Die Dunkelkammer
Die Nonnen von Goldenstein #1: "Unsere Menschenrechte werden mit Füßen getreten"

Fast 150 Jahre lang waren die Augustiner Chorfrauen im Kloster Goldenstein in Elsbethen, am Rande der Stadt Salzburg, beheimatet. Vor drei Jahren übergaben die letzten drei Nonnen, alle über 80, ihr Lebenswerk. Die wertvolle Liegenschaft und die katholische Privatschule Goldenstein - die einst auch Romy Schneider besuchte - gingen zur Hälfe an die Erzdiözese Salzburg und das Stift der Augustiner Chorherren in Reichersberg. Propst Markus Grasl wurde zum neuen Oberen der betagten Schwestern Bernadette, Regina und Rita und sicherte ihnen zu, dass sie ihren Lebensabend im Kloster verbringen können. Zumindest dachten sie das. Doch es kam anders. Die Schwestern wurden aus ihren Gemächern ausgesperrt, gegen ihren Willen ins Altersheim abgeschoben und um ihre Ersparnisse gebracht. In dieser Episode erzählen sie, was sie mit ihrem Oberen, der nun einer der neuen Herren von Goldenstein ist, erlebt haben. Es geht um Macht, Moral und Menschenrechte, um versagten Gehorsam und verschwundenes Geld - und um ihren Wunsch, im Kloster zu sterben, so wie Generationen von Augustiner Chorfrauen vor ihnen.

Edith Meinhart
Herzlich Willkommen zu einer weiteren Folge der Dunkelkammer. Mein Name ist Edith Meinhart. Heute geht es um einen Kampf David gegen Goliath in der Kirche, um Würdenträger in prunkvollem Ornat auf der einen Seite und um drei alte Ordensfrauen, die gegen ihren Willen ins Altersheim gebracht wurden, auf der anderen Seite. Schwester Bernadette, Schwester Regina und Schwester Rita, so heißen die letzten im Kloster Goldenstein in Salzburg verbliebenen Augustiner Chorfrauen.

Die geistlichen Schwestern haben eine Schule geführt, gekocht, den Garten bestellt und das Haus in Schuss gehalten, bis sie vor drei Jahren neuen Herren in Goldenstein gewichen sind, im fälschlichen Glauben, dass ihr Lebenswerk weitergeführt wird und sie ihren Lebensabend im Kloster verbringen können, so wie Generationen von Chorfrauen vor ihnen. Stattdessen haben sie sich gegen ihren Willen im Altersheim wiedergefunden und dort beten sie seither jeden Tag, nach Hause zu dürfen. Es geht um Macht, Moral und Menschenrechte, um versagten Gehorsam und verschwundenes Geld, um Einschüchterungen und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Doch der Reihe nach. Die Geschichte beginnt in der Salzburger Gemeinde Elsbethen, wo das Kloster Goldenstein steht. Seit 1877 waren die Augustiner Chorfrauen hier beheimatet, der Ordensnachwuchs ist weniger geworden, irgendwann ganz ausgeblieben.

Die verbliebenen Schwestern sind ins betagte Alter gekommen und haben die Order aus Rom erhalten, das Kloster, die Schule und die Liegenschaft in neue Hände zu legen. Da sind wir jetzt im Jahr 2022. Am 8. August wird bei einem Notar die Übergabe geregelt. Goldenstein geht je zur Hälfte an die Erzdiözese Salzburg und an die Augustiner-Chorherren in Reichersberg im Innviertel unter Propst Markus Grasl.

Warum dachten die Ordensfrauen, dass sie trotzdem in Goldenstein bleiben können? Nun, auf Seite 5 des Übernahmevertrags heißt es, den Schwestern Bernadette, Rita und Regina solle nach Möglichkeit, so wie bisher, der gesamte Klausurbereich westlich der Kapelle, die Kapelle selbst samt Nebenräumen und das angrenzende Refektorium, das Grüne Zimmer als Verbindungsraum zur Klausur zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen. Zitat Ende.

Doch es kam anders. Am 11. Jänner 2024 also rund zwei Jahre später berichteten die Salzburger Nachrichten unter der Überschrift „Augustiner Chorfrauen leben nicht mehr in Goldenstein“, dass die Schwestern damals 80, 84 und 87 neuerdings in einer von den Halleiner Franziskanern geführten Seniorenresidenz leben. Markus Grasl, der Propst der Augustiner Chorherren in Reichersberg, wird sinngemäß zitiert: Hier könnten die Schwestern ihr Ordensleben fortsetzen. Die Zeitung druckte ein Foto ab, auf dem man Probst Markus Grasl mit den Schwestern Rita, Bernadette und Regina auf einem gepflegten Rasen vor dem Chorherrenkloster stehen sieht. Das Bild vermittelt freundliche Einträchtigkeit, doch der Eindruck täuscht. Vor einigen Wochen hat uns Christina geschrieben, eine ehemalige Goldenstein-Schülerin, die mit den Schwestern über die Jahre in Kontakt geblieben ist. Sie habe erfahren müssen, so Christina, dass die Ordensfrauen keineswegs freiwillig im Altersheim seien. Und es stellt sich schließlich Die Umstände ihrer Übersiedelung sind weniger hochwürdig als nun ja, hoch merkwürdig. Also bin ich nach Salzburg gefahren, um die Chorfrauen zu treffen.

Das Gespräch findet im Zimmer von Schwester Regina statt, die im Bett liegt und sich von einem chirurgischen Eingriff erholt. Der Raum ist winzig, auf dem Sims stehen kleine Heiligenfiguren und sakraler Nippes. Über Schwester Reginas Bett hängt die gerahmte Urkunde zur verliehenen Ehrenbürgerschaft in Elsbethen. Wir beginnen mit einer kurzen Geschichte des Ordens.

Gegründet Ende des 16. Jahrhunderts in Frankreich, übersiedelte er 1767 nach Rastatt in Baden Württemberg, wo das Kloster rund hundert Jahre später dem Kulturkampf zum Opfer fiel, den Reichskanzler Otto von Bismarck gegen die katholische Kirche führte. Auf Schloss Goldenstein am Rande der Stadt Salzburg fanden die Augustiner Chorfrauen eine neue Bleibe. Als Schwester Bernadette, die älteste in der Runde, sich 1956 als damals 18-jährige dem Orden anschloss, zählte er noch Dutzende Mitglieder.

Schwester Bernadette
Wie ich eingetreten bin, waren es 35, und alle 35 sind in der Ewigkeit.

Edith Meinhart
Auf dem Weg von ihrem Zimmer hierher hat Schwester Bernadette erzählt, dass sie als Zehnjährige zunächst als Internatsschülerin nach Goldenstein gekommen war, übrigens gemeinsam mit Romy Schneider, die schon als Mädchen genauso wie die spätere Filmlegende gewesen sei. Romy Schneider eben. Und aus der Sicht der heute 88-jährigen Nonne habe sich die Schauspielerin vor allem selbst gespielt. Was hat Schwester Bernadette vor 70 Jahren bewogen, ins Kloster zu gehen?

Schwester Bernadette
Da müssen Sie leider oben anfragen. Es war eine Blitzentscheidung. Jeder hat seinen Weg. Ich bin vom Rittersaal heruntergekommen, da war ich elfeinhalb Jahre und höre, wie Schwester Theresia zu drei, vier Mädels sagt: "Jak du gehst ins Kloster. Und du. Und du." Dann stelle ich mich hinter diese Mädel und frage: „Gehe ich ins Kloster?“ „Na, du sicher nicht.“ Und in Gedanken habe ich mir gedacht: „Wirst schön blöd schauen, wenn ich dann dastehe.“ Sie hat gesagt, sie hat sich geirrt in mir, aber das war mir egal. Ich war da.

Edith Meinhart
Die angehende Chorfrau durfte drei Namen aufschreiben. Als der Priester ihr den Ordensnamen verlieh, hielt er den Zettel kurz gegen die Sonne und bevor er den Namen noch aussprechen konnte, hatte sie ihn schon gelesen.

Schwester Bernadette
Da meine Mama 1931 in Lourdes war, um Lourdes Wasser zu holen für ihren kranken Vater, bekam sie das Telegramm ins Hotel, dass der Papa gestorben ist. Dadurch war meine Mama mit Lourdes verbunden und hat sich riesig gefreut, dass ich dann Bernadette bekommen hab.

Edith Meinhart
Schwester Rita ist auf einem kleinen Vierkanthof im oberösterreichischen Traunviertel groß geworden. Die Sehnsucht, Nonne zu werden, sei langsam in ihr gewachsen, erzählt sie. Eine Tante war bei den Kreuzschwestern in Linz und hätte die Nichte auch gerne dort gesehen.

Schwester Rita
Das hat mich nicht so richtig gezogen und meine Mutter hat so schön gesagt: „Du musst wissen, was du willst.“

Edith Meinhart
Einen Tag vor ihrem 19. Geburtstag tritt die heute 81-jährige in Goldenstein ein, wo sie nach der heiligen Rita benannt wird, Fürbitterin in aussichtslosen Anliegen. Sieben Jahre später wird hier Schwester Regina aufgenommen.

Schwester Regina
Ich habe auch von Kind an gesagt, ich möchte mal Schwester werden. Meine Mutter ist gerade vorher gestorben, also habe ich ziemlich zu tragen gehabt. Also unser Kooperator hat: „Jetzt haben wir gerade die Mutter beerdigt. Da darfst du dem Vater nicht antun, dass du jetzt auch gleich weggehst. Du musst wenigstens ein Jahr warten.“ Und das habe ich dann auch gemacht. Dann bin ich aber eingetreten.

Edith Meinhart
Die Augustiner Chorfrauen und Chorherren teilen das Regelwerk, die Spiritualität und oft auch den Bildungsauftrag, gehen organisatorisch jedoch getrennte Wege. In Goldenstein gelobten die geistlichen Schwestern nicht nur Armut, keusche Ehelosigkeit und Gehorsam, sondern legten darüber hinaus ein viertes Gelübde zur Mädchenerziehung ab. 2017 wird die katholische Mittelschule in Elsbethen auch für Burschen zugänglich. Schwester Bernadette unterrichtet Handarbeiten, Ernährung, Bauen, Wohnen und kreatives Gestalten. Schwester Rita ist ausgebildete Kindergartenpädagogin und arbeitet im Hort. Regina, die dritte Schwester, übernimmt Biologie, Englisch, Mathematik, Physik und wird zudem Direktorin der Schule. 2022 sollen sich die drei Ordensfrauen also zurückziehen.

Schwester Bernadette
Wir sind päpstlichen Rechtes. Weil wir nur drei Schwestern sind, hat uns Rom einen höheren Oberen aufgebrummt und wir haben uns selbst Reichersberg ausgesucht. Probst Markus hat alle Macht bekommen, und die spielt er aus bis aufs Letzte. Es wurde alles halbiert. Den einen Teil des Klosters bekam Reichersberg, den anderen die Erzdiözese. Sie hat freiwillig die Schule übernommen.

Edith Meinhart
Dass die betagten Nonnen im Kloster nicht mehr zurechtgekommen seien, weist Schwester Bernadette zurück.

Schwester Bernadette
Bis zum Schluss haben wir alles selbst gemacht und haben keine auswärtigen Hilfen gehabt. Schwester Regina hat dann die Buchhaltung gehabt. Wir haben uns erhalten können, zuerst durchs Internatsgeld und dann durch Schulgeld. Es war alles so, dass wir auch heute weiterleben könnten. Wir versorgen uns alle drei auch hier selbst, bis aufs Bandagieren. Schwester Regina hat heute ein bisschen Hilfe. Schwester Rita braucht gar nichts. Es wurde uns alles aufgezwungen und dass wir hier sind, war total ohne unser Wissen, ohne unser Zutun.

Weil ich eine offene Zuckerwunde hatte, wusste aber nicht, dass es vom Zucker kommt, hat eine Schülerin uns hinaufgebracht in die Dermatologie. Nach 14 Tagen bin ich hierhergekommen - mit Nachthemd. Ich habe nicht gewusst, dass ich hierbleiben muss. Man hat gesagt, ich werde mit der Rettung geholt; ich habe geglaubt, ich komme nach Goldenstein. Dann werde ich hier in dem Zimmer abgesetzt. Auf einmal steht der Propst im Zimmer, und dann wurde mir beigebracht, dass ich dableiben muss. Habe ich gesagt, ich bleib dir nur eine Woche gehorsam. Er sagt nichts, rennt hinaus; und ich rufe ihm noch nach, dass ich ihm nur eine Woche gehorsam bin. Seither ist er für mich kein Oberer, so wie wir behandelt werden.

Edith Meinhart
Vor Weihnachten 2023 sei die Ordensgemeinschaft der Chorfrauen auseinandergerissen worden, wie Schwester Bernadette es ausdrückt. Schwester Regina muss ins Spital und wird danach ohne ihr Wissen in die Seniorenresidenz Kahlsperg gebracht.

Das ist in Oberalm in Salzburg. Schwester Rita wird zu den Chorherren nach Reichersberg beordert, danach zu einer Tagung nach Deutschland und steht am 13. Jänner 2024 mit ihrem Koffer völlig unverhofft ebenfalls im Altersheim. Ein junger Mann habe sie im Namen des Propstes Markus Grasl mit dem Auto aus Deutschland abgeholt, schildert sie.

Schwester Rita
Ich wusste von gar nichts, nur dass ich halt ein paar Tage zu den Mitschwestern in Paderborn soll, wo die Tagung war, danach nach Essen, ungefähr 100 Kilometer weiter nördlich, wo ich noch ein paar Tage bleiben durfte. Und dann hat mich der Kevin abgeholt. Mitten in der Nacht hat er mich dann in Essen abgeholt mit dem Auto, 800 Kilometer weit weg.

Schwester Bernadette
Der wurde vom Propst von Reichersberg eingesetzt, damit er uns ein bisschen betreut, sozusagen ein 23-jähriger Bursche, Automechanikermeister. Und der hat sich danngroß angetan.

Schwester Rita
Und um halb acht in der Früh stand ich da.

Schwester Bernadette
In meinem Zimmer. Ich habe nicht gewusst, dass sie da bleiben muss. Und sie hat geglaubt, sie kommt nach Goldenstein.

Schwester Rita
Ja, wir kamen dann ja einfach, die Fahrt war eh gut und alles. Und dann kamen wir Salzburg, so Glasenbach und ich innerlich: „Mei, hoffentlich, jetzt kommen wir nach Goldenstein.“ Und ich habe einen halben Satz gesagt. Und dann hat er gesagt: „Ja, nein, liebe Schwester Rita, wir müssen weiterfahren nach Oberalm. Da sind deine Mitschwestern schon.“ Und das war so ein Schock für mich. Nichts habe ich gewusst.

Schwester Bernadette
Die Arme, sie hat so ein geschocktes Gesicht gehabt. Ich war zu feig, dass ich ihr gesagt hätte, du musst auch daher kommen. Ich hab mir gedacht: „Na, ich bring's nicht übers Herz, ihr das zu sagen.“ Und sie ist dann mit ihrem Koffer dagestanden. Dieses Gesicht werde ich nie vergessen.

Edith Meinhart
Auch Schwester Regina fand sich plötzlich im Altersheim wieder.

Schwester Regina
Ich war damals sehr krank mit meiner Wirbelsäule. Ich war zuerst in der Neurochirurgie im Landeskrankenhaus und dann bin ich auch dahergekommen, auch einfach abgesetzt.

Edith Meinhart
Schwester Bernadette fährt fort.

Schwester Bernadette
Wir brauchen ja nicht schweigen, wir können ruhig die Wahrheit sagen.

Edith Meinhart
Etwas später sagt sie:

Schwester Bernadette
Wenn wir nicht so katholisch werden, würden wir austreten. Machen wir aber nicht. Es geht uns um Jesus. Es geht nun um die Sakramente.

Edith Meinhart
Warum brachte Probst Markus Grasl die Schwestern ins Altersheim? In dem erwähnten Übergabsvertrag stand eindeutig, dass sie im Kloster verbleiben und hier "weiterhin so wie bisher" wohnen dürfen. Christina, die bereits genannte ehemalige Goldensteinschülerin, organisierte den Ordensfrauen rechtlichen Beistand. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Bruzek sahen sich den Übernahmevertrag genau an und entdeckten den Teufel im Detail.

Ein paar Absätze nach der zitierten Passage wird nämlich festgehalten, "dass mit dem Übergabsvertrag die ideellen Zwecke einer Fortführung des Lebenswerks der Augustiner Chorherren, Kloster Goldenstein, und insbesondere der katholischen privaten Mittelschulen im Sinne ihres vierten Gelübdes verfolgt werden sollen", dass es sich aber bei diesen Bemühungen der annehmenden Parteien "um keine wie immer geartete rechtlich verbindliche Gegenleistung oder gar Gewährleistung o. Ä. handelt". Was bedeutet das? Das notariell beglaubigte Versprechen, im Kloster bleiben zu können, mit genauer Beschreibung, über welche Räumlichkeiten die Schwestern so wie bisher verfügen können, alles nur Schall und Rauch?

Das habe ich sinngemäß Dr. Reinhard Bruzek am Telefon gefragt. Seine Antwort auf den kürzesten Nenner gebracht: "Ja, genau. Der Passus weiter unten hebt das Versprechen weiter oben auf."

Die Kanzlei Bruzek Rechtsanwälte bringt namens der Ordensschwestern im März 2025 eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ein - wegen des Verdachts strafbarer Handlungen nach Paragraf 133 und folgende des Strafgesetzbuches. Diese regeln Vermögensdelikte wie Veruntreuung und Unterschlagung. Die Ordensfrauen haben den Vertrag arglos unterschrieben und hatten keine Ahnung, wozu genau sie zustimmen, als sie das Kloster Goldenstein mit allem Drum und Dran der Erzdiözese und den Augustiner Chorherrn vermachten.

Schwester Bernadette
Oben steht, wir können bis zu unserem Tode im Goldenstein bleiben, Nutzungsrecht und und und. Unten, der allerletzte Satz – konnten wir nicht verstehen, wir sind keine Juristen – hebt alles auf.

Edith Meinhart
Das heißt, Sie sind jetzt gegen ihren Willen im Altersheim?

Schwester Bernadette
Absolut.

Edith Meinhart
Wer hat diese Passage in den Vertrag geschrieben? Zu welchem Zweck? Warum wurden die Ordensfrauen von niemandem aufgeklärt, was sie bedeutet? Diese Fragen und andere habe ich sowohl an den Erzbischof von Salzburg gerichtet, als auch an die Ordinariatskanzlerin, an den Propst der Augustiner Chorherrn in Reichersberg, Markus Grasl, an den Apostolischen Kommissar, der den Schwestern damals angeblich zur Seite gestellt war, und an den Notar.

Die Antworten fielen dürftig aus. Der Notar schrieb zurück, er dürfe aufgrund der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht zu dieser Angelegenheit keine Auskunft erteilen. Und seitens der Erzdiözese Salzburg teilte ein Sprecher mit: Die von Ihnen genannten Anschuldigungen stimmen nicht. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Salzburg wurde eingestellt. Zu berücksichtigen ist, dass die drei von ihnen genannten Schwestern in der Regelung ihrer Lebenssituation dem Ordensrecht unterliegen, ebenso Weisungen des zuständigen Dikasteriums in Rom. Das betrifft den Aufenthalt ebenso wie den Unterhalt aus den Mitteln des Ordens. Und das Stift der Augustiner Chorherrn in Reichersberg äußerte sich gar nicht.

Kommen wir zum Geld, auf das die geistlichen Schwestern nicht mehr zugreifen können. Schwester Regina hatte ein Direktorinnengehalt, Schwester Bernadette wurde als Lehrerin bezahlt. Im Laufe der Jahrzehnte kam auf diese Weise eine ordentliche Summe an Ersparnissen zusammen. Damit ließen die Nonnen unter anderem eine neue Turnhalle bauen und sorgten für das Alter vor.

Schwester Bernadette
Und wie gut, jetzt passen Sie auf. Er hat sich von der Hypobank unser Geld geholt, 400.000 Euro. Was ich noch sagen muss, bevor das alles passiert ist, ist er einmal am Abend zu mir gekommen, dass ich was unterschreibe, dass er Zugang zu unserem Geld hat. Ja, haben wir ahnungslos unterschrieben. Wir hatten aber die Realität nicht erkannt. Und wie ich unterschrieben habe, hat er einen tiefen, erlösenden Atemzug gemacht. Der hat gewusst, was das für uns bedeutet. Wir nicht.

Edith Meinhart
Die Stunde der Wahrheit kam für Schwester Bernadette, als sie 150 Euro beheben wollte, um Stoff für eine Ordenstracht zu kaufen, der Bankomat kein Geld ausspuckte und sie daraufhin bei dem Bankhaus Spängler nachfragte.

Schwester Bernadette
Ich habe ja meine Bankomatkarte, bis 31.12 24. Die hatte ich in der Hand. Sind wir hingegangen. Nein, es geht nicht. Wir müssen uns mit Probst Markus verbinden. Hat er schon mein Konto gesperrt.

Edith Meinhart
Dürfen Augustiner Chorfrauen, die das Armutsgelübde abgelegt haben, aus Kirchlicher Sicht überhaupt etwas besitzen? frage ich nach.

Schwester Bernadette
Das war schon unser Geld, auch mein Erbe. Man hat keinen Privatbesitz, aber wenn man über die Oberin was braucht, hat man es bekommen. Das Erbe meiner Mama hat Schwester Rita verwaltet. Wenn wir für Ferien was gebraucht haben oder ich hab Spenden gegeben und so weiter, bin ich immer zu Schwester Rita gegangen. Ich habe mir nie allein selbst Geld genommen. Und ich hatte mein Konto auf der Spänglerbank, und dann danach hat es geheißen. Es hat nie ein Konto von einer Melissa Bangler gegeben, aber das Konto hatte ich seit 1972.

Edith Meinhart
Im November 2024 erkundigte sich der Anwalt namens Schwester Bernadette, die mit bürgerlichem Namen Melitta Bangler heißt, beim Bankhaus Carl Spängler & Co. AG in Salzburg, warum sie nicht auf ihr Konto zugreifen könne und erhielt zu seiner großen Überraschung die schriftliche Auskunft einer Mitarbeiterin, dass ein Konto lautend auf Melitta Bangler nicht geführt werde. Wie erklärt die Bank, dass sie in der Vergangenheit problemlos Geld von ihrem angeblich inexistenten Konto behoben hat?

Schwester Bernadette
Das ist wirklich die Frage. Die Angstellte muss vom Probst Markus so gedrängt worden sein, dass sie das geschrieben haben. Wir haben das schriftlich: Es hat nie ein Konto von einer Melissa Bangler gegeben. Ich kann Ihnen meine Karte zeigen. Spängler Bank, warum? Weil die Urgroßmutter bei uns in der Schule war. Wir haben das Foto noch von der Frau Spängler als Schülerin in unserem Speisesaalgang.

Edith Meinhart
Wo ist das Geld jetzt?

Schwester Bernadette
Ja, beim Markus Grasl, der hat alles kassiert.

Edith Meinhart
Das waren 400.000 Euro?

Schwester Bernadette
Ja, die hat er sich von der Hypobank geholt. Bei der Spänglerbank sind unsere Gehälter. Auf die hat dann natürlich jetzt auch er Zugang und der eine Teil wird ja für unser Dasein hier bezahlt monatlich; den fehlenden Teil hätte Markus Grasl von die 400.000 nehmen müssen. Er ist aber so weit, dass er zu Ämtern gegangen ist. Welche, weiß ich nicht. So dass das österreichische Sozialamt unseren Rest bezahlt. Ich hab fast 3.000 Euro und sie (Regina) hat fast 4.000 Euro Monatsgehalt, aber das ist ja mehr, was wir das zahlen müssen.

Edith Meinhart
Das heißt, der Staat zahlt jetzt den Rest den Rest, obwohl sie eigentlich Vermögen hätten.

Schwester Bernadette
Ja.

Edith Meinhart

Eine Nachfrage bei der Leitung der Seniorenresidenz Kahlsperg, wer zu welchen Teilen für den Aufenthalt und die Betreuung der Ordensfrauen aufkommt, ob tatsächlich das Sozialamt den fehlenden Betrag aufstockt, bleibt unbeantwortet. Ungereimtheiten gibt es laut Schwestern auch beim Taschengeld. Laut ihren Schilderungen stehen jeder von ihnen 250 Euro im Monat zu. Auch dazu war von der Heimleitung keine Auskunft zu erhalten.

Schwester Regina
Ich bekomme 100 Euro im Monat.

Schwester Bernadette
Ja, aber erst (...) also zweimal hat er nicht bezahlt. Und sie (Regina) hat dann ab 1. November 24 100 Euro bekommen. Zuerst hatte also jede nur 50 Euro, weil das teilen wir ja. Jetzt ist natürlich ein bisschen besser, aber es ist erschütternd. Und das hat die Chefin von hier gesagt. Es wurden bereits 250 Euro von unserem Konto abgezogen. Sie war ganz geschockt und erstaunt, dass wir sie nicht bekommen, wenn sie das von unserem Gehalt schon abzieht und der Rest eben dann durch das Steuersozialamt bezahlt wird. Wo ist unser Geld geblieben?

Edith Meinhart
Wie haben sich die Ordensfrauen ihren Lebensabend eigentlich vorgestellt? Die Antworten fallen einhellig aus.

Schwester Bernadette
Bei meinen Mitschwestern. Es sind fast alle im Kloster gestorben. Ein paar sind im Krankenhaus gestorben und das war's. Fertig. Wir haben uns gegenseitig gepflegt und geholfen. Wir sind immer gut durchgekommen. Ich weiß noch, Schwester Franziska ist im Kloster gestorben. Maria-Luise, die war Oberin, die sind alle im Kloster gestorben. Schwester Walburga im Spital.

Edith Meinhart
Und was sagt Probst Grasl, warum das in ihrem Fall nicht geht?

Schwester Bernadette
Er schweigt. Er redet nicht, damit wir nichts in der Hand haben.

Edith Meinhart
Schwester Bernadette hat noch die Schlüssel zu ihren Gemächern, aber sie sperren nicht mehr. Die Schlösser sind ausgetauscht. Dem Vernehmen nach wurden ihre Duschen herausgerissen. Sogar der Treppenlift, den Schwester Regina für ältere Mitschwestern einbauen hat lassen, wurde abmontiert,.Und es sollen mehrere tausend Euro abhandengekommen sein.

Schwester Rita
Sowas kann ich einfach nicht begreifen. Ich bin so perplex. Das war so praktisch. Die alten Mitschwestern, sie hätten nicht runter können. So aber, von einem Sessellift zum anderen, weil bei uns sind ja viele Stufen und Stiegen,und die waren so glücklich.

Schwester Bernadette
Wir haben keinen Zugang zu unseren Dokumenten, keinen Taufschein, kein Firmungsding, nichts. Alle unsere Dokumente sind in Goldenstein. Das Konventzimmer war zugesperrt. 

Edith Meinhart
Aber warum können Sie die nicht einmal holen?

Schwester Bernadette
Weil er uns verbietet. Er hat alle Schlösser ausgewechselt, ich habe alle Schlüssel und ich kann aber nicht hinein. Sogar Türen hat er ausgewechselt, den Mantelraum, wo wir hinein mussten. Wir konnten nicht einmal in die Kapelle hinein. Alles zugesperrt. Furchtbar, furchtbar.

Na sicher würden wir zurückkommen. Egal wie das Kloster jetzt ausschaut. Er muss nur alles wieder rückgängig machen.

Das ist schon unsere Forderung. Unsere Duschen, die Toiletten, dann meine Zelle, ihre Zelle. Da hat er nichts gemacht. Der hat nur alles durchgewühlt oder wer immer, dass meine 5000 Euro weg sind. Das Erbe meiner Mutter.

Edith Meinhart
Was heißt, die sind weg?

Schwester Bernadette
Ja, es ist nicht mehr da. Schwester Rita hat es bei ihrer Klosterzelle aufbewahrt und wenn ich was gebraucht habe oder für das Kloster insgesamt, bin ich zu Schwester Rite gegangen und sie hat mir herausgegeben. Ich habe mir nie selber etwas genommen. Die 5000 Euro sind weg. Ist das Erbe meiner Mutter.

Edith Meinhart
70 Jahre ihres Lebens haben die Chorfrauen im Kloster Goldenstein mit Arbeiten und Beten zugebracht. Nun hoffen sie jeden Tag, wieder nach Hause zu dürfen. Schwester Bernadette sagt:

Schwester Bernadette
Da herinnen sterben tue ich sicher nicht. Da lege ich mich lieber in die Wiese hinaus. Und zwar deshalb, weil wir von einer Bekannten gehört haben, die hat ihren Mann gesucht. Die haben ein Stück Wald gehabt, er ist Nachmittag nicht da gewesen, am Abend nicht da. Jetzt haben sie ihn gesucht, gefunden. Den Traktor hat er abgestellt und hat sich auf den Boden gelegt. Und so wie Christus am Kreuz so ist, haben sie ihn tot gefunden. Und dass einer so in der Natur stirb, das hat mich bewogen, dass ich sage, da lege ich mich lieber in die Wiese hinaus und stirb in der Wiese, als wie da herinnen. Da herinnen sicher nicht.

Schwester Rita
Und jetzt sitzen wir da. Ich meine, es ist hier alles in Ordnung, aber die Sehnsucht nach unserem Kloster (...) Kinder hört man und sieht man nirgends. Wir sind die Kinder gewohnt. Aber es ist einfach, das muss ich halt dem Herrgott hinopfern, bis vielleicht Änderung kommt einmal. Auf das hoffe ich halt, dass wir vielleicht wieder nach Goldenstein dürfen, aber das steht beim lieben Gott.

Edith Meinhart
Schwester Regina, wollen Sie auch zurück?

Schwester Regina
Ja, natürlich, aber das ist, glaube ich, noch ein schwieriger Weg. Aber wir geben nicht auf. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Schwester Bernadette
Ich habe gesagt, weißt du, wir sind Menschen und haben Menschenrechte. Und dann ist bald darauf von Rom vom Papst gekommen, dass die Menschenrechte nicht angegriffen werden. Und er macht es pausenlos. Dem Probst Markus habe ich geschrieben, gemailt, und er reagiert nicht. Menschenrechte sind ihm anscheinend ganz egal. Und darum, aufgrund dieses Schreibens vom Papst und dem Erzbischof, kommen wir wieder zurück, weil unsere Menschenrechte mit Füßen getreten worden sind.

Edith Meinhart
Nachtrag. Ich habe sowohl bei der Erzdiözese als auch im Stift der Augustiner-Chorherren in Reichersberg, als auch bei der Heimleitung und beim Notar ausführlich zu allen besprochenen Punkten nachgefragt. Mehr als die bereits erwähnten Antworten habe ich nicht erhalten. Die Ermittlungen gegen Markus Grasl wegen des Vergehens der Nötigung und des Vergehens der Veruntreuung wurden im Mai 2025 eingestellt. In dem Beschluss heißt es sinngemäß, Propst Markus Grasl habe Urkunden vorgelegt, die sein rechtmäßiges Vorgehen belegen und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Die Staatsanwaltschaft Salzburg, die zunächst gegen die Einstellung gewesen sei, habe den Akt am 29. April 2025 dem Landesgericht Salzburg vorgelegt. Ein Richter stellte das Verfahren dann per 12. Mai 2025 ein mit der Begründung, es fehle die feststehende Gewissheit bestehender Strafbarkeit hinsichtlich der den Beschuldigten durch die Staatsanwaltschaft Salzburg zur Last gelegten Straftaten. Zitat Ende. Ja, die Nonnen könnten auf zivilrechtlichem Weg jetzt versuchen, doch noch zu ihrem Recht zu kommen. Allein: Dafür fehlen ihnen die Mittel.

Das war's für heute. Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

Autor:in:

Edith Meinhart

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