Stets Bereit
Ein russischer Angriff auf Spitzbergen
Solange NATO-intern nicht eindeutig geklärt ist, wie man im Ernstfall auf einen limitierten russischen Vorstoß in Spitzbergen (Svalbard) reagieren würde, bestehe ein entsprechendes Restrisiko, dass Putin genau dort die NATO “testen” könnte.
Grüß Gott und einen guten Tag, heute möchte ich der Frage nachgehen, wo denn Russland die NATO angreifen könnte.
Die arktische Inselgruppe Spitzbergen (norwegisch Svalbard) hat seit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 verstärkte Aufmerksamkeit als potenzieller Konfliktherd erhalten. Aufgrund ihres besonderen völkerrechtlichen Status – norwegische Souveränität, aber demilitarisierte Zone laut dem Pariser Spitzbergen-Vertrag von 1920 – wird Svalbard zunehmend in strategischen Überlegungen diskutiert. Im Folgenden möchte ich öffentlich bekannte militärische und strategische Überlegungen, Planspiele, Szenarien und Simulationen seit Beginn des Ukrainekriegs aus russischer und westlicher (Norwegen/NATO) Perspektive darstellen. Dabei werden offizielle Verlautbarungen, Militärmanöver, Think-Tank-Analysen und Medienberichte berücksichtigt.
Russland
Ich beginne mit der russischen Perspektive, mit russischen Interessen, Russlands Rhetorik und Drohungen. Spitzbergen, oder eben auf Norwegisch Svalbard, besitzt für Russland hohen strategischen Wert, vor allem um NATO-Aktivitäten im Hohen Norden zu kontrollieren. Laut dem norwegischen Nachrichtendienst Etterretningstjenesten [Etterretning-schjenesten] hat die aktuelle Konfrontation mit der NATO den „militärstrategischen Wert Svalbards“ in Moskau noch hervorgehoben.
Historisch war es Russland stets wichtig zu verhindern, dass die NATO Svalbard militärisch nutzt. Russlands Präsenz (insbesondere in der Bergbausiedlung Barentsburg) gilt den Russen als unverzichtbar; Moskau sucht seit dem Ukrainekrieg verstärkt Partner wie China oder andere BRICS-Staaten, um Forschungsprojekte auf Svalbard voranzutreiben und seine Stellung dort zu halten.
2024 kündigte die russische Bergbaugesellschaft Trust Arktikugol z.B. an, in der Geisterstadt Pyramiden ein internationales Forschungszentrum mit BRICS-Ländern aufzubauen. Dies wird von Russland offen als Gegengewicht zu Norwegens Forschungseinrichtungen gesehen.
Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat Russland Norwegen mehrfach beschuldigt, den Spitzbergen-Vertrag zu verletzen. Moskau wirft Oslo vor, Svalbard zu „militarisieren“ – eine Sichtweise, wonach beispielsweise dual-use-Infrastruktur (etwa die dort stationierten Satellitenstationen) angeblich militärisch genutzt werde. Im Dezember 2022 warnte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa, Norwegens „vorsätzliche Missachtung des internationalen Rechts“ würde Svalbard in den Ukraine-Konflikt hineinziehen.
Sie behauptete, Norwegen plane unter dem Vorwand hybrider Bedrohungen eine verstärkte militärische Präsenz auf dem Archipel, was „eine gefährliche Provokation“ und ein Verstoß gegen den Spitzbergen-Vertrag sei.
Solche „lauten Behauptungen über angeblich von Russland geplante hybride Angriffe“ auf Svalbard seien allerdings „haltlose Gerüchte“, so Sacharowa weiter.
Russland weist also alle Unterstellungen zurück, suggeriert aber gleichzeitig, dass Norwegen mit seinem Vorgehen die Konfliktgefahr erhöhe.
Bereits im Sommer 2022 hatte ein diplomatischer Eklat begonnen, als Norwegen EU-Sanktionen umsetzte und die Durchfuhr einiger Waren für die russische Siedlung Barentsburg blockierte. Am 29. Juni 2022 protestierte das russische Außenministerium offiziell und drohte Norwegen „Vergeltungsmaßnahmen“ an, falls die Versorgung nicht sichergestellt werde.
Hochrangige russische Parlamentarier zogen sogar Norwegens Souveränität über Svalbard in Zweifel: „Nach den Handlungen Norwegens steht die Souveränität dieses Landes über Spitzbergen ab sofort in großer Frage“, erklärte ein russischer Senator.
Die scharfe Rhetorik unterstreicht, dass Moskau im Ernstfall bereit sein könnte, den Status Svalbards grundsätzlich anzufechten. Ein russischer Kommentar im Eurasia Daily erklärte Mitte März 2025, Moskau sehe sich gar als „Verteidiger“ des Vertrags und habe „das Recht, Maßnahmen zu ergreifen, um dessen Bestimmungen zu schützen“ – eine kaum verklausulierte Drohung, notfalls auch militärisch einzugreifen.
Geopolitische Bewertung
Geopolitische Bewertung: Russlands Führung nutzt die arktische Inselgruppe Svalbard sowohl zur Konfrontation als auch als potentielles Verhandlungsinstrument. Der russische Sicherheitsrat, beschuldigte jüngst im März 2025 Norwegen und die NATO, im hohen Norden russische Interessen zu bedrohen, und verlangte „unverzügliches Handeln zur Selbstverteidigung“. Der Sicherheitsrat steht für eine harte Linie, die eine entschlossene militärische Gegenwehr gegen westliche „Provokationen auch an Orten wie Spitzbergen“ fordert. Parallel dazu schlug jedoch ein kremlnaher Analyst einen Ausgleich vor: Statt eine neue „kalte Front“ in der Arktis zu eröffnen, solle Moskau auf einen Deal mit den USA setzen, um die Arktis – einschließlich Svalbard – in Interessensphären aufzuteilen. Diese duale Strategie – Drohung einerseits, Gesprächsangebot andererseits – dient laut Beobachtern dazu, den Westen zu spalten und Russlands Einfluss zu erweitern. Moskau hält sich damit verschiedene Optionen offen, Svalbard entweder als Druckmittel oder im Ernstfall als ersten Angriffspunkt gegen die NATO einzusetzen.
Was das alles wohl mit Trumps Grönlandüberlegungen zu tun haben könnte, überlasse ich Ihrer Phantasie. Nein Scherz beiseite, das hängt natürlich alles zusammen!
Schauen wir uns Militärische Aktivitäten, Übungen und Planspiele an: Auf russischer Seite gab es seit Beginn des Ukrainekriegs verstärkte militärische Aktivitäten in der Arktis, teils demonstrativ in der Nähe Svalbards. Im Mai 2024 führte die russische Nordflotte ohne norwegische Beteiligung ein großes Such- und Rettungsmanöver „Barents-2024“ nahe der Fischereigrenze durch – ein Bruch mit früherer bilateraler Praxis, den Norwegen als Folge des Ukraine-Krieges wertete. Bereits 2022/23 häuften sich in Norwegens Hohem Norden Vorfälle wie GPS-Störsignale, unbekannte Drohnenflüge und Sabotageakte gegen Unterseekabel, die russischen Akteuren zugeschrieben wurden. So wurde im Januar 2022 eines der beiden Glasfaserkabel zu den Satellitenstationen auf Svalbard plötzlich gekappt; westliche Experten vermuten russische Sabotage als Test für hybride Kriegführung.
Symbolische Machtdemonstrationen
Symbolik und Provokationen: Russland setzt auf Spitzbergen auch symbolische Machtdemonstrationen: Am 9. Mai 2023 hielten die russischen Bewohner Barentsburgs (angeführt vom dortigen Generalkonsul) eine improvisierte Siegesparade zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg ab – etwas, das es so zuvor nicht gegeben hatte. 2022 hissten Mitarbeiter der russischen Bergbaugesellschaft demonstrativ sowjetische Flaggen in Pyramiden. Auch unerwartete Besuche russischer Offizieller sorgten für Unruhe, wenn z.B. sanktionierte Politiker ohne Genehmigung in Longyearbyen landen. Aus norwegischer Sicht testet Russland damit gezielt die Grenzen aus. Die Regierung in Oslo wertete solche Aktionen als Teil einer Strategie, den „NATO-freien Status“ Svalbards zu betonen und norwegische Behörden herauszufordern.
Planspiele und Szenarien aus russischer Sicht: Offiziell äußert Russland natürlich keine offenen Angriffspläne, das hat Russland ja auch vor dem Einmarsch in die Ukraine nicht gemacht. Doch westliche Analysen vermuten entsprechende Szenarien. Bereits in der Vergangenheit soll das russische Militär in Übungen den Handstreich gegen Svalbard durchgespielt haben. So „beinhalteten die Zapad-Manöver 2017 angeblich einen simulierten Luftangriff auf Spitzbergen“, um die Reaktionsfähigkeit Norwegens und der NATO auszutesten. Dabei hätten russische Spezialeinheiten im Planspiel den Flughafen Longyearbyen besetzt – ein Szenario von „grünen Männchen“ à la Krim, das NATO-Planer alarmierte. Moskau bestritt dies, doch allein die Möglichkeit eines solchen Überfalls wirft Fragen auf. Denkbar wäre aus russischer Sicht ein begrenzter Coup: Experten spekulieren, dass Russland im Ernstfall einen Überraschungsangriff auf Spitzbergen durchführen könnte, um Norwegen für angebliche Vertragsbrüche „zu bestrafen“. Dieses Szenario würde wie folgt aussehen: Rascher Handstreich durch Spezialkräfte, vorübergehende Besetzung wichtiger Objekte (Flughafen, Regierungsgebäude in Longyearbyen) und Einrichtung von Flugabwehr/Raketensystemen, um eine Anti-Access/Area-Denial-„Blase“ über der Insel zu errichten, also eine Zone, in der ein Gegner durch Raketen, Luftabwehr und Seeminen effektiv blockiert und abgehalten wird. Anschließend könnte Moskau den Rückzug anbieten – jedoch nur gegen umfassende Konzessionen Norwegens bei der Souveränität. Russland könnte allerdings auch auf Svalvbard bleiben und damit ein Gegengewicht zu Trumps Grönlandideen schaffen.
Russland könnte strategische Vorteile schaffen, ohne unbedingt einen offenen Krieg mit der ganzen NATO zu provozieren. Ziel aus Moskauer Sicht wäre es, die NATO zu spalten und ihre Verteidigungsgarantie infrage zu stellen. Russische Hardliner nehmen an, ein begrenzter Schlag gegen Svalbard sei weniger riskant als z.B. ein Angriff auf das stark geschützte Baltikum – weil die Insel entlegen, schwach verteidigt und juristisch „sonderbar“ (demilitarisiert) ist. Diese Kalkulation, so die Warnung westlicher Analysten, könnte Putin verleiten, die Einheit und Entschlossenheit der NATO in der Arktis auf die Probe zu stellen.
Schauen wir uns nun die westliche Perspektive (Norwegen/NATO) seit 2022
an: Norwegen betont gegenüber allen Forderungen unmissverständlich seine uneingeschränkte Souveränität über Svalbard, so wie es Dänemark für Grönland gegenüber den USA tun muss. Insbesondere wird klargestellt, dass keine andere Nation öffentliche Gewalt auf dem Archipel ausüben darf - eine direkte Ablehnung russischer Wünsche nach Mitverwaltung. Angesichts steigender geopolitischer Spannungen sieht Oslo die Notwendigkeit „kräftiger Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit“ auf Svalbard. So wurden Einreise- und Aufenthaltskontrollen eingeführt bzw. verschärft, um den Zustrom potenziell problematischer Akteure (z.B. unter dem Deckmantel von Touristen oder Arbeitern) im Auge zu behalten. Dies ist bemerkenswert, da der Spitzbergen-Vertrag visafreien Zugang für Bürger aller Unterzeichnerstaaten garantiert – Norwegen greift hier also zu Mitteln der Gefahrenabwehr im Rahmen seiner Polizeigewalt, ohne den Vertrag zu brechen.
Ruhige Wachsamkeit
Parallel dazu verfolgt Oslo eine Politik der “ruhigen Wachsamkeit”: Svalbard soll kein Militarisierungsgebiet werden, aber Norwegen nutzt seine begrenzten Mittel, um Präsenz zu zeigen. Die norwegischen Streitkräfte haben vertragskonform kein fest stationiertes Truppenkontingent auf Svalbard, doch regelmäßige Besuche finden statt. Beispielsweise läuft die norwegische Küstenwache ganzjährig Patrouillen in den Gewässern um Svalbard. Auch Marineeinheiten zeigen Flagge: Als die Fregatte KNM Thor Heyerdahl demonstrativ nach Longyearbyen einlief, führte das zu heftigen Protesten aus Moskau. Norwegen argumentiert, solche Fahrten und auch militärische Unterstützung in Notfällen seien von seiner Souveränität gedeckt und keine Verletzung des Vertrags.
Offizielle Stellen in Oslo weisen Russlands Anschuldigungen einer „Militarisierung Svalbards“ entschieden zurück. „Svalbard ist Teil Norwegens und Teil der NATO. Norwegen handelt selbstverständlich im Einklang mit dem Spitzbergen-Vertrag“, betonte ein Sprecher des Außenministeriums jüngst im März 2025. Zwar schränkt der Vertrag militärische Nutzungen ein, doch „die Inseln sind keine entmilitarisierte Zone“, wie Norwegen immer wieder betont. Das heißt: Norwegische (nicht ausländische) Sicherheitskräfte dürfen sehr wohl Präsenz zeigen, solange keine ständigen Stützpunkte errichtet werden. Norwegen interpretiert den Spitzbergen Vertrag aus 1920 so, dass ausländische militärische Aktivitäten verboten sind, nicht aber die eigenen Maßnahmen zum „Schutz von Souveränität und Umwelt“. Diese Auffassung ist seit jeher ein Streitpunkt mit Moskau. Norwegen hat 2022 die Versorgungskrise um die russische Siedlung Barentsburg gemeistert, ohne von seiner Sanktionslinie abzuweichen: Man fand pragmatische Lösungen (Umleitung russischer Fracht via Schiff statt über Landgrenzen), betonte aber zugleich öffentlich, dass man keine Blockadeabsicht habe und humanitäre Güter nicht verwehren würde. Damit entzog Oslo Moskau einen Vorwand für weitere Eskalation und wahrte zugleich das Prinzip, dass russische Forderungen nicht durch Drohungen erzwungen werden.
Die westlichen Nachrichtendienste haben Svalbard als möglichen Gefahrenpunkt auf dem Schirm. Norwegens Militärgeheimdienst (Etterretningstjenesten) warnte in seinem Jahresbericht Focus 2025, Russland habe Norwegen inzwischen als „sehr unfreundlichen Staat“ eingestuft und schaue in der Arktis verstärkt Richtung China und Indien für Kooperation. Die norwegischen Dienste registrieren auch vermehrte hybride Aktivitäten rund um Svalbard (z.B. Drohnen, Unterwassersabotage) und bereiten sich darauf vor, dass Russland die Schwelle für Sabotageaktionen weiter senken könnte.
NATO-Bündnisfall
Ein zentrales westliches Thema ist die Frage, ob ein Angriff auf Svalbard den NATO-Bündnisfall (Artikel 5) auslösen würde. Offiziell stellt sich Norwegen auf den Standpunkt, dass ja – Svalbard ist souveränes Gebiet Norwegens und damit jeder bewaffnete Angriff darauf ein Angriff auf die NATO. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (selbst Norweger) bekräftigte bereits 2017 und nochmals 2022 öffentlich, die Allianz würde „jeden Angriff auf Svalbard wie einen Angriff auf das gesamte Bündnis behandeln“. Diese Haltung soll Abschreckung erzeugen. Allerdings herrscht hinter den Kulissen eine gewisse Uneinigkeit unter den NATO-Staaten, da Svalbard aufgrund des Vertrags kein gewöhnliches NATO-Gebiet ist. Viele Allierte – darunter mutmaßlich die USA – haben sich nie eindeutig festgelegt, ob sie im Ernstfall automatisch militärisch beistehen würden. Diese strategische Ambiguität ist Russland bewusst und könnte ausgenutzt werden. Westliche Sicherheitsexperten sehen hier Svalbard als potenzielle “Achillesferse” der NATO: Würde Moskau einen begrenzten Coup durchführen, stünde die Allianz vor einem Dilemma. Ein Nichthandeln würde die Glaubwürdigkeit des Bündnisses zerstören; ein militärisches Gegenhandeln birgt aber das Risiko einer unkalkulierbaren Eskalation bis hin zum großen Krieg.
Dieser Problematik ist sich auch Norwegen bewusst; Oslo drängt daher intern darauf, dass NATO-Verteidigungspläne klar auch “irreguläre” Szenarien wie einen begrenzten Inselüberfall abdecken.
Im März/April 2022 fand in Norwegen die NATO-Großübung Cold Response 2022 mit 30.000 Soldaten statt. Dabei probten NATO-Truppen (darunter US Marines, britische und deutsche Einheiten) Kriegführung unter arktischen Bedingungen nördlich des Polarkreises. Offiziell richtete sich die Übung nicht gegen ein bestimmtes Szenario; inoffiziell galt sie aber als Signal an Moskau, dass die Allianz auch im hohen Norden einsatzbereit ist. Der “GIUK-Gap” (Grönland-Island-UK) und die Seewege zwischen Norwegen und Svalbard wurden während Cold Response mit einbezogen, um die Verstärkung aus dem Atlantik zu üben. Auch 2023 und 2024 hielten norwegische und alliierte Streitkräfte winterliche Übungen wie Joint Viking und Arctic Challenge in Nordnorwegen ab, die zwar Svalbard nicht berührten, aber die Reaktionsfähigkeit im Nordraum stärken sollten. Im September 2024 wurde z.B. im Rahmen der Stabsübung “Steadfast Foxtrot 2024” in Ulm durchgespielt, wie im Krisenfall Verstärkungskräfte in „verschiedene Gebiete des Bündnisgebiets“ verlegt werden können. Die Übung zielte ausdrücklich auf die Fähigkeit, entlegene NATO-Gebiete zu unterstützen – implizit auch Regionen wie Svalbard.
Analysen
Think-Tanks und Militärstrategen in NATO-Staaten haben in letzter Zeit vermehrt Szenarien um Svalbard diskutiert, um Politikempfehlungen abzuleiten. Eine vielbeachtete Analyse warnte 2024, Moskaus erster Schlag gegen die NATO könnte tatsächlich Svalbard gelten, „weil die Allianz sich uneins ist, ob Artikel 5 greift“. Der Jamestown Foundation-Experte Paul Goble schrieb im Mai 2024, die Kombination aus Svalbards Demilitarisierung und seiner Lage am Eingang der russischen Nordostpassage könne den Kreml zu dem Schluss führen, ein begrenztes Vorgehen dort sei „weniger riskant als anderswo“.
Solche hypothetischen Planspiele dienten dazu, Schwachstellen aufzuzeigen. Die Schlussfolgerung westlicher Experten: Die NATO muss präventiv Klarheit schaffen, dass sie Svalbard im Ernstfall verteidigen wird, um Russland gar nicht erst in Versuchung zu führen. Ebenso wurde empfohlen, Grauzonen-Angriffe (Sabotage, „grüne Männchen“) von vornherein als möglicherweise bündnisfallwürdig zu deklarieren, um dem Salami-Taktik-Ansatz den Boden zu entziehen. Die Marine der NATO-Staaten zeigt im Nordatlantik vermehrt Präsenz, z.B. durch U-Boot-Abwehr-Patrouillen, um russische U-Boot-Aktivitäten rund um die Barentssee im Auge zu behalten. Finnland und Schweden, seit 2023 Mitglieder der Allianz, bringen zusätzliches Know-how für die Arktis ein.
Insbesondere Finnland war zuvor schon mit norwegischen Stellen in der Aufklärung von GPS-Störaktionen in Lappland und Finnmark aktiv; solche hybriden Störungen (häufig auf russische Übungen zurückführbar) werden nun als gesamteuropäisches Problem gesehen. Auch die USA richten ihren Fokus neu aus: Im Dezember 2024 forderte ein Bericht des Center for European Policy Analysis eine arktische Abschreckungsstrategie der NATO “Arctic Deterrence”-, um kritische Punkte wie Svalbard, die Beringstraße und die GIUK-Lücke zusammenzudenken. Solange jedoch NATO-intern nicht eindeutig geklärt ist, wie man im Ernstfall auf einen limitierten Vorstoß in Svalbard reagieren würde, bestehe ein entsprechendes Restrisiko, dass Putin genau dort die NATO “testen” könnte.
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Autor:in:Herbert Bauer |