Ist das wichtig?
Woran der Dreier gescheitert ist

Das Jahr 2025 hat mit gleich drei innenpolitischen Knallern begonnen: Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos sind krachend gescheitert. Bundeskanzler Karl Nehammer tritt zurück. Und Herbert Kickl soll eine neue Koalition verhandeln. In dieser ersten von drei Folgen zum politischen Jahresbeginn erklärt Georg Renner, warum die Dreierkoalition nicht kommt, was das für Bürgerinnen und Bürger bedeutet und warum es sich auszahlt, genau hinzuschauen, was da passiert.

Georg Renner
Hi, Georg Renner hier, herzlich willkommen im Jahr 2025 und alles, alles Gute euch für dieses neue Jahr. Und was für ein Jahr das ist. Die ersten paar Tage 2025 waren so intensiv wie Wochen, Monate, Jahre normaler Politik. Der Bundeskanzler tritt zurück, die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos sind gescheitert, der Bundespräsident hat einen neuen Regierungsbildungsauftrag erteilt. Da ist einfach sehr, sehr viel passiert. Um das alles nachvollziehbar zu machen, so wie wir es hier in ist das wichtig? Politik für Einsteiger normalerweise machen, habe ich die Ereignisse dieser ersten paar Jännertage 2025 auf drei einzelne Podcasts aufgeteilt.
Heute fangen wir an mit den gescheiterten Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS. Woran sie gescheitert sind, was das für Österreich bedeutet und wie es jetzt weitergeht, das sind die Fragen, die wir in den nächsten 10 Minuten erörtern wollen. Das ist aber nur der erste von drei aktuellen Podcasts zu eben diesen Themen. Ich lade euch herzlich ein, im Anschluss auch die Folgen zum Rücktritt von Karl Nehammer und zur Beauftragung Herbert Kickls mit der Bildung einer neuen Regierung zu hören. Mein Name ist Georg Renner, ich bin seit 17 Jahren politischer Journalist und das hier ist das wichtig Politik für Einsteiger, der Podcast, in dem wir Politik für Menschen erklären, die sich nicht jeden Tag mit Politik beschäftigt.

Frage
Also Georg, was ist passiert?

Georg Renner
Die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos über eine neue Regierung sind gescheitert. In unserer letzten Folge vor Weihnachten hatte ich ja noch gesagt, dass eine Einigung sehr wahrscheinlich sei, aber eben nur wahrscheinlich, nicht fix. Nun ist eben der andere Fall eingetreten. Am dritten Jänner haben die Neos erklärt, in Gestalt ihrer Chefin Beate Meinl-Reisinger, dass sie nicht weiter an den Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ teilnehmen wollen. Einen Tag später, am vierte Jänner, haben sich dann auch ÖVP und SPÖ nicht ganz freundlich verständigt, die Gespräche sein zu lassen.
Man kommt nicht übereinander. Damit ist ganz Diese drei Parteien werden in dieser Legislaturperiode, also in den nächsten viereinhalb, fünf Jahren, keine gemeinsame Regierung bilden.

Frage
Und wer sind die alle?

Georg Renner
Machen wir einen Schritt zurück. Alles geht zurück auf die Nationalratswahl vom 29. Sep. 2024, also letztes Jahr vor knapp drei Monaten. Damals haben wir Bürgerinnen und Bürger entschieden, wie die 183 Sitze im Nationalrat, das ist der wichtigere Teil unseres Parlaments, verteilt werden. Diese 183 Abgeordneten, die wir da gewählt haben, die können bestimmen, welche Regeln in Österreich gelten, was mit unseren Steuern passiert, wie hoch die Steuern sind, welche Steuern gesenkt werden, welche Gesetze Regeln in Österreich gelten, was der Staat mit seinem Geld macht. Bei diesen Nationalratswahlen am 29. Sep. Ist die FPÖ, die freiheitliche Partei, Österreichs stärkste Partei geworden, mit 29 % der Stimmen und 57 Sitzen im Nationalrat.
Gleich dahinter, mit 26 %, 51 Sitze ist die ÖVP gelandet, die österreichische Volkspartei und die SPÖ drittstärkste Kraft geworden mit 41 Sitzen, 22 23 %. Neos und Grüne sind kleinere Parteien mit knapp unter 10 % und 18 bzw. 16 Sitzen im Nationalrat. Jetzt habt ihr gut um in Österreich regieren zu können, braucht man mehr als die Hälfte dieser Sitze im Nationalrat. Weil nur wer eine Mehrheit im Nationalrat hat, der kann sichergehen, die Regeln gemeinsam festlegen zu können und dass eine gemeinsame Regierung nicht gleich wieder abgewählt wird. Dazu braucht man mehr als die Hälfte dieser 183. 183 durch zwei sind 91,5, also braucht man mindestens 92 Sitze.
Diese 92 Sitze hat aber keine der Parteien allein. Deshalb müssten sich mehrere Parteien zusammentun, um eine solide Regierung zu bilden. Mit der stärksten Partei, den Freiheitlichen, wollte aber zumindest bisher niemand verhandeln, aus unterschiedlichen Gründen, die in der Vergangenheit liegen. Drum haben es jetzt eben die zweitplatzierte ÖVP, die drittplatzierte SPÖ und die Neos gemeinsam versucht, sich auf ein Programm für die nächsten fünf Jahre zu einigen. Deren Gespräche sind jetzt eben gescheitert.

Frage
Und warum diskutieren die darüber?

Georg Renner
Es ist sehr umstritten, wer schuld daran ist, dass diese Regierung aus drei Parteien es wäre die erste in Österreich gewesen gescheitert ist. Die Neos sind als erste ausgestiegen, haben kritisiert, dass die ÖVP und vor allem die SPÖ zu sehr am Status quo festhalten würden. Das sind beides große Parteien, die gewohnt waren, über lange Jahre entweder allein oder gemeinsam regieren zu können. Die haben viel Tradition, jahrzehntelange Tradition, sich das Land gemeinsam aufzuteilen. Die Neos sind vergleichsweise eine relativ neue Partei, erst knapp 10 Jahre alt, und hätten gern vieles anders gemacht. Und diese Reformbereitschaft, diese Bereitschaft, Österreich in diesen fünf Jahren doch fundamental umzubauen, haben sie bei den anderen Parteien nicht gesehen, vermissten konkret etwa Reformenbereitschaft beim Pensionssystem und im Bildungssystem, aber auch ÖVP und SPÖ, auch für die allein wäre sich eine Mehrheit ganz knapp mit genau diesen 92 Mandaten ausgegangen, haben ihre Gespräche dann einen Tag später für beendet erklärt. Auch sie haben sich nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen können.
Ganz besonders gescheitert ist es daran, bei der Frage, wie Österreich an genug Geld kommen soll, um die EU Vorschriften zu erfüllen, nicht mehr weiter Schulden zu machen. Wir haben dafür vor kurzem einen eigenen Podcast gemacht, vielleicht hört ihr da rein, wenn ihr da näheres dazu wollt. Jedenfalls auf einen gemeinsamen Sparkurs haben sich diese beiden ehemals staatstragenden Parteien nicht einigen können. Die SPÖ wollte neue steuern, etwa eine Bankensteuer, während die ÖVP lieber die Staatsausgaben einbremsen wollte und trotzdem Steuern senken wollte, obwohl eigentlich kein Geld dafür da ist. In den sozialen Medien beschuldigen sich diese drei Parteien, ÖVP, SPÖ und Neos jetzt gegenseitig daran, schuld zu sein, dass diese Verhandlungen nichts geworden sind. Das kann man recht unterhaltsam finden, und es ist sicher relevant, für welche Partei man vielleicht nächstes Mal wählt, aber besonders wichtig ist es nicht. Tatsache ist, die drei Parteien haben sich nicht auf ein gemeinsames Programm einigen können und werden daher nicht zusammen regieren.
Es gibt ja auch keine Pflicht, irgendwo mitzuregieren.

Frage
OK, und wie betrifft das uns?

Georg Renner
Direkt betrifft das Scheitern der Verhandlungen uns erst einmal. Hätten sich die drei Parteien geeinigt, hätte uns ihr Programm sehr wohl betroffen, ob das jetzt durch neue Steuern ist, Kürzungen oder Ausweitungen von Sozialleistungen, Reformen im Bildungsbereich, und, und, und. In vielen Bereichen, wo sie verhandelt haben, haben diese Parteien auch bereits Einigungen erzielt, aber am Ende ist es an der Frage gescheitert, woher soll das Geld kommen, damit Österreich wieder ein ausgeglichenes Budget erreichen kann und wieder mehr Gestaltungsspielraum für die Politik herrscht. Indirekt betrifft uns das Scheitern aber sehr wohl, weil jetzt eben andere Parteien wahrscheinlich eine Regierung bilden werden in den nächsten Wochen. Und was sich die dann ausmachen und was diese Parteien jetzt nicht gemacht haben, das wird uns dann tatsächlich betreffen.

Frage
Und ist das schon fix?

Georg Renner
Dass diese drei Parteien nicht mehr miteinander verhandeln? Ist so gut wie fix. Ganz, ganz theoretisch könnten sie natürlich alle drei Parteien, ÖVP, SPÖ und Neos sagen, probieren wir es doch nochmal, setzen wir uns zusammen. Aber wenn Politikerinnen und Politiker sich öffentlich hinstellen, wie sie es eben in den letzten Tagen getan haben, und sagen, ja, wir sind gescheitert, das wird nichts mehr, und sich dann im Nachhinein auch noch über Social Media gegenseitig ausrichten, warum jeweils die anderen schuld sind, dann kann man davon ausgehen, dass das in dieser Legislaturperiode nichts mehr wird. Außerdem hat sich die Situation inzwischen deutlich weiterentwickelt und jemand anderer versucht gerade eine Regierung zu bilden, aber das machen wir im nächsten Podcast. Damit sind die SPÖ und die Neos für die Regierungsbildung sehr wahrscheinlich jetzt fix aus dem Spiel. Für die nächsten Tage, Wochen und sehr wahrscheinlich die nächsten viereinhalb Jahre werden sie nicht mitregieren können, sie bleiben in Opposition.
Das heißt, sie haben natürlich ihre Sitze im Nationalrat, wo wir Bürgerinnen und Bürger auch sie hingewählt haben, und werden dort Opposition sein. Das heißt, sie werden ihre Ideen darlegen, was sie anders machen würden als die Regierungsparteien, sie werden die Regierung kritisieren, untersuchen, aber sie können eben nicht mitbestimmen, was in den nächsten Monaten, Jahren und so weiter passieren wird.

Frage
Und woher weißt du das eigentlich?

Georg Renner
Die Parteien haben das Ende der Verhandlungen klar kommentiert und kommuniziert. Neos Chefin Beate Meinl Reisinger war die erste, die hat sich am dritten Jänner in einer halbstündigen Pressekonferenz hingestellt und gesagt, ja, das wird nichts, weil die anderen Parteien nicht bereit waren, mit uns diesen Reformweg zu gehen. Am nächsten Tag ist der SPÖ Chef Andreas Babler vor die Medien getreten und ÖVP Chef Karl Nehammer hat eine Videobotschaft ausgesandt, warum aus seiner Sicht die Verhandlungen gescheitert sind. Er hat das übrigens auch in einem eigenen Podcast kommuniziert. Ich verlinke euch alle drei Statements in den Shownotes. Die genauen Gründe für das Scheitern sind aber nach wie vor ein bisschen unklar. Jede Partei setzt andere Schwerpunkte in ihrer Darstellung, warum es mit den anderen beiden nicht gegangen hat.
Wie gesagt, da gibt es auch sehr viel einander beschuldigen, warum es nicht gegangen ist. Nachdem wir alle in den Verhandlungen nicht dabei waren und das eine relativ umfassender Prozess mit vielen, vielen dutzenden, hunderten Leuten waren, die an diesen Verhandlungen beteiligt sind, liegt es natürlich auch immer ein bisschen im Auge des Betrachters, woran es letzten Endes gekrankt hat. Genau werden wir es wahrscheinlich nie wissen, gibt aber einige gute Artikel dazu im Standard, auf Newsflix und im Trend, die ich euch auch in die Shownotes stelle, wo ein bisschen klarer wird, woran es gescheitert ist.

Frage
Also ist das wichtig?

Georg Renner
Ja, das ist sehr, sehr wichtig. Denn wer im Nationalrat die Mehrheit hat, also mindestens 92 von 183 Sitzen, der bestimmt über Österreichs Zukunft, zumindest die nächsten fünf Jahre und darüber hinaus. Diese Mehrheit kann Gesetze beschließen, Steuern erhöhen oder senken, neue Regeln einführen oder abschaffen und, und, und. Und die Frage, wer uns in den nächsten Jahren regiert wird und da eben ein Bündnis schließt, um diese Mehrheit zu haben, ist essentiell, weil sie uns alle intensiv in unserem Alltag betreffen wird. Drum empfehle ich euch gleich die nächste Folge zu hören, in der wir über den Rücktritt von Bundeskanzler Nehammer sprechen. Und das war's mit dieser Folge.
Ist das wichtig? Politik für Einsteiger. Die Idee dieses Podcasts ist, ein Einsteigerprogramm für Menschen zu bieten, die sich zwar für Politik interessieren, aber sich nicht jeden Tag damit beschäftigen. Ich freue mich über euer Feedback am Podcast ist das wichtig? At oder per Sprachnachricht an die WhatsApp Nr. In den Shownotes. Und falls ihr in diesem Umfeld Werbung machen wollt, wendet euch bitte an office@missing-link.media wenn ihr euch für Formate für Fortgeschrittene interessiert, möchte ich euch noch meine beiden E Mail Newsletter ans Herz den Leitfaden, in dem ich immer dienstags aktuelle politische Themen für das Magazin Datum kommentiere und einfach Politik sachpolitische Analyse für die WZ, die jeden Donnerstag erscheint.
Die Links zur kostenlosen Anmeldung für beide stelle ich euch in die Shownotes. Und falls ihr mehr hören ich gehöre auch zum Team von ganz offen gesagt Österreichs besten Gesprächspodcast für Politikinteressierte.
Ist das wichtig? Ist ein Podcast von mir, Georg Renner, in Kooperation mit Missing Link. Produziert hat uns Konstantin Kaltenegger, die zusätzliche Audiostimme ist von Maria Renner, Logo und Design von Lilly Panholzer. Danke für Titel und Idee an Andreas Sator, Host des Podcasts "Erklär mir die Welt". Danke fürs Zuhören, bis zum nächsten Mal. Adieu.

Autor:in:

Georg Renner

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