Ganz offen gesagt
Über die Zukunft von österreichischen Medienunternehmen - mit Stefan Lassnig
- hochgeladen von Stefan Lassnig
Stefan Lassnig, Medienmanager des Jahres und Gründer des Podcastverlags Missing Link, spricht mit Saskia Jungnikl-Gossy über seinen Wechsel vom angestellten Medienmanager zum Start-up-Unternehmer, die Herausforderungen der Medienbranche und ihre Umbrüche und neue Wege der Finanzierung journalistischer Arbeit.
Saskia Jungnikl-Gossy
Herzlich willkommen bei Ganz offen gesagt. Mein Name ist Saskia Jungnikl-Gossy und ich freue mich sehr, dass ihr dabei seid. Mein heutiger Gast ist Stefan Lassnig. Er ist Jurist, Betriebswirt, Strategieberater und Medienunternehmer, Gründer und Gesellschafter des Podcast Verlags Missing Link, bei dem wir hier aufnehmen. Und er wird vielen auch bekannt sein, natürlich als Host bei „Ganz offen gesagt“. Und er ist frischgebackener Medienmanager des Jahres. Wir reden heute über seinen Weg vom angestellten Medienmanager zum Startup Gründer, über die Medienbranche in Österreich, über Umbrüche, Stellenabbau und die Frage: Wie sieht die Zukunft journalistischer Arbeit aus?
Hallo Stefan, schön, dass du da bist.
Stefan Lassnig
Hallo Saskia, danke für die Einladung.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wie dir bekannt ist, beginnen wir mit der Transparenzpassage. Woher wir einander kennen. Wir arbeiten miteinander, wir kennen einander… Woher kennen wir einander eigentlich?
Stefan Lassnig
Das ist eine gute Frage. Ich habe im Vorfeld nachgedacht, aber ich glaube, du bist mir empfohlen worden als möglicher Host für Ganz offen gesagt und ich glaube, dass ich dann über deinen Mann deine Kontaktdaten gekriegt habe. So glaube ich war das.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und die zweite Frage bist du politisch tätig?
Stefan Lassnig
Nein .
Saskia Jungnikl-Gossy
Stefan, beginnen wir gleich aktuell. Du bist Medienmanager des Jahres 2025 gratuliere.
Stefan Lassnig
Danke.
Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal zuerst darüber, was dir diese Auszeichnung persönlich bedeutet und dann vielleicht, was es für ein Zeichen in der Branche ist. Also wie geht es dir damit?
Stefan Lassnig
Also es war für mich sehr überraschend. Ich bin vom Autor, der den Artikel dann geschrieben hat, über mich eingeladen worden zu einem Interview und er hat damals zu mir gesagt, also das ist der Peter Plaikner, er würde über mich ein Porträt schreiben wollen und ich hab mich damals wahnsinnig gefreut, weil ich mir gedacht wow, der Journalist, die Journalistin das österreichische Branchenmagazin schreibt ein Porträt über Podcast Unternehmer. Das ist eher ungewöhnlich und habe mich wahnsinnig gefreut und habe mir die Zeit genommen und wir haben ein super Gespräch geführt und wir haben eben auch über Medienbranche und Entwicklungen und Podcast und so weiter gesprochen. Und ein paar Wochen später ruft er mich an und so der Artikel wäre jetzt fertig und ich kann ihn gern gegenlesen, weil zwischen uns ein Vertrauensverhältnis insofern besteht, als er weiß, er schickt mir nicht einen Artikel und ich schreibe den dann um, weil ich mag das selber nicht, wenn das Leute machen, sondern ich schaue nur dadurch, ob faktisch alles stimmt und ob das ein oder andere anzumerken ist. Und dann sagt er ja, er würde mir das jetzt dann schicken und übrigens Gratulation zum Medienmanager des Jahres. Und ich hab dann Peter, verarsch mich nicht, das ist nicht lustig. Und er hat gesagt nein, das ist ernst gemeint.
Und in dem Moment habe ich mir okay, das muss ich jetzt erst einmal sacken lassen, weil das war für mich sehr überraschend. Und ich habe es auch wirklich bis zum Erscheinen des Printmagazins ganz wenigen Leuten nur gesagt, weil ich mir gedacht habe, vielleicht ist doch noch Schmäh.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und als es dann erschienen ist, wie war es so auch im persönlichen Umfeld?
Stefan Lassnig
Ja, es war ein richtig cooler Tag, weil ganz, ganz viele Leute mir gratuliert haben, sich gemeldet haben. Es waren auch ganz viele Menschen dabei, wo ich weiß, die schreiben nicht das jetzt höflichkeitshalber, sondern die freuen sich wirklich. Und es haben auch einige die Dimension erkannt, die in dieser Entscheidung drinnen steckt. Es geht ja nicht nur mir als Person, sondern es geht ja darum, wie gehen wir mit der kriselnden Medienbranche um? Gibt es Erzählungen, die auch positiv sind? Gibt es Modelle, die funktionieren? Was ist jetzt der Kern von unserer Arbeit eigentlich?
Und um das geht es sehr stark. Und das haben einige erkannt und das habe ich auch in einigen positiven Reaktionen gehört. Es gibt auch negative Reaktionen, die werden mir zwar nicht direkt zugetragen, aber indirekt, vor allen Dingen von etablierten Verbänden und Medien, die sagen was soll der Typ da am Cover?
Saskia Jungnikl-Gossy
Vergangenes Jahr war es der Generaldirektor des ORF, Roland Weissmann, davor war es Maximilian Dasch von den Salzburger Nachrichten, Kronenzeitung. Also bisher waren das immer etablierte Medien, die diese Auszeichnung bekommen haben. Also was für ein Signal sendet das jetzt auch für die Branche?
Stefan Lassnig
Der Peter Plaikner hat im Artikel Kleinere Brötchen backen und davon auch satt werden. Das kann ich insofern bestätigen, als die Brötchen, die wir jetzt bei Missing Link und den verbundenen Unternehmen backen, wirklich klein sind. Also unser Unternehmen hat jetzt auch zwei Jahre lang Verluste geschrieben. Heuer machen wir wahrscheinlich wieder einen Gewinn. Und ich habe noch nie so wenig verdient in meinem Berufsleben wie jetzt. Und ich habe davor ja in den Jahren 2012 bis 2017 als RMA Vorstand, der Vorstand der Regionalmedien Austria wirklich sehr, sehr gut verdient. Und das glaube ich, ist schon auch eine Symptomatik für die Medienbranche an sich.
Ich glaube, dass die fetten Jahre vorbei sind und ich sage das jetzt unzynisch, weil ich wünsche mir sogar anders und es ist auch nicht ein Vorwurf in die Richtung von Menschen, die jetzt gut verdienen oder früher gut verdient haben. Ich glaube, man muss da echt aufpassen, dass man nicht ex post irgendwie gescheit ist. Aber mir geht es eher um den Blick in die Zukunft. Und da muss man ganz nüchtern sagen es gibt keine Eintrittsbarrieren mehr so wie früher. Früher hat es Drucktürme gegeben, die haben mehrere 10 Millionen Euro gekostet, dann hat man Logistik aufbauen müssen. Das war ja alles nicht so einfach. Das heißt, du hast ja natürlich Eintrittsbarrieren in den Markt gehabt, hat die Digitalisierung alle weggesprengt und heutzutage kann jeder und jede Content produzieren.
Über die Qualität kann man diskutieren, aber die Möglichkeit besteht. Und ich würde mal sagen, dass da die eine oder andere Influencerin sogar sehr, sehr guten Content produziert, aber zu ganz anderen Kosten wie jetzt ein klassisches Medienunternehmen. Und wenn ich diese Faktoren alle zusammenzähle, dann werden diese Gewinne schlicht nicht mehr möglich sein, die in der Vergangenheit möglich waren. Damit sind auch die Gehälter nicht mehr möglich, damit sind auch die Strukturen nicht mehr erhaltbar. Und das muss man einfach ganz nüchtern betrachten. Jetzt kann man den Kopf in den Sand stecken und ja, wenn ich die Augen so wie kleine Kinder das mache, wenn ich die Augen fest zumache, dann wird mich schon niemand finden. Ich fürchte, es funktioniert nicht.
Und wenn man das volkswirtschaftlich betrachtet, ist es auch völlig logisch. Also in einem nicht vollkommenen Markt sind die Margen sehr hoch. Nicht vollkommener Markt bedeutet, es gibt Eintrittsbarrieren. Es herrscht keine Transparenz über die Preise. Und das war früher so. Also wenn ich jetzt zum Beispiel an die Bundesländerzeitungen denke, das waren ja quasi Monopole, weil du hast ja nicht einfach eine Druckerei gründen können. Du hast ja nicht einfach Logistik aufbauen können und es hat Eintrittsbarrieren gegeben und auch die Markttransparenz über die Preise war Naja, und wenn das alles wegfällt, sinkt die Marge.
Und wenn die Marge sinkt, wird die wirtschaftliche Situation schwieriger.
Saskia Jungnikl-Gossy
Also es ist vor allem ein Umbruch.
Stefan Lassnig
Gerade ja auf mehreren Ebenen, also publizistisch, finanziell, werblich, dann die Tech Giganten aus den USA, die uns wahnsinnig viel Geld absaugen, also mehr als die Hälfte der Werbegelder. Man muss sich vorstellen, dass das Werbevolumen in Österreich, da gibt es jetzt seit ein paar Jahren wirklich valide Zahlen vom Finanzministerium wegen der Digitalabgabe. Also wir reden von circa 5 Milliarden Volumen Werbevolumen insgesamt im österreichischen Markt. Und die 5 Milliarden sind früher in klassische Medien geflossen. Also da gehört jetzt ein Plakat dazu, da gehört auch Zeitungen, Magazine, Radio, alles da gehört rein. Und inzwischen macht mehr wie die Hälfte von diesem fünf Milliarden machen Google und Co. Also sind da zweieinhalb Milliarden verschwunden.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wird der Kuchen kleiner.
Stefan Lassnig
Und da wundert es mich dann nicht mehr, dass das eine oder andere Medienunternehmen Probleme hat und vor allen Dingen die Strukturen von früher nicht mehr finanzieren kann.
Saskia Jungnikl-Gossy
Setzen wir es mal in Zusammenhang mit dem Stellenabbau, den es gerade in vielen Medien gibt. In einer Zeit, in der es vielen Medien wirtschaftlich schlecht geht, wurde deine Wahl so begründet: Du verkörperst eine realistische wirtschaftliche Zukunft für ein neues Segment des Journalismus. Wie zukunftsweisend siehst du es denn selber?
Stefan Lassnig
Ja, ich will jetzt gar nicht sagen, dass wir was Zukunftsweisendes machen. Wir machen, glaube ich, etwas. Also mir war wichtig, dass wir digitales Medium betreiben. Ich habe mit dem Michael Nikbakhsh mehrmals gescherzt, weil er gesagt ja, vielleicht machen wir doch irgendwann dann ein Printmagazin und so. Ich hab ihm gesagt Nein, und das hat nichts damit zu tun. Ich habe sehr, sehr lang Print gemacht. Ich mag Print, aber ich glaube momentan, dass es extrem wichtig ist, dass ein Medienunternehmen eine digitale DNA hat und Podcast ist digital.
Und ich bin so froh, dass wir nämlich schon vor der Energiekrise und vor dem Ukraine Krieg schon gewusst haben, wir haben keine Papierprobleme und wir haben keine Druckereikosten und wir haben keine Energiekosten und wir haben Kosten für die Logistik, weil das hat das Ganze natürlich nochmal verschärft. Also digitale DNA finde ich ganz wichtig Und zur digitalen DNA gehört auch gewisse Bescheidenheit und Schlankheit dazu tatsächlich. Ich kenne keinen Influencer oder keine Influencerin, die ein mega Unternehmen hat, wo du dich fragst, was machen die Leute eigentlich alle. Wenn du anschaust Meta und Google und das will ich jetzt nicht als Vorbild verstanden haben, aber einfach nur ganz nüchtern analysiert, wie viel Umsatz die machen und wie viele Leute beschäftigen. Also ich glaube, digitale DNA heißt auch schlanke Strukturen und möglichst effizient arbeiten.
Saskia Jungnikl-Gossy
Das heißt auch, dass man die Leute wirklich effizient für das einsetzt und vielleicht auch freier als bisher.
Stefan Lassnig
Also wir haben zum Beispiel von Anfang an eine total lockere Homeoffice Politik gehabt, schon vor Corona. Das hat Corona natürlich verstärkt, aber davor schon. Mir ist es scheißegal, wo die Leute arbeiten. Wir müssen zu bestimmten Zeiten schon Jour Fixes machen und so weiter. Oder wenn Termine persönlich zu machen, dann sind sie zu machen, aber sonst ist mir das wirklich wurscht, wo die Leute arbeiten. Das gehört für mich zur digitalen DNA dazu. Wir haben alle Dateien auf Servern, auf die alle Zugriff haben.
Also ist egal, wo die Leute arbeiten. Ich habe keinen einzigen IT Mitarbeiter oder keine einzige IT Mitarbeiterin. Ich wünsche mir manchmal welche, aber es gibt halt jetzt mal keine. Und ich glaube, dass das, also das sollte auf Dauer natürlich nicht so sein. Und es ist jetzt auch da oder dort vielleicht nicht wahnsinnig professionell, aber in einer Aufbauphase finde ich, ist es okay. Und weil du sagst zukunftsweisend, ich glaube schon, dass es darum geht, dass man wieder zu den Wurzeln zurückkehrt, für was wir eigentlich da sind, nämlich gute Geschichten zu schreiben, zu erzählen, zu vertonen, zu filmen. Ich habe so rückblickend das Gefühl, dass wir von dem Weg etwas abgekommen sind in den letzten 20 Jahren.
Saskia Jungnikl-Gossy
Du bist ja schon einige Jahre in diversen Funktionen in dieser Branche tätig. Also wenn du jetzt zurückblickst auf die vergangenen Jahre. Wie hat sich denn die Medienlandschaft verändert?
Stefan Lassnig
Also ich habe 1998 neben dem Studium beim Tiroler Monatsmagazin gearbeitet, das heißt Echo, und habe dort als, ich setze es jetzt unter Anführungszeichen „Investigativjournalist“ gearbeitet, Anführungszeichen deswegen weil ich mir im Nachhinein denke ich eigentlich ein Wahnsinn, was wir damals alles gemacht haben, ohne dass wir so richtig gewusst haben, was wir da machen, weil unsere großen Vorbilder damals waren der Spiegel und das Profil. Insofern ist es ja besonders lustig, dass ich jetzt mit drei ehemaligen Profilredakteurinnen und Redakteuren zusammenarbeite bei der Dunkelkammer.
Saskia Jungnikl-Gossy
So schließt sich der Kreis für dich.
Stefan Lassnig
Ich habe damals schon den Michael Nikbakhsh gelesen und habe mir gedacht, gute Geschichten und Investigativ hat mich immer schon fasziniert. Aber was wir damals gehabt haben, war so ein Gründergeist. Und wir haben gesagt, wir mischen Tirol auf und wir scheißen uns nichts und wir greifen heilige Kühe an. Meine heilige Kuh damals war der FC Tirol, den wir damals kritisch betrachtet haben. Und das war ja Majestätsbeleidigung, Nestbeschmutzung. Also ich habe Stadienverbot bekommen damals, also ich war selbst Fußballfan, dann ein Zeitl nicht mehr so sehr, wo ich dann mehr Einblick gehabt habe und ich bin ja immer noch, bin ja bekennender Wacker Innsbruck Fan und ich habe damals Stadionverbot bekommen. Also es war so, dass in der also das Stadionverbot ist offiziell ausgesprochen worden und in der Kabine ist ein Zettel gehängt, das hat mir danach der ehemalige Pressesprecher erzählt, wo draufgestanden ist, mit dem Lassnig ist bitte das nicht zu sprechen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Vielleicht erzählst du kurz, worum es ging.
Stefan Lassnig
Es ging darum, dass wir wirtschaftliche Malversationen vermutet haben beim Verein und das hat sich dann im Nachhinein auch als richtig herausgestellt. Und da waren Unregelmäßigkeiten und einer der Manager ist ja sogar dafür ins Gefängnis gegangen wegen Kridavergehen. Und das haben wir damals aufgedeckt. Aber das war eine Mauer, gegen die wir da gerannt sind, inklusive der damals herrschenden Tageszeitung, der Tiroler Tageszeitung, die immer für den Verein war und die auch immer gesagt solche Sachen schreiben wir nicht, weil das schadet dem Verein. Und auf was ich raus will, ist, ich habe damals einen Gründergeist gespürt, ich habe einen Kampfgeist gespürt und es ist immer um die Geschichten gegangen damals.
Das war jetzt noch vor der großen Digitalisierung. Da haben wir noch nicht drüber nachgedacht, kriegt das viele Klicks, wie monetarisieren wir die Website? Sondern da ist drum, was ist die Geschichte und wie können wir die gut schreiben? Und dann über die Jahre habe ich ja selber mitgemacht und habe selber auch viele Fehler gemacht, glaube ich. In der Zeit ist dann die Digitalisierung gekommen. Dann haben wir angefangen, die Inhalte ins Netz zu stellen. Dann hat sich niemand, glaube ich, von Anfang an überlegt ist das Gescheit, wenn man das gratis ins Netz stellt?
Wie kommen wir dann jeweils wieder dazu, dass die Leute für was zahlen? Und da war ich mit dabei. Also da habe ich sicher viele Sachen, die ich heute anders mache würde. Und dann sind so Dinge gekommen wie optimieren wir die Suchmaschinen? Also wie findet Google am besten auf unserer Seite, damit wir möglichst viele Klicks haben, damit wir möglichst viele Online Werbungen verkaufen können? Auch da war ich mit dabei. Auch da habe ich damals bei den Regionalmedien gesagt, das ist total wichtig.
SEO, SEO, SEO. Im Nachhinein muss man Wahnsinn. Jetzt macht Google eine KI Zusammenfassung bei der Suche. Du hast also ich hör aus den Medienhäusern zwischen 50 und 70 Prozent weniger Traffic, weil die Leute eben nur mehr die KI Zusammenfassung lesen und gar nicht mehr auf irgendeinen Link draufklicken. Also brechen deine Werbeeinnahmen ein, weil du ja die Klicks nicht mehr hast und die Werbung nicht mehr ausspielen kannst. Du kannst aber überhaupt nichts dafür. Du hast nichts falsch gemacht.
Saskia Jungnikl-Gossy
Der Content ist der gleiche.
Stefan Lassnig
Du lieferst die gleiche journalistische Arbeit, nur sie findet 50 bis 70 Prozent finden sie nicht mehr. Und da sieht man, wenn man sich dann abhängig macht und wenn man dann nicht mehr so sehr an seinen ureigensten Aufgaben arbeitet, dann kann es da passieren, dass durch irgendwelche Veränderungen im Umfeld plötzlich du ein Riesenproblem hast. Und wie gesagt, nochmal, ich mache das ja niemandem zum Vorwurf. Ich war ja teilweise selbst dabei bei solchen Dingen. Aber im Nachhinein muss man sagen, das ist eine Fehlentwicklung. Und vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns rückbesinnen und sagen wofür sind wir eigentlich wirklich da?
Saskia Jungnikl-Gossy
Aber wie kam es dazu? Ist das dann dieses Da war etwas Neues und man hat versucht es zu verstehen Und während dem Verstehen Lernen hat man halt, ist man die eine oder andere Falle getappt.
Stefan Lassnig
Ich würde es genauso sehen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Ja, reden wir nochmal Stichwort Stellenabbau. Geht es da um den wirtschaftlichen Druck oder eigentlich mehr um diesen kulturellen Wandel? Also müssen wir uns einfach mehr einfallen lassen jetzt?
Stefan Lassnig
Ich glaube, es geht um beides. Was schon auffällig ist, finde ich, dass wir heuer 2025 das erste Mal große Sparwellen in den Redaktionen erleben. Also meiner Wahrnehmung nach waren die letzten Sparwellen schon teilweise auch in den Redaktionen, aber haben auch viele andere Unternehmensbereiche betroffen. Jetzt geht es ganz stark in die Redaktionen rein und das ist natürlich schon Alarmzeichen, weil dort entsteht ja meiner Meinung nach der Kern unserer Aufgabe, der Inhalt. Und keine Ahnung, ob ich eine bessere Lösung hätte, wenn ich dort sitzen würde an den Schaltstellen. Ich bin froh, dass ich nicht dort sitze momentan. Aber es ist natürlich schon, glaube ich, gefährlich, weil jetzt gehen wir in die DNA rein.
Also DNA von Medienunternehmen ist eine starke Redaktion und wenn wir dort sparen, dann nehmen wir uns einen Teil der Existenzberechtigung fürchte. Und was mich alarmiert ist, dass ich jetzt immer wieder höre aus der Branche von Kolleginnen und Kollegen Naja, jetzt macht dann eh viel die KI die künstliche Intelligenz. Und da denke ich mir dann endgültig wow, Achtung, Achtung, Achtung. Weil ich denke mir dann also einen Prompt schreiben, ich glaube, das können deine Kinder schon. Also einen Prompt schreiben, damit irgendwas gescheit rauskommt in deiner KI. Das können inzwischen dann Kinder. Und was zeichnet dann ein Medienunternehmen aus, wenn es keine Inhalte liefert, die auf Inhalten basieren, die es schon gibt?
Weil den Prompt kannst du eingeben, den kann ich deine Kinder eingeben, den kann ich eingeben. Was ist dann mein Leistung, würde der Meischberger sagen, Was war meine Leistung?
Und das halte ich für wahnsinnig gefährlich. Und KI, um das auch gleich zu sagen, ist deswegen kein Teufelszeug, sondern finde ich, wir verwenden es ja selber als Werkzeug. Aber wenn man es verwendet, um Inhalte zu erzeugen und glaubt, dass man mit diesen Inhalten dann bei Konsumentinnen und Konsumenten punkten kann, das sehe ich extrem schwarz.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und da sind wir noch gar nicht bei der Fehleranfälligkeit, der mangelnden Kontrolle all den Aufgaben denen sich Medien stellen.
Stefan Lassnig
Exakt.
Also die KI ist ja keine künstliche Intelligenz, sondern ist ja ein Logikinstrument, das Wörter sinnvoll aneinanderreiht oder eben auch nicht sinnvoll. Und ich mache jetzt auch viele Erfahrungen damit. Teilweise kann man es super verwenden und teilweise kann man eigentlich keinen einzigen Satz, der da rauskommt, verwenden.
Saskia Jungnikl-Gossy
Apropos journalistische Kompetenzen. Du beschäftigst auch keinen Journalisten angestellt Journalistin.
Stefan Lassnig
Ja, das ist tatsächlich so. Also wir haben jetzt im Umfeld von Missing Link und den Unternehmen schon fünf Angestellte, aber da ist jetzt niemand rein redaktionell tätig. Also eine Mitarbeiterin macht teilweise Redaktion, aber ist jetzt nicht 100 Prozent für redaktionell angestellt. Weil in meiner Aufbauarbeit war es so, dass ich gesagt habe, wir müssen als erstes sicherstellen, dass das Unternehmen funktioniert. Wir müssen als erstes sicherstellen, dass der Geldfluss da ist und wenn das einmal alles funktioniert und vielleicht die Förderlandschaft entsprechend ist, dann müssen wir eine Redaktion aufbauen und dann wollen wir auch angestellte Journalistinnen und Journalisten. Das ist tatsächlich derzeit ein Schwachpunkt.
Saskia Jungnikl-Gossy
Eine Frage noch, bevor wir bitte dann zur Medienpolitik kommen, weil du es gerade angesprochen hast, Förderpolitik. Eine Frage habe ich aber trotzdem noch vorher Und zwar gibt es in Österreich genug Mut, neue Geschäftsmodelle, neue Felder auszuprobieren oder ist da Luft nach oben?
Stefan Lassnig
Also die Hörerinnen und Hörer sehen das jetzt nicht, aber ich muss gerade grinsen, weil die Frage natürlich super ist. Ich finde Österreich, ich habe das gestern im Gespräch mit einem hochrangigen Funktionär einer Interessensvertretung gesagt, Österreich ist ein super Land für Innovationen und zwar deswegen, weil du musst eigentlich nur schauen, was woanders passiert und ob das dort funktioniert. Und wenn du das nachmachst, dann kannst du eigentlich ziemlich sicher sein, dass es in Österreich auch funktionieren wird, halt verspätet. Das heißt, man muss eigentlich gar nicht wahnsinnig innovativ sein, sondern man muss eigentlich nur irgendwo hinfahren, schauen, was dort geht und dann sich denken, wenn das in 15, 10 Jahren nach Österreich kommt, dann wird es da auch funktionieren. In Wahrheit hat ja ganz offen gesagt und Missing Link genauso begonnen.
Der Eva Weissenberger war 2017 in New York. Und hat dort überall Podcast, Podcast, Podcast gehört. Ich glaube, da haben in Österreich noch nicht viele Leute von dem Thema gesprochen, inklusive mir selber nicht. Und sie ist dann so gekommen und hat dann mit der Julia Ortner und dem Sebastian Krause “Ganz offen gesagt“ gegründet, weil sie gesagt hat Naja, wenn es in Amerika funktioniert, wird es wahrscheinlich irgendwann zu uns kommen.
Und so war es ja. Also insofern glaube ich, könnte man in Österreich gut Innovation machen. Ich habe schon das Gefühl, dass die Bestandsbewahrer und -innen, wobei es großteils Bewahrer sind, in der Überzahl sind. Also ich merke das an den Reaktionen auf meine Person und da jetzt auf meine Wahl zum Medienmanager des Jahres. Also so wirklich freuen tun sich die, die auch daran arbeiten, dass was Neues entsteht und die, die eher sagen, wir müssen, ich habe gerade jetzt wieder ein Statement gelesen von einem hochrangigen Zeitungsfunktionär, wir müssen darauf schauen, dass es so bleibt, wie es ist. Ernsthaft. Und diese Bereiche der Medienlandschaft, die haben immer noch sehr, sehr viel Macht und sehr, sehr viel.
Also Geld im Sinne von aus der Vergangenheit, Geld jetzt nicht gerade aktuell, aber aus der Vergangenheit. Und da gibt es schon einige, die sich wünschen würden, es wäre wieder so wie früher. Also da sehe ich nicht viel Innovationskraft.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wobei man eben sagen muss, das ist ja nicht, weil man dem Wunsch nicht entsprechen will, sondern weil einfach der die Zeit nicht dafür spielt.
Stefan Lassnig
Genau. Also der Wunsch per se ist verständlich und das wäre vielleicht in anderen Bereichen gar nicht so schlimm, wenn es wieder so wäre wie früher. Aber es ist halt nicht so und es wird auch nicht so sein. Das können wir uns zwar wünschen, aber während wir uns das wünschen, überholt uns halt links und rechts die Realität und der müssen wir uns stellen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Vorher ist mir eingefallen, es gibt so einen wenn die Welt untergeht, dann fahre ich nach Wien, Weil das passiert zehn Jahre später, trifft auch auf die Medienpolitik zu.
Stefan Lassnig
Genau. Und weil du sagst Medienpolitik, das ist natürlich auch so ein Punkt. Die Medienpolitik ist auch eher auf Erhalt der bestehenden Strukturen ausgerichtet. Noch.
Saskia Jungnikl-Gossy
Bleiben wir gleich dabei. Zur Einordnung mal kurz. Jedes Jahr gehen zig Millionen Euro an Inseraten von öffentlichen Stellen an Medien. Das war immer auch ein bisschen eine Art versteckte Subvention. Der Medienminister, Vizekanzler Andreas Babler von der SPÖ will jetzt die Medienförderungen in Österreich und von Grund auf reformieren. Zitat: „Kein Stein wird auf dem anderen bleiben“ und er will sie ausbauen. Er will eine Vertriebsförderung im Umfang von 25 Millionen Euro. Er will eine Medienförderung unter dem Arbeitstitel „Meine Zeitung Abo“.
Stefan Lassnig
Die zwei Wörter, die du jetzt da zitiert hast, die Vertriebsförderung und Meine Zeitung, aber die triggern mich natürlich.
Saskia Jungnikl-Gossy
Wegen Zeitung.
Stefan Lassnig
Naja, weil die Vertriebsförderung, muss man ja sagen, für unsere Hörerinnen und Hörer soll den Vertrieb von physischen Zeitungen unterstützen und Ich verstehe total die Intention dahinter. Also man sieht in Amerika, was in Gegenden passiert, speziell ländlichen Gegenden, die unterversorgt sind mit klassischen Medien. Oder man sieht es auch im ehemaligen Osten Deutschlands, was passiert, wenn regionale Gebiete unterversorgt sind. Dort radikalisieren sich die Menschen. Also schlecht für die Demokratie braucht man nicht reden. Trotzdem sträubt sich bei mir irgendwas innerlich, wenn ich denke, OK, man steckt 25 Millionen in eine Distribution von Medien, die in gedruckter Form irgendwo hinkommen. Aber OK, die Intention dahinter verstehe ich und das meine Zeitungsabo ist ein ähnliches Thema.
Das ist wieder eine gute Idee, gute Grundidee und die Ausführung bin ich gespannt, weil da geht es darum, dass man junge Menschen mit Qualitätsjournalismus in Verbindung bringen will. Sprich, ich sage jetzt, ich kenne den derzeitigen Stand nicht, aber die Idee war, man bezahlt Abos für klassische Medien und die Jugendlichen können das gratis konsumieren. Finde ich auch von der Idee her super. Aber alleine das Wort, meine Zeitung deutet ja darauf hin, dass das Modell für Zeitungen gilt und die haben mir dann die Bemerkung nicht verkneifen können zu Naja, aber wer von den jungen Menschen konsumiert Zeitung, sei es jetzt digitales E Paper oder vielleicht sollte man darüber nachdenken, ob man vielleicht Podcasts mit reinnimmt, ob man Influencerinnen mit reinnimmt, die guten Content machen, Weil das sind nämlich die, die wo die Jugendlichen ihre Inhalte konsumieren, YouTube, TikTok, was auch immer. Und ich hoffe, dass das eben nicht ein weiteres Förderprogramm zum Erhalt der bestehenden Medien ist, sondern dass man da schon drauf schaut, wo konsumieren junge Menschen, wie konsumieren junge Menschen, wie können wir denen das näher bringen und nicht sagen was fällt uns das noch für ein Förderprogramm ein, um bestehende Medien am Leben zu halten?
Saskia Jungnikl-Gossy
Weil eigentlich sollte ja das Geld dahingehend verwendet werden, dass man sagt, man will die Demokratie stärken, indem man die Menschen leichter zugänglich zu Qualitätsinhalten bringt.
Stefan Lassnig
Und das ist ein ganz wichtiges und legitimes und unterstützenswertes Anliegen, weil da bin ich mir sicher, dass wir in einer Zeit leben, wo das vielleicht sogar wichtiger ist wie je zuvor, dass es starke unabhängige Medien gibt, weil die Autokraten wollen uns nicht und vielleicht gibt es Leute in einer Autokratie leben wollen. Ich will es jedenfalls nicht. Ich will in einer Demokratie leben und dafür braucht es starke Medien und deswegen tue ich mir immer so schwer zu Nein, das sind schlechte Ideen, die da geboren werden. Die meisten von den Ideen haben einen guten Kern, nämlich eben Medien und Demokratie zu stützen. Die Frage ist stütze ich Medien und Demokratie besser, wenn ich Geschäftsmodelle, die augenscheinlich nicht mehr funktionieren, weiter am Leben erhalte? Oder sollte nicht zumindest zusätzlich schauen, dass es neue Dinge gibt, die vielleicht wachsen, die vielleicht dann irgendwann auch den Platz von den alten Dingen, die nicht funktionieren, einnehmen? Weil die größte Gefahr sehe ich darin, dass wir Geld in alte Modelle pumpen, die dann doch nicht mehr funktionieren.
Und wenn die dann aber zu Ende gehen, ist nichts da und dann freuen sich die Autokraten.
Saskia Jungnikl-Gossy
Aber was macht dir dann Sorgen?
Stefan Lassnig
Naja, also derzeit kannst du als Parlament, Regierung mit einem einfachen Gesetzesbeschluss 80 Prozent der österreichischen Medienlandschaft umbringen. Also du kannst einfach gesetzlich beschliessen wir fördern jetzt nichts mehr. Und ich trau mich zu behaupten, dass dann 80 Prozent der österreichischen Medien zusperren. Das heißt, wenn ich mich in die Rolle eines Autokraten versetze, dann würde ich als erstes nach der Machtergreifung einmal alle Förderungen streichen und dann schauen, was passiert, weil dann wird es noch welche geben, die Na gut, dann stelle ich mich auf die Seite der Autokraten, vielleicht kriege ich dann ein Geld und dann wird es welche geben das mache ich nicht. Und die gehen wahrscheinlich pleite. Und dann habe ich schon einmal einen Großteil meiner Autokratiearbeit erledigt, weil dann habe ich schon nur mehr Medien, die das schreiben oder verbreiten, was ich gerne hätte.
Und die Kritischen sind dann alle tot oder im Untergrund.
Saskia Jungnikl-Gossy
Was mich da interessiert ist wie kann das überhaupt so weit kommen? Weil ich meine, es ist ja auch ein Fakt, dass wenn du, wie du sagst, wenn man die Förderungen streicht, 80 Prozent der Medien zusperren müssen. Das heißt, dass die Medien in diesem Land offenbar überproportional abhängig sind von staatlichen Förderungen. Das ist ja auch ein Weg, der gegangen wurde.
Stefan Lassnig
Ja, da muss man wieder die handelnden Personen der vergangenen Jahre in Schutz nehmen. Österreich tatsächlich ein schwieriger Markt ist. Es ist ein sehr kleiner Markt. Das heißt, du bist zwar in einem deutschsprachigen Raum, aber trotzdem österreichische Medien werden in Österreich konsumiert. Es ist eher das Gegenteil der Fall, dass die deutschen Medien nach Österreich überschwappen und nicht umgekehrt. Das heißt, du hast einmal in der Startup Welt, würde man sagen, ein Mangel an Skalierungsfähigkeit. Das heißt, wenn du in Österreich ein Medium machst, hört es an den Grenzen mehr oder weniger auf.
Jetzt kann man sagen, wenn es digital ist, ja trotzdem, ist halt trotzdem meistens an den Grenzen auf. Das heißt, du bist in der New York Times, die im Prinzip einen weltweiten Markt hat, die kann leichter digitalisieren, weil die New York Times liest man auch in Afrika, die liest man in Asien, aber den Kurier, das Profil, die Presse, die liest man in Österreich und ein paar Expats im Ausland, egal ob digital oder print. Und das heißt, Österreich ist per se ein schwieriger Markt, um Medien zu machen. Und da waren die Förderungen, finde ich, angebracht, weil der Staat gesagt hat, es ist uns was wert, dass es eine funktionierende Medienlandschaft gibt, deswegen stecken wir da Geld rein und wir schauen, dass das in Kombination mit den sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Verlage Sinn macht.
Saskia Jungnikl-Gossy
Aber das heißt, du siehst nicht, dass quasi der Innovationswille und auch das Verlangen, da jetzt irgendwie aktiv etwas zu tun und in die Zukunft zu schauen, darunter gelitten hat, dass man quasi relativ gesättigt war mit Förderungen.
Stefan Lassnig
Ich befürchte, es war eine Mischung aus beiden. Es war nämlich so, dass es die Förderung gegeben hat und es hat wirtschaftlich prosperierende Unternehmen gegeben. Also ich habe selber lange Zeit sehr, sehr wirtschaftlich erfolgreiches Medienunternehmen geleitet und das war Wahnsinn. Wir haben Millionengewinne gemacht. Es hat auch andere Medienunternehmen gegeben, die Millionengewinne gemacht haben, die auch Förderungen gekriegt haben. Das Problem ist jetzt eher gewesen, diese aus der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit heraus erwirtschafteten Gewinne, die sind jetzt ja weniger geworden und wenn die weniger werden, gewinnen die Förderungen an Bedeutung und nehmen mehr Platz plötzlich ein. Und wenn man sich anschaut, man muss nur die Medienberichte der letzten Jahre verfolgen.
Es ist eigentlich kein einziges Jahr in den letzten zehn Jahren, glaube ich, vergangen, ohne dass die mächtigen Verlegerverbände gefordert haben, die Förderungen müssen erhöht werden, weil eben aus der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit ist es weniger geworden.
Saskia Jungnikl-Gossy
Aber die Struktur blieb ja gleich also braucht man mehr Geld, um es zu erhalten.
Stefan Lassnig
Genau, man hat auch die gleichen Gewinnerwartungen gehabt. Also hat man gesagt, brauchen wir mehr öffentliches Geld und dadurch ist eine ganz ungute Abhängigkeit entstanden. Und diese Abhängigkeit ist jetzt natürlich dann besonders extrem, wenn die klassische wirtschaftliche Tätigkeit schwächelt. Und ich habe zum Beispiel letztes Jahr ganz erstaunt verfolgt, wie über ein Medienunternehmen geschrieben hat, den haben Umsatz gesteigert. Dann habe ich mir wow, cool, die haben den Umsatz gesteigert. Dann habe ich mir das genau angeschaut. In Wahrheit haben sich die Förderungen erhöht. Und das ist dann schon gefährlich, weil das ist wie eine Abhängigkeit, die da geschaffen wird und die jedes Jahr größer wird, wenn der wirtschaftliche Druck von der normalen Geschäftstätigkeit her größer wird.
Saskia Jungnikl-Gossy
Und hat man da verschlafen, sich was zu überlegen, wie man das kompensieren kann, also andersweitig kompensieren kann, als durch höhere Förderungen? Oder gab es keinen Anreiz oder was ist passiert?
Stefan Lassnig
Ich traue mich das nicht pauschal zu sagen, weil ich nicht in alle Medienunternehmen reinschauen kann. Ich kann nur aus meiner Zeit berichten, wo ich eben das als große Medienunternehmen geleitet habe. Ich hätte viel mehr von dem Gewinn, den wir damals gemacht haben, reinvestiert und zwar in eine ganz brutale Digitalisierung. Und brutal meine ich damit, ich hätte damals das Unternehmen, obwohl es erfolgreich war, auf den Kopf gestellt. Ich kann nur sagen, das wollten die Eigentümer damals nicht. Und ich glaube schon, dass da oder dort der Mut gefehlt hat, rechtzeitig radikale Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt muss man sie ohnehin ergreifen, aber jetzt ist es teilweise auch schwierig, weil das Geld gar nicht mehr da ist.
Was mir so auffällt ist, und das geht natürlich leichter, wenn man ein kleines Unternehmen mit einer kleinen Kostenstruktur hat, aber immer wieder, auch wenn ich mit dem Thema Podcast irgendwo aufschlage, dann höre ich immer ja OK, machen wir drei Folgen und die müssen dann quasi schon Gewinn abwerfen. Und ich sage dann ja, warum habt ihr eure Zeitungen auch so gegründet? Waren die auch vom ersten Tag an gewinnbringend? Und dann höre ich naja, wir haben das Geld nicht, um jetzt da ein Jahr lang irgendwas zu finanzieren, bis es läuft. Oder ich habe jetzt ein großes Medienhaus, ein bekanntes, hat mir gesagt, sie haben heuer nur Geld für ein großes Projekt. Und da denke ich mir, vor zehn Jahren hätten sie Geld für 20 Projekte gehabt und da haben sie vielleicht 20 Projekte gemacht, aber die waren wahrscheinlich nicht so radikal, wie man sie im Nachhinein wahrscheinlich jetzt sagen würde, hätten wir sie gebraucht. Aber im Nachhinein kraht die Urschel. Ich will da nicht ungerecht sein.
Aber ich denke schon, dass es natürlich in Zeiten, wo es gut läuft, zu sagen, so jetzt stelle ich das trotzdem auf den Kopf, ist auch schwierig.
Saskia Jungnikl-Gossy
Es ist halt deswegen auch ein Problem, weil, also aus meiner Sicht, weil es halt wirklich auch stark zu Lasten von wirklich sehr fähigen Journalistinnen und Journalisten geht, die ihre Jobs verlieren, ungerechtfertigterweise und deren Expertise dann fehlen wird einfach.
Stefan Lassnig
Ja, man muss da differenzieren. In den Redaktionen war die Innovationsbereitschaft auch enden wollend und auch da nicht pauschal gesprochen. Aber auch dort hat es viele Bereiche gegeben, ich glaube, das kannst du bestätigen, die jetzt Innovationen eher skeptisch gegenübergestanden sind. Wo du recht hast, ist, es trifft jetzt vor allen Dingen eben diese zentralen Bereiche, wo wirklich die Hauptaufgabe von Medien erledigt wird. Also Menschen, die Inhalte recherchieren, aufbereiten, kommunizieren, prüfen, vergleichen, Vergangenheit haben, Menschen dazu befragen. Das ist unsere Kernaufgabe. Und wenn wir dort jetzt sparen und wenn wir dort jetzt Leute raushauen, dann verlieren wir einen Teil unserer Kernaufgabe.
Und ich glaube, dass da alle Unternehmensbereiche beteiligt waren in der Vergangenheit, sowohl die Redaktionen als auch die Managementebenen. Es hat nämlich in allen Unternehmen immer Leute gegeben, die das forciert haben und die gesagt haben, wir müssen da was machen, wir müssen was Neues machen, wir müssen was ausprobieren. Das hat es immer gegeben, sowohl in Redaktion als auch in Managementebenen, aber da oder dort glaube ich zu wenig.
Saskia Jungnikl-Gossy
Reden wir mal über dich und deinen Werdegang. Wir haben es ein bisschen angeteasert, immer mal wieder, aber du warst eben viele Jahre in großen Medienhäusern angestellt und hast dich dann entschieden, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Was war der Moment, in dem du gesagt hast, ich will das jetzt anders machen?
Stefan Lassnig
Also der Moment, wo ich endgültig die Entscheidung getroffen habe, aus meinem gut bezahlten Vorstandsjob auszusteigen, zum Zeitpunkt, wo das Unternehmen wirklich Gewinne geschrieben hat und zwar zweistellige Millionengewinne war, als wir ein Rekordergebnis präsentiert haben. Und die Reaktion der Eigentümer war sinngemäß, naja, da wären wir schon noch mehr gegangen, oder? Und da hab ich mir dann Nein, das will ich nicht mehr, das macht mir keine Freude mehr. Und jetzt nicht, dass die vor Dankbarkeit auf die Knie fallen. Aber das war so nie genug kriegen. Das war Wir wollen aus dem Unternehmen einfach das Maximum rausholen und gar nicht so weit in die Zukunft schauen. Und eben das in Verbindung mit der mangelnden Bereitschaft, die Gewinne zu reinvestieren.
Und dann habe ich mir gedacht, na gut, es gibt jetzt zwei Möglichkeiten Entweder ich finde mich damit ab und hab halt mein fettes Auto, mein fettes Gehalt. Teilweise haben wir einen Chauffeur gehabt, Also das war schon sehr luxuriöse Zustände und bin aber nicht besonders glücklich. Oder ich verändere mich jetzt noch einmal. Es hat dann eine kurze Zwischenstation bei der NZZ gegeben, in Zürich, bei der Neuen Zürcher Zeitung, die war interessant, aber leider nur sehr kurz. Und da war ich auch angestellt. Und nach dieser Station hab ich mir gedacht, entweder ich gehe jetzt irgendwo rein und mach halt mit oder ich probiere wirklich was Eigenes und sums nicht nur herum oder bin nicht nur gescheit in der Theorie, sondern fang was Neues an. Und wenn ich gewusst hätte, was da alles auf mich zukommt, hätte ich es wahrscheinlich eh nicht gemacht.
Ist eh gut, dass man das nicht weiß. Aber ich hab mir dann gedacht, naja, ich kann nicht immer nur gescheit sein und so gehört das gemacht und so könnte man es machen, sondern ich probiere es wirklich. Und da war diese glückliche Fügung dann, dass ich den die Eva, die Julia und den Sebastian, die ich heute eh schon mal erwähnt hab, kennengelernt habe. Und aus dieser Mini-Idee „Ganz offen gesagt“, haben wir dann zuerst gemeinsam und dann in verschiedenen Konstellationen das weiterentwickelt. Aber der Antrieb war eigentlich zu Ich kann nicht immer nur sagen, das ist gerade anders gemacht, ich mach's jetzt einmal.
Saskia Jungnikl-Gossy
Anders und war da viel Zweifel und Angst oder war mehr einfach jetzt oder nie?
Stefan Lassnig
Im Nachhinein kann ich das gar nicht sagen, weil im Nachhinein war eigentlich nur ich probiere es jetzt. Also es war eigentlich nur ehrlicherweise muss ich sagen, ich habe mir immer Wenn es schiefgeht, dann mache ich halt wieder irgendeinen Managementjob. Jetzt kann ich mir das immer schwerer vorstellen. Also du bist ja auch selbstständig, man gewöhnt sich schon daran. Allerdings hat es auch viele Höhen und Tiefen, also vor allen Dingen auch Tiefen. Da haben wir auch schon ein paar Mal drüber geredet, wir zwei, aber damals habe ich mir gedacht, na, wenn es schief geht, dann mache ich halt wieder einen Managementjob. Und ich finde, das Probieren ist wichtig.
Das geht natürlich auch nur, wenn man in der entsprechenden Lebenssituation ist. Also meine Frau ist auch berufstätig, ohne dem wäre es zum Beispiel nicht gegangen. Also hätte ich mir das auch nicht trauen können. Wir sind finanziell abgesichert, wir haben keine Kinder. Also das sind ja alles Dinge, wo ich sage, das muss man ja alles berücksichtigen. Es kann nicht jeder und jede einfach sagen, ich mache das jetzt und im Nachhinein denke ich, Wahnsinn. Und es hat sich aber entwickelt.
Es war nie so, es war nie ein Riesenplan dahinter. Das kenne ich aus der Managementwelt auch anders. Da machst du ja Präsentationen und Pläne und Sitzungen und Zeug. Also ich habe schon immer eine Idee gehabt, wo es hingehen könnte, aber so einen richtigen Plan haben wir nicht gehabt.
Saskia Jungnikl-Gossy
Missing Link gilt als Pionier im Podcast Bereich. Was war denn die größte Herausforderung in der Gründungsphase?
Stefan Lassnig
Am Anfang war das ja nur mal eine lose Idee. Dann hat man mal geschaut, findet man ein Publikum, also auf der publizistischen Seite, wobei das hat es eigentlich schon großteils gegeben bei „Ganz offen gesagt“. Also da hat man schon gesehen, da geht was. Und die nächste Frage war, gibt es Möglichkeiten, das zu monetarisieren? Also kann man damit Geld verdienen? Und da waren dann die ersten Gespräche mit Werbekundinnen, mit Agenturen und das war eigentlich niederschmetternd. Also weil das war jetzt Interesse war enden wollend.
Genau, wollte ich gerade sagen, das Verständnis Podcast, was ist das? Und es hat aber auch so Hoffnungsschimmer gegeben. Und vor allen Dingen da wieder der Blick nach Amerika hat gezeigt, dort ist es schon völlig normal, dass da Werbegeld investiert wird. Und dann habe ich mir gedacht, naja, dann müssen wir halt dranbleiben, dann wird es schon irgendwann zu uns auch kommen. Und so war es dann auch. Und die eigentlich entscheidende Situation war, das haben auch mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer, die schon viel erfahrener sind, bestätigt, die erste angestellte Mitarbeiterin, wenn du das erste Mal sagst, so ich gebe jetzt im Monat echt ein paar tausend Euro aus für jemanden, der mir da jetzt mithilft, weil du weißt, du hast dann Fixkosten, also Büro anmieten und Mitarbeiterin einstellen. Du hast dann im Monat echt einen Batzen Geld, den du auf jeden Fall zahlen musst.
Und den Schritt zu machen, das war für mich die größte Überwindung. Die zweite und die dritte und die vierte Mitarbeiterin war dann immer so schlimm. Aber den Schritt zu setzen zu jetzt muss man echt, Jetzt hat man jeden Monat echten Druck, das Geld zu bringen, Das war eigentlich der größte Schritt. Und dann hat es halt eine gewisse Dynamik gekriegt und es wird besser. Es ist immer noch so, dass wir auf Leute treffen, die Podcast höre ich nicht.
Was ist das überhaupt? Also mache dort auch keine Werbung. Dann kann man zwar Du rede mal mit deinen jungen Mitarbeiterinnen und Kolleginnen, mit deinen Kindern. Vielleicht ändert sich dann deine Meinung. Aber die Situation haben wir immer noch. Ich sage immer zu meinem Team Das ist Pionierarbeit. Das ist Klinken putzen, das ist Erklären.
Das ist viele Rückschläge einstecken. Das ist normal für Pionierarbeit. Es ist nicht so, dass da alle schon wissen, um was es geht.
Saskia Jungnikl-Gossy
Apropos Pionierarbeit oder Tiefen, weil du es vorher angesprochen hast. Du hast jetzt diese Auszeichnung gekriegt. Das ist eine Bestätigung, eine Belohnung für vieles. Vielleicht auch ein bisschen Genugtuung, aber man kriegt ja nicht jede Woche so eine Auszeichnung. Dazwischen liegen lange Wochen zähe Arbeit, Rückschläge, Tiefen, viel Zweifel vielleicht auch ab und zu. Was treibt dich an, in dieser Branche zu bleiben? Und was treibt dich an, zu tun, was du tust?
Stefan Lassnig
Das ist insofern eine interessante Frage, als ich mir nach der NZZ überlegt hab, wirklich ernsthaft überlegt habe, die Branche zu wechseln, weil theoretisch kannst du als Managerin oder Manager auch in andere Gattungen wechseln, weil Managementaufgaben sind immer ähnlich.
Saskia Jungnikl-Gossy
Welche Branche hätte dich interessiert?
Stefan Lassnig
Ja, das habe ich mir dann überlegt. Das habe ich mir dann überlegt und dann bin ich draufgekommen, keine. Das war das Problem, weil ich mir gedacht habe, was würde mich jetzt wirklich interessieren, abseits von Geld und Prestige? Und dann habe ich mir nix. Ich will Medien machen. Ich will es nicht vielleicht so machen wie bis jetzt, aber ich will was mit Medien machen. Ich will was mit Journalistinnen machen. Mir war immer dieses entweder selber journalistisch arbeiten oder mit Journalistinnen arbeiten.
Das ist das, was mich antreibt. Das ist das, was mir Spaß macht. Ich war jetzt in Innsbruck bei den zwei ersten Tagen Benko Prozess und war dort quasi als Gerichtsreporter. Und der Nikbakhsh hat zu mir gesagt, der Medien Manager des Jahres fährt nach Innsbruck und macht Gerichtsreportage. Und ich hab dann zu ihm Ja, aber das taugt mir. Ich liebe das Ich mag das gern, ich mach das gern. Und also wenn ich was mich antreibt, ist zu entweder ich darf selber journalistisch arbeiten oder ich arbeite mit Journalistinnen und Journalisten zusammen und wir machen geile Inhalte. Das ist das, was ich gerne mache und wir bewegen was.
Ich glaube, ich habe im Vorfeld von unserem Gespräch überlegt, was mich da antreibt. Und es ist tatsächlich auch das Gefühl, was zu bewegen. Also wenn ich mir jetzt anschau, ganz offen gesagt, was wir da teilweise für Reaktionen kriegen, wo Menschen uns gratulieren und toll, was wir da für Denkansätze liefern. Wenn ich an die Dunkelkammer denke, Fall Pilnacek, die Nonnen von Goldenstein, vielleicht kommt jetzt dann noch eine große Geschichte, die für Aufsehen sorgen wird.
Saskia Jungnikl-Gossy
Vielleicht.
Stefan Lassnig
Vielleicht. Dann ist uns da schon wirklich was gelungen, wo man sagen kann, da haben wir auch was bewegt. Und ich glaube, das ist es, was es spannend macht.
Saskia Jungnikl-Gossy
Welche Rolle spielt denn Unternehmenskultur im Journalismus der Zukunft?
Stefan Lassnig
Ich glaube, eine große Rolle. Und zwar war ein Fehler der Vergangenheit, glaube ich schon. Und da kann ich auch die Redaktionen nicht rausnehmen, dass man ganz apodiktisch getrennt hat, Redaktion und der Rest des Unternehmens. Also es gibt sogar Unternehmen, die das räumlich getrennt haben, wo die Redaktion in einem Haus sitzt und der Rest des Verlages, wie das dann genannt wird, in einem anderen Haus. Ich halte es insofern für einen großen Fehler, weil zum Beispiel in der Produktentwicklung muss man zusammenarbeiten. Wenn es darum geht, neue Dinge zu entwickeln, neue Formate zu entwickeln, neue Zweige zu entwickeln, dann muss man zusammenarbeiten, müssen die zwei Bereiche zusammenarbeiten. Wo sie nicht zusammenarbeiten dürfen, ist im inhaltlichen Bereich.
Das kann man aber trennen voneinander, wenn man will. Also wenn man es nicht will, mischt man alles zusammen, gibt es ja auch. Dann ist das eigentlich alles ein großes Mischmasch. Davon halte ich gar nichts. Aber zum Beispiel in bestimmte Bereiche zusammenzuarbeiten und sich auch für das eigene Unternehmen zu interessieren, das hat schon was mit Unternehmenskultur zu tun. Ich bin teilweise immer echt erschüttert gewesen, wie wenig Journalistinnen und Journalisten von ihrem eigenen Unternehmen wissen, jetzt außerhalb der Redaktion immer mit dem Argument, das geht mir nichts an und ich will da gar nicht anstreifen. Und ich verstehe diese Abwehrhaltung inhaltlich sehr gut, aber unternehmerisch verstehe ich sie überhaupt nicht.
Und das ist ja nicht notwendig, weil ich kann ja, zum Beispiel mit meinem Kollegen. Also wenn ich sage, ich bin jetzt Redakteurin und die Sitz mit meiner Kollegin von der Verkaufsabteilung, von der, wie es früher geheissen hat, Anzeigenabteilung zusammen, dann kann ich ja mit der gemeinsame Produkt entwickeln, wo ich meine journalistische Integrität bewahre es Werbekunden aber interessiert.
Saskia Jungnikl-Gossy
Also schon ein schmaler Grad. Also ich verstehe die Trennung schon, weil es ist natürlich inwieweit soll ich überhaupt in meinem Kopf als Journalistin diesen Gedanken haben, was wäre gefällig oder was wäre ein Format? Das auf der anderen Seite verstehe ich auch, dass man sagt, man kann nicht im luftleeren Raum arbeiten. Journalismus muss bezahlt werden.
Wie kann er bezahlt werden?
Stefan Lassnig
Aber gefällig ist das falsche Stichwort. Also bei dem Wort würde ich schon wieder aussteigen, würde ich schon wieder sagen als Redaktion, da mache ich nicht mit. Das ist es nicht. Aber zu sagen, ich sage jetzt nur irgendwas, wir gründen einen neuen, wir können es ja konkret ansprechen. Wir gründen einen neuen Investigativ Podcast, Die Dunkelkammer. Michael Nikbakhsh sagt zu mir, er will überhaupt keine Werbung. Ich sag zum Nikbakhsh das wird aber schwierig, weil nur über über Spenden werden wir es nicht finanzieren können.
Gut, zwei Tage Nachdenkpause. Ja, aber ich mache keine Host Reads. Also Host Read bedeutet für unsere Hörer und Hörer, ihr kennt es eh schon ganz offen gesagt, wir sprechen teilweise selbst die Werbungen ein, habe ich gesagt, Okay, das verstehe ich, das klingt wahrscheinlich wirklich komisch, wenn ein Investigativjournalist eine Werbung für Ministerium einspricht. Dieses Format wird es in Dunkelkammer nicht geben, aber es wird dort Werbung geben. Gekennzeichnete Werbung, bezahlte Werbung, aber die hat keinen Einfluss auf die Redaktion. Die hilft uns aber die journalistische Arbeit zu machen. Also helfen - sie ermöglicht es und das geht.
Und da muss man sich halt herantasten. Und da muss aber jeder Bereich wissen, bis wohin darf ich gehen und wo hört es auf? Und vielleicht da auch dazu ein konkretes Beispiel. Wir haben dann einmal Erwerbung von einem großen Infrastrukturunternehmen gehabt, die ist gerade gelaufen und genau in der Zeit ist eine kritische Geschichte erschienen zu diesem Unternehmen. Und dann haben wir drüber geredet. Also wir reden dann auch drüber und dann habe ich Ja, wäre schade ums Geld? Aber natürlich machen wir die Geschichte, Also ich denke da nicht eine Minute drüber nach.
Es war ein großer Auftrag. Ich habe nur, wir haben uns dann ein Folgendes verständigt. Wir haben gesagt, wenn wirklich ein Storno kommt wegen der Geschichte, dann machen wir daraus eine Geschichte, weil das sollte natürlich auch nicht passieren, dass Werbekunden sagen, naja, also wir inserieren dort, wo gefällig Bericht erstattet wird, dann hätte man sicher die nächsten zehn Jahre auch keinen Auftrag mehr bekommen von denen, Aber dann hätten wir zumindest ein Ausrufezeichen setzen können. Also ich glaube, wenn man sich so annähert, dann geht's. Also deswegen sage ich Zusammenarbeit dort, wo es sinnvoll ist und eine Trennung machen und eine klare Abgrenzung machen, dort, wo es auch notwendig ist.
Saskia Jungnikl-Gossy
Das heißt, du plädierst dafür, dass man da mehr gemeinsam darüber redet und gemeinsam Strategien sich überlegt.
Stefan Lassnig
Ja, weil es nur gemeinsam geht. Also die Zeiten, wo man das wirklich so total trennen hat können, eben spätestens bei der Produktentwicklung zum Beispiel, geht es nicht, weil wenn du nicht ein Produkt von Anfang an von mehreren Seiten quasi denkst, da gehört eine IT Abteilung dazu, da gehört Logistik dazu. Wenn es zum Beispiel was mit Print zu tun hat. Also ein neues Produkt zu kreieren, ohne das interdisziplinär aufzusetzen, ist verrückt. Und das war früher wurscht, weil früher hast du nicht viel neu entwickeln müssen. Da hat es einmal im Jahr ein neues Layout gegeben. Das war immer ein Mords-Zirkus.
Aber eigentlich in Wahrheit war es mir nach innen wichtig, weil nach außen. Ich weiß gar nicht, ob das so wichtig ist, aber in Zeiten, wo es schnell gehen muss, in Zeiten, wo du schnell auf Dinge reagieren musst, wo du neue Sachen entwickeln musst, da ist, glaube ich, Unternehmenskultur, wo alle wissen, wofür sie eigentlich arbeiten, extrem wichtig. Und da nehme ich sehr wohl die Redaktionen in die Pflicht. Aber da diskutiere ich viel mit Journalistinnen und Journalisten. Da ist schon in der Vergangenheit in den Redaktionen einiges schiefgegangen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Willst du das noch ausbauen?
Stefan Lassnig
Nein.
Saskia Jungnikl-Gossy
Gut, dann komme ich zur Abschlussfrage. Wenn du dir die Medienwelt 2030 vorstellst, was hat sich bis dahin hoffentlich geändert?
Stefan Lassnig
Also ich hoffe, dass es ganz, ganz viele Medien, Unternehmerinnen und Unternehmer gibt, die wirtschaftlich erfolgreiche Medienunternehmen betreiben und einen guten Journalismus machen. Ich glaube, die Kombination ist wichtig. Also wir brauchen wirtschaftliche Erfolge, um unabhängig zu sein. Und aus dieser Unabhängigkeit heraus entstehen gute Produkte, weil es ist wichtig, dass wir den Mächtigen auf die Finger schauen. Das ist unsere ureigenste Aufgabe. Wir sollen uns nicht mit ihnen verbrüdern, wir sollen nicht das tun, was sie sagen, sondern wir sollen ihnen auf die Finger schauen. Und ob diese Medienlandschaft dann aus vielen kleinen Medienunternehmen besteht oder mehreren großen, das finde ich eigentlich relativ egal, wenn diese Grundprinzipien eingehalten werden.
Der Abstand, wo er notwendig ist, speziell jetzt zur Politik, professionelle Arbeit, Leidenschaft, inhaltlich wertvolle Arbeit, die Menschen erreicht und interessiert und vor allen Dingen auf den Kanälen, die sie selber wollen. Ich halte es für ganz gefährlich, dass wir den Leuten vorschreiben, wo sie die Sachen konsumieren sollen. Also wir müssen gute Inhalte produzieren und dann schauen, dass wir sie möglichst dort bereitstellen, wo sie die Leute interessieren und wo sie sie finden. Und wenn das funktioniert, also wenn es viele unabhängige und nicht nur auf der Titelseite stehend unabhängig, sondern wirklich unabhängige Medien gibt, egal in welcher Form, dann glaube ich, wäre das für uns alle gut und vor allem für die Demokratie gut. Und das würde ich mir wünschen.
Saskia Jungnikl-Gossy
Danke, Stefan für das interessante Gespräch.
Stefan Lassnig
Danke.
Autor:in:Saskia Jungnikl-Gossy |