Die Dunkelkammer
Der Benko-Prozess: Tag 1

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Von Michael Nikbakhsh. Am 14. Oktober wurde der Strafprozess gegen Rene Benko am Landesgericht Innsbruck eröffnet.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Benko betrügerische Krida in zwei Fällen vor.
Stefan Lassnig ist aus gegebenem Anlass ins heimatliche Innsbruck geeilt, um für die Dunkelkammer aus dem Landesgericht Innsbruck zu berichten.

Michael Nikbakhsh
Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe der Dunkelkammer. Diese Episode erscheint aus gegebenem Anlass kurzfristig und der gegebene Anlass, das ist der Strafprozess gegen René Benko vor dem Landesgericht Innsbruck, der am 14. Oktober eröffnet wurde.

Mein Name ist Michael Nikbakhsh und wir schalten heute nach Innsbruck und zwar zu Stefan Lassnig. Der hatte sich nicht nehmen lassen, für die Dunkelkammer ins heimatliche Innsbruck zu eilen, um für uns aus dem Gerichtssaal zu berichten. Es ist für Stefan übrigens eine Heimkehr im doppelten Sinne. Er ist ja nicht nur in Innsbruck aufgewachsen, er hat nach dem Jus-Studium das Gerichtsjahr am Landesgericht Innsbruck absolviert. Ein Heimspiel quasi.

Was wird da überhaupt angeklagt? Nun, wir reden da jetzt nicht von der großen Signa Anklage, die das Milliarden-Debakel der Immobiliengruppe behandelt. Diese Ermittlungen laufen und das wird wohl noch einige Zeit der Fall sein. Und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist dazu übergegangen, gerade sehr komplexe Causen, wo es nicht eine einheitliche Taterzählung gibt, so zu zerlegen, sinnhaft zu zerlegen, dass eben einzelne sogenannte Faktenkomplexe erledigt werden, womöglich also entweder eingestellt oder eben angeklagt. Und im jetzigen Innsbrucker Verfahren geht es also nicht um einen Schaden von ein paar Milliarden Euro, sondern nur unter Anführungszeichen um ein paar hunderttausend Euro, genauer um 667.566, 67 Euro. Die WKStA wirft Benko vor, diese knapp 668.000 Euro beiseite geschafft zu haben, während er die eigene Zahlungsunfähigkeit vor Augen hatte.

Das ist also zum Nachteil seiner Gläubiger passiert. Benko ist ja seit dem März 2024 als Einzelunternehmer im Konkurs und da wurden vom Masseverwalter bisher Schulden von nicht ganz 50 Millionen Euro anerkannt. Benkos Vermögen, das steckt zu einem erheblichen Teil in Privatstiftungen, die nicht einfach so zu knacken sind. Das war hier öfter schon mal ein Thema. Es gibt seitens der WKStA mehrere Vorwürfe rund um diese mutmaßlichen Vermögenstransfers zulasten der Gläubiger. Ich erinnere an die Luxusuhren, die Manschettenknöpfe, die Jagdwaffen, die Sportwagen und so weiter.

Die gegenständliche Anklage in Innsbruck stellt aber nur auf zwei ganz konkrete Geldgeschäfte ab. Es geht da einerseits um eine Villa in Innsbruck, da hatte Benko Ende 2023 die Miete für vier Jahre im voraus überwiesen. Dazu gab es dann auch noch Betriebskostenvorauszahlungen und das in einer Höhe von insgesamt rund 368.000 Euro. Und das, obwohl das Objekt laut der Anklage wegen eines großen Wasserschadens damals gar nicht bewohnbar war. Der zweite Anklagepunkt, der dreht sich um eine Schenkung, eigentlich um zwei Schenkungen. Ende 2023 hatte Benkos Mutter ihrem Sohn eineinhalb Millionen Euro geschenkt und davon hat dann Benko seiner Mutter Anfang 2024 300.000 Euro zurücküberwiesen, also quasi zurückgeschenkt.

Die WKStA wirft Benko vor, Anfang 2024 zahlungsunfähig gewesen zu sein und seine Gläubiger durch diese Rücküberweisung, um jedenfalls diese 300.000 Euro auch noch geschädigt zu haben. So steht das in der 14-seitigen Anklageschrift der WKStA. Zum Auftakt des Schöffenverfahrens waren acht Zeuginnen und Zeugen an zwei Verhandlungstagen aufgerufen, also am 14. und am 15. Oktober. Der erste Verhandlungstag fiel dann allerdings deutlich kürzer aus als ursprünglich erwartet. Und warum das so war, das bespreche ich jetzt mit Stefan Lassnig.

Ja, und da ist er auch schon. Stefan Lassnig. Gruß nach Innsbruck.

Stefan Lassnig 
Grüße nach Wien.

Michael Nikbakhsh
Stefan, du warst heute ab dem Vormittag am Landesgericht Innsbruck beim Benko-Prozess dabei und soweit ich das in den Livetickern nachgelesen habe, warst du nicht der einzige Medienvertreter im Gericht.

Stefan Lassnig
Nein, es waren circa 70 Medienvertreterinnen und -vertreter vor Ort. In den Saal passen ungefähr 80 Leute, also es waren nur zehn "normale Zuschauerinnen" auch im Saal. Der Andrang war um 8 Uhr 30, das war ungefähr die Uhrzeit, wo ich beim Landesgericht Innsbruck angekommen bin, sehr groß. Es waren auch vor dem Gerichtsgebäude Kameras aufgebaut. Redakteurinnen und Redakteure haben in Mikros und in Kameras gesprochen. Es war relativ viel los für das Innsbrucker Gericht, das ja normalerweise nicht ein allzu großes Gericht ist.

Wir sind dann durch eine Sicherheitsschleuse durchgeschleust worden, wo man natürlich kontrolliert wird und dann ist die Akkreditierung noch einmal kontrolliert worden und dann waren wir, so würde ich sagen, alle um 8 Uhr 50 spätestens, waren dann alle im Gerichtssaal, im großen Schwurgerichtssaal, im Landesgericht Innsbruck und bis 08 Uhr 55 Uhr circa war reges Treiben. Man hat mit den Kolleginnen und Kollegen gesprochen, es ist gescherzt worden, es ist auch ganz normal miteinander geplaudert worden, aber so um 8:55 Uhr hat sich eine wirklich gespenstische Stille über den Saal gelegt, weil da war klar, jetzt fängt dann der Prozess an.

Und dann haben eigentlich alle gemeinsam darauf gewartet, dass René Benko aus dem Bereich, in den ihn die Justizwache die gebracht hat, in den Saal gebracht wird. Und es war wirklich fünf Minuten lang gespenstisch still. Und dann ist er relativ pünktlich reingekommen in den Saal, unfassbar viele Kameras waren auf ihn gerichtet, Fernsehkameras, Fotoapparate und so weiter. Er ist reingekommen, ist begleitet worden von zahlreichen Justizwachebeamten, die ihn abgeschirmt haben und hat sich dann dort hingestellt, hat es stoisch über sich ergehen lassen, diesen Medienandrang und dann haben sich alle niedergesetzt und dann hat der Prozess begonnen.

Michael Nikbakhsh
Er ist von Justizwachebeamten hineinbegleitet worden, weil er faktisch direkt aus der Untersuchungshaft kommt, wo er seit nunmehr zehn Monaten sitzt.

Stefan Lassnig
Exakt. Vor Gericht haben wir dann auch noch drüber gesprochen. Es war sehr auffällig, dass die Präsenz dieser Justizwachbeamten so massiv war. Und das ist aber nicht nach Aussagen vor Gericht, die ich gehört habe, nicht deswegen, weil Fluchtgefahr besteht, sondern weil man ihn beschützt hat, weil er ist ja auch offenbar immer wieder bedroht worden und deswegen hat man, das war eigentlich zu seinem Schutz gedacht, dass er da so abgeschirmt worden ist.

Jedenfalls war es dann so, dass die Richterin Andrea Wegscheider sich kurz vorgestellt hat. Sie hat dann auch ihre Ersatzrichter vorgestellt, die zwei Hauptschöffen. Es gibt auch Ersatzschöffen in dem Verfahren, falls ein Schöffe während des Verfahrens ausfällt. Auch die Vertreterinnen der WKStA hat sie vorgestellt.

Die Sitzordnung war ungewöhnlich im Gerichtssaal. Normalerweise sitzen ja Anklage und Anklagevertreterinnen und die Beschuldigten, die Beschuldigtenvertreterinnen gegenüber im Saal. Heute war es so, dass sie nebeneinander gesessen sind, weil gegenüber sind die Plätze für die Schöffen gewesen. Ich glaube, das ist von der Anordnung her ungewohnt, auch für alle, das hat man am Anfang, finde ich, ein bisschen gespürt.

Die Richterin hat dann das Programm vorgestellt, also was ist quasi für den ersten Prozesstag geplant. Und dann hat die Richterin den René Benko gebeten, sich vor sie hinzusetzen auf den Platz vor der Richterin und hat begonnen, wie es üblich ist bei einem Strafprozess, mit den persönlichen Verhältnissen vom Angeklagten.

Michael Nikbakhsh
Er ist ja, ich habe es eingangs schon erwähnt, als Einzelunternehmer, letztlich auch als Person in Privatkonkurs. Es gibt Milliarden Forderungen, anerkannt wurden bisher nicht ganz 50 Millionen, das reicht schon umso mehr, als er, korrigiere mich selbst, keine Angaben zu seinen derzeitigen Vermögensverhältnissen macht.

Stefan Lassnig
Genau, also René Benko war im Gericht mit Anzug und Krawatte, hatte unterm Arm dicke Ordner mit offenbar vielen Unterlagen und als ihn die Richterin befragt hat zu seinem persönlichen Verhältnis, hat er angegeben, er hätte derzeit kein Einkommen, er sei zuletzt in der Villa in Igls gemeldet gewesen und zu seinen Vermögensverhältnissen und Schulden befragt, hat er gesagt, er macht da keine Angaben, weil ja gerade ein Konkursverfahren läuft.

Michael Nikbakhsh
Nachdem die wesentlichen Personalien erhoben werden. Er war da ist ja der einzige Angeklagte, das wird relativ flott gegangen sein, kommt man ja dann schon relativ bald zur "Verlesung der Anklage". Das wäre in dem Fall tatsächlich vertretbar gewesen. Die Anklageschrift hat 14 Seiten. Wurde sie denn verlesen von Seiten der WKStA?

Stefan Lassnig
Das ist eine interessante Frage, da gibt es ja beide Wege. Entweder man liest sie so vor, wie sie auch schriftlich vor einem liegt, oder man trägt sie frei vor. Die Staatsanwältin der WKAStA hat dann Mittelweg gewählt, sie hat schon was vorbereitet gehabt, aber das war nicht die wörtliche Wiedergabe der Anklage, sondern es war, ich würde sagen, eine kurze Umschreibung der Anklage eben mit dem ersten Vorwurf, mit dem zweiten Vorwurf. Du hast es in der Einleitung bereits genau geschildert was die Vorwürfe sind. Und was ich interessant gefunden habe - was die Vorwürfe betrifft verweise ich auf deine Einleitung: Sie hat dann quasi noch einen dritten Teil eingeflochten in ihren Vortrag, nämlich sie hat es umgeschrieben, sie möchte ein vollständiges Bild zeichnen und auch nur auf Besonderheiten hinweisen in diesem Fall. Und ich sage jetzt da Stichworte, die man aufgeschrieben hat, die sie da verwendet hat in diesem quasi Besonderheitenteil:

Sie hat von abenteuerlichen Wendungen von alltäglichen Geschäften gesprochen, zum Beispiel von Mieten und Geschenken. Sie hat davon gesprochen, dass René Benko seinen luxuriösen Lebensstil nicht aufgeben hätte wollen. Sie hat auch das Wort Selbstbedienungsladen verwendet im Zusammenhang mit den Stiftungen. Also sie hat da schon relativ darauf geachtet, ein Bild zu zeichnen, das noch einmal zusätzlich zu den zwei Anklagepunkten war. Während sie das gesagt hat, habe ich ein bisschen auf die Verteidiger geschaut und auch auf den René Benko. Die haben meistens den Kopf geschüttelt bzw. manchmal auch so milde gelächelt.

Und am Schluss hat die Staatsanwältin dann ihren Vortrag beendet mit einem Appell an die Schöffen, nämlich sich nicht verwirren zu lassen, sich nicht ablenken zu lassen. Sie hat dann gesagt, sie haben ja Erfahrungen mit Miete und Schenkungen, lassen sie sich nicht von der Verteidigung verwirren. Und damit hat dann ihr Vortrag nach circa einer halben Stunde geendet.

Michael Nikbakhsh
Vielleicht ganz grundsätzlich, wir sind ja mitten jetzt in einem öffentlichen Strafverfahren und da darf man einzelne Aussagen nicht qualitativ werten oder den Ausgang des Verfahrens gar vorwegnehmen. Das ist ein strafrechtlicher Tatbestand, das werden wir selbstverständlich nicht tun. Das heißt, wir bewerten jetzt natürlich nicht die Qualität von einzelnen Beweismitteln oder Aussagen. Im Anschluss an die Staatsanwaltschaft ist ja dann die Verteidigung am Wort. Und soweit ich das bisher überblicke, also ein Schuldeingeständnis haben wir nicht. Ganz im Gegenteil. Was haben wir?

Stefan Lassnig
Ja, ich würde sogar das Gegenteil behaupten. Also Norbert Wess, der Verteidiger von René Benko, hat sofort begonnen mit einem Angriff auf die WKStA. Er hat so eingeleitet, er war sehr neugierig und gespannt auf den Anklagevortrag. Und dann hat er aber gleich gesagt, er findet sowohl die Feststellung des Sachverhalts als auch die rechtliche Beurteilung hält er für falsch. Er werde auch kein Störfeuer und keine Nebelgranaten werfen, wie es die Staatsanwältin in ihrem Vortrag in Richtung auch der Schöffen angekündigt hat. Also er war eigentlich innerhalb von 5 Minuten, würde ich sagen, im Angriffsmodus gegenüber der Staatsanwaltschaft und ist dann in die zwei Anklagethemen auch gezielt eingestiegen.

Also was die Mietvorauszahlung betrifft, du hast in der Einleitung erwähnt, da hat er, finde ich, interessant angefangen, weil ich glaube, das ist auch eine Verteidigungslinie, die insgesamt alle Verfahren begleiten wird. Er hat geschildert, das war im September 2023 es war eine herausfordernde Zeit für René Benko. Das Marktumfeld war in Aufregung. Ich erinnere nur Ukraine Krieg, Corona, viele Dinge, schwierige Verhältnisse in der Immobilienbranche, die Zinsen sind, die Zinskrise ist losgegangen. Also er hat geschildert, wie damals das Marktumfeld war und der René Benko hätte rund um die Uhr um sein Lebenswerk gekämpft. Er wollte, dass die Familie zur Ruhe kommt und damit hat er auch diese Mietzinsvorauszahlung begründet und hat großen Wert darauf gelegt, der Verteidiger von René Benko, dass diese Mietvorauszahlung seiner Einschätzung nach völlig marktüblich und normal wäre. Also im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, die sagt, man wollte das Geld noch beiseiteschaffen und damit die Miete vorauszahlen, hat der Wess gesagt, es ist rein, es ist ein völlig marktüblicher Vorgang. Er hat auch in Richtung Schöffen gesagt, das kennt man ja, dass man Miete vorauszahlt.
In seiner Kanzlei würden auch zwei Leute arbeiten, die die Miete vorausbezahlt hätten. Also er hat mit vielen Argumenten versucht darzustellen, dass es ein völlig üblicher Vorgang ist, so eine Mietvorauszahlung zu leisten.

Michael Nikbakhsh
Also dass in dem Fall 360.000 Euro auf vier Jahre im Voraus bezahlt worden wären, sei ein marktüblicher Vorgang. Ich gehe davon aus, dass er dort nicht dokumentiert hat, was genau er jetzt mit marktüblich meint oder worauf er sich da jetzt bezieht, auf Studien oder welche quasi fundierten Informationen, dass das marktüblich sei. Aber ich gehe davon aus, dass die das haben.

Stefan Lassnig
Ja, es war eher so, dass ich das Gefühl gehabt habe, die Argumentation geht in Richtung, also normale Menschen "wie du und ich" würden das ja auch machen, speziell dann, wenn man für ein Jahr eine Mietzinsfreistellung bekommt, dafür, dass man das vorauszahlt.

Und die Mietzinsfreistellung ist insofern ein wichtiges Thema, weil die Staatsanwaltschaft behauptet, du hast es in deiner Einleitung auch erwähnt, das Haus sei gar nicht bewohnbar gewesen. Zu dieser Frage kommt morgen noch, also morgen ist dann Mittwoch, kommt morgen noch ein Zeuge, der die Verteidigung noch aufgeboten hat zu genau diesem Thema, dass nämlich das Haus schon bewohnbar gewesen wäre, weil die Argumentation ist ja, man hat Mietvorauszahlung geleistet für ein nicht bewohnbares Haus. Also diese Frage wird noch zu klären sein und die könnte noch spannend werden.

Aber prinzipiell ist es so, dass laut Verteidigung sei das ein normaler Vorgang gewesen, der auch wirtschaftlich absolut vertretbar ist, sei der nichts damit zu tun gehabt hätte, dass man da noch Geld auf die Seite räumen wollte, sondern es sei ein normaler sogar unternehmerischer Vorgang gewesen, diese Mietvorauszahlung zu leisten.

Michael Nikbakhsh
Wenn wir von dieser Villa reden, dann reden wir nicht von der öffentlich sehr bekannt gewordenen Villa im Stadtteil Igls. Es geht um ein anderes Haus in einem Stadtteil, kann man das so sagen, von Innsbruck, der Hungerburg heißt.

Stefan Lassnig
Ja genau. Also das war auch der frühere Wohnsitz der Benkos. In Innsbruck sagt man eben auf der Hungerburg. Die Hungerburg ist ein Stadtteil bzw. Gebiet von Innsbruck oberhalb des Stadtkerns mit einem wunderschönen Ausblick runter auf Innsbruck. Und das Haus der Benkos war früher dort, bevor sie das Haus dann auf der gegenüberliegenden Talseite in Igls gebaut haben und dorthin sind sie dann auch in dieser schweren Zeit wieder zurückgekehrt. Also Dr. Norbert Wess zum Beispiel gesagt, dass wir Weihnachten 2024 haben dann die Benkos schon wieder in der Hungerburg gefeiert, also in dieser Villa, um die es eben in dieser Anzahlungsgeschichte geht.

Und was ich auch noch interessant gefunden hab, die Verteidigung hat auch argumentiert, dass der Masseverwalter ja einen Rückforderungsanspruch gehabt hätte auf diese Vorauszahlung, dass das auch unter anderem begründet, dass da kein Schaden entstanden ist.

Auch das wird eine interessante Frage sein, die wir morgen hören werden, weil morgen ist auch dann der Masseverwalter als Zeuge geladen.

Michael Nikbakhsh
Zu diesem Haus noch: Also laut der Anklageschrift habe es im Gefolge eines Hangrutsches Wassereintritte gegeben und zwar erhebliche, die zumindest, so steht es in der Anklageschrift, einen doch deutlichen Renovierungs- und Sanierungsbedarf ausgelöst hätten, weshalb das Haus schlussendlich ein ganzes Jahr nicht bewohnt werden konnte. Aber da eben schon die Mietzinsvorauszahlung geleistet wurde. Vielleicht noch ein interessantes Detail. Das Haus gehört einer GmbH oder zumindest tritt diese GmbH als Vermieterin auf, die wiederum der Laura Privatstiftung gehört. Also das Haus gehört zum Geflecht der Laura Privatstiftung, die ja wiederum im Einflussbereich, ich sage jetzt im weiteren Sinne Familie Benko steht. Und wenn ich das richtig überblicke, so ist es auch in der Anklageschrift ausgeführt, hat René Benko das Geld für die Mietzinsvorauszahlung zunächst von der Laura Privatstiftung bekommen und hat es dann an eine Tochtergesellschaft der Laura Privatstiftung überwiesen. Also wäre das linke Tasche, rechte Tasche.

Stefan Lassnig
Ja, das ist exakt so, wie du gesagt hast. Und das war halt auch kurz ein Thema, weil daraus ist die Argumentation der Verteidigung entstanden: Es war ja gar nicht das Geld des René Benko, das in diese Mietzinsvorauszahlung geflossen ist, sondern es war das Geld der Stiftung. Also auch das war eine Verteidigungslinie, die heute aufgezogen wurde.

Michael Nikbakhsh
Zentrale Frage ist ja auch in all diesen Geschichten und jetzt wohl nicht nur dieses Mal in Innsbruck vor Gericht, welchen Einfluss Benko tatsächlich auf dieses Stiftungsgeflecht hatte. Ist da bezüglich dieser Geschichte ein bisschen mehr herausgekommen?

Stefan Lassnig
Ja, ich würde gerne in den zweiten Punkt einsteigen, nämlich in den Vorwurf der Schenkung. Du hast es in deinem Eingangsstatement erwähnt. Dort in dem Punkt hat man nämlich dann etwas ausgeholt und ist auch in das Thema Stiftungen eingestiegen. Also es ist da betont worden, die Stiftungen sind schon 2014 gegründet worden, also in dem Fall die INGBE Stiftung, um wirklich korrekt zu sein. Die INGBE Stiftung ist 2014 gegründet worden, hat ab 2015 eigenständig gewirtschaftet und auch Gewinne erwirtschaftet. Und der Benko war nie Begünstigter der Stiftung, René Benko, es war immer die Mutter, die Begünstigte war. Was heute allerdings für mich relativ klar geäußert worden ist, war, dass die Verteidigung gesagt hat, ob der René Benko faktischer Stiftungsvorstand war oder nicht, das kann man diskutieren.

Also das wurde nicht völlig in Abrede gestellt. Ich nehme an, auch unter dem Einfluss, dass diese faktische Geschäftsführung insgesamt im SIGNA-Reich ja von mehreren Leuten, die Einblick haben, zuletzt vom, zumindest mir in Erinnerung, von Hans Peter Hasenstein in der ZIB 2 ja ohnehin sehr stark so argumentiert wird.

Die Verteidigung hat aber großen Wert darauf gelegt, dass es ein Trennungsprinzip gibt. Das heißt, nur weil jemand faktischer Stiftungsvorstand eventuell ist, ich lasse das bewusst im Konjunktiv, weil wir können ja dem Gericht nicht vorgreifen, aber selbst wenn es so wäre, so zumindest habe ich die Verteidigung verstanden, dann kann das Vermögen des faktischen Geschäftsführers oder des faktischen Stiftungsvorstandes trotzdem nicht dem Vorstand oder dem Geschäftsführer zugerechnet werden.

Die Verteidigung hat als Beispiel gebracht, wenn jemand Geschäftsführer von einer GmbH ist, dann kann man ja nicht unmittelbar das Vermögen der Geschäftsführung zurechnen, sondern es kann ja sein, dass das zum Beispiel nur angestellte Geschäftsführung ist. So hat man heute schon meiner Meinung nach angefangen zu argumentieren, weil das wird noch ein wichtiges Thema werden: Inwieweit, und du hast es auch schon angesprochen, inwieweit hat René Benko auf dieses ganze Stiftungsvermögen, das in verschiedenen Stiftungen geparkt war, Zugriff gehabt und inwieweit ist ihm das zurechenbar, weil er ja dort offenbar - wieder Konjunktiv - Geschäftsführungstätigkeiten oder geschäftsführerähnliche Tätigkeiten verrichtet hat. Das wird noch ein ganz spannendes Thema.

Michael Nikbakhsh
Also da gibt es die juristische Abwägung, aber dann gibt es eben noch die inhaltliche und da scheint sich doch was jetzt verschoben zu haben, nämlich in die Richtung, dass man zumindest ein Stück weit eingesteht, dass er eben doch Einfluss nehmen konnte, was bisher immer in Abrede gestellt worden Es ist ja der Eindruck erweckt worden von Seiten seiner Verteidigung, dass Benko mehr oder weniger nur ein Phantom war, das zufällig durchs Bild huscht und die Entscheidungen hätten andere getroffen. Ja, also das lässt sich wahrscheinlich nicht mehr ganz so aufrechterhalten.

Stefan Lassnig

Ja, und eben der Ausweg daraus ist, dass man sagt, selbst wenn es so gewesen wäre, kann man trotzdem nicht das Vermögen unmittelbar zurechnen.

Michael Nikbakhsh
Der Angeklagte hat ja die Gelegenheit, sich zur Verfahrenseröffnung zu verantworten. Schuldig, nicht schuldig. Wie schaut's aus?

Stefan Lassnig
Was ich davor noch sagen wollte ist, also die Verteidigung hat in ihrem Plädoyer, der Norbert Wess hat in seinem Plädoyer schon angekündigt, dass sich aus all diesen angeführten Punkten, die er da in seinem Plädoyer angeführt hat, sich der Angeklagte für nicht schuldig bekennen werden würde. Und danach waren die Plädoyers vorbei. Und dann war interessant, dass die Richterin, die nach meiner Einschätzung das Verfahren sehr stringent heute geführt hat, die hat dann die Anwesenden ermahnt, im Sachverhalt zu bleiben, nämlich in diesen von dir zitierten zwei Fällen des Sachverhalts zu bleiben und nicht das Verfahren jetzt zu nutzen, dieses aktuelle Verfahren zu nutzen, um andere Fragen zu klären, insbesondere um Fragen zu klären, wo eine Partei keinen Einblick in die Akten hat bis jetzt. Also das war ganz klare Ansage, ihr bleibt bitte bei diesen Punkten und wir fangen da nicht an, quasi das Gesamtverfahren zu führen in diesem Prozess, in diesem gegenständlichen.

Dann war Pause nach diesen Worten, ich glaube ein bisschen so zum Nachdenken, was das bedeutet. Und dann war, wie du gesagt hast, René Benko am Wort, wie das üblich ist in einem Strafprozess. Er hat zuerst bejaht, dass er aussagen möchte, hat dann bekannt gegeben, dass sie, das hat auch schon der Norbert Wess erwähnt davor, dass sie intensiv an einer schriftlichen Gegenausführung gearbeitet haben in den letzten Wochen, die dann letzten Freitag auch an das Gericht übermittelt worden ist und er sich nicht schuldig bekennt. Also das war ganz klar ausgesprochen, er bekennt sich nicht schuldig,

Michael Nikbakhsh
Was in dieser Gegenausführung drinsteht, das wurde vor Gericht jetzt natürlich nicht offengelegt.

Stefan Lassnig
Nein, das wurde heute nicht offengelegt. Offenbar war unklar, ob die Schöffen das bereits kennen, weil Norbert Wess in seinem Vortrag auch gesagt hat, er geht davon aus, das Gericht wird es auch den Schöffen zur Kenntnis bringen. Also offenbar war das etwas kurzfristig. Der René Benko hat kurz in seinem kurzen Statement, und zu dem kommen wir eh noch auch erwähnt, dass ihn offenbar in der Vorbereitung irritiert hat, dass er früher nach Innsbruck verlegt worden ist, als gedacht. Das glaube ich, hat die Prozessvorbereitung etwas durcheinandergebracht, zumindest hat es den Eindruck heute vermittelt. Das kann auch ein Grund sein, warum diese Gegenäußerung relativ kurzfristig erst da ans Gericht zugestellt worden ist. Aber in seiner Verantwortung, in seiner ersten hat er im Wesentlichen gesagt, er möchte auf das Plädoyer von seinem Anwalt verweisen und er möchte auf diese Gegenäußerung verweisen.

Und es war noch kurz, ist er aus sich rausgegangen und hat dann nur gesagt, dass der Zynismus im Vortrag der Staatsanwaltschaft nicht zu überbieten ist. Also das war eine klare Ansage in Richtung Anklage. Also er hat ganz klar der Anklage Zynismus vorgeworfen und hat auch gesagt, die Unterstellungen sind falsch. Und dann hat er eigentlich nicht mehr viel gesagt und dann hat die Richterin explizit danach gefragt, ob er Fragen beantworten will und sie hat gesagt, es wäre auch sein gutes Recht, wenn er keine Fragen beantworten will. Und er hat sich dazu entschieden, keine weiteren Fragen zu beantworten. Und damit war seine Vernehmung, ich schaue gerade nach,so circa nach einer Viertelstunde, würde ich sagen, 20 Minuten bereits auch wieder zu Ende.

Michael Nikbakhsh
Das ist auch sein gutes Recht, die Antwort auf Fragen zu verweigern. Und das sollte, wenn alles gerade läuft, auch seine Stellung im Verfahren nicht verschlechtern. Es ist einfach ein Recht, das ein Angeklagter hat.

Stefan Lassnig
Ja, ich gehe auch davon aus, dass letztlich ja, dass alle wesentlichen Punkte, die die Verteidigung vorbringen, in dieser Gegenäußerung drinnen stehen und Gegenäußerung, Gegenausführung drinnen stehen und er im Wesentlichen darauf verweist und da gar nicht lang herumreden will sonst.

Michael Nikbakhsh
Ich habe das in ein paar Verfahren in der Vergangenheit schon erlebt, dass man quasi auf die Schriftebene verweist und darüber hinaus live keine Fragen beantwortet. Das hat auch schon Erfolg gehabt in der Vergangenheit im konkreten Verfahren. Wir können natürlich gar nichts vorwegnehmen, es wird am Ende ein unabhängiges Gericht erster Instanz entscheiden. Der heutige Verfahrenstag war dann durch die verkürzte Befragung Benkos relativ schnell vorbei. Es gab dann wohl noch den Versuch, Zeugen, die für morgen geladen sind, für heute zu bekommen, aber das hat so kurzfristig natürlich nicht funktioniert.

Stefan Lassnig
Ja, genau so war es. Also ich möchte an der Stelle auch noch mal wiederholen, du hast es eher schon gesagt, wir versuchen heute möglichst objektiv über das laufende Verfahren zu berichten. Es gilt die Unschuldsvermutung und es ist auch gut so, dass die Unschuldsvermutung gilt. Also Menschen, auch wenn sie vor Gericht stehen, sind so lange unschuldig, bis ein rechtskräftiges Urteil da ist. Das gilt für alle Menschen. Das gilt auch für den René Benko natürlich.

Es war so, dass wir eigentlich, war dann große Überraschung im Gerichtssaal, mit dem hat eigentlich, glaube ich, niemand gerechnet.
Wir waren um 11 fertig, um 11 Uhr, weil, wie du gesagt hast, man hat noch versucht, den Zeugen Grabenweger, also den Masseverwalter, der für morgen eigentlich geplant war, auf heute zu verlegen. Der war aber selbst in einer Verhandlung. Er war anscheinend im Gerichtsgebäude, wie ich erfahren habe, aber offenbar selbst in einer Verhandlung. Also den hat man nicht so schnell stellig machen können. Das heißt den hätten wir zwar auf heute Nachmittag verlegen können, aber der hat keine Zeit gehabt, weil er selber offenbar in einer Verhandlung war. Und ein weiterer Zeuge, nämlich der, den die Verteidigung noch zusätzlich aufgeboten hat, um dieses Thema Bewohnbarkeit oder Nichtbewohnbarkeit zu klären, der war auch nicht so kurzfristig verfügbar. Und daraufhin hat die Richterin den Prozess auf morgen 9 Uhr wie geplant für den zweiten Prozesstag vertagt.

Michael Nikbakhsh
Er war von Haus aus angesetzt, mal auf zwei Verhandlungstage. Verlängerungen sind natürlich nie ausgeschlossen. Für den Fall, dass am zweiten Tag ein Urteil fallen könnte, wäre es natürlich ein Urteil erster Instanz. Der Strafrahmen beträgt theoretisch bei dem ihm angelasteten Schaden ein bis zehn Jahre. Also das ist schon durchaus ernst zu nehmen, was die Drohkulisse betrifft. Familienangehörige von ihm sollen gehört werden in dem Verfahren. Werden die aussagen? Sie müssen ja nicht.

Stefan Lassnig
Nein, sie müssen nicht und sie werden auch nicht aussagen. Das hat heute die Richterin bereits angekündigt, dass die Familienmitglieder Mutter, Schwester, Ehefrau schriftlich bekannt gegeben haben, dass sie nicht aussagen werden. Und die Richterin hat, denke ich, nachvollziehbarerweise gesagt, dann müssen sie vor Gericht auch nicht auftauchen, wenn sie eh schon schriftlich deponiert haben, dass sie nicht aussagen werden. Jetzt meine Vermutung, auch ihnen um das Blitzlichtgewitter und diesen öffentlichen Auftritt zu ersparen, ist aber nur meine persönliche Vermutung. Aber jedenfalls diese 3, also 2 davon stehen in der Anklageschrift als Zeuginnen, nämlich die Mutter und die Schwester, die werden definitiv morgen nicht vor Gericht erscheinen, weil sie nicht aussagen werden.

Und was ich auch noch sagen wollte, ist, was auch interessant war, ist, wenn man den morgigen Tag betrachtet, ich glaube, es wird morgen auch relativ schnell gehen, weil die Prozessführung ist straff, das Beweisthema ist sehr eingeschränkt und ich glaube, es wird auch morgen, nachdem die Richterin heute angekündigt hat, dass sie nicht den Gesamtkomplex diskutiert haben will, wird auch, glaube ich, der morgige Tag nicht wie angesetzt bis 20 Uhr dauern.

Michael Nikbakhsh
Ja, ich wünsche es dir vor allem, dass du morgen nicht den ganzen Tag im Gericht verbringen musst, obwohl ich habe es ja eingangs schon gesagt, du kennst dich ja dort gut aus, du hast ja Gerichtsjahr dort verbracht.

Stefan Lassnig
Ja, ich finde, es war heute fast sehr kurz, weil wir uns alle auf einen längeren Tag eingestellt haben. Aber wichtig ist, dass der Wahrheitsfindung genüge getan wird, dass die Richterin und die Schöffen ein sauberes Urteil fällen können und ob es jetzt länger oder kürzer dauert. Wichtig finde ich, dass es ein ordentliches und gutes Verfahren ist und den Eindruck habe ich tatsächlich gewonnen. Also es war sehr sachlich, es war sehr konzentriert auf die zwei Anklagepunkte und insofern bin ich optimistisch, dass das morgen auch so weitergehen wird.

Michael Nikbakhsh
Lasse ich jetzt so vollkommen unwidersprochen stehen. Lieber Stefan, wir hören einander morgen wieder. Schauen wir mal, ob es dann schon eine Entscheidung gibt. Vielen Dank.

Stefan Lassnig
Ich sage danke für die Einladung.

Autor:in:

Michael Nikbakhsh

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