Ist das wichtig?
Von der Leyen vs. Musk

Die EU-Kommission unter Ursula Von der Leyen hat Strafen von 120 Millionen Euro gegen X verhängt, ein Unternehmen des reichsten Manns der Welt, Elon Musk. Die Kommission wirft X, besser bekannt als Twitter, vor, Konsumenten getäuscht und Vorschriften über Werbetransparenz sowie Datenzugang für Forscher verletzt zu haben. Die entsprechend Vorschriften hatten die Regierungen aller EU-Staaten einstimmig beschlossen.

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Transkript

Hi, grüß euch, herzlich willkommen bei „Ist das wichtig?" vom 9. Dezember. Wir haben ein wahnsinnig spannendes, ja vielleicht sogar historisches Wochenende hinter uns, historisch für die Beziehungen zwischen Europa und den USA, den Vereinigten Staaten von Amerika. Und ein Teil der Ereignisse dieses wilden Wochenendes war, dass die EU-Kommission, unsere Regierung in Brüssel, Elon Musks Firma X, also dem früheren Twitter, eine Millionen-Euro-Strafe aufgebrummt hat. Worum es bei dieser Strafe geht, warum das mit der Meinungsfreiheit eigentlich nichts zu tun hat, die Musk da jetzt beschnitten sieht, und wer eigentlich für die Gesetze gestimmt hat, die da jetzt zur Anwendung gekommen sind bei dieser Strafe, das werden wir in den nächsten paar Minuten in unseren klassischen sieben Fragen – Was ist passiert, Wer sind die alle und so weiter – erklären. Mein Name ist Georg Renner, ich bin seit 18 Jahren innenpolitischer Journalist und das hier ist „Ist das wichtig? Politik für Einsteiger", ein Podcast, in dem wir aktuelle politische Ereignisse so erklären, dass man sie auch nebenbei gut verstehen kann.

Also Georg, was ist passiert?

Die EU-Kommission hat am Freitag, dem 5. Dezember, zum ersten Mal eine Strafe auf Basis des Digital Services Act verhängt, also des Gesetzes über digitale Dienste, und zwar die Strafe gegen X, die Plattform von Multimilliardär, dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk. 120 Millionen Euro soll X zahlen, und zwar wegen konkret drei Verstößen.

Der erste: Diese blauen Verifizierungshäkchen, die man dort mittlerweile kaufen kann. Früher gab es die für Leute, die irgendwie überprüft worden sind und deren Identität von X überprüft worden ist. Mittlerweile kann man sie eben kaufen. Die, sagt die EU, sind irreführend. Als die Plattform früher noch Twitter hieß, da haben diese Häkchen nur Personen des öffentlichen Lebens bekommen, also irgendwelche Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und deren Identifizierbarkeit wichtig ist, damit sich niemand als Politiker, als Bundeskanzler, als einflussreicher Journalist oder so was ausgeben kann. Spoiler: Ja, ich habe damals auch so ein blaues Häkchen gehabt. Aber nachdem Elon Musk die Plattform übernommen hatte, der Milliardär, kann sich jeder dieses Häkchen kaufen für ein paar Euro im Monat. Die EU argumentiert jetzt, Nutzerinnen und Nutzer könnten glauben, ein Konto mit Häkchen sei überprüft und echt, aber das stimmt eben nicht mehr, weil eben jeder dieses Häkchen kaufen kann. Und da wird in der Regel nicht mehr geprüft, ob der wirklich mit der Identität übereinstimmt, die er da angibt. Das kritisiert die EU-Kommission und setzt dafür 45 Millionen Euro Strafe an.

Zweiter Verstoß: X würde kein ordentliches Werbearchiv führen. Nach diesem Digital Services Act, dem Gesetz über digitale Dienste der EU, müssen große Plattformen aber dokumentieren, wer welche Werbung schaltet und warum. Das ist dafür wichtig, dass Forscher und wir als Öffentlichkeit nachvollziehen können, ob zum Beispiel Desinformationskampagnen laufen oder irgendwo versteckte politische Werbung geschaltet wird. Und bei X funktioniert diese Zusammenarbeit, dieser Zugang von Forschern zu einem solchen Archiv nicht gut genug, sagt die Kommission. 35 Millionen Euro Strafe.

Und drittens: X verwehrt Forscherinnen und Forschern systematisch den Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten auf der Plattform. Und das ist aus Sicht der EU und aus Sicht dieses Digital Services Act – schwer auszusprechen – ein Problem, weil Forscherinnen und Forscher eben nachprüfen können sollen, ob es Hassrede und Desinformation auf Plattformen gibt. Und dafür brauchen die einen bestimmten API-Zugang, damit sie alle öffentlich zugänglichen Daten abgreifen können und testen können: Okay, wie viele Äußerungen zu, Hausnummer, jetzt dem Ukraine-Konflikt hat es in welchem Zeitraum gegeben et cetera. Und ohne einen Datenzugang, einen sogenannten API, können die das nicht machen. Und dafür, weil X diesen Datenzugang nicht zur Verfügung stellt, gibt es noch einmal 40 Millionen Euro Strafe.

Macht in Summe für diese drei Punkte – blaues Häkchen, Werbearchiv und Datenzugang für Forscher – 120 Millionen Euro Strafe. Das ist die Neuerung. Das ist am 5. Dezember verkündet worden, dass X das zahlen muss.

Und wer sind die alle?

Die wichtigste Instanz hier auf der einen Seite ist die EU-Kommission. Das ist so was wie die Regierung der Europäischen Union, die Kommissarinnen und Kommissare und die Kommissionspräsidentin, die einerseits EU-Gesetze umsetzen sollen – also das, worauf sich die Staaten und das EU-Parlament geeinigt haben – umsetzen und die andererseits als Einzige neue EU-Gesetze, neue EU-Regeln vorschlagen können.

Ein Schritt weiter zurück: Die EU ist die Europäische Union, der 27 kleine und mittelgroße Staaten in Europa angehören, von Deutschland abwärts bis hinunter zum kleinen Malta und Luxemburg, dazwischen natürlich auch Österreich. Diese 27 Staaten einigen sich in einem relativ komplizierten politischen Prozess immer wieder auf neue Regeln, die eben für ganz Europa gelten sollen und vor allem auch für Unternehmen gelten sollen, die hier im europäischen Markt Geschäfte mit Europäerinnen und Europäern machen wollen. Ziel ist es eben, großen multinationalen Konzernen wie den Social-Media-Riesen Google, Twitter, Facebook, Meta und wie sie alle heißen, die geballte wirtschaftliche Macht von mehr als 400 Millionen EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern entgegenzusetzen. Die Idee ist: Okay, ihr könnt gerne mit uns Geschäfte machen, aber eben nach den Regeln, die wir hier in Europa beschließen.

Kommissionspräsidentin, also die Chefin dieser EU-Regierung, der EU-Kommission, ist die Deutsche Ursula von der Leyen, nach der die derzeitige Kommission auch benannt ist: Kommission von der Leyen II. Sie kommt aus der CDU, einer konservativen Partei. Aber die EU-Kommission ist breit besetzt. Da entsendet jedes Land, jeder EU-Mitgliedsstaat, einen Kommissar in dieses 27-köpfige Gremium, der da mit abstimmt. Derzeit ist es für Österreich Magnus Brunner aus der ÖVP, der für Migration zuständig ist. Aber die EU-Kommission trifft solche Entscheidungen, wie zum Beispiel diese Strafe für X, für Twitter, als Kollegialorgan, beschließt sie also gemeinsam im Kommissarsgremium.

Auf der anderen Seite steht Elon Musk und sein Unternehmen X. Der US-Milliardär gilt als reichster Mensch der Welt, hat Twitter im Oktober 2022 gekauft und in X umbenannt. Er ist bekannt dafür, dass er auf seiner eigenen Plattform sehr, sehr, sagen wir mal, direkt kommuniziert. Seine Reaktion auf die Strafe: Er hat „Bullshit" unter einen EU-Post geschrieben und gefordert – gleich die großen Kanonen ausgepackt –, dass die EU abgeschafft werden soll. Er hat wörtlich geschrieben, die EU sollte abgeschafft und die Souveränität an die einzelnen Länder zurückgegeben werden.

Das ist bis zu einem gewissen Grad auch US-Linie, also Linie der US-Regierung, die am Wochenende ebenfalls was sehr, sehr Spannendes gemacht hat, nämlich ihre neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht hat. Und da ist auch die Rede davon, dass die Europäische Union nicht gut genug funktioniere, um Wohlstand und Sicherheit in Europa zu gewährleisten, und dass die USA, die Vereinigten Staaten, lieber mit den einzelnen Staaten kooperieren würden.

Elon Musk und die Regierung von US-Präsident Donald Trump stehen einander sehr, sehr nahe. Eine Zeit lang hat Musk ja sogar eine Art ministerähnliche Position im Umfeld dieser Regierung innegehabt, hat dort eher mäßig erfolgreiche Entbürokratisierungsideen vorbringen dürfen. Das hat nicht so gut funktioniert und ihre Wege haben sich vor einigen Monaten dann wieder getrennt. Und Musk konzentriert sich jetzt auf die Führung seiner anderen Unternehmen wie eben X, Tesla oder SpaceX.

Und warum diskutieren die darüber?

Im Kern geht es um die große Frage: Wie können Staaten von großen Konzernen betriebene Internetplattformen regulieren und sollen sie das tun? Das ist ja nicht unumstritten. Aber wir in Österreich und wir in Europa haben tendenziell für alle Unternehmen, die irgendeine Form von Öffentlichkeit herstellen, relativ strenge Regeln. Jede Zeitung braucht ein langes Impressum, wo man genau ausmachen kann, wer steckt dahinter hinter diesem Medium, wer publiziert da was. Und der Versuch ist jetzt eben seitens der EU mit diesem 2022 beschlossenen Digital Services Act, DSA, ähnliche Regeln im Internet durchzusetzen.

Weil wir wissen alle, dass Social Media einen wahnsinnigen Einfluss auf uns alle haben. Wir verbringen sehr, sehr viel Zeit damit. Es ist eine der wichtigsten Kommunikationsformen unserer Zeit, auf Insta zu posten, sich auf X politisch mit anderen zu unterhalten, auf Facebook zu diskutieren und so weiter. Und damit auf diesen Plattformen gewisse Regeln gelten, hat die EU eben diesen DSA beschlossen, dessen strengste Regeln – zum Beispiel jene, nach denen X jetzt mal zu der Strafe verdonnert worden ist – die zählen erst für Plattformen, die mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer innerhalb der EU haben. Und das sind eh nur, unter Anführungszeichen, etwa zwei Dutzend Plattformen, darunter eben die genannten großen Plattformen wie X.

Und die EU sagt eben – die EU, also wir und die Kommission und alle meinen –, wir haben diesen DSA beschlossen, das Gesetz über digitale Dienste, um die Menschen in Europa zu schützen vor Betrug, vor Desinformation, vor illegalen Inhalten. Diese Regeln gelten eben für alle Plattformen, die in Europa tätig sind, nicht nur für solche aus den USA, sondern auch für solche aus China oder theoretisch auch für solche, die aus Europa selbst kommen.

Auf der anderen Seite sagt vor allem die amerikanische Seite, aber auch viele Kritiker innerhalb Europas: Das ist völlige Überregulierung, ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Die EU will bestimmen, was wir im Internet sehen und sagen dürfen und wer diese Informationen transportieren darf.

Da muss man aber ausdifferenzieren. Natürlich, wie jeder, der zu einer Strafe verurteilt wird, sagt Musk jetzt: Naja, das ist ein Angriff auf meine Menschenrechte, auf meine Meinungsfreiheit. Das ist völlig ungerechtfertigt, was die EU da macht. Aber bei dieser Strafe geht es halt überhaupt nicht um Meinungsfreiheit. Es geht um eigentlich sehr, sehr technische Transparenzpflichten: Dieses Werbearchiv, das Digitale, ob man so einen blauen Haken, diese Verifizierung, kaufen können darf und erweckt das beim Konsumenten, also bei uns als Kunden, den Eindruck, dass da automatisch jemand Echter dahinter steht, eine echte Person, wenn die so einen blauen Haken hat. Und es geht um diesen Zugang für Forscherinnen und Forscher. Das sind alles keine Fragen, wo irgendwer jetzt mal zensiert würde oder nicht.

Und man kann über all diese Regeln durchaus diskutieren, finde ich. Aber man muss halt auch sagen: Europa ist ein Markt von 400 Millionen Menschen, ein größerer Markt, als die USA alleine sind. Und wer hier auf diesem Markt Produkte anbieten will, wie zum Beispiel eine Social-Media-Plattform, einen Zugang zu einer Social-Media-Plattform, der muss sich halt auch an gewisse Regeln halten, auch wenn man die Regeln nicht für gut hält.

Ich zum Beispiel kann mit dieser Blauhaken-Sache persönlich sehr, sehr wenig anfangen. Ich habe mich da eigentlich nie wirklich getäuscht gefühlt, als doch selber auch Twitter-Nutzer. Und das ist natürlich eine Diskussion, die man führen kann. Aber auf der anderen Seite: Jeder Unternehmer muss halt die Bedingungen einhalten, die der Staat, in dem man operieren will, vorgibt, die Gesetze einhalten des Staates, in dem man Geschäfte machen will. Das ist genauso, wenn europäische Unternehmen in die USA etwas exportieren, dann müssen sich die natürlich auch an die US-Produktregeln halten.

Und das ist letzten Endes eine Grundfrage. In Europa haben sich die Regierungen gemeinsam entschlossen, alle 27 Staaten haben einstimmig diesen Digital Services Act beschlossen. Gleichzeitig ist er auch durch das EU-Parlament gegangen, also durch unsere direkt von uns gewählten Abgeordneten zum Europaparlament, auch da mit einer großen Mehrheit – aus Österreich und insgesamt einer großen Mehrheit. Und diese beiden Gremien, der EU-Rat der Ministerinnen und Minister – da sitzen alle Regierungen Europas drin – und das EU-Parlament, wo unsere direkt gewählten Abgeordneten drin sitzen, die haben alle diese DSA-Regeln gemeinsam beschlossen. Das ist nicht irgendwas, was der EU-Kommission oder irgendwelchen „unelected bureaucrats", wie es die Amerikaner gerne sagen, also irgendwelchen ungewählten Bürokraten eingefallen ist, sondern das ist beschlossen worden von den demokratisch gewählten Abgeordneten im EU-Parlament und den ebenfalls nach repräsentativ-demokratischen Grundsätzen zusammengesetzten Regierungen der einzelnen EU-Staaten. Und die alle gemeinsam haben diesen DSA vorgegeben, und sich da nicht dran zu halten – das ist natürlich nicht möglich. Es ist klar, dass die EU, wenn sie ihre eigenen Regeln ernst meint, die auch mit Strafen durchsetzen muss.

Okay, und wie betrifft das uns?

Naja, zunächst einmal kaum. Das Ganze muss man einerseits im Rahmen dieser großen geopolitischen Auseinandersetzung zwischen einer zunehmend allein agierenden und zunehmend auf Stärke und nicht regelbasierter Auseinandersetzung agierenden US-Regierung und einem eher konsensorientierten Europa sehen. Auf der anderen Seite geht es dann natürlich tatsächlich um unsere Rechte als Nutzerinnen und Nutzer, Bürgerinnen und Bürger Europas, die mit X Geschäfte machen.

Jedes Medium, jede große Social-Media-Plattform, die in Europa aktiv ist, sollte eigentlich diese Regeln einhalten, zum Beispiel Werbeanzeigen transparent nachvollziehbar machen. Das verhindert im Idealfall ausländischen Einfluss, weil irgendwelche dritten Akteure aus anderen Staaten, die unseren Staaten nichts Gutes wollen, Österreichs Nutzer oder Europas Nutzerinnen und Nutzer mit feindseligen Werbungen überschwemmen könnten. Genauso der Zugang von Forscherinnen und Forschern zu den öffentlich zugänglichen Nutzerdaten. Da geht es jetzt nicht um irgendwelche geheimen Daten, sondern da geht es um öffentlich sichtbare Archive und öffentlich sichtbare Daten, die eben gesammelt, abgefragt und ausgewertet werden können müssen – ein wichtiger Beitrag zur Transparenz bei solchen Plattformen, die halt viele, viele Millionen Userinnen und User haben in Europa.

Und all das hat natürlich einen Einfluss darauf, wie resilient, also wie widerstandsfähig unsere Demokratie gegen Einflüsse von außen ist. Weil man kann lang drumherum reden, aber es ist halt so: Millionen von Europäerinnen und Europäern nutzen die Angebote dieser Plattformen sehr gerne. Und das bringt diesen Plattformen ja auch extrem viel Geld, weil sie Werbung verkaufen können, eben diesen Europäerinnen und Europäern, die sich auf ihren Plattformen herumtreiben. Und wenn sie dieses Geschäft nicht machen wollen, steht es ihnen natürlich frei, einfach zu sagen: Okay, mit Europäern mache ich keine Geschäfte, weil eure Auflagen sind mir zu streng. Nur das macht X ja nicht, sondern sagt: Naja, das Geld würde ich schon gern verdienen, aber ich halte mich halt nicht an die Regeln.

Und letzten Endes ist das eine Frage: Okay, wie gut sind unsere Rechte und vor allem die Rechte, die wir als europäische Staaten beschlossen haben im EU-Verband, wie gut sind die gegenüber großen multinationalen Konzernen durchsetzbar? Und das ist die Kernfrage dieser ganzen Angelegenheit.

Und ist das schon fix?

Fix ist einmal, dass die EU-Kommission diese Strafe jetzt verhängt hat. X – Entschuldigung, ich sage immer noch Twitter, das ist in meinem Kopf einfach durch das lange Nutzen drin – hat jetzt zwischen 60 und 90 Arbeitstagen Zeit, entweder dem nachzukommen, die Strafe zu zahlen einerseits und andererseits diese schlechten Geschäftspraktiken, für die es da gestraft worden ist, abzustellen, also Forschern Zugang zu geben, dieses blaue Häkchen irgendwie anders auszuweisen und so weiter.

Oder aber – das scheint mir der wahrscheinlichere Fall bei der Summe, um die es da geht – X hat einen Rechtsweg, nämlich kann es zum Europäischen Gerichtshof den Fall bringen und da gegen die EU-Kommission prozessieren und sagen: Nein, den Digital Services Act, den legt ihr zu weit aus, diese Strafe ist zu streng. Das hat der Gesetzgeber, also der EU-Rat, gar nicht so gemeint. Und dann entscheiden das unabhängige Richterinnen und Richter. Das heißt, die EU-Kommission führt quasi einen Prozess gegen X, gegen das Unternehmen, und sagt: Ich würde dir gerne die Strafe aufbrummen. X sagt: Naja, ich will die aber nicht zahlen, schauen wir vor Gericht, wie das ausgeht. Das scheint mir die wahrscheinlichere Variante.

Und das wird ein sehr, sehr spannendes Verfahren, wie der Europäische Gerichtshof das dann am Ende entscheidet, weil es eben der erste große Fall nach diesem Digital Services Act, DSA, ist. Übrigens: Gegen X laufen noch weitere Untersuchungen, etwa des Verdachts wegen, dass die Plattform nicht genug gegen Desinformation und gegen üble Nachrede seinen Nutzern gegenüber tut. Also kann durchaus sein, dass da in den nächsten Jahren noch weitere Verfahren dazukommen. Aber nein, fix ist diese Strafe noch nicht. X hat, wie jeder Bürger, wie jedes Unternehmen, gegen Strafen durch die Europäische Union natürlich einen ordentlichen Rechtsweg.

Und woher weißt du das eigentlich?

Nun, grundsätzlich ist das Ganze auf der Website der Europäischen Kommission gepostet worden, dass diese Strafe verhängt wird. Ich verlinke euch das in den Shownotes. Ich habe dann ein bisschen weiter recherchiert, und weil ich wusste zwar, dass es diesen Digital Services Act gibt, dieses Gesetz der Europäischen Union über die digitalen Dienste, die Plattformen, aber ich war mir nicht sicher: Ist das damals einstimmig beschlossen worden, haben das alle Länder gemeinsam verabschiedet oder haben da vielleicht einzelne Länder – Ungarn zum Beispiel oder andere, die mit den USA ein weit besseres Verhältnis haben als die meisten EU-Staaten – haben die vielleicht dagegen gestimmt?

Aber ich habe das nachgeschaut auf der Homepage des EU-Rats. Das ist diese Versammlung aller Regierungen der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Und nein, dieser DSA, dieser Digital Services Act, ist damals einstimmig beschlossen worden vom EU-Rat und auch mit großer Mehrheit im EU-Parlament. Ich verlinke euch das und einige Seiten, wo genau die Rechte und Pflichten nach diesem DSA festgelegt sind, ebenfalls in den Shownotes.

Und dann verlinke ich euch auch noch einige spannende Meinungsartikel zum Thema. Das Wall Street Journal zum Beispiel meint, dass es ein sehr, sehr politisch ungeschickter Zeitpunkt seitens der EU-Kommission ist, so eine Strafe zu verhängen, wo gerade diese transatlantischen Beziehungen ohnehin auf der Kippe stehen. Für die Amerikaner ist es da ziemlich eindeutig, dass das keine gute Idee der Europäer ist. Auf der anderen Seite verlinke ich euch auch auf X, wo am Wochenende ein regelrechter Shitstorm zwischen Elon Musk, der sich ungerecht gestraft fühlt, und den Vertreterinnen und Vertretern der EU-Kommission ausgebrochen ist.

Also, ist das wichtig?

Ich finde ja. Ich finde tatsächlich, die Frage: Wollen wir große Digitalplattformen mit vielen, vielen Millionen Userinnen und Usern, woher Millionen Menschen täglich ihre Nachrichten bekommen und wo sie täglich auch diskutieren, wollen wir die gewissen Regeln unterwerfen, wie wir es mit Zeitungen tun, wie wir es mit Fernsehsendern tun? Die dürfen ja auch nicht einfach alles sagen, was sie wollen, und nach Belieben ohne jede Offenlegung irgendwas ins Netz oder unter die Öffentlichkeit bringen, sondern müssen auch ganz klar sagen, wer ist verantwortlich, und halten wir uns an bestimmte Regeln? Und wenn wir das tun wollen, wie setzen wir diese Regeln um?

Ich finde das tatsächlich eine ziemlich entscheidende Frage und es ist ein bisschen schade, dass das mit den transatlantischen Beziehungen verknüpft wird. Aber natürlich, die Regierung Trump führt eine sehr, sehr aggressive Außenpolitik und die zielt auch darauf ab, US-Unternehmen in Europa zu unterstützen gegen aus ihrer Sicht überbordende Auflagen und überbordende Einschränkungen.

Und das ist eine spannende politische Frage, die man nicht isoliert betrachten kann. Das hat alles mit allem zu tun: Unterstützt Amerika Europa bei seiner Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiter? Das spielt da genauso hinein wie eben diese Frage der neuen US-Sicherheitsstrategie und vielleicht auch die Fragen der Zölle, die die USA ja gegen unliebsame Staaten immer wieder mal raufschnalzen. Und das sind alles spannende Fragen und ich bin sehr, sehr neugierig, wie das die nächsten Wochen und Monate weitergeht. Ich finde es jedenfalls sehr, sehr wichtig.

Und das war's mit dieser Folge „Ist das wichtig? Politik für Einsteiger". Die Idee dieses Podcasts ist, ein Einsteigerprogramm für Menschen zu bieten, die sich zwar für Politik interessieren, aber sich nicht jeden Tag damit beschäftigen. Ich freue mich über euer Feedback an podcast@istdaswichtig.at oder per Sprachnachricht an die WhatsApp-Nummer in den Shownotes. Und falls ihr in diesem Umfeld Werbung machen wollt, wendet euch bitte an office@missinglink.media.

Wenn ihr euch für Formate für Fortgeschrittene interessiert, möchte ich euch noch meine beiden E-Mail-Newsletter ans Herz legen: den Leitfaden, in dem ich immer dienstags aktuelle politische Themen für das Magazin Datum kommentiere, und „Einfach Politik", eine sachpolitische Analyse für die WZ, die jeden Donnerstag erscheint. Die Links zur kostenlosen Anmeldung für beide stelle ich euch in die Shownotes. Und falls ihr mehr hören wollt: Ich gehöre auch zum Team von „Ganz offen gesagt", Österreichs bestem Gesprächspodcast für Politikinteressierte.

„Ist das wichtig?" ist ein Podcast von mir, Georg Renner, in Kooperation mit Missing Link. Produziert hat uns Konstantin Kaltenegger. Die zusätzliche Audiostimme ist von Maria Renner. Logo und Design von Lilly Panholzer. Danke für Titel und Idee an Andreas Sator, Host des Podcasts „Erklär mir die Welt". Danke fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal. Adieu.

Autor:in:

Georg Renner

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