Ist das wichtig?
1,73 Milliarden Euro Mehrausgaben - und immer noch eine Ersparnis

- hochgeladen von Georg Renner
Die schwarz-rot-pinke Koalition hat sich auf die Pensionserhöhung festgelegt: Pensionen von bis zu 2.500 Euro monatlich werden um 2,7 Prozent, die volle Inflation, erhöht. Darüber gibt es nur einen Fixbetrag von 67,50 Euro. Die Staatsausgaben für die Pensionen werden 2026 damit "nur" um 1,73 Milliarden Euro steigen - ohne die Einschränkung wären es rund zwei Milliarden gewesen.
Georg Renner
Hi, grüß euch, herzlich willkommen bei „Ist das wichtig?“ am 12. September. Heute gab es die Präsentation der großen Einigung der Regierungsparteien, wie hoch die Pensionserhöhung 2026 ausfallen wird. Ich weiß, ihr denkt euch jetzt ja schon wieder Pensionen. Renner, redest du über nichts anderes mehr? Aber glaubt mir, es ist wirklich wichtig und es geht um wirklich, wirklich viel Geld einerseits und andererseits betrifft halt zwei Millionen Menschen, zwei Millionen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die eine staatliche Pension beziehen. Also bear with me.
Es ist wirklich wichtig und es wird das letzte Mal für dieses Jahr sein vermutlich, dass wir uns einem Pensionsthema annehmen. Mein Name ist Georg Renner, ich bin seit 18 Jahren politischer Journalist, ungefähr die Hälfte davon schreibe ich über Pensionsthemen unter anderem. Und das hier ist „Ist das wichtig?“ Ein Podcast, in dem wir jeden Tag politische aktuelle Entwicklungen so erklären, dass man sie auch nebenbei gut verstehen kann.
Maria Renner
Also Georg, was ist passiert?
Georg Renner
Die Regierungsparteien, vertreten durch Sozialministerin Corinna Schumann, ÖVP Klubobmann August Wöginger und NEOS Sozialsprecher Johannes Gasser, haben heute eine Einigung präsentiert, nämlich um wie viel die Pensionen 2026 erhöht werden. Pensionen, wissen wir alle, ist quasi das Walhalla jedes Österreichers. Dort wo man hin will.
Ab 60 bei Frauen bzw. Ab 65 bei Männern, kann man, wenn man genug jahrelang in die Pensionsversicherung eingezahlt hat, was automatisch passiert, wenn man irgendwo angestellt ist und arbeitet, dann kann man in Pension gehen, muss nicht mehr arbeiten und bekommt vom Staat, von der Sozialversicherung eine gewisse Summe ausbezahlt, die davon abhängt, wie viel man in den letzten Jahrzehnten eingezahlt hat. Das Ganze ist aber eben kein System, das sich so finanziert, dass man einfach das, was man einbezahlt hat, nach und nach wieder zurückbekommt, veranlagt, sondern ein sogenanntes Umlagesystem. Andere Staaten machen das anders. Da gibt es eben tatsächlich eine Kapitalbasis, einen Kapitalstock, in den diese Pensionsversicherungszahlungen eingezahlt werden und aus dem bekommt man, nachdem wie gut der veranlagt ist, von der Pensionsversicherung dann jeden Monat eine Summe ausgezahlt. In Österreich ist das eben nicht so, das ist ein Umlagesystem. Das heißt, diejenigen, die jetzt erwerbstätig sind und Pensionsversicherungszahlungen einzahlen, deren Zahlungen werden hergenommen und an die ausgezahlt, die gerade in Pension sind.
Weil dieses System aber von Anfang an so gestaltet war, dass den Älteren ein bisschen besser gehen soll, als wenn man nur einfach das auszahlt, was da hereinkommt, schießt der Staat noch zusätzlich etwas zu, nämlich aus den Einnahmen, die nicht aus Pensionsversicherungszahlungen macht, sondern eben aus dem allgemeinen Steuertopf. Und da geht es um ganz schön viel Geld. Allein heuer wird, werden das etwa 20 Milliarden Euro sein. Ein Fünftel, pardon, ein Sechstel des gesamten Aufwands, den der Bund heuer ausgibt, gibt er nur für diese Pensionen aus, diesen Zuschuss zu den Pensionen aus, damit er das Versprechen einhalten kann, das er den Pensionistinnen und Pensionisten in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Und weil die Pensionistinnen und Pensionisten genauso unter Inflation leiden wie wir alle, sprich unser Geld wird jedes Jahr ein bisschen weniger wert, man kann sich um denselben Betrag von Jahr zu Jahr etwas weniger kaufen, werden die Pensionen grundsätzlich jedes Jahr erhöht. Eigentlich gäbe es dafür einen Automatismus im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz. Da legt eine Zahl fest von die Inflation von Juli bis Juni des nächsten Jahres, die wird hergenommen.
Und das sollte eigentlich der Satz sein, um den alle Pensionen in Österreich Jahr für Jahr erhöht werden. Nur hat man sich bisher schon sehr, sehr selten daran gehalten. Erst dreimal in der Geschichte ist der Automatismus wirklich zum Tragen gekommen. Meistens hat die Politik entschieden, okay, wir overrulen diesen Mechanismus mit einem Beschluss im Nationalrat und zahlen den Leuten etwas mehr Erhöhung aus, als eigentlich dieser Automatismus wäre. Weil es dem Staat gut geht, weil die Österreicherinnen und Österreicher immer produktiver werden, bekommen auch die Pensionistinnen und Pensionisten mehr. Das ist eine wunderschöne gute Sache. Das Problem ist, das geht sich dieses Jahr einfach nicht aus.
Die Regierung hat relativ früh gesagt, okay, die 2,7 Prozent, die dieser Automatismus ergeben würde, das wird sich dieses Jahr nicht ausgehen und hat eine neue Lösung ausverhandelt, mit der die meisten Pensionen oder sagen wir sehr viele Pensionen unter diesen 2,7 Prozent Inflationspassung erhöht. Werden. Und um wie viel? Genau das ist eben heute präsentiert worden. Die 2,7 Prozent bekommen alle Brutto Pensionen bis zu 2500 im Euro, bis zu 2.500 Euro im Monat, die bekommen die vollen 2,7 Prozent abgegolten für alles drüber, also für höhere Pensionen, als gibt es stattdessen eine fixe Erhöhung von 67,5 Euro bei 2.501 sind das ziemlich genau noch diese 2,7 Prozent. Aber je höher man hinaufkommt, desto weniger hoch fällt prozentuell diese Erhöhung aus. Es werden alle Pensionen erhöht, aber ab 2.5000 Euro geht es steil bergab.
Und das ist eben die Einigung, die die Regierungsparteien Schumann, Wöginger und Gasser heute präsentiert haben.
Maria Renner
Und wer sind die alle?
Georg Renner
Die drei Genannten sind grundsätzlich einmal Repräsentanten der drei SPÖ, ÖVP und NEOS. Wir erinnern uns, vor einem Monat, äh vor einem Jahr haben wir einen neuen Nationalrat gewählt, den wichtigeren Teil unseres Parlaments, und damit 183 Mandatare, Abgeordnete gewählt, die die Regeln in Österreich bestimmen können, unter anderem die bestimmen können, wofür der Staat alles Geld ausgibt und auch wie viel. Und von diesen Parteien, von diesen fünf Parteien, die wir damals in den Nationalrat gewählt haben, FPÖ, ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne, haben sich drei, nämlich ÖVP, SPÖ und NEOS zusammengefunden, haben gemeinsam eine Mehrheit im Nationalrat und haben ein gemeinsames Programm beschlossen, eben Dinge, die sie gemeinsam beschließen wollen. Und sie haben diese drei Parteien eben auch die Mehrheit hinter sich, Entscheidungen ziemlich allein treffen zu können. Und diese drei Parteien entscheiden damit eben, wenn sie wollen, über wie hoch die einzelnen Posten sind, für die der Staat Steuergeld in die Hand nimmt und damit eben auch, wie viel der Staat dem Pensionssystem heuer zuschießt. Und jetzt in längeren Verhandlungen auch mit den Pensionistenvertreterinnen und Vertretern, haben sich Repräsentanten dieser Parteien die Sozialministerin, die eigentlich zuständig ist, August Wöginger von der ÖVP, Klubobmann, weil er Sozialsprecher seiner Partei ist, und Johannes Gasser von den NEOS, ebenfalls als Sozialsprecher, haben sich mit den Pensionistenvertretern auf diesen Modus geeinigt. Und das ist es eben jetzt.
Die meisten Pensionen bekommen die volle Erhöhung 2,7 Prozent. Aber ein Drittel höherer Pensionen ab 2.500 Euro wird eben nur um einen Fixbetrag erhöht und nicht mehr um die vollen 2,7 Prozent. Für die höchsten Pensionen bei 4.000 ist das nur mehr knapp über einem Prozent die Erhöhung. Das ist natürlich rein wertmäßig ein ziemlicher Verlust. Das heißt, wer viel eingezahlt hat in den letzten Jahrzehnten, bekommt jetzt eine Entwertung seiner Pension präsentiert.
Maria Renner
Und warum diskutieren die darüber?
Georg Renner
Naja, wie gesagt, wir haben das eh schon in etlichen Beiträgen der letzten Wochen schon paar Mal diskutiert. Einerseits geht es eben darum, die hohen Ausgaben, die der Staat halt hat, auf einen Nenner zu bringen mit den geringeren Einnahmen, die er hat.
Das heißt, der Staat muss an allen Ecken und Enden sparen und diese Pensionen, die Pensionsausgaben, sind eben mit einem Fünftel der Ausgaben der Republik jedes Jahr ein wirklich großer Posten. Andererseits ist es natürlich eine Gerechtigkeitsfrage. Durch diesen Modus, den die Regierung da ausverhandelt hat, ist zwar abgesichert, dass Leute, die halt weniger Einkommen haben, weil ihre Pension gering ist, die volle Entwertung ihres Geldes ausgeglichen bekommen, aber diejenigen, die höhere Pension haben, die schauen weitgehend durch die Finger bekommen eine viel niedrigere Anpassung und können sich damit natürlich von ihrer Pension weniger leisten als in den letzten Jahren. Und das wird durchaus kritisiert. Zum Beispiel der ehemalige NEOS Abgeordnete Gerald Loacker, der sich immer sehr intensiv mit dem Pensionsthema auseinandergesetzt hat. Der kritisiert genauso wie der ehemalige Sektionschef und Kurzzeitsozialminister Walter Pöltner, Spitzenbeamter, die kritisieren Naja, okay, dadurch, dass wir hohe Pensionen entwerten, ist eigentlich ungerecht, weil das sind die Leute, die über Jahrzehnte wirklich viel in das Pensionssystem und auch in den Steuertopf viel eingezahlt haben, die während ihres Erwerbslebens fleißig gearbeitet und viel verdient haben und viel erreicht haben. Und gerade das sind ja die sogenannten Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die der Staat haben will, die natürlich viele Steuern zahlen und daher den ganzen Staat stützen.
Und denen wird halt jetzt natürlich etwas weggenommen, indem ihre Pension entwertet wird gegenüber denen den geringeren Pensionen von Leuten, die halt weniger eingezahlt haben. Gibt beide Punkte, kann man gut argumentieren. Man sagt okay, die Ärmeren, die weniger Einkommen haben, niedrige Pensionen haben, muss man besonders entlasten. Das andere Argument wäre, weil immer wieder diskutiert Naja, die arbeiten alle Teilzeit und verdienen dadurch weniger und haben niedrigere Pensionen. Ist ja auch eine spannende Diskussion. Und jetzt bestraft man natürlich die, die viel gearbeitet haben, indem man ihnen ihre Pension doch deutlicher entwertet.
Maria Renner
OK, und wie betrifft das uns?
Georg Renner
Circa 1,65 Millionen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die bekommen mit diesen 2,7 Prozent den vollen Ausgleich der Inflation für die Pension. Das letzte Drittel circa plus minus etwas mehr als eine halbe Million Menschen, die bekommen halt weniger als die Teuerung und werden sich um denselben Pensionsbetrag jetzt weniger leisten können. Das ist die unmittelbare Auswirkung. Für uns als aktive Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hat es natürlich einen Vorteil, weil der Staat erspart sich etwas mit dieser nicht eingetretenen automatischen Pensionserhöhung. Jetzt kann man lang darüber diskutieren, ist das wirklich eine Ersparnis oder nicht, weil der Staat wird auch trotzdem nächstes Jahr weit mehr für die Pensionen ausgeben als heuer, nämlich insgesamt 1,73 Milliarden Euro wird 2026 mehr ausmachen an Kosten für den Staat von diesem Zuschuss zu den Pensionen. Aber natürlich gegenüber der automatischen Erhöhung ist es eine Ersparnis. Mit der wären es, wenn wir alle Pensionen mit diesen 2,7 Prozent erhöht hätte, wären es 350 Millionen Euro, also mehr als zwei Milliarden Euro mehr gewesen.
Nicht der ganze Zuschuss, das sind heuer schon 20 Milliarden und werden nächstes Jahr eben fast 22 Milliarden sein. Aber hätte man diese Anpassung voll gemacht, werden es noch einmal 350 Millionen Euro mehr gewesen. Das muss der Staat auch irgendwo einnehmen, entweder bei den arbeitenden Menschen oder indem er Schulden macht, die wir und unsere folgenden Generationen in den nächsten Jahrzehnten dann wieder abzahlen werden müssen. Und das ist uns durch diese Erhöhung halt erspart geblieben, diese 350 Milliarden, pardon Millionen Euro.
Maria Renner
Und ist das schon fix?
Georg Renner
Nicht hundertprozentig fix, nein, es muss erst noch in Gesetzesform gegossen werden in einer kurzen Novelle zum ASVG. Aber nachdem die drei Regierungsparteien da jetzt hinter dieser Einigung stehen und ja, so machen wir das jetzt und die Seniorenvertreterinnen das zwar unter einigen Mosern aber doch akzeptiert haben, ist das praktisch fix. Aber ja, technisch gesehen muss es noch durch den Nationalrat und dort beschlossen werden und dann vom Bundesrat abgesegnet werden. Aber das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fix jetzt präsentiert, ist es jedenfalls heute worden.
Maria Renner
Und woher weißt du das eigentlich?
Georg Renner
Nun, es gab eine Pressekonferenz im Sozialministerium, wo Schumann, Wöginger und Gasser diese Einigung heute präsentiert haben. Ich stelle euch da einen Link in die Shownotes, auch zur Presseaussendung, da könnt ihr euch die Details nochmal selber anschauen.
Maria Renner
Also, ist das wichtig?
Georg Renner
Ja, ich halte das für sehr, sehr wichtig und ich weiß, ich gehe schon jedem auf den Nerv damit, dass ich sage, Pensionen sind wichtig und ihr müsst euch dafür interessieren, Aber es geht einfach um verdammt viel Geld. Und das Problem ist oder das Problem die Herausforderung ist, durch die Demografie in Österreich, es wird bald viel mehr ältere als jüngere Menschen in Österreich geben, werden die Pensionsausgaben in den nächsten Jahren noch stärker steigen. Und jedes kleine bisschen, dass die Pensionen jetzt nicht erhöht werden, schmälert natürlich die Ausgaben, die notwendig sind, um dieses System in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erhalten. Weil die nächste Pensionserhöhung geht natürlich wieder von diesem heuer erhöhten Betrag wieder aus und so weiter und so weiter. Es steigt immer weiter und deswegen ist diese Frage, um wie viel die Pensionen erhöht werden, nicht nur für unsere zwei Millionen Mitbürgerinnen in Pension sehr, sehr wichtig, sondern eben auch für uns, die wir Steuern und Versicherungsbeiträge zahlen.
Und das war's mit dieser Folge „Ist das wichtig? Politik für Einsteiger“. Die Idee dieses Podcast ist, ein Einsteigerprogramm für Menschen zu bieten, die sich zwar für Politik interessieren, aber sich nicht jeden Tag damit beschäftigen. Ich freue mich über euer Feedback am podcast@istdaswichtig.at oder per Sprachnachricht an die WhatsApp Nummer in den Shownotes. Und falls ihr in diesem Umfeld Werbung machen wollt, wendet euch bitte an office@missing-link.media. Wenn ihr euch für Formate für Fortgeschrittene interessiert, möchte ich euch noch meine beiden E Mail Newsletter ans Herz den Leitfaden, in dem ich immer dienstags aktuelle politische Themen für das Magazin Datum kommentiere und Einfach Politik eine sachpolitische Analyse für die WZ, die jeden Donnerstag erscheint.
Die Links zur kostenlosen Anmeldung für beide stelle ich euch in die Shownotes. Und falls ihr mehr hören Ich gehöre auch zum Team von ganz offen gesagt Österreichs besten Gesprächspodcast für Politikinteressierte.
„Ist das wichtig?“ ist ein Podcast von mir, Georg Renner, in Kooperation mit Missing Link. Produziert hat uns Konstantin Kaltenegger. Die zusätzliche Audiostimme ist von Maria Renner, Logo und Design von Lilly Panholzer. Danke für Titel und Idee an Andreas Sator, Host des Podcasts Erklär mir die Welt. Danke fürs Zuhören.
Bis zum nächsten Mal. Adieu.
Wollt Ihr mehr wissen?
Hier findest du die Medieninformation des Bundeskanzleramts über die Anpassung:
https://services.bundeskanzleramt.gv.at/newsletter/bka-medien-newsletter/innenpolitik/bka-medieninformation-12-09-2025.html
Die Pressekonferenz dazu kannst du hier nachschauen: https://on.orf.at/video/14291598/pressekonferenz-zur-pensionsanpassung-2026
Der Ex-Spitzenbeamte und -Sozialminister Walter Pöltner kritisiert die Einigung in den "SN" scharf: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/experte-poeltner-staffelung-pensionen-das-184289086
Autor:in:Georg Renner |