Die Dunkelkammer
Der Fall Pilnacek #5: Jetzt liegt es an der WKStA

Christian Pilnaceks Tod 2023 sorgt aktuell für einige Debatten – und das hat maßgeblich mit dem Erscheinen von Peter Pilz' Buch zu tun. Die Enthüllungen wurden hier bereits ausführlich behandelt, siehe dazu unter anderem die Ausgabe Nummer 153. In dem eigentlich abgeschlossenen Fall Pilnacek ist durch Pilz' Recherchen einiges in Bewegung geraten - und hier spielt jetzt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine zentrale Rolle.
Die WKStA ermittelt gegen mehrere Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs.
Und wie erst am 26. Februar bekannt wurde, führt die WKStA nun auch eine Mitarbeiterin von Wolfgang Sobotka als Beschuldigte – und das wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage. Sie soll in einer Einvernahme als Zeugin die Unwahrheit gesagt haben.


Michael Nikbakhsh

Herzlich willkommen zur 156. Ausgabe der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nikbakhsh und heute geht es einmal mehr um den Fall Christian Pilnacek. Es ist einiges passiert in den vergangenen Tagen, in der heutigen Episode will ich zur Einordnung beitragen.
Der Tod des Sektionschefs 2023 sorgt für einige Debatten – und das hat maßgeblich mit dem Erscheinen von Peter Pilz Buch zu tun.
Peters Enthüllungen wurden hier bereits ausführlich behandelt, ich verweise dazu unter anderem auf die Ausgabe Nummer 153, da haben wir die Buchpräsentation in der Kulisse Wien aufgezeichnet.
In diesen eigentlich abgeschlossenen Fall Pilnacek ist durch Pilz Recherchen einiges in Bewegung geraten und da spielt jetzt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine zentrale Rolle.
Die WKStA ermittelt gegen mehrere Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs.
Und wie erst am 26. Februar bekannt wurde, führt die WKStA nun auch eine Mitarbeiterin von Wolfgang Sobotka als Beschuldigte – und das wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage.
Sie soll in einer Einvernahme als Zeugin die Unwahrheit gesagt haben.

Aber der Reihe nach.

Dass es bei den Ermittlungen zu Pilnaceks Tod nicht nur mit rechten Dingen zugegangen wäre, diesen Verdacht gibt es schon länger.
Ende März vergangenen Jahres hatte Martin Kreutner als Leiter der Pilnacek-Untersuchungskommission eine Sachverhaltsdarstellung an die WKStA geschickt.Kreutner war auch schon in der Dunkelkammer zu Gast, nachzuhören in der Episode Nummer 99.

In dieser Sachverhaltsdarstellung 2024 wurde der Verdacht geäußert, niederösterreichische Polizisten hätten die Ermittlungen zu Pilnaceks Tod unsachgemäß geführt.

So soll zum Beispiel der Tatort nicht ordentlich gesichert worden sein. So soll zum Beispiel die an den Tatort gerufene Notärztin von der Polizei unter Druck gesetzt worden sein, nur ja keine Obduktion anzuregen – und dass, obwohl sie an diesem Morgen des 20. Oktober 2023 keine Todesursache feststellen konnte und konsequenterweise auch kein Fremdverschulden ausschließen konnte.
Ein zweiter Vorwurf betrifft die Sicherstellung von Pilnaceks privatem Mobiltelefon.

Obwohl die Staatsanwaltschaft Krems nach dem Auffinden von Pilnaceks Leichnam ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung eingeleitet hatte, wurde das Mobiltelefon nie ordnungsgemäß sichergestellt.
Weder hatte die Staatsanwaltschaft Krems diese Sicherung angeordnet, noch hat das LKA Niederösterreich diese von sich aus vorgenommen.

Zumindest nicht formell.

Tatsache ist, dass ein Beamter des LKA Niederösterreich das Handy bei Pilnaceks damaliger Freundin Karin Wurm daheim abholte – allerdings nicht zur Datensicherung, sondern um es dem Anwalt von Pilnaceks Witwe Caroline List zu übergeben.
Frau List, sie ist Präsidenten des Grazer Straflandesgerichts, will das Handy später aus Kummer mit einem Busenbrenner vernichtet haben. Abseits strafrechtlicher Fragen ergibt das überhaupt keinen Sinn.

Ein Toter wird aufgefunden, die herbeigerufene Notärztin will Fremdverschulden nicht ausschließen und erwirkt bei der Staatsanwaltschaft Krems letztendlich eine Obduktion.Die Staatsanwaltschaft Krems leitet ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung ein, und das heißt, dass zumindest der Verdacht besteht, dass jemand für den Tod von Christian Pilnacek verantwortlich sein könnte und dennoch interessiert sich behördenseitig niemand dafür, mit wem Pilnacek in den Stunden vor seinem Tod Kontakt hatte. Dass Pilnacek in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober mit einer oder mehreren Personen Nachrichten via Handy austauschte, das ist durch Aussagen von Karin Wurm und ihrer damaligen Mitbewohnerin Anna P. dokumentiert.

Die WKStA hatte seit dem Frühjahr 2024 eine Sachverhaltsdarstellung der Kreutner-Kommission mit ersten Verdachtsmomenten auf dem Tisch und es gab dazu auch Ermittlungen, in dem Fall durch das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, kurz BAK. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, dürften das BAK und die Staatsanwaltschaft bei diesen Ermittlungen allerdings nicht wirklich weitergekommen sein, das Verfahren gegen die niederösterreichischen Beamten soll vor der Einstellung gestanden sein.

Mit dem Erscheinen des Buches von Peter Pilz hat sich das aber offenbar geändert. Den darin sind Dinge zu lesen, von denen die WKStA bisher allem Anschein gar nichts wusste. So zum Beispiel, dass eine handschriftliche Notiz der Gemeindeärztin auf dem Weg von der Polizei zur Staatsanwaltschaft Krems verschwunden war. In dieser Notiz hatte die Ärztin festgehalten, dass sie ein Fremdverschulden nicht ausschließen könne und daher eine Obduktion anrege. Die Obduktion gab es dann tatsächlich, allerdings gab es auch hier zumindest eine Ungereimtheit. Der gerichtsmedizinische Gutachter hatte in seinem Obduktionsbericht Tod durch Ertrinken festgestellt, wichtig ist dabei folgender Satz: Eindeutige Hinweise auf eine grobe Gewalteinwirkung durch fremde Hand ergaben sich nicht. Das Landeskriminalamt übernahm für seinen Abschlussbericht die Feststellung des Gutachters, ließ dabei allerdings die Adjektive eindeutig und grob weg – und schon lautete der Satz anders. Nämlich: Hinweise auf eine Gewalteinwirkung durch Dritte ergaben sich nicht. Die Staatsanwaltschaft Krems schloss daraufhin das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung.

Was blieb, war die Geschichte vom Selbstmord des Sektionschefs.

Die WKStA muss nun eine Reihe neuer Verdachtsmomente prüfen – und da geht es jetzt auch Pilnaceks privaten Laptop.
Und hier kommt abermals Wolfgang Sobotkas Mitarbeiterin Anna P. ins Spiel. Am 26. Februar wurde bekannt, dass die WKStA nun auch sie als Beschuldigte führt und zwar wegen des Verdachts der Falschaussage. P. war im Vorjahr als Zeugin unter Wahrheitspflicht vom Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung im Auftrag der WKStA einvernommen worden. Und da ging es auch um die Frage, was P. zum Verbleib von Pilnaceks Laptops beziehungsweise zu dessen schwarzer Aktentasche sagen könne.Gesehen wurde diese Aktentasche am 19. Oktober 2023 in der Nacht und zwar von einem Polizisten der Autobahnpolizeiinspektion Stockerau,
die Pilnacek damals alkoholisiert von der S5 geholt hatte, nachdem dieser auf der falschen Richtungsfahrbahn Richtung Wien unterwegs gewesen war.

Anna P. hatte bei ihrer Zeugeneinvernahme beim BAK keine Erinnerung daran, Pilnaceks Aktentasche oder den Laptop an diesem Abend oder auch später gesehen zu haben. Das steht nun in einem krassen Widerspruch zu den Recherchen von Peter Pilz.
Demnach hätte Anna P. nach Pilnaceks Tod den Bundespolizeidirektor Michael Takacs angerufen – und dieser habe ihr geraten, den Laptop verschwinden zu lassen. Michael Takacs bestreitet das, er hat Peter Pilz rechtliche Schritte angedroht, zum Zeitpunkt der Aufzeichnung dieser Episode war noch keine Klage bei Pilz eingelangt. Auch Anna P. bestreitet das.

Eine mutige Verneinung

Sie wurde am 26. Februar ein weiteres Mal als Zeugin befragt, dieses Mal vor Gericht. Das ist ein Nebenstrang dieser zunehmend komplexen Causa. Ein leitender Beamter des LKA Niederösterreich hat Peter Pilz‘ Verlag Zackmedia wegen übler Nachrede geklagt.
Er sieht sich durch Pilz Berichterstattung des Amtsmissbrauchs bezichtigt und geht dagegen rechtlich vor. Am 26. Februar wurde erstmal vor dem Wiener Straflandesgericht verhandelt, der klagsführende Polizist war krankheitsbedingt entschuldigt.
Ich war selbst dort, wir sahen drei Zeugen: Peter Pilz, dessen Ausführungen Richter Christian Noe zwischendurch zu nerven schienen, eine Polizistin aus Niederösterreich – sie war bei der Auffindung von Pilnaceks Leichnam 2023 dabei. Sie bestritt, dass die Notärztin damals unter Druck gesetzt worden sei, keine Obduktion zu veranlassen. Und zwar weder von ihr noch von den anwesenden männlichen Kollegen. Und dann war da eben auch Sobotkas Mitarbeiterin Anna P. Sie erklärte gleich eingangs, dass sie sich der Aussage entschlagen werde, um sich nicht selbst zu belasten, und das deshalb, da sie behördlicher Verfolgung ausgesetzt sei.
Das ist übrigens das gute Recht von Zeuginnen und Zeugen. Eine Frage beantwortete sie dann doch: Ob ihr von einem Polizisten empfohlen wurde, den Laptop verschwinden zu lassen? P. verneinte das.

Ohne hier jetzt weiter ins Detail zu gehen. Aber aus meiner Sicht war das eine mutige Verneinung.

Ich habe dazu bei der WKStA nachgefragt. Ein Sprecher übermittelte mir folgendes Statement, ich lese das einfach vor:
Ich kann bestätigen, dass wir in diesem bei uns anhängigen Verfahren, wo es um den Verdacht des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit polizeilichen Amtshandlungen im Zuge des Auffindens des Leichnams geht, jetzt auch gegen eine Beschuldigte wegen Falschaussage als Zeugin in diesem Verfahren ermitteln. Namen können wir keine nennen.
Wie gesagt, der Ball liegt jetzt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Womöglich gelingt es der WKStA nun doch, die Ungereimtheiten rund um die damaligen Pilnacek-Ermittlungen aufzuklären und so der Antwort auf die Frage näherzukommen, wie Christian Pilnacek gestorben ist.
Denn, ganz ehrlich: Das aufzuklären, kann nicht die Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten sein.
Ich habe mich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Fall beschäftigt und zig-Seiten aus Ermittlungsakten gelesen. Eines steht für mich fest: So wie Christian Pilnacek gestorben sein soll, so ist er nicht gestorben.

Soweit es das Verfahren betrifft, das der Chefinspektor des LKA Niederösterreich gegen ZackMedia führt, da wird am 25. März weiterverhandelt. Und das bleibt in jedem Fall interessant.

Der Anwalt des Klägers, er heißt Peter Zöchbauer, dieser hat für die nächsten Verhandlungstag unter anderem Pilnaceks Witwe Caroline List als Zeugin aufgerufen.

Für heute mache ich hier einen Punkt, ich darf aber versprechen, dass diese nicht die letzte Episode zum Fall Pilnacek gewesen ist.
Bleibt uns gewogen

Autor:in:

Michael Nikbakhsh

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