mich?
Was heißt das für meine Familie? Was heißt das für ihn? Ich habe komplett neue Fragestellungen, mit denen ich mich noch nie auseinandergesetzt habe. Ich habe neue Systeme, die komplett anders funktionieren oft, wenn ich nicht selber im Pflegebereich tätig bin, als die Systeme, die ich eigentlich kenne und habe da teilweise dann auch einfach den Pflegenotstand, den man eh aus den Medien kennt, wo dann vielleicht nicht gleich jemand kommen kann. Und das sind einfach Situationen, wo Beraterinnen online natürlich nicht alles abfedern können. Aber sie können mir helfen, Themen zu sortieren, sie können mir helfen, die richtigen Ansprechpersonen zu finden, sie können mir helfen, für mich die richtigen Fragen zu stellen und mir da helfen, Entscheidungen zu treffen und mich dann eben auch begleiten. Also wenn ich ein ganz persönliches Beispiel nehme, kann ich das von meinem Papa zum Beispiel nehmen, wo sich meine Mama um meinen Papa kümmert und wo er vor einem Jahr circa oder eineinhalb mittlerweile ist er gestürzt beim Entlassungsmanagement Und dann war die Schafft die Mama das, wenn er jetzt entlassen wird, alleine daheim?
Und da habe ich zum ersten Mal eine Beratung in Anspruch genommen und mein Berater hat uns dann tatsächlich ein bisschen was über zwei Monate begleitet. Und da ging es wirklich vom Entlassungsmanagement in den Haushalt hinein, Dort sagen okay, was sind Möglichkeiten, wie kann man damit umgehen? Dann zum ersten Mal Pflegegeld beantragen, Wie bereite ich mich dann vor? Was passiert dann eigentlich, wenn ich pflege? Also wo mache ich das?
Wo beantrage ich Pflege? Dann kommt jemand zu mir nach Haus, Was wird denn da passieren? Wie bereite ich mich denn darauf vor? Dann war die Person da und ich habe eine Unsicherheit, die war doch nur zehn Minuten da. Oh mein Gott, hat die dann wirklich alles jetzt verstanden? Und da einfach dieses Vorbereiten, dann kommt der Bescheid, bei uns war davor keine Pflegestufe da, Dann war eine relativ hohe hat mein Papa einfach bekommen. So Panik, was heißt das jetzt für uns?
Und da wieder die Ruhe reinbringen? Nichts. Die Situation hat sich nicht geändert, aber ihr könnt euch jetzt mehr Unterstützung, Ihr bekommt jetzt Unterstützung vom Staat, dadurch könnt ihr euch Angebote zukaufen, die ihn unterstützen und die Mama auch entlasten. Und das ging dann also ich meine, da denkt man dann gleich an mobile Pflege wieder, also sind wir ganz stark wieder beim Körperlichen. Aber das geht dann bis zu einem Behindertenausweis, zu sagen, ja, wenn ich einen Behindertenausweis habe, dann habe ich die Plakette fürs, also ganz profan Plakette fürs Auto. Das heißt, ich habe immer einen relativ nahen Parkplatz bis zum Eurokey Schlüssel, das ist der Schlüssel für die Behindertentoiletten in ganz Europa. Das heißt, ich muss keine Angst mehr haben, dass ich nicht mehr trinken kann, wenn ich irgendwie betreuungsbedürftig oder pflegebedürftig bin, weil ich habe immer einen Schlüssel, der mir Toiletten aufsperrt. Also das sind dann oft eigentlich Kleinigkeiten, aber die dann doch den Lebensalltag einfach stark verbessern.
Saskia Jungnikl-Gossy
Sind das so ähnliche Fragen, die immer wieder kommen? Also gibt es so Fragen, die so typische Fragen sozusagen?
Nicole Traxler
Ich glaube, die typische Frage, das werden wir immer wieder gefragt, gibt es die Was sind die 100 häufigsten Fragen? Aber die also natürlich Themen wiederholen sich. Das, was uns die Beraterinnen aber rückmelden, weil die nach einer Beratung immer einen anonymen Fragebogen ausfüllen, ist einfach eine wahnsinnig hohe Individualität. Also die Fragestellungen, Herausforderungen sind so individuell wie unsere Familien und die Themenvielfalt ist auch enorm. Wir haben das probiert so ein bisschen mit der Karl Landsteiner Universität, die uns wissenschaftlich begleitet, zu Clustern zu sagen, okay, wie kriegen wir das in Kategorien rein? Und da zeigt sich, dass die Hälfte der Beratungen haben wir unter die Kategorie Wissensvermittlung getan, aber dort unter dieser Kategorie allein ist es wieder extrem breit. Also es geht eben vom pflegerischen Wissen ganz klar bis zur Organisation des Alltags bis zu Förderungen und so weiter und so weiter.
Also gibt es 100 Themen, wo es um Wissen geht, auch Orientierung im System, Wer ist mein Ansprechpartner? Und da zum Beispiel haben wir von den Beraterinnen gelernt, Du kannst natürlich alles googeln, aber es ist wahnsinnig schwer dann das allgemein auf den Individual Case hinunterzubrechen. Gerade wenn ich jetzt Erwerbstätigkeit in der Erwerbstätigkeit bin, dann ist dann kostet mich das Zeit und die Beraterinnen übernehmen da einfach auch den Job zu sagen, ich ruf teilweise an, weil Webseiten sind so geduldig wie bei Bier unter manchen Telefonnummern, da gibt es vielleicht den Dienst gar nicht mehr und es hebt niemand ab oder ruft niemand zurück. Und die schauen da wirklich, dass sie dir gezielt die Informationen geben. Also eben, das ist so die eine Wissensvermittlung Kategorie, die relativ breit ist. Die anderen 50 Prozent ist dieses Wissen mit der emotionalen Begleitung, weil das einfach sehr emotional herausfordernde Situationen sind. Ich habe schon gesagt, die Verantwortung, die ich übernehme ich für eine nahestehende Person bis in die persönlichsten Bereiche rein.
Also ich muss teilweise medizinische Entscheidungen treffen oder sie zumindest vorbereiten und darf und will nichts falsch machen, weil ich die Person liebe.
Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über die Beraterinnen und Berater, weil das heißt ja auch, dass die ein immenses Wissen haben müssen, weil wenn die Fragen so vielfältig sind, müssen ja auch die Antworten entsprechend gegeben werden können. Wie sind die denn ausgebildet oder wie seid ihr zu? Wie kommt man zu denen? Woher weiß man, dass man den richtigen Berater, die richtige Beraterin für sich kriegt? Wie funktioniert das System?
Nicole Traxler
Du sprichst einen guten Punkt an. Alles Clara ist geboren während dem Lockdown aus der ersten Stiftung heraus mit den großen Pflegeorganisationen. Und wir haben uns damals die Frage gestellt, kann man Digitalisierung einsetzen zur Unterstützung pflegender Angehöriger? Das war die Grundfrage. Dabei war immer klar, dass was auch immer rauskommt, bei uns ist Alles klar rausgekommen, aber was auch immer rauskommt, Digitalisierung muss dafür genutzt werden, Bestehendes zu verbinden. Es darf nichts ersetzen, weil wir brauchen im Pflegebereich alles einfach. Also alles was da ist, ist gut, aber Digitalisierung könnte das verbinden und wir wollen keine Doppelstrukturen aufbauen, gerade in einem Pflegenotstand. Das wäre einfach fatal.
Und vor dem Hintergrund war: Wir werden nie Berater:innen anstellen. Die Beraterinnen in Alles Clara kommen ganz klar über die Pflegeorganisation. Das heißt, die haben diplomierte Pflegekräfte, die haben klinisch und Gesundheitspsychologen, Psychotherapeutinnen und die arbeiten in ihren Grundjobs dort aber oft auch Teilzeit. Und die Onlineberatung ist für viele so ein Add on. Die sind zehn Stunden in der Onlineberatung tätig, werden über Alles Clara nur gepoolt und bleiben in ihren Grundjobs. Das heißt, dadurch sind sie weiter in den Familien noch drinnen und sehen was dort weiter, ob sich die Fragestellungen ändern, ob sich die Herausforderungen ändern und können. Und bei ihnen ist es auch so ein Job Enrichment, das heißt eben, sie stocken von Teilzeit auf Vollzeit auf.
Wir haben eine, die ist aus der Pension zurückgekommen, Personen, die aus der Elternkarenz früher zurückkommen, weil es einfach online ist, das kann ich von zu Hause machen. Es ist in der Pflege nicht so typisch, dass ich von daheim arbeiten kann und damit kann ich es auch vereinen mit der eigenen Kinderbetreuung, mit der eigenen Angehörigenpflege. Und so haben wir aktuell 28 Berater:innen, die aus fast ganz Österreich kommen. Das heißt, die schaffen gemeinsam eine österreichweite Dienstleistung, eine Beratungsleistung, die aber über sie und über ihr Wissen und ihre Lokalität föderal verankert ist. Das heißt, das Föderale des Pflegesystems ist über die Beraterinnen abgedeckt und sie kommen auch wieder aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Die kommen aus 14 Pflegeorganisationen, also von 14 unterschiedlichen Arbeitgebern und sind da in unterschiedlichsten Rollen von der mobilen Pflege über Community Nurses im Hospizbereich tätig, haben da auch noch mal ganz unterschiedliche Vorerfahrungen. Das heißt, die sind auch schon lange tätig in ihren Berufen, weil wir immer gesagt haben, eben so wie du gesagt hast, da brauchst du ja wahnsinniges Wissen.
Wir haben gesagt, wir können niemanden nehmen, der frisch aus der Ausbildung kommt, sondern die brauchen eine gewisse Berufserfahrung. Da haben wir am Anfang, glaube ich, definiert mit den Pflegeorganisationen, ich glaube fünf Jahre oder so war das Minimum. Wir wissen heute, dass der Pool im Schnitt 25 Berufsjahre hat. Also die sind nicht frisch gefangen, wie man so sagt, sondern die haben schon wirklich viel gesehen, sind oft nicht in diesen 25 also durchschnittlich 25 Jahre nicht im gleichen Setting gewesen, haben in unterschiedlichsten Settings auch mit Angehörigen und mit Pflege zu tun gehabt.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wenn man es runterbricht auf die Menschen, die Unterstützung brauchen und holen, gibt es da, wer hat es denn im aktuellen System besonders schwer? Sind das Frauen? Weil meistens ist es so, dass Pflegethema vorwiegend ein Frauenthema ist.
Nicole Traxler
Du bist jetzt bei den pflegenden Angehörigen und Ratsuchenden in Österreich. Wir reden davon, dass wir rund eine Million pflegende Angehörige haben. Ich glaube mittlerweile, dass wahrscheinlich aufgrund der steigenden Anzahl an Pflegebedürftigen auch mehr wird. Die Studie ist, glaube ich, aus 2018 die die eine Million rausgegeben hat. Und ja, es ist vorrangig sind das Frauen, die diese Rolle übernehmen. Und ja, wie gesagt, da sind wahnsinnig viele Belastungen da. Wir haben dieses Jahr auch eine Studie mit ECO Austria gemacht, die gezeigt hat, dass diese Rolle und eben Hauptfrauen Thema auch Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit hat.
Das heißt, zugunsten der Pflege reduziere ich meinen Job, scheide vielleicht auch früher aus dem Job. Das heißt dann natürlich auch wieder in weiterer Folge potenzielle Altersarmut, weil einfach Pensionsjahre fehlen etc. Und das sind Zeiten, wo eigentlich das Pensionsantrittsalter von Frauen angehoben wird. Also ja, es ist ein schwieriges Thema, das vorrangig Frauen trifft und die Gruppe ist aber anklingenden Angehörigen super heterogen. Das zieht sich durch die Gesellschaft durch. Das heißt, wenn man so möchte, es ist eine nicht diskriminierende Rolle, die unabhängig von Status, von Einkommen, von Religion, Geschlecht jeden quasi treffen kann. Und das heißt, wir sehen, dass wir haben auch eine große Anzahl an pflegenden Eltern, die teilweise in der Statistik auch gar nicht auftauchen, weil unsere Statistiken mit der Pflege, also pflegende Angehörigenpflege erst ab 15 Jahre misst sozusagen oder erhebt.
Das heißt, bis dahin ist es die Betreuung von Kindern unabhängig von deren, von deren Bedürfnissen. Und wo wir jetzt auch noch mal ein Projekt haben, österreichweit mit vielen Organisationen, ist um die Young Carers, also um Kinder und Jugendliche, die Pflegeverantwortung übernehmen, vorrangig für ihre chronisch kranken Eltern. Also da haben ihre Eltern nicht nur körperliche Beeinträchtigungen, sondern noch psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen und die Kinder übernehmen da Verantwortung der normalen klassischen Rolle des pflegenden Angehörigen und die ist schon für Erwachsene sehr, sehr belastend und überlastend und für die Kinder und Jugendlichen natürlich noch mehr. Und da reden wir von 15 bis Jährigen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Ist das eine Gruppe? Steigt das oder ist das gleichbleibend?
Nicole Traxler
Das weiß ich nicht. Wir haben eine, die Dunkelziffer ist einfach enorm. Also wenn man sich überlegt, die psychischen Erkrankungen sind ja auch bei Erwachsenen oft nicht sichtbar, das heißt die Kinder dahinter noch mal viel weniger. Die Studie aus 2012 von Martin Nagel-Kupal von der Uni. Wien sagt circa Kinder und Jugendliche. Es gibt eine Studie, glaube ich, von der AK Oberösterreich, die sagt um die Das Rote Kreuz hat uns mal gesagt, also eigentlich müssen wir von einem Kind pro Klasse ausgehen und das ist dann relativ, also ich glaube, es ist eine Gruppe, die wir nicht wegreden dürfen und wo wir jetzt während dem Projekt auch auf viele Einzelschicksale stoßen, wo Kinder einfach enorm viel leisten und eigentlich Hauptbezugsperson sind von ihren Eltern, die ihren Alltag nicht mehr schupfen können. Und da reden wir wieder nicht nur von der Pflege am Körper, sondern da reden wir von Betreuung von Geschwisterkindern, da reden wir von Einkaufen, von Kochen etc.
Und das ist Lebensrealität von Fünfjährigen bzw. Wir haben jetzt auch einen Case von einer Community Nurse bekommen, von einer Dreijährigen, die da erzählt hat, wo du sagst, oh wow, also die stemmen da ordentlich viel und unser System baut ein bisschen auch auf ihnen auf.
Saskia Jungnikl-Gossy
Bleiben wir beim System. Fehlt Unterstützung aus der Politik oder wo könnte die Politik hier mehr helfend eingreifen, gerade wenn man sich ansieht, langfristig gesehen die Demografie. Also wir werden immer älter, das heißt, es wird immer mehr werden, es wird immer mehr Menschen geben, die Unterstützung und Hilfe in der Pflege brauchen. Genau. Was kann die Politik tun?
Nicole Traxler
Ich glaube, es gibt, das ist eine schwere Frage, weil ich glaube, es gibt nicht die eine Antwort, weil es ist einfach komplex und wie unsere Welt komplex ist. Aber das, was wir schon sehen, ist, dass 80 Prozent der Pflege und Betreuung wird in unseren Familien übernommen. Das heißt, wir reden von einem Pflegenotstand, der eben 20 Prozent circa ausmacht, bis zu 80 Prozent in den Familien. Das heißt, wir bilden die Basis für unser Gesundheits- und Sozialsystem in unseren Familien. Das heißt, wenn unsere Systeme aber krachen, wenn unsere Systeme Pflegebedürftige nicht aufnehmen können, weil wir dort Mangel haben, weil dort Geld fehlt etc. Dann wird der Druck auf unsere Familien größer. Jetzt sehen wir jetzt schon Arbeitsmarkteffekte, jetzt sehen wir jetzt schon, dass Frauen, dass das vor Frauen übernehmen, dass Frauen aus der Erwerbstätigkeit ausscheiden und das, wenn wir auf dem Arbeitsmarkt schauen, in Zeiten von einem Fachkräftemangel, in Zeiten, wo wir da probieren gegenzusteuern, indem wir das Pensionsantrittsalter erhöhen, wenn die aber nie zum Pensionsantrittsalter kommen, weil sie davor pflegen.
Es ist so ein bisschen, es gibt, also ich sehe diesen Bedarf, Familien zu unterstützen, aber so effizient wie möglich, weil wir nicht so viel Geld einfach haben. Also wir hören das jetzt eh immer in den Medien und überall muss gespart werden und Dinge und es ist so ein bisschen eine tickende Zeitbombe, weil die Anzahl der älteren Personen und damit der pflegebedürftigen Personen wird einfach steigen. Das zeigt unsere Demografie, die die Nachkommen, die unterstützen können, die sinkt. Das heißt, ich habe jetzt nicht die eine Antwort, aber ich glaube, dass wir die Angehörigen nicht, oder ich bin davon überzeugt, dass wir die Angehörigen nicht vergessen dürfen, dass wir unsere Familie nicht vergessen dürfen, wenn wir zusammenklappen dann ist das noch einmal, haben wir noch mal viel größere Probleme im System.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und das heißt auch, dass Care Arbeit sich unmittelbar auswirkt auf Gleichberechtigung und Ökonomie in gewisser Weise.
Nicole Traxler
Ja, weil es einfach die, weil es Frauen sind, die die Rolle vorrangig übernehmen. Und ich meine, diese klassischen Karrieren, ich glaube, da gilt es auch anzusetzen, diese klassischen Karrieren zu unterbrechen, wo ich sage, als Frau stecke ich zurück in der Kinderbetreuung, bin Teilzeit und dann komme ich vielleicht gar nicht mehr zurück, weil dann ist irgendein pflegebedürftiger Elternteil zum Beispiel, sei es Eltern oder Schwiegereltern und dann bin ich eh schon Teilzeit, dann übernehme ich halt das. Und darüber gibt es überhaupt keine Statistiken. Also das ist irgendwie sehr im Versteckten, sagen wir so.
Saskia Jungnikl-Gossy
Du kommst eigentlich aus der Betriebswirtschaft.
Nicole Traxler
Ja, da hast du gut recherchiert.
Saskia Jungnikl-Gossy
Genau. Und da habe ich mich gefragt, was hat dich denn überhaupt in die Richtung soziale Innovation gebracht?
Nicole Traxler
Ganz ehrlich, meine Faulheit und eine langsame Internetverbindung? Nein, also ich habe ja, ich habe internationale BWL studiert und habe dort gewisses Handwerkszeug gelernt und erst in Entrepreneurship Kursen wurde mir das Ganze zusammengeführt. Ich habe gemerkt, oh wow, das ergibt irgendwie einen Sinn und war da schon, also mein erster Kurs war in Spanien während meines Auslandssemester und da habe ich bei UNICEF gearbeitet, Ich habe schon eine soziale Tendenz gehabt und dann, wie ich zurückgekommen bin, war ich, ich habe außerhalb von Wien bei meinen Eltern gewohnt und ich war einfach zu faul an die Uni zu fahren zu einer schnellen Internetverbindung. Das heißt, ich habe an der WU nicht den Zwei Tage Finance Kurs Durchdrückkurs bekommen, sondern ich war dann plötzlich im ersten Social Entrepreneurship Kurs in Österreich und habe einen Businessplan für ein Gewinner Projekt damals, der von dem GET Active Social Business Award damals noch Ideen gegen Armut erarbeitet. Und das war das erste Mal das Aha Erlebnis zu sagen, so, oh Moment, ich kann das, was ich da in der Wirtschaft gelernt habe, auch im Sozialen anwenden und so bin ich da irgendwie reingeschlittert und reingewachsen, würde ich mal sagen. Und finde das irgendwie einen charmanten Ansatz, das, was man da für For Profits lernt, umzulegen und da probieren, sozialen Mehrwert zu schaffen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und wie kam es dann, also was war dann deine Motivation hinter Alles Clara? Also wie gab es da einen Moment oder eine persönliche Erfahrung, die den Ausschlag.
Nicole Traxler
Gegeben hat, dass ich so tief drinnen bin?
Saskia Jungnikl-Gossy
Ja genau. Und wann war das?
Nicole Traxler
Wir haben während den Lockdowns angefangen. Also wir haben als Stiftung schon seit 2016 experimentiert mit Digitalisierung, weil wir einfach gesehen haben, Digitalisierung wird im For Profit Bereich ganz stark eingesetzt, aber kann irgendwie auch einen sozialen Mehrwert schaffen. Und dann war aber die Frage, wie kann man das strukturiert angehen? Da gab es am Anfang einige wilde Projekte, die ich da bin ich dann reingekommen, die waren schon am Laufen. Und ich war halt ich habe davor Weiterbildungsangebote aufgebaut. Als ich da reingekommen bin, war so die Frage: Okay, so wie wir es machen, haben wir damals gezeigt, es funktioniert. Aber so wie es grundsätzlich funktioniert, digital und sozial kann zusammenkommen, aber die Art, wie wir es gemacht haben, war noch ausbaufähig.
Das heißt, ich bin damals den Schritt zurückgegangen. Wir haben damals ein Innovationsprogramm aufgebaut mit den großen Trägerorganisationen, wo sie das Sozialwissen reingebracht haben und wir die Methodik reingebracht haben von sechs Monaten von der sozialen Fragestellung, wo potenziell Digitalisierung einen Mehrwert liefert, könnte zum ersten greifbaren Prototypen gekommen sind. Und das war cool. Aber dann kam Covid und dann hat es natürlich wenn du Workshops machst, ging nicht mehr. Und dann war aber die okay, wie gehen wir da jetzt weiter? Und in dem Moment sind die Pflegeorganisationen zu uns gekommen, also Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz, Volkshilfe und Samariterbund. Leute, wenn ihr das jetzt ernst meint mit der Digitalisierung, jetzt müssen wir auf die pflegenden Angehörigen schauen.
Also wir haben damals die Pflegekräfte beklatscht und auf die Haushalte hat halt niemand geschaut. Und natürlich die, die mobile Kräfte hatten. Da war klar, in den Haushalten wird es einfach massiv eng und Digitalisierung hätte das Potenzial ungesehen in die Haushalte reinzukommen. Das heißt, wir haben im Sommer 2020 mit der Frage gestartet, wer sind die überhaupt? Um dann draufzukommen oh, Moment, Mama, Oma. Also in all unseren Familien gibt es Leute und vor allem Frauen, die diese Rolle haben, Fokusgruppen gemacht und haben dann letztlich mit einem Innovationsprozess viel Emotion, Verzweiflung, dass wir nie ans Ziel kommen werden, sind wir dann auf Alles Clara gekommen als ein Tinder für pflegende Angehörige. Also wir sind wirklich von diesem Matching Ansatz gekommen. Wir verbinden die, die Fragen haben, mit denen, die Antworten haben, weil KI kann uns das noch nicht lösen, aber Menschen können das und Menschen können Situationen einschätzen in Familien, wissen, was zu tun ist und können auch 5 Schritte vorausdenken. Also es ist eigentlich ziemlich simpel, aber wirkungsvoll.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wenn du jetzt mit dieser Erfahrung, die du hast, auch mit den Rückschlägen und so, was würdest du sagen, was macht denn digitale Lösungen im Sozialbereich erfolgreich und woran scheitern sie häufig?
Nicole Traxler
Also erfolgreich und ich glaube, das gilt nicht nur fürs Soziale, ist es, wenn Digitalisierung Mittel zum Zweck ist, Also digitalisieren um des Digitalisierens willen ist ja, also da kommt dann auch was raus, aber das hat sicher nie diesen Werk. Das heißt, die Digitalisierung ist Mittel zum Zweck einzusetzen, weil ich irgendwann höheres Ziel erreichen will. Das ist glaube ich so eine Grundvoraussetzung Und das immer und das zumindest unsere Erfahrung, Nutzer unter Einbeziehung der Nutzerinnen. Also wir haben, wir sind relativ schnell durch Zufall mit Professor Hannah Meyer in Kontakt gekommen, die hat Personenzentrierung bei uns reingebracht und das ist seit uns seit an Beginn unserer Nordstern sozusagen sind personenzentriert unterwegs für beide Nutzergruppen, weil auch die Beraterinnen, also ich muss nicht nur die Ratsuchenden abholen und für die muss das spannend sein. Also wir konkurrieren da mit all den anderen Apps und für die Beraterin muss es aber genauso viel Spaß machen, die Oberfläche zu nutzen, sonst werden sie es nicht nutzen und dann hat das ganze Ding auch keine Chance. Und ich glaube, das ist es klingt so einfach, aber es wird oft vergessen zu sagen, ja nur Funktionalität ist nicht der Schlüssel, sondern es muss für beide Seiten oder für alle Nutzer einfach passen und es muss mit ihnen entwickelt werden. Also wir haben da so kleine Sachen gehabt wie die Enter Taste, die war bei uns am Anfang ganz groß, das ist so ein Mini Detail. Aber die Beraterinnen haben, um einen Absatz zu machen, haben sie die Enter Taste gedrückt. Wir haben die Enter Taste nicht mit ihnen natürlich entwickelt, Das heißt, die Entwickler haben Enter senden gemacht, die Beraterinnen sind ausgezogen, die haben für eine Nachricht mit drei Absätzen, haben sie drei Nachrichten geschickt und die waren so glücklich, wie wir das geändert haben.
Saskia Jungnikl-Gossy
Also es ist wirklich das Detail.
Nicole Traxler
Genau, es ist ein Mini Detail, aber es macht halt dann den Unterschied.
Saskia Jungnikl-Gossy
Du kommst halt nur dahinter, wenn du im Austausch bist und darauf achtest, was braucht wer.
Nicole Traxler
Ganz genau, ganz genau. Und ich glaube, das, was man nicht unterschätzen darf im Sozialen vor allem, sind auch die Kosten von Digitalisierung. Also wenn du Digitalisierung wirklich ernst meinst, dann kostet das Geld. Und das ist oft im Sozialbereich einfach auch nicht vorhanden. Und es ist auch eine andere Kultur. Also ganz klar ist ein anderer Sektor. Developer ticken anders als Sozialarbeiter oder Pflegekräfte. Und ich glaube, da müssen wir uns gesellschaftlich schon auch die Frage Muss eine Pflegeorganisation, muss eine soziale Organisation eine Tech-Bude werden oder schaffen. Wir es da neue Koalitionen und Zusammenarbeiten zu initiieren, ohne sich eben Ich habe auch nicht die Lösung, aber schaffen wir es, dass jeder da seine Kompetenz einbringen kann, damit dann was entsteht, was uns gesellschaftlich einfach weiterbringt?
Saskia Jungnikl-Gossy
Gibt es eigentlich vergleichbare Apps zu Alles Clara vergleichbar in der Art von Beratung, die ihr liefert, Unterstützung?
Nicole Traxler
Also Angehörigenberatung ist jetzt nichts Neues.
Saskia Jungnikl-Gossy
Nein, aber auf diese Art.
Nicole Traxler
Ich glaube, das, was Alles Clara speziell macht und vielleicht von anderen Angehörigenberatungen zum Beispiel oder Online Angehörigenberatungen unterscheidet, ist einfach die Ambition, eine Sozialdienstleistung ins Leben zu rufen, die so funktioniert wie unsere Familie, nämlich österreichweit. Wir sind über Österreich verstreut und trotzdem die Sektoren oder unser Pflegesystem und unser Gesundheitssystem, das föderal aufgestellt ist, respektiert. Das heißt, dieses Zwischenspiel und das ist ja immer, das sieht man ja auch oder liest man in den Medien, Bund Länder Diskussion und das ist das, wo wir sagen okay, wir müssen es so machen wie nutzerzentriert, personenzentriert. Wir müssen eine Dienstleistung anbieten, die den Familien entspricht. Selbst meine Eltern sind in Niederösterreich, obwohl sie eigentlich jetzt, also es fühlt sich nicht so an, aber sie sind in einem anderen Bundesland und Niederösterreich funktioniert anders.
Saskia Jungnikl-Gossy
Es gelten andere Regeln. Gerade im Pflegebereich oder im Gesundheitsbereich sind ja die Bundesländer sehr unterschiedlich.
Nicole Traxler
Genau. Das heißt, wir respektieren den Föderalismus und bieten aber ein Angebot, dass das funktioniert und wir verbinden damit ja nur Bestehendes. Die Beraterinnen sind da, die Bundesländer müssen nur sagen, wo tun wir es einhängen Und wir haben drei Modellregionen, wo die Landesregierungen mit uns gehen, sozusagen Vorarlberg, Niederösterreich und Burgenland und zum Beispiel im Burgenland. Die Beraterinnen kommen aus dem Case Management des Landes. Das ist einfach der Online Kanal und für die ist es schon cool, weil die haben einfach ihr Angebot und durch den Online Teil kriegen sie noch mal Zugang zu einer anderen Zielgruppe. Die sind natürlich ganz stark auf die Burgenländerinnen und Burgenländer ganz natürlich, aber auch die arbeiten teilweise in der Steiermark, teilweise in Niederösterreich, in Wien und haben aber ihre Familien trotzdem im Burgenland. Das heißt, ich schaffe auch diese Brücken wieder, wo es dann wieder um die Versorgung der Bevölkerung vor Ort geht.
Saskia Jungnikl-Gossy
Eine Frage habe ich noch zur App und gibt es was oder was habt ihr gelernt über die Bedürfnisse von pflegenden Angehörigen, das ihr am Anfang vielleicht unterschätzt habt.
Nicole Traxler
Ich glaube aber, das ist jetzt abseits vom Digitalen, der enorme Druck der Familienlastet, diese Einzelschicksale, die bei uns auftauchen, die niemanden kalt lassen, wo wirklich viel Verzweiflung, viel Sorge, viel Angst dabei ist und viel Verantwortung übernommen wird und was wir da eigentlich wirklich in unseren Familien alle stemmen und dass wir das aber alle haben, auch wenn es keinen Titel hat und es braucht auch keinen Titel. Kein Nutzer von Alles Clara, kein Ratsuchender oder Ratsuchende muss sich dieser Gruppe zugehörig fühlen, aber wir leisten da wirklich Enormes und es ist okay, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wie wird sich die Plattform weiterentwickeln? Also was ist so das Ziel jetzt für die kommenden Jahre?
Nicole Traxler
Also einerseits das größte Ziel, das wir haben, ist, dass jeder Mensch in Österreich kostenlos Zugang dazu bekommt. Deswegen freuen wir uns einfach, dass wir einerseits vom Sozialministerium seit 2022 schon unterstützt werden und eben von den drei Bundesländern und hoffen, dass wir es gemeinsam schaffen, da diese Beratung einfach wirklich allen Menschen zugänglich zu machen, nämlich kostenlos, weil wir sehen, es ist so schwer, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn ich dann auch noch zahlen muss dafür, dann wird es nicht in Anspruch genommen. Das ist so die Nummer. Also es ist unser größtes Ziel einfach. Und sonst die Unterziele sind letztlich die Öffnung für die Kinder und Jugendlichen. Das heißt, alles klar ist aktuell ab 18 Jahre, einfach weil wir am Anfang waren so viele neue Themen, dass wir gesagt haben, mit Kinder und Jugendschutz können wir uns jetzt nicht auseinandersetzen, aber wir wissen mittlerweile juristisch, dass wir aufmachen dürfen. Das heißt, das ist unser Ziel fürs nächste Jahr.
Saskia Jungnikl-Gossy
Es ist wahrscheinlich auch so, die fühlen sich gerade besonders verloren oft.
Nicole Traxler
Genau, und da gibt es auch viele Angebote in Österreich und das wäre jetzt ein digitaler Kanal, einfach dort zu unterstützen. Und das andere sind Menschen mit Migrationshintergrund, wo wir einfach sehen, es ist oft schwierig, in Communities reinzukommen und da auch zu unterstützen. Und da ist die Fragestellung, ob da nicht ein digitales Angebot vielleicht die Hürde nehmen kann. Da müssen wir aber so weit sein, dass wir in unterschiedlichen Sprachen das haben. Das heißt, aktuell ist die App auf Deutsch, aktuell ist die Beratung vorrangig auf Deutsch. Die Beraterinnen als Pool können aktuell bis zu sechs Sprachen abdecken. Aber auch da zu sagen, wie kriege ich die Sprachen dann von beiden Seiten zusammen. Also das sind so die Themen, mit denen wir uns jetzt 2026 beschäftigen werden, weil wir sehen, dass es einfach notwendig ist und dass wir einfach die Menschen dort abholen, wo sie sind.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wo stößt Digitalisierung im Care Bereich an ihre Grenzen?
Nicole Traxler
Digitalisierung stößt grundsätzlich an Grenzen, logischerweise. Das heißt, eine Grenze, an die sie nicht gestoßen ist, ist Beziehungsaufbau. Also es wurde uns am Anfang immer gesagt, digital gibt es keinen Beziehungsaufbau und das stimmt nicht. Das war schön, das widerlegen zu können, wo die Beraterinnen sagen, wir sind in der Beratung, aber so schnell in einer sehr engen Beziehung und auf einem Vertrauensverhältnis. Aber natürlich das Hinkommen, das bleibt digital, es bleibt am Handy. Und das ist auch gut oft so, weil oft wollen Ratsuchende einfach in der Anonymität bleiben und trotzdem in Beziehung sein, was irgendwie auch ein schöner Gedanke ist, den habe ich noch nie so ausgesprochen. Eben dieses, also wir haben, wenn ich an alles Clara denke, da ist niemand, der zu dir nach Hause kommt, der dir vor Ort dann hilft.
Saskia Jungnikl-Gossy
Also live vermittelt quasi wen, der vielleicht nach Hause kommt.
Nicole Traxler
Du wirst quasi empowered dazu, den nächsten Schritt zu machen. Also bei uns in der Beratung war es so, dass unser Berater uns rausgesucht hat, das und das sind die Träger, die bei euch im Ort oder bei deinen Eltern im Ort tätig sind. Das sind die Personen, das ist die Kontakt, also E Mail, Telefonnummer, so kannst du sie kontaktieren. Wenn ihr soweit seid, macht den Schritt, wenn ihr nicht so weit seid. Also, it's up to you. Genau.
Saskia Jungnikl-Gossy
Liebe Nicole, danke für das Gespräch.
Nicole Traxler
Ich danke dir.
Saskia Jungnikl-Gossy
Das war die heutige Folge von Ganz offen gesagt. Wir freuen uns, wenn ihr unseren Podcast abonniert, weiterempfehlt und uns in euren Podcast Apps mit 5 Sternen bewertet. Wenn ihr jetzt mehr über Nicole oder alles Clara erfahren wollt, dann geht am besten auf alles-clara.at oder ihr ladet euch gleich die App runter und
Nicole Traxler
Verwendet da den Zugangscode Test-Clara.
Saskia Jungnikl-Gossy
Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Tschau!
Autor:in:Saskia Jungnikl-Gossy |