Die Dunkelkammer
Die Nonnen von Goldenstein #7: Ein Antrag auf Erwachsenenvertretung

Am 4. September 2025 verließen drei Augustiner Chorfrauen die Seniorenresidenz Kahlsperg in Oberalm, Salzburg, und nehmen – hinter dem Rücken ihres Ordensoberen – ihr altes Kloster wieder in Besitz. Die abenteuerliche Heimkehr machte Schwester Rita, Schwester Regina und Schwester Bernadette als "Nonnen von Goldenstein" weltberühmt. Was die Öffentlichkeit nicht weiß: Am selben Tag langt am Bezirksgericht Hallein völlig überraschend ein Antrag auf eine Erwachsenenvertretung für Schwester Rita ein. Wie kam es dazu? Wer ist dafür verantwortlich? Davon handelt diese Episode.

Edith Meinhart
Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge der Dunkelkammer. Mein Name ist Edith Meinhart. Heute bin ich allein vor dem Mikrofon. Vor mir liegt ein fünfseitiges Papier, das mit 1. September 2025 datiert ist. Darauf steht: Anregung zur Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters. Betroffene: Maria Hörtenhuber.
Das ist eine der drei Nonnen von Goldenstein, inzwischen weit über Österreich hinaus bekannt als Schwester Rita, die demnächst übrigens ihren 82. Geburtstag feiert und nach der heiligen Rita, Fürsprecherin in aussichtslosen Lagen, benannt ist.
Schwester Rita war am 18. Jänner 2024 in die Seniorenresidenz Carlsberg in Oberalm, Salzburg gebracht worden, nicht freiwillig, wie sie und ihre Mitschwestern Bernadette und Regina in der Dunkelkammer-Folge 213 erzählen.

Am 4. September 2025, also rund eineinhalb Jahre später, verlassen die drei Augustiner Chorfrauen die Seniorenresidenz und gehen nach Hause. Genauer, sie nehmen hinter dem Rücken ihres Ordensoberen ihre früheren klösterlichen Gemächer wieder in Besitz. Diese Besetzung ihres alten Klosters, wie bald überall zu hören und zu lesen ist, machen die Nonnen weltberühmt.
Was die Öffentlichkeit nicht weiß:

Ebenfalls am 4. September, also am Tag, als die Ordensfrauen mit Schlüsseldienst und Möbelpackern in ihre Klausur in Elsbethen zurückkehren, geht am Bezirksgericht Hallein die Anregung zur Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für Schwester Rita ein.

Das Schriftstück ist mit 04.09.2025 vom Bezirksgericht Hallein abgestempelt. Ausgefüllt hat es die Geschäftsführerin der Seniorenresidenz, in welche die Nonnen gegen ihren Willen gebracht worden waren -- was in Österreich grundsätzlich nicht erlaubt ist, außer es besteht die Gefahr von extremer Verwahrlosung oder jemand droht, sich selbst etwas anzutun oder jemand kann anderweitig nicht versorgt und betreut werden.

Aber dafür bräuchte es jedenfalls einen gerichtlichen Beschluss.
Nachdem die Ordensfrauen also hier eineinhalb Jahre lang gegen ihren Willen verblieben waren, schreibt die Heimleiterin an das Gericht und erklärt, Schwester Rita habe sich mit dem für sie zuständigen Chorherrn überworfen.
Wörtlich heißt es: Frau Hörtenhuber kann ihre Bankgeschäfte und ihr Geld nicht mehr selbst verwalten. Eine andere Ordensschwester, Frau Bangler, damit ist Schwester Bernadette gemeint, hat großen Einfluss auf Frau Hörtenhuber. Frau Bangler mischt sich in alles Medikamentenbestellung, Verwaltung, Taschengeld. Gibt vor, zu welchem Arzt Frau Hörtenhuber soll.“

An dieser Stelle erlaube ich mir einen kleinen Einschub:Es ist eine etwas kuriose, wenn nicht sogar zynische Pointe, dass Schwester Rita ihre Bankgeschäfte angeblich nicht mehr wahrnehmen kann. Der Ordensobere Propst Markus Grasl hat sofort alle Bankkonten für die Nonnen sperren lassen und über ihre Ersparnisse verfügt. Deshalb konnten sie ihr Geld nicht mehr verwalten. In dem Antrag der Heimleiterin an das Bezirksgericht Hallein heißt es sinngemäß weiter, eine Betreuung durch die Chorherren sei wegen des Zerwürfnisses nicht mehr gewünscht. Deshalb suche sie, die Heimleiterin, um eine gerichtlich bestellte Erwachsenenvertretung für Schwester Rita an -- und zwar für die Verwaltung des Taschengelds und andere finanzielle Belange und medizinische.

Es kommen kurz darauf noch ein paar weitere Belange dazu. Auf Seite drei des Schriftstücks ist anzukreuzen, welche Angelegenheiten nach ihrer Meinung-- in diesem Fall, also aus Sicht der Heimleiterin -- zu erledigen wären.
Angekreuzt ist:,Vertretung in einem Gerichtsverfahren. Verwaltung der Einkünfte und oder des Vermögens,

Vertretung bei Rechtsgeschäften,Vertretung für medizinische Behandlung,

also alles.

Auf die Frage, wann und wodurch eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person eingetreten sei, steht in Computerschrift:lässt sich von ihrer Mitschwester beeinflussen, Und jemand hat händisch hinzugefügt:hat eine Demenz.

Am Ende des Antragformulars findet sich die Stampiglie der Seniorenresidenz Kahlsperg und die Unterschrift der Geschäftsführerin.
Nun springe ich noch einmal auf die Seite eins zurück. Hier war nämlich eine der betroffenen Person, also Schwester Rita, nahestehende Person anzugeben. Spoiler: Es handelt sich nicht um Schwester Bernadette oder Schwester Regina, also die beiden Ordensfrauen, mit denen Schwester Rita seit Jahrzehnten ihr klösterliches Leben teilt; angeführt ist eine Person namens Kevin P., wohnhaft in Salzburg.

Wer ist Herr P.?Nun, es handelt sich dabei um denselben jungen Mann, der am Steuer jenes Wagens gesessen ist, der Schwester Rita seinerzeit gegen ihren Willen ins Altersheim gebracht hat.

Außerdem handelt es sich um jenen Herrn P., der hier dann ab und zu vorbeigeschaut hat, um den Schwestern ein Taschengeld vorbeizubringen. Anfangs 50 Euro pro Person, später ein bisschen mehr, aber immer sehr viel weniger, als gesetzlich vorgeschrieben ist.

Es handelt sich -- last but not least -- um jenen Kevin P., der auf der Website der Augustiner Chorherren als Koordinator für die Augustiner Chorfrauen angeführt ist, somit um eine eher dem Propst als Schwester Rita nahestehende Person.
Ich habe sowohl beim Propst Markus Grasl als auch bei der Heimleitung nachgefragt. Konkret habe ich nachgehakt, auf welcher Grundlage der Befund zustande kommt, dass Schwester Rita unter Demenz leidet. Hat dies eine Ärztin, ein Arzt festgestellt?

Und wie wurde der angeblich schädigende Einfluss von Schwester Bernadette auf Schwester Rita festgestellt? Die Unterstützerinnen erleben ja das völlig anders: Die Schwestern schauen sehr aufeinander und gehen einander zur Hand, wenn es nötig ist.
Und schließlich wollte ich wissen, was Herrn P., der Schwester Rita ohne Vorwarnung und ohne ihr Einverständnis ins Altersheim chauffiert hat, als ihre Vertrauensperson empfiehlt.

Was die angebliche Demenz von Schwester Rita und den schlechten Einfluss ihrer Mitschwester Bernadette betrifft, lässt Probst Grasl ausrichten, dass Fragen dazu die „Vertreter:innen des Rechtsträgers des Pflegeheims“ beantworten können.
Zu Herrn P. sagt Probst Markus Grasl, das Pflegeheim habe eine Vertrauensperson beim Bezirksgericht Hallein genannt und Herr P. habe sich in den vergangenen Jahren intensiv und mit Empathie und Hingabe und um die Schwestern gekümmert.
 
Das lasse ich so stehen.

Die Entscheidung über eine allfällige Erwachsenenvertretung trifft das Gericht, in diesem Fall das Bezirksgericht Hallein.
Die an die Seniorenresidenz gerichteten Fragen beantwortete eine Sprecherin der Caritas Salzburg, die für das Altersheim zuständig ist.Wörtlich schreibt die Sprecherin:Zur Erkrankung von Schwester Rita gibt es sowohl ärztliche Befunde als auch ein medizinisches Gutachten. Mehr Informationen können wir aufgrund des Datenschutzes dazu nicht geben.

Eine gesetzliche Erwachsenenvertretung erachte man für sinnvoll, da-- sollte es dazu kommen –
eine neutrale Person eingesetzt wird. Und zu erwähnen ist, dass die Entscheidung darüber, ob und wer gegebenenfalls eine Erwachsenenvertretung übernimmt, nicht bei uns liegt, sondern klar juristisch geregelt ist.“

Nun ist also das Gericht am Zug beziehungsweise der Anwalt der Nonnen, Dr. Reinhard Brzek. Er hat sich bereits zu diesem Antrag geäußert und sinngemäß dargelegt, dass es für eine Erwachsenenvertretung keine Gründe gibt.Von einem medizinischen Gutachten hat die betroffene Schwester Rita keine Kenntnis.

Fortsetzung folgt

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen Hörerinnen und Hörern der Dunkelkammer bedanken, die seit Wochen am Schicksal der Nonnen von Goldenstein Anteil nehmen, gute Wünsche ausrichten, Geld spenden, jede nur erdenkliche Hilfe anbieten oder auch ihre Überlegungen zum Verhalten der Kirche teilen, auf nach wie vor offene Fragen und Widersprüchlichkeiten aufmerksam machen und weitere Recherchen anregen. Kürzlich hat Johanna geschrieben, dass ihr Vater vor wenigen Wochen verstorben ist und sie den Treppenlift, der für ihn eingebaut worden war, den Schwestern in Salzburg spenden würde.

Diese Hilfsbereitschaft macht mich fast sprachlos.

Die Schwestern haben ja, als sie in ihr Kloster zurückkehrten, ihren Treppenlift nicht mehr vorgefunden. Inzwischen ist zumindest dieses Problem gelöst. Eine Firma aus Deutschland hat sich bereit erklärt, die fehlenden Treppenlifte zu ersetzen.
Vor wenigen Tagen hat Hanneliese uns eine den Nonnen von Goldenstein gewidmete Ballade geschickt, die sie selbst geschrieben und mit der oberösterreichischen Sängerin Vanessa Maria produzieren hat lassen. Den Reinerlös wollen die Künstlerinnen den Schwestern spenden.

Autor:in:

Edith Meinhart

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