Die Dunkelkammer
Der Fall Pilnacek #16 Die Smartwatch des Sektionschefs: "Deutliche Ausreißer"

- Fotocredit: Pilnaceks Smartwatch, Auswertungsbericht des Bundeskriminalamts
- hochgeladen von Michael Nikbakhsh
Im Zentrum der 16. Episode zum Fall Christian Pilnacek steht - nach Smartphone und Laptop - die Smartwatch des am 20. Oktober 2023 verstorbenen Sektionschefs. Diese Galaxy Watch 3 war das einzige elektronische Gerät, das Pilnacek in der Nacht seines Todes bei sich hatte.
Auch rund um die Uhr sind einige Fragen unbeantwortet, bisher war unter anderem nicht klar, ob die Uhr in der Nacht des 20. Oktober überhaupt in Betrieb und ob und welche Daten sie aufgezeichnet hatte. Auch der unmittelbare Verbleib und eine spätere Auswertung der Uhr durch das Bundeskriminalamt sind ist in den Akten der Staatsanwaltschaft Krems nur lückenhaft dokumentiert.
Das Landeskriminalamt Niederösterreich hatte die Ermittlungen zu den Todesumständen Pilnaceks Anfang 2024 unter anderem auch mit der Feststellung geschlossen, dass auf der Smartwatch keine relevanten Daten gefunden worden seien. Dem widerspricht nun allerdings eine Analyse aus der IT-Abteilung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die im März dieses Jahres durchgeführt wurde.
Demnach waren auf der Uhr sehr wohl relevante Daten abgelegt, darunter Gesundheitsdaten. Und: Es gibt Indizien dafür, dass die Uhr in der Nacht des 20. Oktober in Reichweite anderer bluetoothfähiger Geräte war. Und schließlich: Auch nach Pilnaceks Tod zeichnete die Uhr Aktivitäten auf, die sich mit der bisherigen Aktenlage nicht in Einklang bringen lassen.
Michael Nikbakhsh
Herzlich willkommen zur 218. Ausgabe der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nikbakhsh. Ich melde mich nach dem Urlaub wieder zum Dienst und dies mit einer weiteren Ausgabe zum Fall Christian Pilnacek, der mittlerweile 16. Folge dieser Serie. Heute soll es um Pilnaceks Smartwatch gehen, einem Samsung Produktmodell Galaxy Watch 3. Die Uhr war in der Dunkelkammer bereits ein Thema, wenngleich sie nicht annähernd so prominent vorgekommen ist wie das Handy und der Laptop.
Das hat damit zu tun, dass die Aktenlage zu der Uhr bisher ziemlich dürr war. Es war lange nicht nur nicht klar, ob und was auf dieser Uhr gespeichert war. Es gibt auch Lücken in der Dokumentation dessen, was mit dieser Uhr behördenseitig passiert ist. Tatsächlich war diese Smartwatch das einzige elektronische Gerät, das Christian Pilnacek in der Nacht seines Todes am 20. Oktober 2023 bei sich trug. Das Handy und den Laptop hatte er im Haus seiner Freundin Karin Wurm in Rossatz bei Krems zurückgelassen.
Die Uhr trug er am Handgelenk und er trug sie auch noch, als sein Leichnam am Morgen des 20. Oktober aus einem Seitenarm der Donau geborgen wurde. Und eben diese Uhr wirft zunehmend Fragen auf, denn laut dem Landeskriminalamt Niederösterreich war auf der Smartwatch nichts gespeichert, das Aufschluss über Pilnaceks letzte Wege und oder eine Todeszeit gegeben hätte. Diese Todeszeit ist ja weiterhin unklar.
Es war bis zuletzt noch nicht einmal gesichert, ob die Uhr in der Nacht überhaupt eingeschaltet war und Daten aufgezeichnet hat. Spoiler: Ja, sie war eingeschaltet und ja, sie hat Daten aufgezeichnet. Im Akt der Staatsanwaltschaft Krems gibt es so gut wie keinerlei Dokumentation zu der Uhr. Es gibt im Wesentlichen nur ein paar Zeilen in dem Abschlussbericht des Landeskriminalamts Niederösterreich vom 8. Jänner 2024 und mit diesem Abschlussbericht wurden auch die Ermittlungen zu den Todesumständen Pilgerchecks geschlossen. Und da steht, ich zitiere: „Die Auswertung der auf der Smartwatch vorhandenen Daten ergab keine für das gegenständliche Ermittlungsverfahren relevanten Daten. Insbesondere gibt es keine Einträge hinsichtlich GPS-Standorten und Health Data, also Gesundheitsdaten. Es ist demnach nicht möglich, ein Bewegungsprofil für die Nachtstunden und 19. Auf 20. Oktober 2023 oder einen genaueren Todeszeitpunkt nachzuvollziehen.“ Zitat Ende.
Und damit sind wir bei der nächsten Merkwürdigkeit in diesem an Merkwürdigkeiten ja nun wirklich nicht armen Fall. Denn entgegen den Feststellungen des Chefinspektors waren auf der Uhr sehr wohl relevante Daten abgelegt, und zwar unter anderem und ganz konkret Gesundheitsdaten. Nicht nur das, in Pilnaceks Todesnacht hat die Smartwatch über einen Zeitraum von rund 3 Stunden mehrfach versucht, sich mit Bluetooth fähigen Geräten in ihrer Nähe zu verbinden. Es gab sogenannte Bluetooth Low Energy Kommunikation. Dazu komme ich noch. Das wirft jetzt natürlich die Frage auf: War das Sektionschef vor seinem Tod möglicherweise nicht allein?
Vorneweg noch ein kleiner Hinweis: Ich habe auf die vorangegangenen Ausgaben zum Fall Pilnacek einige Reaktionen bekommen, die bekomme ich auch weiterhin. Ich werde die demnächst in einer eigenen Ausgabe zusammenfassen und dabei auch versuchen, Fragen bestmöglich zu beantworten. Danke jedenfalls für das große Interesse. Zuschriften wie gehabt und gerne an redaktion@dunkelkammer.at.
Zurück zur Uhr. Wie gesagt, diese war bisher ein Rätsel. Ich hatte darauf bereits in früheren Ausgaben hingewiesen, denn laut den vorliegenden Polizeiprotokollen trug Pilnacek diese Galaxy Watch 3 am Handgelenk, als sein Leichnam geborgen wurde. Ich habe aber in hunderten Aktenseiten keinen Eintrag gefunden, wer die Uhr wann vom Handgelenk des Toten genommen hat und was anschließend damit geschehen ist. Die Smartwatch taucht jedenfalls sechs Tage nach Pilnaceks Tod bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung in der Klinik Wien in Favoriten auf, und zwar in einem Plastiksackerl. Laut dem Protokoll des Gerichtsmediziners steckt sie in den Plastiksackerl, das zusammen mit dem Leichnam überstellt wurde. Bei dieser Obduktion sind auch Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich dabei und laut Aktenlage wird die Smartwatch erst an diesem 26. Oktober also sechs Tage nach dem Tod, formell gesichert, und zwar zusammen mit Pilnaceks Ehering. Ich zitiere aus dem Protokoll: „Der Ring und die Armbanduhr werden gesichert, verpackt und mit der Sachverhaltsmappe dem Landeskriminalamt Niederösterreich, Ermittlungsbereich Leib Leben zur Ausfolgung an die Angehörigen übergeben.“ Zitat Ende. Wie gesagt, Das geschieht erst 6 Tage nach Pilnaceks Tod. Die Akten erzählen also nicht, was in der Zwischenzeit mit der Uhr geschehen ist. Da sie aber laut dem Gerichtsmediziner in einen Plastiksack steckte, muss sie jemand vom Handgelenk genommen haben.
Tatsächlich hat Pilnaceks Witwe Caroline List die Uhr dann auch bekommen. Zunächst hat sie ihr Anwalt Rüdiger Schender ausgehändigt bekommen, allerdings nicht gleich. Das LKA wollte noch eine Datenauswertung versuchen und übergab die Smartwatch dem Bundeskriminalamt. Wann genau, das geht aus den Akten nicht hervor. Laut einem Amtsvermerk des Landeskriminalamts vom 11.12.2023 lag die Uhr zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch beim Bundeskriminalamt. Im Dezember war die gerichtsmedizinische Untersuchung längst abgeschlossen. Das Obduktionsergebnis lag vor und für das Landeskriminalamt Niederösterreich stand der Suizid lange fest. Warum da immer noch versucht wurde, an Daten aus der Uhr zu gelangen?
Antworten darauf gibt der Chefinspektor des Landeskriminalamts Niederösterreich, der gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zum Verbleib. Der Smartwatch ausgesagt hat. Und zwar habe er in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Krems damals folgendes veranlasst. Ich zitiere auszugsweise: „Die Smartwatch Galaxy habe ich am 30.11.2023 an Mag. Schender nicht übergeben, da ich aufgrund Erfahrungen bei einer anderen Amtshandlung hinsichtlich der Auswertung der Smartwatch überprüfen wollte, ob durch eine Auswertung Gesundheits- oder Standortdaten festgestellt werden. Können, insbesondere um Rückschlüsse auf einen genauen Todeszeitpunkt oder einen möglichen Fußweg am 20. Oktober 2023 zu erhalten. Dazu habe ich die Smartwatch einem Experten, mit dem wir in der Vergangenheit solche Auswertungen durchgeführt haben, im Bundeskriminalamt überbracht. Die Auswertung verzögerte sich, da das Bundeskriminalamt eine Software bestellen musste. Nach Vorlegen dieser Software lag das Auswertungsergebnis Anfang oder Mitte Dezember vor. Es wurden keine Gesundheits oder Standortdaten festgestellt. Aus diesem Grund wurde die Uhr in weiterer Folge an Rechtsanwalt Schender ausgefolgt. Und dann steht da noch Die extrahierten Daten wurden in Form eines USB-Sticks vom Bundeskriminalamt übergeben. Dieser befindet sich beim Handakt. Wenn ich gefragt werde, ob Kommunikationsdaten auf der Smartwatch ausgewertet werden konnten, gebe ich an, dass es Seiten gewesen wären, die die Informationen der Uhr betreffen. Das habe ich nicht ausgedruckt. Ich habe mich auf Geodaten konzentriert. Ich schließe nicht aus, dass auch Nachrichten bzw. Kommunikation gespeichert waren. Diese hat aber keine Relevanz für mich.“ Zitat Ende.
Wie schon gesagt, laut dem Abschlussbericht des Landeskriminalamts Niederösterreich waren auf der Uhr keine für den Fall relevanten Daten drauf, insbesondere keine GPS- und Gesundheitsdaten. Dieser rund seitige Auswertungsbericht des Bundeskriminalamts hat es übrigens auch nie in einen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakt geschafft. Was genau das Bundeskriminalamt erhoben hat, das kann jedenfalls ich nicht sagen.
Aber und jetzt kommt ein großes aber, Es gibt mittlerweile einen weiteren Auswertungsbericht und den haben IT-Experten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstellt, und zwar im März dieses Jahres. Die Fachleute hatten von der WKStA den Auftrag, noch einmal in diese Uhr reinzuschauen, wobei sie hatten nicht die Uhr selbst, sondern nur eine Sicherungskopie, die über das Landeskriminalamt Niederösterreich übergeben wurde. Damit konnten sie offenbar auch arbeiten. Der Kurier hat bereits vor einigen Tagen darüber berichtet. Ich verweise dazu auch auf Stories auf Zack Zack und im Standard. Der Auftrag der Staatsanwaltschaft an die IT-Experten war insofern eingeschränkt, als sie nicht den Datenbestand an sich auswerten sollten, sofern möglich, sondern lediglich feststellen sollten, wann die Smartwatch das letzte Mal versucht hatte, sich mit Pilnaceks Handy zu synchronisieren. Zweite Frage war, ob eine solche Synchronisierung zwischen der Uhr und dem Handy möglicherweise auch nach Pilnaceks Tod erfolgt war.
Ein kleiner technischer Exkurs: Es geht hier stets um eine Synchronisierung via Bluetooth, was voraussetzt, dass Handy und Uhr einander einigermaßen nahe sind.
Zur Erinnerung: Pilnacek hatte das Haus in Rossatz laut Karin Wurm kurz vor 1 Uhr nachts verlassen und das Handy nicht mitgenommen. Das führte auch dazu, dass die Bluetooth Verbindung zwischen der Uhr und dem Handy irgendwann abriss. Obwohl der Auftrag an die IT-Experten der WKStA eingeschränkt war, haben sie doch einige Dinge gefunden, die das Landeskriminalamt Niederösterreich und das Bundeskriminalamt allem Anschein nach nicht gefunden hatten. Zumindest wurden diese in den bisher zugänglich gemachten Akten und Protokollen mit keinem Wort erwähnt. Ich habe das jetzt in 10 Punkten zusammengefasst erstens.
Erstens: Laut dem 35-seitigen Bericht der IT-Experten für die WKStA war die Smartwatch die ganze Nacht lang in Betrieb und sie zeichnete sehr wohl auch Aktivitäts- und Gesundheitsdaten auf. Dazu komme ich noch.
Zweitens: Die letzte nachvollziehbare Synchronisierung zwischen dem Handy und der Uhr erfolgte am 20.10.2023 um 00:55 Uhr. Zwischen 01:07 und 04:03 Uhr versuchte die Uhr dann 24 mal sich mit dem Handy zu synchronisieren. Es waren alles Fehlschläge und die wurden in der entsprechenden Datenbank mit der Fehlermeldung no Service eingetragen. Das ist ein Indiz dafür, dass die Smartwatch eben gegen 1 Uhr in der Nacht die Bluetooth Verbindung zum Smartphone verloren hatte und das ein für alle Mal. Damit wäre auch die Aussage von Karin Wurm, wonach Pilnacek das Haus gegen eins verlassen hat, jedenfalls erhärtet.
Drittens: Die Experten weisen auf einen bemerkenswert hohen Akkuverbrauch der Uhr hin, und zwar in der Zeit zwischen 01:23 und 04:03 Uhr. Ein erhöhter Akkuverbrauch, gut, der kann jetzt mehrere Ursachen haben. Es kann damit zu tun haben, dass die Uhr immer wieder versucht sich mit dem Smartphone zu verbinden. Das war auch der Fall. Es kann auch damit zu tun haben, dass die Uhr mit anderen Bluetooth-fähigen Geräten in der Nähe kommuniziert. Dazu komme ich auch noch. Und es kann damit zu tun haben, dass die Sensoren der Smartwatch durch körperliche Aktivität beansprucht werden. Es kann aber auch alles miteinander sein.
Viertens: Laut dem IT-Bericht hat die Uhr zwischen 01:23 und 04:03 Uhr und erratische Luftdruckwerte gespeichert. Demnach wurden bis halb zwei in der Nacht zwischen 970 und 980 Hektopascal gemessen. Danach waren es recht plötzlich mehr als 1.030 und es kam zu großen Schwankungen. Warum das so war, dafür liefert der Bericht keine Erklärung.
Fünftens: Die IT-Experten hatten bei der Auswertung Probleme mit den sogenannten Zeitstempeln. Da waren einige schlicht falsch und sie vermuten, dass die Smartwatch leer gelaufen war und sich dann Tiefen entladen hat und das bevor sie ordentlich gesichert wurde. Und daraufhin wäre die innere Uhrzeit verloren gegangen. Das hätte dann eben einige Zeitstempel durcheinandergebracht.
Sechstens: Die Smartwatch war in der Nacht des 20. Oktober 2023 nicht allein. Laut dem IT-Bericht gab es in der Zeit zwischen 01:15 und 03:55 Uhr Bluetooth Kommunikation zwischen Pilnaceks Smartwatch und anderen Bluetooth fähigen Geräten. Welche das gewesen sein könnten, das geht aus den Datenbanken nicht hervor. Es soll also heißen, über einen Zeitraum von fast drei Stunden kommunizierte die Uhr via Bluetooth immer wieder mit anderen Geräten. Im IT-Bericht ist fachwörtlich von Bluetooth Low Energy Kommunikation die Rede. Bluetooth LE ist für den Austausch von kleinen Datenpaketen gemacht es verbraucht weniger Akku und ausnahmsweise zitiere ich jetzt mal Wikipedia Bluetooth Low Energy. Bluetooth LE oder ehemals Bluetooth Smart ist eine Funktechnik, mit der sich Geräte in einer Umgebung von etwa 10 Metern vernetzen lassen. Im Bericht der IT-Leute für die WKStA steht allerdings, dass die Reichweite der Uhr im Freien bei 100 Metern liegt. Wie auch immer, laut dem IT-Bericht war die Uhr in der Nacht des 20. Oktober 2023 im Empfangsbereich anderer Bluetooth Geräte und hat mit diesen kommuniziert, wenngleich kein Indiz für einen tatsächlichen Synchronisierungsprozess gefunden wurde. Also zusammengefunden hat sie dann offenbar mit nichts, aber es war anderes in der Nähe, wobei die Nähe jetzt natürlich nicht weiter eingegrenzt werden kann, soweit die Uhr eben senden und empfangen konnte.
Aber was heißt das jetzt? Pilnacek ist in einem Seitenarm der Donau hunderte Meter vom nächsten Haus entfernt aufgefunden worden und über einen Zeitraum von fast drei Stunden war seine Uhr aber immer wieder mal in Reichweite anderer Bluetooth Geräte. Aber wo wären die an einem einsamen Flecken wie Rossatz beinahe hergekommen?
Ich will nicht spekulieren. Der IT-Bericht indiziert nicht, dass Christian Pilnacek vor seinem Tod nicht allein war. Er indiziert lediglich, dass die Smartwatch nicht alleine war.
Siebtens: Die Todeszeit. Wir wissen nach wie vor nicht, wann Christian Pilnacek verstorben ist, und sei es nur ungefähr. Das Einzige, das wir haben, ist ein Zeitraum, den der Chef des Landeskriminalamts Niederösterreich, Stefan Pfandler, auf den Zeitraum nach dem Verlassen des Hauses gegen eins in der Nacht und dem Auffinden des Leichnams kurz vor 8 in der Früh eingegrenzt hat. Möglicherweise hat die Smartwatch aber den Todeszeitpunkt aufgezeichnet in einer Datenbank, womit wir achtens bei den Gesundheitsdaten wären.
Achtens: Entgegen der Feststellungen des LKA Niederösterreich soll Pilnaceks Uhr in der Zeit zwischen 1 und 4 sehr wohl Aktivitäts- und Gesundheitsdaten aufgezeichnet haben. Diese wurden von den IT-Fachleuten allerdings nicht ausgewertet. Im Bericht steht, dass sie dazu einerseits nicht den Auftrag hatten und dass andererseits die zentrale Datenbank ohnehin verschlüsselt sei. Ich zitiere das mal aus dem Bericht der IT-Leute für die WKStA: „Viele der Gesundheitsdaten sind vermutlich in der Datenbank shealth.db, also für Datenbank, abgelegt. Diese Datenbank ist zwar in der Sicherung vorhanden, jedoch verschlüsselt und konnte im Zuge der Analyse nicht eingesehen werden. An anderer Stelle heißt es: „Angemerkt wird, dass offenbar viele Daten in Datenbanken vorhanden sind, welche dazu dienen könnten, die letzten Stunden des Mag. Pilnacek genauer zu erörtern. Insbesondere die Datenbank surveylog.db enthält unter anderem offensichtlich Herz- Handgelenksbewegungs- und sonstige Events, welche möglicherweise genauere Schlüsse zulassen könnten. Diese Daten wurden nicht analysiert, da dies außerhalb der ursprünglichen Fragestellung liegt.
Neunter Punkt: Was passierte mit der Smartwatch nach Pilnaceks Tod? Um 4 Uhr und 3 Minuten am 20. Oktober 2023 hat die Smartwatch laut den ausgewerteten Datenbanken aufgehört zu arbeiten. Es wurden keine Daten mehr aufgezeichnet, es gab keinerlei Kommunikation via Bluetooth und auch keinen Synchronisierungsversuch mit einem Handy. Es reißt alles ab. Also, die Uhr hat sich also offensichtlich um 4 Uhr 3 am 20. Oktober ausgeschaltet, also hat sich abgeschaltet, wurde abgeschaltet, Sie lief nicht mehr. Am Wasser kann es nicht gelegen haben. Die Uhr ist wasserdicht und sie hat später auch wieder funktioniert, denn laut dem IT-Bericht nimmt sie am Vormittag des 20. Oktober um 10 Uhr und 10 Minuten den Betrieb wieder auf, also etwa 6 Stunden nachdem sie ausgegangen war. Wie hat sich die Uhr wieder eingeschaltet und wo war die Uhr zu diesem Zeitpunkt? Um 09:30 Uhr war – soweit ist das in den Protokollen nachzulesen. Um Uhr war die Form Kriminalpolizeiliche Leichenbeschau im Beisein der herbeigerufenen Gemeinde und Notärztin Dagmar W. Und Bei der Auffindung trug Pilnacek die Uhr am Handgelenk, es wurde protokolliert. Nach der Leichenbeschau am Ufer des Seitenarms wurde Pilnaceks Leichnam in die Aufbahrungshalle in Rossatz gebracht, wo um 12:30 Uhr eine zweite polizeiliche Leichenbeschau stattfand. Bei dieser war die Ärztin nicht mehr dabei. Auch zu dieser zweiten polizeilichen Leichenbeschau, da gibt es ein Protokoll und es ist mir schon früher aufgefallen, dass da zwar Pilnaceks Kleidung und auch der Ehering eingetragen wurden, die Smartwatch aber nicht. Von der Smartwatch steht in diesem Protokoll der zweiten Beschau in der Aufbahrungshalle Rossatz kein Wort. Wo war die Uhr also, wenn sie in der Aufbahrungshalle Rossatz nicht beim Leichnam war? Und wieso taucht diese dann sechs Tage später in einem Plastiksackerl zusammen mit Pilnaceks Leichnam bei der Obduktion in Wien auf?
Es gibt noch ein interessantes Ereignis rund um diese Uhr. Laut dem IT-Bericht verzeichnete die Smartwatch am 21. Oktober um Uhr in der Früh einen deutlichen Anstieg zahlreicher Parameter in den Datenbanken. Die Fachleute schreiben unter anderem von deutlichen Ausreißern bei der Bluetooth- und Wifi Verwendung Wifi ein anderes Wort für WLAN. Es erscheint mir jetzt unwahrscheinlich, dass die Aufbahrungshalle in Rossatz, wo der Leichnam von Christian Pilnacek ja bis zur Obduktion und Überstellung nach Wien lag, dass der da am 21. Oktober um halb vier in der Früh der Schauplatz dieser Ausreißer war. Wahrscheinlicher ist, dass die Uhr zu diesem Zeitpunkt beim Landeskriminalamt Niederösterreich oder einer übergeordneten Dienststelle lag und dass da jemand mit der Uhr hantierte und dabei dann offenbar noch ordentlich Überstunden geschrieben hat, weil 03:21 Uhr in der Früh, das ist eher nicht die Kernarbeitszeit.
Zehnter und letzter Punkt: Im IT-Bericht wird am Rande auch erwähnt, dass 206 Chatnachrichten in einer der Datenbanken vorhanden sind, wovon die letzte vom 19. Oktober um 23:44 Uhr stammt. Die Nachrichten selbst sind in dem Bericht nicht enthalten, aber die letzte Nachricht, die da verzeichnet wurde, die sollte Hörerinnen und Hörern der Dunkelkammer wohl bekannt sein. Denn am 19. Oktober 2023 um Uhr schickte Christian Pilnacek seinem Freund Ulrich Wühlweber ein letztes SMS. Das ist eines, das später zu einem sogenannten Abschieds SMS umgedeutet wurde, das es sehr wahrscheinlich nie war.
Aus Aussagen von Anna P. und Karin Wurm wissen wir auch, dass Christian Pilnacek noch nach 23:44 mit Leuten via Handy Kontakt hatte. Wenn das aber zum Beispiel über WhatsApp geschehen ist, dann wäre das nicht in dieser Datenbank abgelegt gewesen.
Ich fasse zusammen: Das Landeskriminalamt Niederösterreich hat die Ermittlungen zu den Todesumständen Pilnaceks Anfang 2024 auch mit der Feststellung geschlossen, dass auf der Smartwatch keine relevanten Daten drauf gewesen seien. Knapp mehr als ein Jahr später stellt sich heraus, auf der Smartwatch waren offenbar sehr wohl relevante Daten abgelegt. Es gibt eine verschlüsselte Datenbank mit Gesundheitsdaten. Es gibt Indizien dafür, dass die Uhr stundenlang in der Nähe anderer Bluetooth Geräte war. Und es gibt Aktivitäten auf der Uhr nach Pilnaceks Tod, die sich mit der Aktenlage derzeit nicht in Einklang bringen lassen.
Was soll ich sagen? Fortsetzung folgt.
Danke fürs Zuhören.
Autor:in:Michael Nikbakhsh |