Stets bereit
Ein vernichtender Atomschlag - U-Boote sind bereit!
Innerhalb von nur wenigen Tagen eskalierte die Lage von einem politischen Ultimatum Trumps zu einer gegenseitigen Drohkulisse aus nuklearer Rhetorik Russlands und strategischen Verlegungen. Wie gefährlich ist das? Gar nicht!?
Atomwaffen sind wieder ein wichtiges Machtmittel, nicht nur zur Abschreckung, sondern auch, um Druck auszuüben und Einflusssphären abzustecken, also wohl eine neue Ära der Weltpolitik. Die Lage wird unberechenbarer, Abrüstungsabkommen verlieren an Bedeutung, und Europa, trotz seiner allerdings auch abnehmenden Wirtschaftskraft, droht, in dieser neuen Ordnung zum irrelevanten Beobachter zu werden. Denn heute geht es nicht um den tatsächlichen Einsatz, sondern um die Macht der Androhung: Wer Atomwaffen hat und bereit wirkt, sie notfalls einzusetzen, kann damit Politik erzwingen – ohne je einen Knopf zu drücken. Abschreckung soll nicht mehr nur Frieden sichern, sondern wird selbst zum Spielmittel der Macht – sichtbar, mobil und strategisch einkalkuliert.
Herbert Bauer
Grüß Gott und einen guten Tag, heute möchte ich der Frage nachgehen, was es denn bedeutet, wenn der amerikanische Präsident verkündet, dass er zwei Atom-Unterseeboote gegen Russland in Stellung bringt.
Nun, während ich diesen Podcast aufzeichne, wird auch über ein mögliches Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin berichtet. Das sicher unerreichbare Ziel könnte eine Verständigung über einen Waffenstillstand im Ukrainekrieg sein. Auch ein trilaterales Gespräch mit Selenskyj stand im Raum, wurde aber von Russland bereits abgelehnt, von den USA wieder zur Bedingung gemacht – nein doch nicht. Taktieren auf höchster Ebene, während das Sterben weiter geht.
Aber zurück zu den U-Booten. Ich möchte Sie, wie üblich, mit etwas mehr Hintergrundinformation versorgen und dazu lade ich Sie ein, verehrte Hörerinnen und Hörer, mich zur Einleitung dieses Podcasts unter Wasser in die Stahlröhre eines U-Boots der US-Marine zu begleiten.
Wir befinden uns getaucht im Nordatlantik, Tiefe 180 Meter. Unser strategisches Raketen-U-Boot der Ohio-Klasse durchquert in ruhiger Marschfahrt die Dunkelheit der Tiefsee, nicht schnell, aber stetig und so lautlos, wie es der Betrieb zulässt. Wie bei strategischen Patrouillen üblich, zieht das Boot neben der mehrere Hundert Meter langen Sonarschleppantenne auch ein gleichlanges, leicht auftriebsfähiges Antennenkabel hinter sich her. Letzteres steigt durch seinen Auftrieb schräg nach oben und liegt etwa 15 bis 20 Meter unter der Wasseroberfläche und kann Funkwellen extrem niedriger Frequenz empfangen, die von Bodenstationen der US Navy weltweit gesendet werden. Diese Signale enthalten kurze codierte Nachrichten und sind der einzige Weg, ein vollständig getauchtes U-Boot zu erreichen, ohne es zum Auftauchen zu bringen. Gerade meldet der Funkraum den Eingang einer codierten Nachricht. Die Nachricht unterliegt dem Protokoll für eine sogenannte Emergency Action Message – eine geheime, zentral gesteuerte Anweisung für nuklearstrategisch relevante Einheiten. Der Kommandant aktiviert gemeinsam mit dem Ersten Offizier das Zwei-Schlüssel-System. Beide entsiegeln gleichzeitig ihre Codekarten und vergleichen die verschlüsselte Nachricht mit der an Bord mitgeführten Einsatzmatrix. Der Befehl ist eindeutig: ein außerplanmäßiger Sektorwechsel wurde angeordnet. An Bord wird nicht spekuliert. Der Navigator berechnet die Route, der neue Kurs wird eingenommen alles nach festgelegten Abläufen, ruhig, exakt.
Kurz darauf meldet das passive Sonar einen Kontakt auf Peilung 45 Grad. Die Sonaranalyse deutet auf ein russisches Jagd-U-Boot der Projekt-971-Klasse hin, in der NATO auch bekannt als Akula-Klasse. Keine unmittelbare Bedrohung, aber ein klares Zeichen dafür, dass man nicht alleine unterwegs ist. Unser Boot reduziert seine Geschwindigkeit und geht in den Deep Silent-Modus über. Das ist ein Zustand maximaler Geräuschtarnung. Kein aktives Sonar. Kein Funk. Alle internen geräuschverursachenden Vorgänge, die vermeidbar sind, werden gedrosselt. Gespräche beschränken sich auf das absolut Notwendige. Die akustische Tarnung hat nun Vorrang. Leise nutzt unser Boot eine natürliche Gegebenheit des Ozeans: die Thermokline – eine Wasserschicht mit abruptem Temperaturwechsel, die auch Schallwellen bricht. Durch minimale Kurs- und Tiefenanpassung positioniert sich das U-Boot so, dass es von gegnerischem Sonar möglichst nicht erkannt wird. Die Waffensysteme bleiben unberührt, alles bleibt im passiven Modus. Lauschen statt Agieren, bis das russische Boot weiter zieht. 5 Tage später erreicht das Boot das neue Patrouillengebiet. Der planmäßige Funkcheck ergibt keine neuen Nachrichten, keine Änderung des Auftrags, nur Stille. Für die Besatzung bedeutet das: Position halten. Unsichtbar bleiben. Niemand an Bord weiß, wann die nächste Nachricht kommen wird. Vielleicht in Stunden. Vielleicht in Tagen. Aber alle wissen: Das Boot ist einsatzbereit. Einsatzbereit als Teil eines strategischen Netzwerks, das, im schlimmsten Fall, auf Abruf einen Atomschlag ausführen könnte.
Was ist diesem Manöver in der Tiefe des Ozeans vorausgegangen?
Am 24. Juli 2025 setzte Russland ein starkes strategisches Signal: Die K-555 Knyaz Pozharsky, ein modernes nukleares Raketen-U-Boot der Borei-A-Klasse, wurde offiziell in Dienst gestellt. Es ist mit 16 Interkontinentalraketen ausgestattet und wurde der Nordflotte zugewiesen. Präsident Wladimir Putin war bei der Zeremonie persönlich anwesend. Die Indienststellung war schon lange geplant, fiel aber nun zeitlich in eine Phase wachsender Anspannung zwischen Moskau und Washington.
Am 29. Juli 2025 kündigte US-Präsident Donald Trump in einer live übertragenen Ansprache erstmals ein Ultimatum an Russland an. Russland solle binnen 50 Tagen einen vollständigen Rückzug aus mehreren besetzten ukrainischen Grenzregionen erklären oder mit massiven wirtschaftlichen Konsequenzen, auch für seine Handelspartner rechnen. Trump drohte offen mit neuen Sanktionen, mit Strafzöllen auf Energieträger und sprach sogar von einem möglichen Ausschluss Russlands aus internationalen Zahlungssystemen.
Am 31. Juli 2025, also zwei Tage nach diesem Trump Ultimatum, meldete sich der frühere russische Präsident und heutige Sicherheitsratsvize Dmitri Medwedew zu Wort. In einem öffentlich verbreiteten Kommentar bezeichnete er Trumps Frist als "dreiste Provokation" und warnte vor einer militärischen Konfrontation, sollte Washington an solchen Ultimatumsforderungen festhalten. Er schrieb: „Der Westen glaubt, Russland durch ökonomische oder politische Erpressung zu zwingen. Doch wer solche Spiele spielt, muss mit einer Antwort rechnen, die nicht konventionell sein wird.“
Dabei verwies Medwedew indirekt auf das berüchtigte „Perimetr“-System, im Westen als „Dead Hand“ bekannt – ein automatisiertes aus der Sowjetzeit stammendes Vergeltungssystem, das bei Ausfall der Führungsebene ohne menschliches Zutun einen massiven atomaren Gegenschlag auslösen kann. Auch wenn Medwedew das System nicht namentlich nannte, war die Drohung unmissverständlich: Russland signalisiert Bereitschaft zur nuklearen Eskalation, wenn es sich existenziell bedroht sieht.
Am 1. August 2025, nur einen Tag nach Medwedews Aussagen, reagierte wiederum Präsident Trump öffentlich. In einer schriftlichen Mitteilung ließ er erklären, dass er die Verlegung von zwei strategischen US-Atom-U-Booten in „geeignete Regionen“ angeordnet habe. Namen und genaue Positionen wurden nicht genannt, doch Verteidigungskreise sprachen von einem „signalgebenden Manöver“. Trump begründete die Maßnahme mit Medwedews „hochgradig provokativer Rhetorik“ und dem Verhalten Moskaus in der Ukraine-Frage. Gleichzeitig verkürzte er das ursprünglich 50-tägige Ultimatum auf nur noch zehn Tage. Der Ton war deutlich: Wenn Moskau glaubte, Zeit gewinnen zu können, habe es sich getäuscht.
Wiederum nur wenige Tage später, am 3. August 2025, meldete sich der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) zu Wort. In einer offiziellen Mitteilung teilte der Dienst mit, man habe Zugriff auf die Systeme des frisch in Dienst gestellten russischen U-Boots erhalten. Es sei gelungen, Crewlisten, interne Bordprotokolle, technische Pläne und sogar Dokumente zu Einsatzszenarien abzugreifen. Eine unabhängige Bestätigung gibt es nicht, Moskau hat sich nicht dazu geäußert.
Die Reihenfolge der Eskalation war eindeutig: Zuerst Trumps Ultimatum zwecks Kriegsbeendigung, dann Medwedews nukleare Drohung, dann Trumps militärischer Schritt. Trump reagierte militärisch mit einem Mittel, das ihm direkt zur Verfügung stand, nämlich der Verlegung nuklearer Trägersysteme auf See. Öffentlich bestätigt wurden zwei Boote, wahrscheinlich aus der Ohio-Klasse – große strategische U-Boote mit je bis zu 20 ballistischen Interkontinentalraketen, jede davon auch mit mehrfachen Gefechtsköpfen bestückt. Also ein Bootstyp, den wir am Anfang des Podcasty begleitet haben. Die Ohio-Klasse gilt als das Rückgrat der US-amerikanischen nuklearen Zweitschlagsfähigkeit. Dass Trump sie verlegen ließ und dies öffentlich machte, ist ein deutliches Signal. Ein bewusst gesetzter Schritt in Richtung „sichtbarer Abschreckung“, allerdings auch deutlich ohne direkte Konfrontation.
Ich möchte Ihnen kurz sagen, wie ich das beurteile. Trump stellt Russland ein Ultimatum, dass keinerlei militärische Androhung beinhaltet, sondern nur, wie inzwischen üblich, wirtschaftliche Sanktionen ankündigt. Die Antwort kommt nicht von Putin, sondern aus der zweiten Reihe von seinem Polterer Medwedew, der auf einmal eine militärische Komponente einbringt. Trump reagiert, obwohl der russische Akteuer gar nicht seine Ebene ist und zwar mit einem eindeutig militärischen Schritt, der Verlegung der U-Boote, der jedoch keine existenzielle Bedrohung Russlands darstellt, allerdings erstmals klar macht, dass es auf das ständige Drohen Russlands mit der nuklear Keule auch Antwortmöglichkeiten gibt. Nun, es ist aber wohl davon auszugehen, dass es mit höchster Wahrscheinlichkeit zu keinem nuklearen Schlagabtausch kommt und wir einfach nur Zeugen eines modernen Kettenrasselns sind.
Um die strategische Bedeutung all dieser Entwicklungen wirklich zu verstehen, muss man auch einen Blick auf die offiziellen Nuklear-Doktrinen der beiden Hauptakteure werfen – der Vereinigten Staaten von Amerika und der Russischen Föderation. Denn was politisch oder medial wie eine Eskalation wirkt, folgt in der Praxis oft klar definierten Prinzipien, die tief in den militärischen Grundlagen beider Länder verankert sind.
Beginnen wir mit den USA. Die amerikanische Nukleardoktrin verfolgt nach wie vor eine Politik der Abschreckung: Atomwaffen sollen einen Angriff verhindern, nicht provozieren. Die USA behalten sich das Recht vor, Atomwaffen in „extremen Umständen“ einzusetzen, was nicht nur auf einen nuklearen Angriff beschränkt ist, sondern auch auf biologische oder chemische Angriffe und sogar auf massive konventionelle Bedrohungen ausgeweitet werden kann. Ein bedingungsloser Verzicht auf nuklearen Ersteinsatz, also eine sogenannte „No First Use“-Politik, wurde erneut abgelehnt, womit die Wirkung der Abschreckung unterstrichen ist. Auf operativer Ebene setzen die USA auf die sogenannte Triade: Interkontinentalraketen in Silos (ICBMs), strategische Bomber (zB B-2) und U-Boote mit ballistischen Raketen (SLBM). Letztere, wie jenes Ohio-Klasse-Boot in unserer Geschichte, gelten als die verlässlichste Komponente, da sie verborgen operieren und nur schwer zu orten sind. Gerade diese Verfügbarkeit im Verborgenen soll dem Gegner signalisieren: Jeder Erstschlag wird beantwortet, selbst wenn die Führungsebene an Land getroffen würde. Der Einsatz, den Trump angeordnet hat, soll also sagen, wir sind bereit, hört auf zu drohen, eure Drohungen gehen ins Leere.
Russland wiederum verfolgt ebenfalls eine Politik der Abschreckung, formuliert sie jedoch aggressiver. In offiziellen russischen Dokumenten heißt es, dass ein Atomwaffeneinsatz möglich sei, sobald die Existenz des Staates bedroht ist. Dazu zählen nicht nur Atomangriffe, sondern auch „konventionelle Angriffe, die das Überleben der Nation gefährden“. Russland betont das Recht auf nuklearen Ersteinsatz ausdrücklich und verweist in diesem Zusammenhang auf Szenarien, in denen gegnerische Kräfte russische Kommandozentralen, Frühwarnsysteme oder Führungspersonal ausschalten könnten – also etwa durch sogenannte Enthauptungsschläge.
Ein besonders brisantes Element ist Russlands Konzept „Eskalieren, um zu deeskalieren“. Dieses sieht vor, in einem konventionellen Konflikt sehr früh – zwar eher begrenzt, aber immerhin – Atomwaffen einzusetzen, um einen Gegner zur Umkehr zu zwingen. Westliche Analysten halten das für riskant, weil jede Eskalation außer Kontrolle geraten kann, vor allem, wenn Kommunikationswege gestört oder Fehldeutungen im Spiel sind.
Beide Seiten, so unterschiedlich ihre Formulierungen auch sind, verfolgen aber letztlich dasselbe Ziel: Glaubwürdigkeit durch Reaktionsfähigkeit. Und genau deshalb sind Operationen mit strategischen U-Booten, wie wir sie derzeit beobachten, nicht bloß Machtspiele – sie sind Teil eines hochkomplexen Systems gegenseitiger Abschreckung, das auf Kommunikation, Signalwirkung und technologische Redundanz setzt. Ob das im Ernstfall genügt, ist die Frage, die niemand zuverlässig beantworten kann und die trotzdem in jedem dieser stillen Einsätze unter Wasser mitschwingt.
Wir hören immer den Begriff Abschreckung, aber wie funktioniert Abschreckung konkret? Abschreckung ist kein Muskelspiel, sondern ein Bauen auf Vernunft. Ihr Ziel ist es nicht, den Gegner zu besiegen, sondern ihn von vorneherein vom Angriff durch die glaubhafte Androhung verheerender Konsequenzen abzuhalten. Entscheidend ist dabei nicht, wie viele Waffen ein Land hat, sondern ob der potenzielle Gegner glaubt, dass diese Waffen im Ernstfall auch eingesetzt würden. Hier sei auch einmal darauf hingewiesen, wie genau daher ein Gegner ihm dienliche pazifistische Strömungen im Westen beobachtet und sogar geheimdienstlich unterstützt, weil durch den innenpolitischen Druck auf eine Regierung, deren Glaubwürdigkeit einen Einsatz zu wagen oder zu unterstützen erschüttert wird; etwas, was so viel Friedensbewegte entweder nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen und damit aber zu einer Gefahr für den Frieden werden, den sie erhalten wollen.
Im Zentrum des Prinzips der Abschreckung steht die sogenannte Zweitschlagsfähigkeit. Das bedeutet: Ein Staat hat sichergestellt, dass er auch nach einem überraschenden Erstschlag des Gegners noch in der Lage ist, einen massiven Gegenschlag zu führen. Nur dann kann ein Angreifer davon abgehalten werden, einen ersten Schritt zu wagen. Strategische U-Boote sind dafür ideal: Sie sind schwer zu orten, ständig in Bewegung und können unabhängig von Kommandozentralen operieren. Doch Abschreckung ist mehr als nur Technik. Sie ist auch Psychologie. Dabei geht es um Glaubwürdigkeit. Ein Präsident, der zwar Waffen hat, aber zögert, sie auch nur als Option zu benennen, schwächt das Abschreckungsgefüge. Umgekehrt gilt: Wer zu aggressiv auftritt, riskiert eine Eskalation, die u.U. niemand mehr stoppen kann. Deshalb balancieren Nuklearmächte zwischen zwei Polen: Sie zeigen Entschlossenheit – aber auch Kontrolle.
In der Praxis geschieht das durch sogenannte Signale: Die Verlegung von U-Booten, die Teilnahme an Militärübungen, diplomatische Warnungen, Manöver, Raketenabschußtests, öffentlich gewordene Patrouillenflüge mit Bombern, all das sind bewusst gesetzte Hinweise, um dem Gegner klarzumachen: Wir sind wachsam, wir sind handlungsbereit, aber wir suchen keinen Krieg. Kritisch wird es, wenn Kommunikation abbricht oder Signale falsch verstanden werden. Ein als Routineübung geplantes Manöver, wie zB das bevorstehende Manöver SAPAD 2025 in Weissrussland, könnte in Zeiten angespannter Beziehungen als Vorbereitung eines Angriffs gedeutet werden. Hier greifen dann die Konzepte der Krisenkommunikation, etwa über sogenannte Deconfliction Lines – direkte Verbindungskanäle zwischen den Kommandostrukturen großer Mächte. Sie existieren, um Missverständnisse zu vermeiden, vor allem in heiklen Phasen wie dieser.
Abschreckung funktioniert also nur dann, wenn beide Seiten ihre roten Linien kennen – und respektieren. Wenn aber eine Seite glaubt, die andere sei zu schwach, um zu reagieren, oder zu irrational, um sich zurückzuhalten, dann beginnt das System zu wackeln. Die Kunst liegt darin, die richtige Dosis an Entschlossenheit und Berechenbarkeit zu zeigen – auch unter Druck. Genau deshalb ist das Auftauchen zweier amerikanischer U-Boote nicht bloß eine Machtdemonstration – sondern ein gezieltes Statement im Spiel nuklearer Abschreckung.
Welche Rolle spielen da Dritte, wie NATO, Europa oder China? Während USA und Russland im Moment die Hauptakteure sind, schauen andere Mächte genau hin. Die NATO- Staaten müssen sich fragen, ob sie der US-Nuklearschirm im Falle eines partiellen Angriffs Russland wohl schützen wird. Frankreich hat als einzige EU-Atomstreitmacht eine eigenständige Abschreckungsoption und könnte für Europa initiativ werden, wenngleich das immer im Antimilitarismus vieler Utopisten stecken bleibt. Europa begnügt sich also mangels Visionen und Geschlossenheit in dieser Krise mit der Rolle des Beobachters und ist weit weg davon, ein Akteur zu sein. Das zeigt sich auch darin, dass nicht einmal daran gedacht ist, Europa an möglichen Gesprächen Russland, USA, Ukraine zu beteiligen. China wiederum hält sich offiziell neutral, beobachtet jedoch genau, wie glaubwürdig westliche Abschreckung funktioniert, natürlich auch mit Blick auf Taiwan.
Ist nun ein Atomkrieg wahrscheinlich? Ein Atomkrieg ist extrem unwahrscheinlich – aber nie ausgeschlossen. Technik kann versagen, Menschen können falsch reagieren. Die größte Gefahr liegt also nicht in der Absicht, sondern im Irrtum.
Lassen Sie mich nun einmal ein geopolitisches Fazit versuchen, in diesem Fall zur aktuellen Nuklearsituation: Atomwaffen sind wieder ein wichtiges Machtmittel, nicht nur zur Abschreckung, sondern auch, um Druck auszuüben und Einflusssphären abzustecken. Wohl eine neue Ära der Weltpolitik. Die Lage wird unberechenbarer, Abrüstungsabkommen verlieren an Bedeutung, und Europa, trotz seiner, allerdings inzwischen auch abnehmenden Wirtschaftskraft, droht, in dieser neuen Ordnung zum irrelevanten Beobachter zu werden. Denn es geht nicht um den tatsächlichen Einsatz, sondern um die Macht der Androhung: Wer Atomwaffen hat und bereit wirkt, sie notfalls auch einzusetzen, kann damit Politik erzwingen – ohne je einen Knopf zu drücken.
Abschreckung soll nicht mehr nur Frieden sichern, sondern wird selbst zum Spielmittel der Macht – sichtbar, mobil und strategisch einkalkuliert.
Autor:in:Herbert Bauer |